Daran, dass bei Auslandsblogs weniger gebloggt wird, merkt man, dass mit der Zeit alles immer normaler wird. Da mein letzer Eintrag schon länger als 5 Wochen her ist (Asche auf mein Haupt), werde ich den vergangenen Monat für euch im Schnellformat Revue passieren lassen (obwohl einige Erlebnisse eigentlich einen ganzen Eintrag für sich verdient hätten…).
Am Folgetag meines letzten Eintrags habe ich tagsüber zusammen mit einer sehr buntgemischten, super sympathischen Gruppe ein Wüstenschloss nicht sehr weit weg von Amman angesehen. Abends folgte das vermeintliche Highlight in Form eines Weihnachtsmarktbesuchs hier in Amman. Dass dieser indoor stattfinden würde, verstand sich von selbst. Dass es sich aber überwiegend um Flohmarkt ähnliche Zustände und Bäckereien, die vollkommen überteuerte (ca. 13 € für ein Päckchen Lebkuchen) und überzuckerte Plätzchen verkauften, hat mich dann doch ziemlich ernüchtert.
Auf die beim letzten Mal beschriebenen großen Regenfälle sollten dann noch viel größere (unbeschreibliche) Schneefälle kommen. Und so ergab sich ein seeehr langes Wochenende, was zunächst nach Spaß klingen könnte, dann aber doch ziemlich schnell zur Nervenprobe wurde.
Immerhin fiel hier in Amman so viel Schnee wie seit 112 Jahren nicht mehr. In der Gegend, in der ich wohne, lagen 60cm dieser fragwürdigen Pracht. Für meine Hofer Freunde klingt das wahrscheinlich nicht besonders spektakulär. Man bedenke aber, dass der Nahe Osten auf sowas nun wirklich nicht eingestellt ist. Am ersten Tag waren dennoch oder eher deshalb alle euphorisiert und Schneebälle-aus-dem-fahrenden-Auto-auf-hilf-und-wehrlose-Fußgänger-werfen entwickelte sich zum neuen Volksport und überall fanden sich Schneemänner und Iglus.
Als dann aber im Laufe der nächsten Tage immer mehr weißes Zeug vom Himmel fiel, durften sich viele Einwohner Ammans teilweise tagelang ohne Strom und ohne Brot zurechtfinden. Die Stromleitungen waren von umgeknickten Bäumen beschädigt worden und da es tagsüber immer wieder leicht taute, dann aber doch wieder gefror, entwickelten sich die Straßen zu einem spiegelglatten Potential, sein Auto oder sich selber rutschenderweise erheblichen Schaden zuzufügen. Deshalb konnten die Stromleitungen natürlich nicht repariert werden und die Supermärkte auch nicht mit Brot beliefert werden (bzw. ist der Bäcker wahrscheinlich noch nicht mal zur Arbeit gekommen…).
Wer mutig war, hat versucht, nötige Besorgungen zu Fuß zu erledigen. Und so hatten meine Mitbewohner und ich nicht nur das Glück, die ganze Zeit mit Strom versorgt worden zu sein, sondern konnten den normalerweise nur 10 Minuten entfernt liegenden und nicht so geplünderten Supermarkt nach einer 3/4 Stunde dann doch ziemlich nassen und kalten Fußes erreichen, um uns mit ein paar in den Regalen verbliebenen Sachen einzudecken.
Zusätzlich hatten wir noch einen Kamin und einen Plastikweihnachtsbaum im Wohnzimmer verfügbar. Und so kam dann tatsächlich doch mal ein bisschen Weihnachtsstimmung auf hier in Amman. Zumindest bis zu dem Zeitpunkt, als uns dann doch die Decke (Gott sei Dank nur sprichwörtlich – einige andere Gebäude waren da nicht so stabil) auf den Kopf fiel und wir uns alle unseren Alltag herbeigesehnt haben. Eine Woche später war die Lage wieder halbwegs unter Kontrolle und der Flughafen und die dorthin führende Straße wieder offen. Immerhin erwartete ich ja Besuch aus Deutschland!
Vorher wurde aber noch von der Regierung angeordnet, die ursprünglich für November angesetzte und dann doch nicht durchgeführte Zeitumstellung nachzuholen.
Zusammen mit zwei meiner Mitbewohnerinnen war ich Teil einer Expats-Party, die so auch in Deutschland hätte stattfinden können und gerade deshalb so seltsam war. Der krönende Abschluss vor Weihnachten war dann die gut 2-stündige Prozedur der Visumsverlängerung, die ich über mich ergehen lassen musste.
Und so begannen die Weihnachtsferien erst richtig am 24.12. mit einem deutschsprachigen Gottesdienst in einer arabischen Kirche und einem Weihnachtsessen mit arabischer Küche. Den 1. und 2. Feiertag verbrachten wir in der alten Nabatäer-Stadt Petra – teilweise auf einem Kamel reitend, überwiegend aber zu Fuß trepp-auf, trepp-ab.
Am nächsten Tag erfolgte das touristische Programm in Um Qais (einer Ruinenstätte mit exklusivem Blick auf die Golanhöhen), Ajloun (einer Anti-Kreuzritterburg, die von einem Mann erbaut wurde, über den ich doch tatsächlich schon mal eine Hausarbeit an der Uni geschrieben habe – so ein Zufall) und Jerash (die alte Römerstadt, die ich schon einmal in dem Artikel „Alte Steine, viel Regen und kein Taxi“ beschrieben habe). Am Folgetag machten wir Amman unsicher, bevor wir uns am Tag danach die für ihre Mosaiken bekannte Stadt Madaba, den Berg Nebo (von hier soll Moses das Gelobte Land gesehen haben) und das Tote Meer (leider ohne Schwimmen, da viel zu kalt) angesehen haben.
Am Tag vor Silvester folgte dann positiver Kulturschock 2.0 – der Trip nach Israel. Die Grenze konnten wir dankenswerterweise ohne größere Probleme – sondern nur durch gewöhnliche „Befragungen“ und einem sich uns nicht ganz erschließenden organisatorischen Prinzip begleitet – passieren. Und so hatten wir innerhalb von nur 5 Stunden die Distanz überwunden, die einer Luftlinie von 73km entspricht. Willkommen im Nahen Osten.
Und dann stehst du auf einmal in Jerusalem und du merkst gar nicht mehr, dass du im Nahen Osten bist. Abgesehen von den Menschen, die wirklich überall und massenweise mit ihren Schnellfeuergewehren unterwegs sind, und der hebräischen Schrift könnte diese Stadt, in der wir waren, auch in Europa liegen. So komplett anders als Amman, dass es sich schon wieder fast anfühlte wie zu Hause (dass ich in entsprechender Begleitung war, machte es natürlich noch leichter). So verbrachten wir dann 4 Tage mit dem typischen Programm: Via Dolorosa, Ölberg (ziemlich vollgebaut), Altstadt (ziemlich vollgestopft und nix für Orientierungskünstler wie mich), Klagemauer, Knessetführung (israelisches Parlament), Garten Getsemani und Grabeskirche (noch viel vollgestopfter!). Außerdem haben wir 2 Anläufe unternommen, den Tempelberg zu sehen. Die schier endlosen Warteschlangen davor haben uns leider daran gehindert. Am Silvestermorgen konnten wir dafür eine Tour ins Westjordanland machen und Bethlehem sehen.
Silvester selber haben wir dann ziemlich entspannt zunächst in einem jemenitischen Restaurant und dann in einer sehr schönen Kneipe mit Livemusik verbracht. Feuerwerk gab es leider keines. Die Israelis mögen Dinge, die zu laut knallen, vermutlich nicht. Dafür war die Präsenz der Schnellfeuergewehre an diesem Abend deutlich erhöht.
Nachdem Jerusalem quasi abgearbeitet war, sind wir für die restlichen Tage nach Tel Aviv gefahren. Die Busfahrt ging angenehmerweise sehr unaufgeregt und fast mit heimatlich anmutender Organisation vonstatten. In Tel Aviv angekommen haben wir primär das Mittelmeerklima am Strand genossen (so feinen und vor allem sauberen Sand habe ich noch nirgendwo gesehen!).
2 Tage später zerstreuten sich unsere Wege dann leider schon wieder und so fand ich mich 8 (!) Stunden nach meinem Aufbruch in Tel Aviv in Amman wieder (112km Luftlinie).
Die erste Arbeitswoche verging dann auch wieder ziemlich fix und es schloss sich ein langes Wochenende an, weswegen ich heute an einem Sonntag auch in Amman mal frei habe. Der Geburtstag des Propheten Mohammad wäre zwar eigentlich erst morgen, aber den Feiertag auf heute zu legen ist ja schon irgendwie cleverer. Fanden auch die jordanischen Behörden.
Liebe Freya,
Nun lese ich von dir aus Jordanien, und auch noch von Schnee, den wir hier so vermissen. Wir werden deinen Blog weiter verfolgen. Liebe Grüße, auf bald in Deutschland,,
„Die Israelis mögen Dinge, die zu laut knallen vermutlich nicht. Dafür war die Präsenz der Schnellfeuergewehre an diesem Abend besonders deutlich zu spüren.“
hahaha ich lach mich grad tot hier.. 😀