Dies ist die Geschichte von dem Abend, an dem ich fast Ghana-Roadie einer Deutsch-Luxemburgischen Hipsterband wurde. Wenn ich nicht diese praktischen Kein-Kater-Gene hätte würde ich euch jetzt wahrscheinlich erzählen, wie sehr mein Kopf brummt. Aber ist alles okay. Mein Sachet-Wasser schmeckt nur leider ein bisschen stark nach Raumduft, weil ich es zu nah an eben diesen gelegt hatte. Also die Geschichte beginnt nun.
Von meinem Boss hatten wir vier Freikarten für dieses extrem coole Konzert gestern Abend bekommen, zu dem wir sowieso gegangen wären. Eine Art Elektro-Festival, das muss man unserer eingefleischten Berliner Partyseele nicht zwei Mal sagen, wir waren beim ersten Anblick des Flyers bereits Feuer und Flamme. Nach einer kleinen Quetsch-Taxifahrt zu sechst kamen wir fast pünktlich gegen acht an der Alliance an, es gab kleine Cocktails für umgerechnet nen guten Euro, die erinnerten mich an meine geliebten Terremotos. Es ging dann auch schon los, aber die Band kannten wir nicht, wir hatten uns nur ein Video vorher angesehen und waren recht angetan. Als sie dann spielten, fühlten wir uns ein bisschen wie zu Hause, ich liebte es und wippte und war dankbar für diesen kleinen europäischen Input. Keine Frage, ich steh auf Ghanaischen Highlife und man hat auch schon so seine Lieblingsohrwurmmelodien, aber es geht doch nichts über diese sanft-dröhnenden, heimischen Elektroklänge mit diesem Beat, der die Ghanaer etwas zu verwirren scheint (die tanzten dazu in einem ziemlich abgehackten Robotdance-Style). Die Band erinnerte mich an Phoenix oder Woodkid, ich liebte die Mucke so sehr, dass ich denen im Anschluss gleich ne CD abkaufte. Ja, im Anschluss ging dann unsere Aktion Celebrity so richtig los. Nach dem ein oder anderen Bier war man nicht mehr ganz so eingeschüchtert von dieser Aura der C-Prominenz, die die drei Jungs umgab. Ich quatschte also mal den Drummer an, den Luxemburger, der war cool und lachte so schön und ich machte meine blöden Faxen. Wir erzählten viel und es gab Wein, wir erzählten so lange, bis die Alliance die Musik ausmachte und alle höflich rausschmiss, dan verabschiedeten wir uns irgendwie, aber verabredeten uns für die Republic Bar, die sich eigentlich schon zu einer Art Stammkneipentanzwumme herauskristallisiert hat. Wir stiegen ins Auto zu den spanischen Kumpels von Beatriz, ich quatschte ein bisschen Spanisch mit chilenischem Akzent, wir fuhren durch die heiße Nacht und Javier’s Auto fuhr schnell und zackig.
Plötzlich standen wir vor der Bar und da war dann auch wieder der Drummer, der wich mir dann den Abend über nicht von der Seite, ich mochte seine grünblauen Augen, irgendwas hatte der von Hugh Grant, ich schätzte ihn auf 23, obwohl der 27 war und wir machten uns einen Spaß daraus, Leuten, die uns einfach so anquatschten, was vom Pferd zu erzählen. So war ich halb Norwegerin, halb Dänin, aber mein Opa war aus England und er war eigentlich Russe, hatte aber französische und luxemburgische Wurzeln. Irgendwie sowas, das hielten wir gut durch, auch, als einer plötzlich norwegisch quatschte und ich ihn korrigierte, mit meinen nicht vorhandenen Norwegischkenntnisse, viel aber anscheinend nicht auf. Ich fragte ihn, wie so das Leben auf Tournee ist, wie sich das so mit den Groupies verhält, und er lachte immerzu und antwortete höflich. Irgendwie waren wir plötzlich allein auf dem Dancefloor, leicht peinlicherweise kam immer wieder Hassan dazu (ihr erinnert euch vielleicht, der andere Gentleman von vor ein paar Wochen) und legte ein seltsames Platzhirschverhalten an den Tag, fasste mir immer wieder um die Hüfte und machte einen auf besorgten Boyfriend, oh Mann, sowas kann ich ja gar nicht leiden. Wären wir Sims gewesen, so wären da zwei dicke Minus Minus über meinem Kopf gewesen, bei jeder seiner Aktionen. Aber irgendwann wurde es ihm dann anscheinend doch zu blöd, Kathi wurde von zweien belagert und ich dachte, es wäre nun an der Zeit, einen gepflegten polnischen Abgang an den Tag zu legen, also flüsterte ich ihr zu „Kathi, ich glaube, ich muss mich gleich übergeben, wollen wir den polnischen machen?“, ihr kam das ganz recht, also verabschiedete ich mich von meinem Kavalier, der sich die Gelegenheit nicht entgehen ließ, irgendwie an meiner Wange zu kleben und mir ein für die später Stunde doch sehr höfliches, aber dennoch über die Maßen peinliches „Darf ich dich küssen?“ ins Ohr zu hauchen. Meine Logik zu der Stunde war natürlich auf Level 1000, sodass ich dann sehr wortgewandt „Ich kenn dich doch gar nicht!“ herausbrachte, er lachte nur wieder, der Mann mit dem Kreuzberger Waschbär auf dem T-Shirt, und rief mir hinterher, ich solle doch Morgen um 10 auf jeden Fall mit nach Takoradi kommen. Kathi und ich verschwanden in der schwülen Accraer Nacht, in der ich lauthals „You look WAO!“ schreiend durch die Gegend wackelte und gackerte, wie ich das von meinem Mentor Papa Joe gelernt hatte. Das heißt übrigens „Du siehst betrunken aus“, auf Twinglisch, und zumindest zu dieser späten Stunde und mit meiner sowieso völlig rationalen 3-Uhr-morgens Logik dachte ich, das könnte ja vielleicht potentielle Räuber abschrecken. Das tat es dann wohl auch, wir kamen ganz easy in unserer Danquah-Circle-Nachbarschaft an und ich fiel zufrieden in mein Bettchen.
Aber naben all dem Rumgepartye gab es ja auch noch ein bisschen Arbeit, so war ich am Donnerstag bei einem Workshop in einer Schule in Kotobabi, da bringt eine deutsche Band den Schulkindern gerade bei, wie man mit selbstgebastelten Didgeridoos coole Mucke macht. Die Kinder waren goldig und lachten und tanzten und waren ganz entzückt von uns Oborunis, das war schon ziemlicher Bilderbuch-Kolonialstil, deswegen lag die ganze Zeit eine leicht unangenehme Peinlichkeit in der Luft, aber zum Glück sehen kleine Kinder ja noch nicht den bösen weißen Ausbeuter in dir, also fuhren sie mir nur duch meine Haare und kicherten und sahen mich an mit ihren großen Kulleraugen. Ich habe wieder ganz viele Fotos gemacht und heute, ja heute, da klappt das dann hoffentlich mal mit dem Hochladen, denn gestern war der Dumsor wieder am Start, abner davon erzähle ich gleich mehr. Eigentlich wollte ich euch generell alles schon viel früher erzählen, mittlerweile ist Montag und noch viel mehr passiert, also mache ich an dieser Stelle Schluss und erzähle woanders weiter. Dies hier war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich.
Liebe Mami, nachdem Benjamin und Papa schon Geburtstag hatten, warst du ja jetzt auch dran und ich möchte natürlich nicht, das dein Tag hier zu kurz kommt. Also, nachdem du dir das jetzt alles durchgelesen hast und vielleicht nicht ganz so begeistert über meine nächtlichen Touren warst (ich bin aber auch nicht mehr 21, ich bin jetzt groß und anständig, siehst du doch), möchte ich doch ganz offiziell noch mal sagen: Alles Gute nachträglich zum Geburtstag. Danke für all das und noch viel mehr.