Nachdem der Server vorerst nicht mehr spinnt und ich, wenn auch nur in den ersten zwei Etagen des Schülerwohnheims, WLan habe, kann ich mal wieder ein Lebenszeichen von mir geben.
Ich bin heute ganz genau eine Woche in Bulgarien. Unglaublich..
Am 11. September bin ich um 13 Uhr Ortszeit wohlauf in Sofia gelandet. Da Fliegen nicht unbedingt zu meiner Leidenschaft gehört, war der Flug mit zwei Stunden erträglich. Nachdem ich meinen superschweren (ja, 9 Kilo zu schwer, aber für 6 Monate braucht man halt einiges- hat mich gewundert, dass er nicht geplatzt ist) Koffer in Sofia wieder bei mir hatte ging ich mit meinen sieben Sachen zum Ausgang, wo mir auch direkt eine kleine, sehr sympathische Frau lachend zuwinkte – Meine Mentorin Frau Paskaleva, die während meiner Zeit in Plovdiv ein wenig auf mich aufpasst und mir hilft wo sie kann. Nach der eineinhalb-stündigen Autofahrt und kurzer Holpertour (die Straße zur Schule ist…nicht die beste) brachten wir direkt mein Gepäck in ein Zimmer im Schülerwohnheim. Zimmer 421 im vierten Stock ist offiziell mein kleines Reich mit allem was man braucht: Kühlschrank, Herd, Mikrowelle, Schreibtisch, Schrank, Waschbecken und einem extra Bett für Besuch.
Ich hatte gar nicht so viel Zeit mir mein neues Zuhause ganz genau anzusehen, da Frau Paskaleva mir gerne typisch bulgarisches Essen zeigen wollte (war übrigens sehr lecker!) und ich danach einen groben Überblick über Plovdiv erhielt: in die Jahre gekommenen Plattenbauten am Rand der Stadt stehen dem Springbrunnen, einer großen Moschee, römischen Ausgrabungen und vielen süßen Läden in bunten Häusern der Innenstadt gegenüber. Plovdiv ist vielseitig! Und so anders. Aber unglaublich schön!
Ich kann gar nicht genau sagen, was ich genau über die Stadt dachte, als ich angekommen bin. Ich glaube gefühlsmäßig war ich zu dem Zeitpunkt immer noch in Deutschland. Dementsprechend war ich in den ersten Tagen sehr froh, dass ich Kontakt zu meinen Freunden und meiner Familie nach Deutschland hatte und auch, dass ich das Wohnheim erstmal komplett für mich alleine hatte war gut, um mich an die neue Situation hier zu gewöhnen. Ich war jeden Tag in der Stadt unterwegs. Mal mit Schülern, die mir den Park zeigten und auf einen der sechs Hügel, auf denen Plovdiv gebaut wurde, stiegen, mal alleine und ich mich auch langsam hier auskenne. Zum Glück ist Plovdiv, obwohl es die zweitgrößte Stadt Bulgariens ist, nicht so überdimensional groß, sodass auch Leute mit wenig bis gar keinem Orientierungssinn (ja, ich gehöre leider zu diesen Menschen) sich nicht ganz so oft verlaufen.
Am Montag wurde ich dann dem Kollegium in der Schule vorgestellt. Besonders die Deutschlehrer sind alle sehr nett und offen. Ich kann mich auf die Arbeit mit ihnen freuen. Auch habe ich jetzt schon einen Schlüssel für das Lehrerzimmer und darf mich wichtig fühlen, auch wenn ich es (noch?) nicht unbedingt bin.
Den ersten Schultag, der am Ivan Vasov Gymnasium mit einer Feier begann, verpasste ich leider größtenteils, da die Freiwilligen aus Bulgarien zur Fachberatung in die deutsche Botschaft nach Sofia eingeladen wurden. Ich habe mich sehr darauf gefreut, nicht unbedingt auf das Treffen mit der Fachberatung, aber darauf, die anderen Freiwilligen wieder zu sehen, sich austauschen zu können, ob sie sich auch noch nicht ganz zurecht im neuen Land finden und herauszufinden, wie das mit dem Busfahren in Bulgarien funktioniert. Besonders, wenn man kein Bulgarisch spricht. Das Ticket nach Sofia besorgten mir Schülerinnen, aber spätestens, als ich in Sofia wissen wollte, wann der letzte Bus zurück nach Plovdiv fährt, war die Dame am Schalter ratlos.. Sie konnte mit meinem Englisch nichts anfangen, was hier nichts Neues ist. Ich werde hier noch eher gefragt, ob ich nicht Französisch kann (hätte nie gedacht, dass mir meine kaum vorhandenen Französisch Kenntnisse mal nützlich sein könnte). Naja, die Sekretärin in der Botschaft musste dann eine Verbindung raussuchen, da kyrillisch lesen auch noch nicht so schnell klappt. Aber ich bin optimistisch, dass das noch wird. Irgendwann. Zumindest weiß ich jetzt wie das mit den Bussen hier funktioniert und kann das Land erkunden, wenn ich frei habe.
Am Mittwoch war dann mein erster Arbeitstag. Ziemlich gut, ich muss nur zwei Minuten dort hin laufen. Ich stellte mich vor einigen Klassen vor und hab bisschen was auf deutsch daher gebabbelt. Die Schüler hier sind alle sehr freundlich und motiviert, nur mit der Schuluniform haben sie es nicht so.. da kommen, wie Silvia sagt, oft „wilde Kombinationen dabei raus.“ Die Stunden enden hier nicht mit einem schrillen Gong, sondern mit Musik, die die Schüler jede Woche abstimmen können. Interessant wird es, wenn die Stunde dann mit Heavy Metal beendet wird.. Überarbeitet habe ich mich fürs Erste nicht, aber Dank der Beschäftigung fühle ich mich jetzt nach einigen Tagen wirklich und vollkommen angekommen.
Und bin wirklich froh hier zu sein. Ich genieße meine Freizeit in der Stadt und entdecke ständig andere schöne Ecken Plovdivs, wie gestern, als ich zusammen mit dem Chinesen, Jiamin, den ich zufällig in der Altstadt bei einem Flötenspieler traf, loszog. Wir gingen durch das Kapana Viertel, einem Labyrinth aus süßen Gassen mit zahlreichen Bars und stiegen auf den Nebet Tepe. Von diesem Hügel, der mit Ruinen verschiedener Epochen übersät ist, hat man eine unglaublich tolle Sicht über Plovdiv. Bisher mein absoluter Lieblingsplatz, aber ich habe ja noch längst nicht alles gesehen.. Wenn ich jetzt noch bulgarisch könnte, könnte ich mir keinen besseren Ort vorstellen, um meine 6 Monate zu verbringen..
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Nebet Tepe. Am Ende der Ulitsa Dr. Chomakov. Hier haben die Thraker im 2. Jh. die erste Siedlung gegründet.
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Kapana-Viertel nördlich der Moschee. Auf deutsch: Die Falle, da man schwer aus dem Straßengewirr wieder herausfindet.
Bis bald
Eure Elisa im Entdeckungsrausch <3

