Ein Plädoyer für die Dankbarkeit

Nein, ich meine nicht ab und an mal ein unartikuliertes „Hvala“ in die Runde zu werfen, sondern sich des öfteren mal bewusst zu machen, was man eigentlich alles hat. Essen, Trinken, ein Platz zum Wohnen, Einkaufsmöglichkeiten für alles, Unterhaltung, soziale Kontakte, eine Vielfalt an Informationen, Bildungsmöglichkeiten… Hört sich jetzt erstmal nach Alltag an. Selbstverständlich ist es trotzdem nicht!

Es gibt viele Menschen die mich jeden Tag, wann immer ich sie auf der Straße, in der Schule, im Supermarkt sehe, mit einem Lächeln grüßen. Und jedes Mal freue ich mich wieder darüber, weil ich gleichzeitig denke, wie schade es wäre, wenn es eben nicht so wäre.

Ich habe die Möglichkeit immer mal wieder Austauschprojekte, Theaterfahrten, sowie kleine und größere Ausflüge zu begleiten, einfach so… Natürlich habe ich dort eine Aufgabe, trotzdem ist diese vernachlässigbar klein, im Gegensatz zu dem was ich dabei an Erfahrungen machen, und alles an Erinnerungen und Momenten mitnehmen kann. #collectmomentsnotthings

Ich bin dankbar für die wenigen wunderbaren Menschen, die nicht grundsätzlich alles scheiße finden was ich tue, sondern mir einfach den Raum lassen so zu sein wie ich bin. Ist auch alles andere als selbstverständlich, wie ich öfters erfahren habe.

Jeden Tag habe ich die Gelegenheit hier Zeit mit den Schülern zu verbringen und eine Sprache zu lernen, wo viele sich fragen „Warum?“ Und ich denke mir „DARUM!“ Ich finde es einfach schön, wenn ich mit jeden Wort was ich hier lerne, mich besser verständigen kann und so beim lernen noch mehr lernen kann. Über die Menschen, das Land, die Stadt, Gewohnheiten und Macken. Lauter Sachen, die mir helfen auch mehr über mich selbst zu lernen und wieso, weshalb, warum ich bestimmte Sachen tue.

Mein Körper ermöglicht mir tagtäglich neue kleine Abenteuer. Meine Beine tragen mich zur Schule, zum Einkaufen, durch neue und unbekannte Gegenden und haben bisher noch nicht kapituliert. Mein Magen hat bisher alles an Essen und Trinken ohne Kommentare akzeptiert und meine Hände helfen mir jeden Tag mich zu verständigen, wenn mein Gehirn nicht mehr weiterkommt. Und auch wenn ich dafür eine Brille mit Aschenbecherböden brauche, kann ich mir morgens den Sonnenaufgang oder abends den Sonnenuntergang anschauen, genauso wie die vielen bunten Regenschirme in Timişoara.

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Ich habe sehr oft die Möglichkeit, die Sonne zu genießen. Sonne muss kein fancy Strandurlaub sein. Sonne gibt es auf dem Arbeitsweg, nach Feierabend beim Lernen, auf dem Weg zum Einkaufen und auch auf dem Weg zur Mülltonne.

Trotz der Entfernung kann ich bei meinen Lieben zuhause sein. Durch Mails, Blogs, Whatsapp, Skype und sonstige Faxen. Ich kann mit Leuten sonntags gemeinsam frühstücken, auch wenn gut 1.600 km dazwischen liegen. Es ist anders. Aber es ist schön, und bei weitem besser, als es nicht zu können! Ich kann mit Leuten Fußball hören, wie sonst auch. Das Bier ist ebenfalls gut, auch wenn es ein anderes ist.

Ich genieße Freiheit. Keine komplette, unendliche Freiheit. Aber soviel, dass ich mich frei fühle. Ich kann essen was ich möchte, auch nachts draußen rumlaufen wenn mir danach ist und jeden Tag selbst entscheiden, was ich anziehen mag. Zunächst denkt man, dass dies nur kleine, unbedeutende Momente sind, aber auch die habe ich zu schätzen gelernt.

Und auf jeden Fall bin ich dankbar für all die netten Freiwilligen die ich bisher kennengelernt habe, und die einem die eigene Stadt zeigen, einen Einladen, eine Schlafgelegenheit anbieten, auch wenn man sich bisher noch nie gesehen hat. Dieses Vertrauen, was einem dort entgegengebracht wird ist wirklich der Wahnsinn! Es ist ein tolles Gefühl zu wissen, dass man überall Menschen hat, mit denen man eine schöne Zeit haben kann, wenn man nicht alleine sein möchte.

Es ist teilweise wirklich nicht leicht in Restaurants ein vegetarisches/veganes Gericht zu bekommen. Trotz aller Unannehmlichkeiten die ich der osteuropäischen Küche bereite, akzeptieren die Schüler und Lehrer meine Entscheidung. Und die meisten warten teilweise weit über eine halbe Stunde mit mir bis ich auch etwas zu essen bekomme, auch wenn sie schon volle Teller vor sich stehen haben. So viel Höflichkeit habe ich bisher selten erlebt!

Und wer jetzt denkt: „Meine Fresse, hat die einen Schaden, mit ihrem wannabe-spirituellem Getue!“ Gerne, so bin ich eben, und solange es mir damit gut geht und ich andere nicht verletze, werde ich auch weiterhin noch ein bisschen dankbar bleiben. Irgendwie habe ich so bessere Laune, als wenn ich vor mich hinmotze!

Bis Bald, und Danke an die, die es bis hierher geschafft haben!

Lara