Wir sind zurück von der großen Makola-Market-Experience, ein Highlight, was man sich als eingefleischter Neu-Accraer nicht entgehen lassen sollte. Heute war der Beginn des Muslimischen Opferfestes und deswegen hatte das Institut geschlossen, Wir nutzen den Abend gestern und den Tag heute also als einen weiteren kleinen Zwischenurlaub.
Ganz standesgemäß starteten wir in unseren Vorfeiertagsabend mit einer Portion Indomie, ein Nudelgericht, was man hier abends an jeder Ecke bekommt. Im Grunde sind das Tütennudeln, denen allerlei Zutaten wie Ei, Fisch und Gemüse zugemischt werden, das ist dann ganz fettig und heiß und lecker, Junge. Ganz fein und schick waren wir, SATC-Style in Accra, aufgebrezelt zu unseren „Dates“ und ihrem Auto stapfend, die uns zu einer Art Salsa-Club bringen wollten. Unsere (absoluten Pro-Forma) Dates waren übrigens Hassan und Toffic, die beiden Kerle, die wir am Samstagabend in der Republic aufgegabelt hatten. Da waren wir dann also, wurden zum Club gefahren und alles war ungewöhnlich fancy. Dort angekommen trauten wir unserern Augen kaum ob der gruselig talentierten Rampensäue, die da in allen möglichen Verbiegungen Salsa tanzten. Ich ließ einen innerlichen Seufzer nach dem anderen los, weil ich das Bild von meinem Salsapartner Jérémy nicht mehr aus dem Kopf bekam, von diesem einen Abend im Mai, an dem ich ihm permanent auf die Füße trat und er trotzdem immer so schön lachte und ich ein Mal Prinzessin war. Dann tanzte ein anderer mit mir und mein Blick schwiff in die Ferne, weit dahin nach Paris. Dennoch war diese Location eine Wucht.Wir tranken Bier und rauchten Shisha und ganz viele Oborunis waren da, alles fühlte sich so seltsam europäisch und vertraut an, so exportiert. Hassans und Toffics 50er-Jahre-Höflichkeit fügte sich nur noch so ein in dieses Europa-Feeling. Man hielt sich zurück, obwohl das in Ghana ja eigentlich ganz anders sei. Aber man wüsste, wie die deutschen Mädchen ticken würden. Trotz mehrmaliger Beteuerungen, man wäre doch in festen Händen, wollte nicht so recht aufgegeben werden. Wir lachten nur und ließen uns treiben. Weiter in einen noch viel europäischeren Nachtclub (Kanada und die USA könnten sich von der Clubkultur hier wirklich mal was abschneiden), ich war ganz selig und ausgelassen, ich tanzte in der Mitte der Tanzfläche und strahlte, weil ich frei war und die Musik gut und laut und ich Spaß hatte. Dann saß man da mit einem Hassan, einem ghanaischen Moslem, im Norden Ghanas aufgewachsen, auf dem Land, und unterhält sich über die amerikanischen Serien, die man so verfolgt hat in seinem Leben. Globalisierung ist etwas Erstaunliches und gleichzeitig urkomisch.
Anständigst wurden wir vor unserer Haustür abgesetzt und verabschiedet. Kathi und ich fielen in unsere Bettchen, nur um bereits 6 Stunden später vom lauten Gemecker Papa Joes geweckt zu werden. Man gewöhnt sich an alles, also dreht man sich noch einmal um und lässt Papa Joes Gebrülle einfach vorbei ziehen, zusammen mit dem Pumeluff-Müllauto und auch der enthusiastische Kirchenchorgesang, der praktisch neben einem im Bett zu stehen scheint, passiert einfach so nebenbei. Man schläft.
Dann stehe ich also schließlich doch auf und mache mir ein dunkles Gütersloher Vollkornimportbrot mit Butter und Nutella („Top Choc“, um genau zu sein, schmeckt wie geschmolzene Weihnachtskalenderschokolade) und Papa Joe mit seinem Banku und Fisch-Tomaten-Eintopf auf dem Herd sieht einen und den Teller nur verdattert an.
Auf der Veranda liegt Vivianna, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Wir schwatzen ein bisschen und es stellt sich heraus, dass sie Lesen nicht mag. Das finde ich schade und möchte ihr Mut zusprechen, dass sie das richtige Buch vielleicht einfach noch nicht gefunden hat und sie deswegen bisher Lesen nur als Strafe empfunden hätte. So ging das zumindest den beiden Mädchen aus „Der Schatten des Windes“, was ich mir gerade mal aus dem „Take away“-Regal unserer Bibliothek geschnappt habe. Ich lese gern darin, während ich auf mein Mittagessen im Institut warte.
Schließlich fuhren wir dann los, zum Makola Market, Kathi und ich und Talitha, die dritte Kulturweit-Freiwillige in unserem Ghana-Bunde. An der Tema-Station trafen wir uns dann noch mit Lisa und zwei vorübergehenden, deutschen Mitbewohnerinnen, die am Strand einen neuen ghanaischen Kumpel gefunden hatten. Der bestand dann darauf, uns zum Makola Market zu geleiten. Es war ein Fest dort. Diese ghanaischen Stoffe…das Herz geht einem auf, ich sag’s euch. Ich habe jetzt ein neues, bodenlanges Kleid in blau-weißer Batik-Optik (das sollte mir der Schneider auch noch mal kürzen, bei meiner Erdnuckelgröße schleift das etwas auf dem Boden…) und einen wunderhübschen Stoff, der mir für den großen Botschaftsempfang nur noch in ein wunderhübsches Kleid geschneidert werden muss. Max will uns Morgen zur Schneiderin seines Vertrauens führen. Oh, wie bin ich gespannt.
Außerdem habe ich noch ein paar coole Fotos schießen können, die sollte ich mal hochladen, wenn das Internet durchhält. Ich habe übrigens schon einige hochgeladen, schaut doch mal bei „In Farbe und bunt“ vorbei.
Mogen will ich außerdem noch zur Alliance Francaise und mal nachprüfen, ob ich nicht vielleicht auch noch einen Französischkurs machen könnte. Immerhin haben wir hier viele frankophone Kollegen, die ja auch angemessen mit uns Konversation führen möchten. Ansonsten falle ich jetzt gleich erstmal ins Bett. Dick und rund von Max Standargericht, scharfer roter Fischeintopf mit Reis. Ich glaube, langsam gewöhne ich mich an die Schärfe.
Dann wünsche ich „Eid Mubarak“ und eine gute Nacht. Oh, die Frau aus dem Tante-Emma-Laden erkennt mich jetzt übrigens schon und unterhält sich auf Twi mit mir. Nette Nachbarn sind was Tolles. Ich sollte sie mal nach ihrem Namen fragen. Lernt eure Nachbarn kennen! 😉
Bis die Tage (am Samstag ist ne Poolparty bei Oborunis, es könnte wieder ein paar spannende Geschichten geben, dran bleiben :p )!