Nachdem ich den sehr grauen und verregneten Samstag ausschließlich zu Hause verbracht habe und nicht die leiseste Laune verspürt habe, auch nur den kleinen Finger aus dem Haus zu strecken, habe ich mich am Sonntag doch überwunden endlich in die Stadt zu fahren und einen Eindruck der „echten“ Stadt – la capital – zu gewinnen. Dazu traf ich mich nach etwa einstündiger Zug und Subte-Fahrt mit einigen der anderen Kulturweitler, die in der Stadt wohnen und sich schon besser auskannten als ich „Dorftrottel“. Für so eine riesige Millionenstadt war alles verhältnismäßig ruhig was wohl daran lag, dass die Porteños, wie mir gesagt wurde, das Wochendende ausschließlich mit der Familie verbringen und es dann eher vermeiden in der Stadt zu sein. Das war natürlich für einen Neuling wie mich praktisch, da ich mir all die imposanten Gebäude in Ruhe angucken konnte, ohne gleich umgerempelt oder überfahren zu werden. So sah ich das erste Mal den von Siemens erbauten Riesenobelisken inmitten der Innenstadt, den mit vielen Geschichten verbundenen Plaza de Mayo mit der angrenzenden Casa Rosada, dem argentinischen Präsidentenpalast, die Hafenstadt, das schicke Palermo, wo wir eine Pizza aßen und schließlich – mein Favorit – San Telmo, vergleichsweise eher das Kreuzberg von Buenos Aires, mit einer schönen alten Markthalle, einer coolen Straßenband und schließlich dem erwarteten Tangoabend auf dem junge Mädels in Turnschuhen mit alten Knackern in Smoking das Tanzbein oder die Prothese schwingen.
