…bin ich nicht direkt auf die Fresse in die Kanalisation gefallen. Ein Klassiker, auf den ich immer gewartet habe: einmal so richtig schön mit Schmackes ins gutter fallen. Denn die sind ja so herrlich einladend ausladend tief direkt neben der Straße angebracht, ein falscher Schritt im Dunkeln und man landet mal wieder im Krankenhaus, mit einem angekrüppelten Fuß. Ich hasse es. Ich will nicht eingesperrt sein, ich will am Donnerstag baden beim Betriebsausflug und ich will verdammt noch mal an Weihnachten nicht im Bett rumhocken. Tja, jetzt sitze ich hier eben rum mit einem großen Elefantengipsfuß und hoffe, dass der mir so bald wie möglich abgenommen wird. Nachdem ich jetzt fünf verschiedene Meinungen von drei Ärzten und zwei Schwestern gehört habe, bin ich ziemlich ratlos. Ich tippe mal auf Bänderdehnung, was sich so innerhalb meiner google-Recherchen herauskristallisiert hat. Naja, muss mal wohl auch mal durch. Meine eigene Schuld, weil ich ja unbedingt an dieser dunklen gutter-Stelle jemanden anrufen musste, um es nicht zu vergessen. Klassiker, wie gesagt.
Diese blöden Smartphones. Na gut, das Gleiche hätte auch mit nem Nokia 6310 oder was das damals war passieren können…ach Mist. Wie höchst ärgerlich. War das jetzt Karma? Freut sich da jetzt irgendjemand drüber? Jaja, lach du nur, es ist gar nicht mal so geil, diesen zermatschten Fuß hier hinter sich her zu ziehen und es war auch nicht so geil, in diesem Krankenhaus zu sitzen und darum betteln zu müssen, dass die blutende Wunde am Arm mal vielleicht desinfiziert werden könnte, ich hätt’s ja am Ende sogar gerne selbst gemacht, aber man hatte nichts. Kurze Darstellung der lieblichen Milde meines Arztes: Elisa: „Sie wollen mir erzählen, dass Sie meine Wunde nicht reinigen können. In einem Krankenhaus können Sie meine Wunde nicht reinigen. Krankenhaus – Wunde. Ist das Ihr Ernst?“ Arzt, nach längerem, bedeutungsschwangeren Blick: „Ich kann den Ton nicht gutheißen, in dem Sie mit mir sprechen.“ Elisa: „Und ich kann die Art nicht gutheißen, in der Sie mit mir umgehen, ich bin Ihr Patient und Sie können nicht einmal meine blutende Wunde reinigen lassen!“ Außerdem hatte er mich vorher noch als unhöflich bezeichnet, weil ich den großen Fehler gemacht hatte, während der Konsultation an mein Handy zu gehen, wo aber gerade Dr. Walter’s Ärzte anriefen, die mit ihm sprechen wollten. Da hatte ich natürlich schon bei ihm verschissen. Ob das nun ein richtiger Arzt war, werde ich wohl nie erfahren, auf jeden Fall bestand seine Diagnose aus einem genuschelten „something muscular“ und der Arzt auf der Intensivstation, zu dem ich am nächsten Morgen geschickt wurde, regte sich dann ziemlich über die Flickschusterei auf, die bei meinem Röntgenbild betrieben wurde. Da hatte offenbar jemand überhaupt keine Ahnung, aber wusste natürlich alles besser.
Naja, der glückliche Part an der ganzen Sache war sicherlich mein Rucksack, den ich auf meine Bauchseite genommen hatte und der mich aufgrund seiner perfekten Ausgestaltung wie ein kleines Schutzpaket abgefedert hatte, so ist also mein Oberkörper größtenteils heile geblieben und der Kopp eben auch. Ironischerweise auch mein Handy, was weich im Kanallaub landete. Glücklicherweise kam auch just in dem Moment meines Sturzes ein Auto vorbei, Joe und Joe, wie ich später erfahren sollte, meine rettenden Engel, die mich zum Auto trugen, ins Krankenhaus brachten und noch so lange dort verweilten, bis Kathi und die Jungs mit dem Auto vorbei kamen. Die kriegen noch ein Deluxe-Dinner, versprochen. Nach der eingehenden Bekundung durch Dr. Walter’s Spezialisten hoffe ich nun, dass ich vielleicht einen Bruch oder Riss auch 100%-ig ausschließen kann. Wäre ganz nice so, mit Reiseplänen und so.
Am Freitag bin ich dann dennoch zur Arbeit gehumpelt, ich wollte ja unbedingt noch Plätzchen backen und eigentlich noch drehen am Morgen mit Sulaiman und danach Portia, das ging zwar leider nicht, aber immerhin konnte ich ein paar ordentliche Teige kneten und dann Bleche voller Haselnusskipferl füllen. Am Ende stand ich sogar mit dem Chor auf der Bühne und hielt eine kleine Rede zur Feuerzangenbowle und schließlich wurde der Film gezeigt, so, wie ich es haben wollte und ich war am Ende des Tages dann auch sehr glücklich. Jetzt hoffe ich einfach, dass alles schnell geht und ich dann meiner Caro ein guter Reiseführer sein kann, wenn sie übernächsten Samstag hier in Accra ankommt. Was dazwischen mit meinen Reiseplänen passiert – mal auf Eis legen. Wie meinen Fuß. Dann lese ich halt hier irgendwo. Vielleicht.
Sonst gibt es nicht viel zu erzählen, gestern war ich ein großes Schlaftier und Papa Joe besorgte mir Indomie, als er mich zum Tor humpeln sah, ein Held, obwohl er nämlich Malaria hat, aber er wäre ja nicht Papa Joe, wenn er das nicht wegstecken würde wie ein Superheld. Also saß ich dann am Abend in meinem Himmelbettchen, mit Indomie und „Pommery und Putenbrust“, Klassiker. Wir haben jetzt übrigens auch einen Weihnachtsbaum im Haus. Hier sieht man mich und meinen Elefantenfuß, sich über den Weihnachtsbaum freuend. Einen fröhlichen dritten Advent wünsche ich und Obacht – lest euch noch mal das Märchen vom Hans Guckindieluft durch. Immer schön konzentriert rumlaufen und –fahren, he.
Euer Bruchpilot
