Eine Frage der Farbe

Es mag seltsam klingen, aber ja, auch im Ausland wachsen die Haare weiter. Daher bieten sich einem genau 2 Möglichkeiten: entweder, man kommt völlig verzottelt nach Hause, weil man sich nicht zum örtlichen Frisör getraut hat, oder man riskiert, völlig verzottelt im Gastland rum zu laufen, gerade weil man sich zum Frisör getraut hat.

Das Glück ist mit den Mutigen und was für ein Zufall, dass an mein Fitnessstudio auch ein Beautysalon inklusive Frisör angegliedert ist. Ein Termin war dank der guten Englischkenntnisse meines Gegenübers schnell vereinbart und so habe ich mich heute Abend in besagtem Frisörsalon eingefunden. Allerdings konnte da dann plötzlich niemand mehr Englisch und ich musste mal fix im Gedächtnis graben was „Ich habe einen Termin zum Haareschneiden“ auf Arabisch heißt.

Im Wartebereich sitzend hab ich dann mit Entsetzen festgestellt, dass nicht nur die „Empfangsdame“ kein Englisch konnte, sondern die Frau, die gerade einer anderen Kundin die Haare geschnitten hatte, ebenfalls den Eindruck machte als könne sie kein Englisch.

Gut, dass ich mein Wörterbuch dabei hatte und so nochmal die essentiellsten Worte wie „Pony“, „schräg“, „schneiden“ etc. nachschlagen konnte. Das war bestimmt ein Bild für die Götter: Verwirrte und von der Situation völlig verängstigte Freya beim Frisör, krampfhaft im Wörterbuch blätternd, leise Worte vor sich hin murmelnd…

Naja, es kam, wie es kommen musste. Ich war dran, durfte mich auf den Stuhl setzen, nahm all meinen Mut zusammen und fragte die nette Dame mit der Schere auf Arabisch, ob sie Englisch spreche. Ein beherztes Schnalzen mit der Zunge, was als freundliches „Nein“ zu verstehen ist, ließ meine Befürchtung wahr werden.

Glücklicherweise hatte ich vorgesorgt und mir ein Foto auf mein Handy geladen, das meine Vorstellungen ziemlich genau widerspiegelte. Zusammen mit den paar arabischen Worten, die mir zur Verfügung standen, konnte ich dann – denke ich – ganz gut vermitteln, was ich wollte. In dem Moment kam dann auch noch eine jüngere Kollegin zur Hilfe, die dankenswerterweise nochmal gedolmetscht hat. Und die Sache somit endgültig klar war.

Meine Vorstellungen von meiner zukünftigen Frisur wurden dann allerdings erstmal kurz zur Nebensache, nachdem ich auf Nachfrage zugegeben hatte, dass meine Haarfarbe natürlich ist. Begeisterung und ehrliche Freude darüber machte sich breit. Schwuppdiwupp hatte ich dann plötzlich noch 2 weitere Frauen um mich herum und alle 4 haben meine Haare bewundert und mich mit arabisch-englischen Komplimenten über die schöne Farbe beschenkt. Von da an war das Eis gebrochen und der Rest der Zeremonie lief in einem lustigen Mix aus Arabisch und Englisch ab.

Insgesamt würde ich sagen, dass die Situation für alle Beteiligten doch recht unterhaltsam war, und möchte an der Stelle nochmal betonen, dass diese Story (ebenso wie alle anderen) ohne koloniale Grüße verstanden werden sollte. Alles, was ich hier in meinem Blog schreibe, sind meine ganz persönlichen, subjektiven Eindrücke und nicht verallgemeinerbar.

Wer sich ein wirklich gutes Bild von Jordanien und seinen Menschen machen will, sollte mich am besten besuchen kommen 😉