Zuerst einmal vielen Dank für den großen Zuspruch zu meinem letzten Eintrag. Natürlich kann ich nur von lustigen, unterhaltsamen Dingen berichten wenn sie auch passieren, ich bitte also um Nachsicht wenn die Einträge in Zukunft eventuell etwas nüchterner ausfallen.
Da nun doch etwas Zeit verstrichen ist seit dem letzten Eintrag, und einiges passiert ist, könnte er diesmal auch wieder etwas länger werden, ich bitte dies zu entschuldigen. Sobald es euch zu langweilig wird könnt ihr ja wegklicken oder Teile überfliegen, da ich das ganze hier aber zu einem gewissen Teil auch für mich selber mache um ab uns zu gesehenes zu rekapitulieren, wird die Länge so sein wie sie ein wird.
(Das mit den Keksen auf Facebook war natürlich nur ein Scherz, wer sich jetzt hintergangen fühlt, den kann ich an mein bestehendes Angebot erinnern, und dieses als Entschädigung anbieten, auf zusenden seiner persönlichen Adressdaten werde ich ihm eine Postkarte zukommen lassen.)
nun also los!:
Wochenende 1
Mein erstes Wochenende in Addis sollte gleich recht ereignisreich werden. Von Freitag auf Samstag durfte ich beim SMV-Wochende dabei sein. Das ganze lief recht gleich wie bei uns ab, es wurden Ideen gesammelt, diese dann in Gruppen ausgearbeitet und am nächsten Tag vorgestellt. Zwischendurch wurden Spiele gemacht, etwas vom, wie man mir sagte zweitbesten Fastfood Laden der Stadt bestellt (Chicken Hut) (alles was ihr an Fastfood Franchise kennt gibt es hier nicht, kein McDonalds, kein KFC, kein BK) und am Abend durften sich die Kiddies in der Turnhalle noch ein Wenig austoben. Die kleinen übernachteten dann mit mir und den zwei Verbindungslehrern in der Turnhalle, während die großen sich in die Klassenzimmer verzogen. Die kleinen durften sich aus allen Matten und Sportgeräten eine Burg bauen in der sie dann schlafen durften, ein Kindheitstraum!
Am morgen wurde dann zusammen lecker gefrühstückt, Brötchen mit Marmelade, Honig und Schokoaufstrich. Ich lernte die „Lehrerrolle“ gleich zu schätzen, die Lehrer mussten nicht abwaschen und bekamen als erstes Kaffee 😀 Nach einer kurzen weiteren Organisationsphase ging es dann für alle nach Hause. Christoph den Verbindungslehrer fragte ich noch nach dem Sonntäglichen-Fußballspielen, von dem ich gehört hatte, wozu er Anbot mich mitzunehmen.
Zu Hause meldete ich mich dann bei Abera, einem jungen Äthiopier, der der Freund meiner Kulturweit-Vorgängerinn Johanna (aber nicht an meiner Schule) hier in Addis ist. Ich traf mich mit ihm schon ein paar Tage zuvor da ich ihm ein paar Sachen von Johanna mitgebracht hatte, er war total nett und bot gleich an mir bei meiner Wohnungssuche zu helfen. So zeigte er mir also ein Zimmer und ein ganzes Haus, für das Haus hätte ich allerdings noch Mitbewohner finden müssen. Ich bedankte mich herzlich und hatte so eine weitere Alternative, wobei ich auf eine meiner anderen beiden Alternativen hoffte, von denen ich Anfang der Woche bescheid bekommen sollte. Ich traf mich dann mit Antonia, einer Erzieherin aus unserem Kindergarten, in Bole, dem Stadtteil in dem am meisten los ist, dort gibt es die meisten auch sehr westlich angehauchten Cafes, Restaurants, sogar Kinos gibt es in einer Shopping Mall, auch der Ausländeranteil ist hier am höchsten. (Eines der Kinos wirbt damit das erste 3-Screen Kino Äthiopiens zu sein. 3-Screen!! 3 Leinwände, 3 Kinosäle!!) Meine erste Minibusfahrt (6ct für eine Teilstrecke ich berichtete) alleine gestaltete sich aufgrund netter hilfsbereiter Äthiopier besser als gedacht. Im Bus kam ich mit einem älteren Äthiopier ins Gespräch, leider war ich so naiv und gab ihm meine Handynummer, da er mich einlud mal seine Schule zu besichtigen, an der er Lehrer für Chemie ist. Das er sich etwas anderes unter unserer frischen Freundschaft vorstellte wie ich, merkte ich als er dann draußen noch etwas meinte von jaa und heute ist der schönste Tag seines Lebens weil er mich getroffen hat und ich werde ihm und seinen Kindern helfen, auch wenn ich schon wieder in Deutschland bin und vielleicht kann er ja auch mal nach Deutschland kommen usw. In der gleichen Nacht rief er gleich noch zweimal an, seither habe ich ihn auf Blockiert doch er versucht es immer mal wieder.
Auch solche Begegnungen gehören eben dazu und zeigen einem was für Stereotype die Menschen hier von uns „weißen“ haben.
Der Abend mit Antonia war äußerst funny. Zuerst wurden wir von einem ihrer Bekannten aus dem Tennis-Club in ein Apartment eingeladen, ich wusste gar nicht was mich erwartet. Wir betraten ein riesiges Apartment in einem Hochhaus in Bole. Drinnen saßen lauter ältere Experts, also hier lebende und arbeitende Ausländer, vornehmlich weiße. Der Anblick an sich war schon recht kurios und nach und nach erschloss sich das Bild. Wir waren in eine Geburtstagsparty hineingeraten, das Apartement war echt riesig und wir fragten uns was er wohl in dieser Lage dafür bezahlen muss, da wir wussten das allgemein Wohnungen in dieser Lage, auch für unsere Verhältnisse, schweineteuer sind. Jemand sagte uns dann später das die Miete 12.000 Dollar im Monat beträgt :oo. Feine Gesellschaft in der wir da waren, die Leute waren aber alle mega nett, boten uns Essen und trinken an und ein paar machten live-Musik. Ein dicker Schotte der schon ein bisschen was intus hatte sang und spielte Gitarre, wobei ihm zwei Saiten rissen, aber echt überhaupt nicht schlecht sondern ziemlich geil, während ein andere E-Gitarre spielte und ein dritter dazu trommelte. Wir zogen dann weiter in einen Club in dem eine Reggea-Band live spielte, auch die war ziemlich geil! Zum Schluss spielten sie noch ein Lied was im Refrain ungefähr so ging, „In Ethiooopia, we got so many tribes…lalala….we were never colonized“. Das Lied spricht natürlich ganz klar für den stolz der Äthiopier als einziges Land Afrikas nie kolonisiert gewesen zu sein. Lediglich die Italiener besetzten es für ein paar Jahre (ich meine 5 oder 6) aber im Angesicht der Kolonialgeschichte anderer Länder ist das natürlich ein Witz.
Am nächsten Tag ging es dann zum Fußball in den Juve-Club (Ich berichtete) vor den „Club“ gibt es ein Fußballfeld (aus so roter Asche, nix Kunstrasen oder so) mit Flutlicht das man mieten kann. Einige deutschsprachige Lehrer und andere in Äthiopien lebende deutsche treffen sich hier immer sonntags zum Kicken. Wir waren diesmal zu sechst und spielten also drei gegen drei. Leck mich fett war ich schnell aus der Puste, ich bekam die Höhe, 2.500 Meter über N.N., voll zu spüren! Und das obwohl wir schon nur auf das halbe Feld spielten, und das Feld ist echt nicht sehr groß! Danach kann man sich im JuveClub noch eine Pizza und ein Bier gönnen und noch ein bisschen zusammensitzen, und die Pizza ist echt verdammt lecker! Ich weiß nicht ob ich in Deutschland schon so geile Pizza gegessen hab. Vergleichsweise ist die Pizza dort teuer, was bedeutet das sie ca 80–120 Birr kostet, was ca. 3,50€ bis 5€ entspricht.
Auf dem Heimweg bot Christoph mir dann an übergangsweise bei ihm einzuziehen, falls ich warten müsste bis ein Zimmer frei wird. Das kam mir sehr gelegen da das Hostel in dem ich immer noch wohnte mit der Zeit doch etwas teuer wurde. Da ich am Montag-Abend die Zusage von Sally bekam, eine Erzieherin im Kindergarten, Andrejs Zimmer zu bekommen, ein Lehramtsstudent der hier für ein paar Wochen Praktikum macht, wenn er auszieht. Das war natürlich optimal für mich da die WG (Sally und ein Franzose) sich direkt neben der Schule befindet und die Miete auch im Rahmen meiner Möglichkeiten liegt. So zog ich dann also am Dienstag übergangsweise bei Christoph ein. Und er hat ein meeega schönes Haus. Hier fühle ich mich auch richtig wohl und mit Christoph versteh ich mich auch super, er hat mir vieles gezeigt und mich zum ein und anderen mitgenommen.
Wochenende 2
Da in der Woche nichts spannendes passierte überspringe ich diese einfach mal 😀 hab eh schon wieder viel zu viel geschrieben. 🙂
Da der Montag frei war nutzen viele Lehrer das verlängerte Wochenende zum verreisen, so auch wir. Christoph, Andrej, Max (ein Freund von Andrej der zu besuch ist), Jonathan (ein anderer Lehramtsstudent der für ein paar Wochen Praktikum macht) und ich fanden uns zusammen um am Freitag zu einem kleinen Trip aufzubrechen. Unser Ziel war das sogenannte Quassa-Plateau, da man dort sehr schön wandern gehen kann, wir wollten dort in einer bekannten „Selbstversoger-Lodge“ unterkommen, was bedeutet, es gibt dort so ne Art Herberge aber ohne das dir jemand was kocht. Es war ebenso geplant in einem Dorf davor eine Zwischen-Übernachtung einzulegen, da der Weg zu weit war und gerade das letzte Stück (80 km Buckelpiste, also wirklich SchotterPISTE) auch am zähsten ist. Wir fuhren also in die letzte Stadt vor unserem Ziel, da wir aber gut in der Zeit lagen beschlossen wir noch ins nächste Dorf zu fahren und dort eine Unterkunft zu suchen, damit wir es am nächsten Tag nicht mehr so weit hatten. Nunja, das nächste Dorf bestand dann aus genau EINER Straße, die ca. 700 Meter lang war.
An dieser Straße fand man etliche kleinere Läden, die alle das gleiche zu verkaufen schienen, da in diesem Dorf des Öfteren Reisebusse für einen Zwischenstopp hielten. Wir stiegen aus und schauten uns um, gleich kamen 5 Jungs angerannt und wollten uns recht aufdringlich Orangen verkaufen, irgendwann blickten sie dass wir keine kaufen wollten, blieben dennoch bei uns stehen um uns zu beobachten, wir wurden zu einer derartigen Attraktion im Dorf dass irgendwann mind. 20 Leuten dicht um uns herumstanden um uns dabei zuzusehen wie wir uns beratschlagten. Uns wurden dann die einzigen mietbaren Zimmer im Dorf gezeigt, 3 Zimmer mit Doppelbetten und sonst nichts drin! Äußerst rustikal und äußert billig. 20 Birr pro Person. Also nicht mal 1€. Das Klo (Loch im Boden) war hinten bei den Kühen um die Ecke und morgens sprangen direkt vor der Tür die Hühner rum. Den billigen Preis sollten wir alle mit ordentlichen Flo-bissen bezahlen, und das obwohl wir in unseren Schlafsäcken schliefen und die Decken nicht mal berührten.
Wir aßen dann also typisch Äthiopisch zu Abend (was anderes gab es auch nicht in dem Dorf) Injera mit verschiedenen Beilagen. Injera ist ein etwas säuerlicher hier typischer Teig, man bekommt eine große Platte mit Injera und den verschiedenen Beilagen darauf, man reißt dann immer etwas vom Teig ab und benutzt diesen um ihn als eine Arte „Zange“ zu benutzen um sich etwas vom Belag zu nehmen/zängeln. Direkt danach ging es noch in den „NightClub“ des Dorfes, wie uns gesagt wurde, es war einfach eine kleine Dorf-Bar. Dort tranken wir nochmal jeder ein Bier und tranken jeweils einen Tee, ja sehr geile Kombi denn es war mittlerweile arschkalt, für die 10 Getränke zahlten wir 55 Birr, was selbst für Äthiopische Verhältnisse ein Witz ist, ca. etwas über 2 Euro. Wahrscheinlich hatten sie sich einfach verrechnet. Am morgen gab es zum Frühstück nochmal Injera mit anderen Bei.., oder eher Auflagen, sie liegen auf dem Injera drauf. Dann ging es ans Einkaufen für unsere Selbstversoger-Lodge, denn das mussten wir natürlich auch noch machen. Das Einkaufen war ein echtes Erlebnis, denn man konnte natürlich nicht zu einem der Läden gehen und bekam dort alles was man braucht. Die Frage war sowieso war wir überhaupt bekommen konnten. Denn z. B. Tomaten oder Bananen gab es da oben gar nicht. ! (ganz normales Zeug wie Toastbrot mit Wurst und Käse gibt’s ja noch nicht mal in der Stadt) Wir mussten also erfinderisch werden. So teilten wir uns auf und liefen von Laden zu Laden um die verschiedenen Dinge einzukaufen, zwischen durch trafen wir uns immer zu kurzen Zwischenberichten, „hast du das bekommen – ja, und du das? ne haben sie nich, ah oke dann schau ich mal noch da drüben noch nach dem, ok mach das“, allzu groß war das Dorf ja eh nicht. Für 16 Eier mussten wir z. B. zu zwei Läden da der eine nur noch 7 hatte, der andere Laden hatte dann nur noch 8 so dass wir uns dann mit 15 zufrieden geben mussten. Als wir alles eingepackt hatten machen wir uns auf zu unserer Lodge. Bei einer Pinkel pause sprang dann unser Auto nicht mehr an, Horror, mitten im nirgendwo. Nach anschieben ging es dann, was für uns hieß nur noch Pinkel pausen wenn das Auto bergab steht und zum Starten rollen kann, oder mit Motor an pinkeln. An der Lodge angekommen dann die Ernüchterung. Alle Zimmer waren ausgebucht. Wir stärkten uns erstmal und machten uns dann trotzdem auf zu einer kleinen Wandertour, danach wollten wir Entschieden wie wir weitermachen wollten. Wir wanderten also eine kleine Runde, die zweite Hälfte sogar Querfeldein um zu unserem Weg zurückzukommen, (Wanderrouten Markierungen etc Fehlanzeige) Auf dem Weg sahen wir dann eine riesige (mind. ein paar hundert) Affenhorde die zweimal unseren Weg kreuzte, echt spannen so viele Affen auf einmal in ihrer natürlichen Umgebung zu sehen. Den Äthiopischen Wolf sahen wir leider nicht da er sehr scheu ist, aber wahrscheinlich sah er uns:D Bei der Lodge angekommen beschlossen wir zurück bis nach Addis zu fahren, was bedeutete dass wir in der Nacht fahren mussten was für Christoph unseren Fahrer eine erhebliche Schwierigkeit darstellt, da hier gerne mal irgendwelche Menschen, Kühe, Ziegen und oder Schafe die Straße überquerten ohne dabei Reflektoren Westen zu tragen! Auch die entgegenkommenden Autos blendeten einen immer so sehr, dass man kurzzeitig gaaar nichts mehr sah. Wenn dann ein betrunkener über die Straße gerannt wär, na gut Nacht. In Addis angekommen waren wir alle recht Platt.
Am Sonntag stand dann wieder Fußball spielen an und ich bekam zu spüren dass, ich die letzten Jahre kaum Sport getrieben habe. Wenn ich das hier auf der Höhe so weiter betreibe bin ich Profi-Sportler wenn ich wieder nach Deutschland „runter“ komme.
Am Sonntag fand auch eine der größten Äthiopischen Feste statt, Meskel. Dazu vesammelten sich tausende Äthiopier auf dem größten Platz um nach stundenlangem Sing-Sang einem riesigen Feuer dabei zuzusehen in welche Richtung es kippte und so etwas über das kommende Jahr aussagt. Wir schauten uns das Spektakel, es war wirklich ein Spektakel, eine Weile an bevor wir zum Fußball gingen. Dazu ein paar Bilder aus dem Internet, da ich mein Handy aus Sicherheitsmaßnahmen nicht mitgenommen hatte, denn bei solch einer riesigen Menschenmenge sind Taschendiebe nicht weit weg.
So viel also zu meinem kleinen *hust* Zwischenbericht. Ich muss mich glaube ich in Zukunft etwas kürzer fassen, denn ich habe noch nichts zu meinem Leben in Addis erzählt, allein darüber könnte ich nochmal 14.422 zeichen schrieben. Dazu dann einfach beim nächsten Mal mehr.
Fun Fact: Da fällt mir jetzt nichtsmehr akut ein, aber im Text stehen ja ein paar Sachen :))
PS:
Addis goes Media (Medienberichte zur neu eröffneten Straßenbahn):
http://www.heute.de/aethiopien-faehrt-tram-chinesen-bauen-erste-stadtbahn-linie-in-afrika-40308188.html
http://www.economist.com/news/21665199-addis-ababa-has-opened-first-part-new-light-rail-system-sub-saharan-africa-gets-its-first-metro