Ich liege im Dunst meines Mückenschutzmittels unter meinem Mosquitonetz und ganz nah und ganz laut sieht sich jemand seit geraumer Zeit ein Fernsehprogramm auf Twi an. Das weiß ich, weil ich ein paar Worte aufgeschnappt habe, die ich gestern bei Chambas gelernt habe. Ein großartiger und beeindruckender Kerl. Es ist generell beeindruckend, wie viele verschiedene Sprachen die Leute hier teilweise beherrschen.
Seit drei Tagen arbeite ich jetzt am Goethe-Institut und es gefällt mir von Tag zu Tag besser. Heute durfte ich den Flyer für den „German Day“ am dritten Oktober entwerfen und der hat meiner Big Boss sogar auf Anhieb gefallen. Die Motivation ist also noch oder schon ganz oben. Ich bin nur momentan extrem müde. Könnte unter Umständen auch an der Malariaprophylaxe liegen, die mir tatsächlich sehr seltsame Träume beschert. Nichts Beängstigendes, nur eben sehr Seltsames. Zum Beispiel ein Paul Rudd, den ich Anfang des 20. Jahrhunderts auf der allerersten Flugschau der Welt seine Erfindung, das Motorenflugzeg, vorführen sehe und der dann unter mysteriösen Umständen fliehen muss Das ganze spielte irgendwo dort, wo es wie an einem bayerischen Gebirgssee aussah. Es geht also rund in meinen Träumen. Meine liebe Freundin und Kollegin Lisa träumt dafür von Gorillas, die Ghanaische Banken ausrauben und damit das Wirschaftssystem lahm legen. Auch nicht schlecht.
Unser Sprachkurs gestern hatte etwas sehr Anheimelndes und zugleich etwas ganz Aufregendes, noch nie da Gewesenes. Dort lernten wir mit einer Frau aus Ghana, die aber nicht dort aufgewachsen ist, drei Deutschen (wovon einer ein sehr amerikanisch klingender Militärmann mit Bulldozerstimme ist), einer Deutsch-Italienerin, einem Sudanesen, einem Togoer (sagt man das so? wenn nicht dann wird er mir diesen political-correctness-fauxpas sicherlich verzeihen, der wirkte nämlich sehr locker und sympathisch), einer Israelin und vier Amerikanern, die von einem ghanesischen Deutsch-/ Englisch-/ und Twi-Lehrer mit noch vielen weiteren anderen Sprachkenntnissen unterrichtet werden. Das ist eine bunte, angenehme Mischung, die irgendwie auch wieder an Schule und Uni erinnert. Es gab sogar eine kleine Hausaufgabe: wie reagieren unsere ghanesischen Mitbewohner auf kleine Grüße auf Twi? Max, Kobi und Papa Joe waren ziemlich begeistert und amüsiert.
Ein großes Abenteuer, was ich jetzt schon insgesamt sechs Mal erleben durfte, ist mein Hin- und Rückweg zur Arbeit im Tro-Tro. Da kommt so ein kleiner, rostiger Minibus angefahren, bis unters Dach voll mit Angestellten, Schülern, Studenten, Praktikanten, eine charakteristische Handbewegung gibt das Fahrtziel an, Fahrpläne oder Linien gibt es nicht. Man bezahlt dann, wenn man sitzt, umgerechnet pro Fahrt etwa 25 cent. Die „Mates“, die das Geld eintreiben, versuchen ab und an auch gern, die unwissenden Europäer einfach mehr bezahlen zu lassen. Zum Glück weis mich eine Lady am ersten Tag emotionslos aber fair darauf hin, dass ich mein Wechselgeld verlangen sollte. Jetzt weiß ich es besser. Man lernt schnell und hört gern auf die Ratschläge der Anwohner. Nicht mit aufdringlichen Straßenverkäufern sprechen (wirklich einfacher gesagt, als getan, wenn die einem hinterher joggen), nicht in der Dunkelheit allein auf die Straße gehen, als Weiße nichts in der Oxford Street kaufen, weil man dann knacki 100 % drauf zahlt.
Was mich bisher besonders beeindruckt ist, dass viele Straßenverkäuferinnen tatsächlich schwere Lasten auf dem Kopf tragen. Kein stereotypes Postkolonialistenbild, äh-äh, das sieht man hier wirklich sehr oft. Interessant ist ebenfalls die große Schere zwischen Arm und Reich, die ich bisher so nur in Paraguay beobachtet habe: ein sehr westlich aussehendes Haus mit richtigem Fensterglas aus massivem Stein und Holz und nur ein paar Meter weiter eine Wellblechbarracke. Ich muss endlich mal Fotos machen. Ich will euch mein Haus zeigen und die Straße (den Sandweg), in der ich wohne, die keinen Namen, dafür aber eine Wäscherei hat.
In Anlehnung an eine Idee meiner lieben Freundin Sanny möchte ich hier zuletzt noch eine kleine, immer wieder kehrende Kategorie aufgreifen: De Ghanaische Guriosidädngiste. Wer das übersetzen kann, ist klar im Vorteil. Darin packe ich zunächst meine gestrige Begegnung mit dem Riesenquaker. So nenne ich den kleinen Frosch, der am Rande der Straße in den tiefen Gossen sitzt und, wenn es dunkel ist, so laut quakt, dass man sich einen zwei-Meter-Ochsenfrosch vorstellt. Ich war ziemlich platt.
Jetzt bin ich aber wirklich ziemlich platt. Ich muss ins Bettchen. Meine Augen fallen schon zu. 40-Stunden-Woche bin ich doch nicht mehr gewohnt.
Maadwo! Me din de Elisa.