Reisebericht: Iasi, Chisinau, Odessa

Nach einer dezenten Verspätung von über einem Monat hier nun mein Bericht über meine glorreiche Reise:
Wie so manch einer vielleicht weiß, habe ich die Osterferien dazu genutzt ein wenig in der Weltgeschichte herumzureisen und dachte das könnte vielleicht den ein oder anderen interessieren.
Wer schon mal mit mir Eis essen war weiß, ich habe ernsthafte Entscheidungsschwierigkeiten, das war auch bei der Wahl meines Reiseziels nicht wirklich anders. Insbesondere weil ich im Alleingang reisen wollte musste ich eigene Entscheidungen treffen, etwas das mir definitiv zu wider ist.
Was macht man also?
Richtig, man fährt überall hin.
Für mich hieß das konkret es sollte zuerst nach Iasi, einer Stadt in Rumänien gehen, dann weiter nach Chisinau in der Republik Moldau und zum Schluss noch nach Odessa in der Ukraine. Obwohl drei Städte in 10 Tagen jetzt nicht direkt eine Weltreise sind muss ich persönlich zugeben, dass das ganze doch schnell in Stress ausarten kann. Warum genau fragt man sich jetzt? Gut, dann fangen wir mal an:
Ich stieg dank eines Jazz-Festivals und einem kleinen „Freiwilligen-Meet&Greet“ in Cluj (wie immer ermöglicht dank Jule, die glaube ich kein Wochenende ohne Besuch ausharren darf) gut gelaunt gegen 1 Uhr in der Nacht in den Zug nach Iasi. Die meisten Passagiere in diesem Zug hatten das Privileg schon 10 Stunden unterwegs zu sein. Zur weiteren Reise muss ich nicht viel sagen, höchstens, dass es sich durchaus lohnt in Rumänien mal ein wenig mehr zu bezahlen für die 1. Klasse.
Was ich natürlich nicht getan habe, um ganz authentisch in einem Abteil eingeklemmt zu sein mit Menschen die auch 6 Uhr morgens als völlig angemessene Zeit für ein wenig Manele (traditionelle rumänische Musik; klingt für mich wie Helene Fischer mit mehr Beat & Balkan) halten. Aber für so knappe 9-10 Stunden ist das ja völlig akzeptabel. Iasi ist eine wirklich schöne Stadt und wenn die Reise nicht so ewig lange dauern würde wäre ich sehr gerne häufiger dort. Es ist für mich mit Timisoara vergleichbar, bietet viele Studenten und sehr viele eindrucksvolle Kirchen und Gebäude. Allen voran wohl der „Kulturpalast“, der etwa 2 Tage nach meiner Abreise nach jahrelanger(?) Restauration seine Pforten wieder geöffnet hat und die größte Kunstsammlung Rumäniens beinhaltet.
Das nennt man dann wohl Timing.
Nach nur zwei Tagen ging es für mich dann weiter nach Chisinau in die Republik Moldau, die mir als „kleineres und ärmeres Rumänien“ beschrieben wurde. Nach einigen Schwierigkeiten einen Bus zu bekommen ging es dann los und nach einer von der Länger her sehr angenehmen Busfahrt (4 Stunden) bei der allerdings eine Scheibe im Bus komplett zersprungen ist (kann ja mal passieren) kam ich in Chisinau an einem der 3 oder 4 Busbahnhöfen an. Dieser lag praktischerweise direkt am größten Straßenmarkt der Stadt und so konnte ich direkt jeglichen Kulturschock überwinden. Pinkelt da halt einmal eine Frau direkt vor der Bus und schon denkst du dir nachher nur noch selten „huch, wo bin ich denn hier?“.
Wer übrigens dachte Taxi fahren wäre in Rumänien billig, dem lege ich auch die wunderschöne Hauptstadt Moldaus ans Herzen. selbst die „Abzocker“, deren Taxameter leider grade nicht funktioniert liegen im Allgemeinen mit ihren Preisen unter 5€, für eine Fahrt die im regulären Taxi etwa 1,50€ kostet. Und in Deutschland etwa 36€.
Außerdem gibt es nichts schöneres als ein gutes Gespräch mit dem Taxifahrer. Am liebsten natürlich mit einem, den man nicht versteht und der sich deshalb in der Pflicht sieht Google Translate um Hilfe zu bitten. Nichts gibt einem das Gefühl von Sicherheit wie in einem Taxi ohne Sicherheitsgurte zu sitzen, mit einem Fahrer der bezaubernd in dein Gesicht lächelt während er zielsicher in sein Handy tippt, und das Ganze in einem Verkehr den ich wirklich nur als molochartig beschreiben kann. Aber: Es ging um lebenswichtige Information.
„Do you have a Boyfriend in Germany?“
Öhhhhhhhhhhhh.
Chisinau ist eine wirkliche schöne Stadt mit vielen sehr gepflegten Grünanlagen, ein paar Museen (deren Ausstellungen von wirklich interessant und informativ zu lieblos und zusammengewürfelt variieren, also so wie eigentlich überall auf der Welt) und ist Zuhause meiner liebsten Kaffee-Kette. Falls ihr einmal das Glück habt euch in Chisinau, Bukarest oder Brasov zu befinden sucht das nächste Tucano-Café auf und fühlt euch gut.
Eine weitere Empfehlung ist mit Sicherheit das Tapok-Hostel in dem ich geschlafen habe und das dank seiner Gäste und fantastischen Mitarbeiter definitiv sehr einladend war.
Mein Gesamteindruck von dem Land und den Menschen ist ein sehr positiver und ich hätte nicht erwartet so viele Unterschiede zu dem mir langsam immer bekannteren Rumänien ausfindig machen zu können. Auch hier wäre ich viel lieber noch viel länger geblieben, alleine weil die Umgebung mit berühmten Klöstern und dem längsten Weinkeller der Welt lockt (der wenn ich mich richtig erinnere 42km lang und mit dem Auto befahrbar ist). Auch hätte ich sehr gerne Tiraspol einen Besuch abgestattet, der Hauptstadt des mehr oder weniger unabhängigen (sie sagen ja, allen anderen sagen nein) Transnistrien. Ich habe mich bei der Reiseplanung dagegen entschieden, weil ich mich vom auswärtigen Amt habe einschüchtern lassen,aber mittlerweile habe ich so viele sehr positive Erfahrungen anderer Reisender gehört, dass Transnistrien auf meiner Liste definitiv Platz gefunden hat.
Wieder nach zwei Tagen ging es für mich schon weiter in die Ukraine. Hier war der Grenzübergang deutlich langwieriger und ein wenig einschüchternder. Das lag allerdings nur an den Uniformen und Gewehren der Grenzschützer, persönlich hatte ich bei der Einreise und auch während meiner Zeit keine negative Erfahrung mit der Staatsgewalt machen müssen.
Ich habe die Ukraine als faszinierendes, schönes und kulturell sehr interessantes Land kennengelernt und kann auch hier nur meine Begeisterung betonen.
In Odessa habe ich dann das Wochenende verbracht, viele nette Menschen kennengelernt, ich war in der Oper um mir Schwanensee anzuschauen, ich habe Muscheln gegessen (das erste Mal in meinem Leben) und natürlich mein persönliches Highlight, das Meer genossen! Wie man so schön an dieser Kurzaufzählung merkt habe ich jetzt wirklich keine Lust mehr zu schreiben.
Was mir von diesem Trip deutlich und ich hoffe auch sehr lange in Erinnerung bleiben wird ist die Herzlichkeit der Menschen denen ich begegnet bin. Sei es der nette Hausmeister der mich trotz Renovierungsarbeiten in die geschlossene Kirche lässt, die Dame namens Larissa an der Gepäckabgabe am Busbahnhof in Chisinau die mir ein Osterei schenkt und mich für mein Rumänisch lobt oder die netten Menschen die sich die Zeit genommen haben mich durch die Stadt zu führen und mit denen ich diese Reise und diese Städte hoffentlich noch sehr lange in Verbindung bringen werde. Ich hab auf jedenfall genug gesabbelt und obwohl ich sicherlich noch mehr zu erwähnen hätte (wie den Besuch von meinem Papa, oder den von meiner Freundin Franzi, oder den Abschluss der 12.Klässler oder oder oder..)
lasse ich jetzt noch ein paar Bilder sprechen 🙂

die obligatorische Romulus und Remus Statue

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Aussicht beim Essen

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Angeblich ist das Wasser nicht immer so klar

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Napoleons Kuchen - süßer gehts nicht, besser auch nicht

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Eins meiner persönlichen Highlights

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Orthodoxe Ostern fanden dieses Jahr ca 4 Wochen nach unserem Osterfest statt

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berühmte Treppen + der Hafen in Odessa - ein Traum!

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Ich hab keine Fotos in der Oper gemacht weil da Leute mit Selfiestick waren

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Wie bricht man am besten das Fasten? richtig, mit einem Massen-Spanferkel-Grillen

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Protest-Camp vor dem Regierungsgebäude in Chisinau

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Trotz Baugerüst sehr eindrucksvoll, gerade deswegen auch ein wenig gruselig

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