Hallo, ich möchte bleiben

Wir europäischen Kinder, die zusätzlich noch nach der Wende geboren wurden, kennen das (Gott sei Dank!) gar nicht mehr: an manchen Ländergrenzen ist einfach Schluss und an anderen kommt man nur weiter, wenn man ein Visum hat. Beides ist hier in der Region, in der ich gerade bin, eher die Regel als die Ausnahme. Oder ist von euch schon mal jemand einfach so nach Saudi-Arabien oder in den Irak gefahren?

Nach Jordanien kommt man glücklicherweise relativ unkompliziert. Man steigt aus dem Flugzeug, läuft den Massen hinterher, wechselt etwas Geld, geht an den Schalter, gibt seinen Pass dem interessiert schauenden jungen Mann auf der anderen Seite, zahlt 20JD (etwas weniger als 21€), guckt einmal kurz in die Kamera und beantwortet die 2-3 Fragen, die einem (wohl eher aus Interesse oder Langeweile) gestellt werden und schon hat man einen Stempel im Pass. So schnell geht’s und dann darfst du dich 4 Wochen frei in Jordanien bewegen. Wenn du für längere Zeit bleiben willst, musst du eine Iqama (Aufenthaltsgenehmigung) beantragen. In meinem Falle reicht es allerdings, wenn ich innerhalb der vier Wochen zur nächsten Polizeistation gehe und mein Visum verlängern lasse.

Genau das war mein Plan für heute. Heute ist hier zwar Samstag (also in deutscher Rechnung Sonntag), nichtsdestotrotz haben hier alle Geschäfte und eben auch die Polizei offen. Da frag ich mich: haben die Leute hier auch mal frei?! Schließlich sind die Geschäfte nicht nur auch am Wochenende geöffnet, sondern zusätzlich noch an allen Tagen bis spät in die Nacht. Aber das ist eine andere Geschichte.

Meine „Gastmutter“, S., hat sich netterweise bereit erklärt, mit mir den Gang zur Polizei zu unternehmen. Gesagt, getan. Heute früh haben wir uns in ihr Auto gesetzt und sind zur nächsten Polizeistation gefahren. Dort angekommen hat uns gleich der erste Beamte darauf hingewiesen, dass Visaangelegenheiten nicht mehr in den Zuständigkeitsbereich dieser Station fallen. Okay… Wir sollten doch bitte zu einer anderen Station fahren. Alles klar. Tja, leider wusste S. den Weg dorthin nicht und wir mussten erstmal rumtelefonieren. Ca. 20 Minuten später hatten wir dann aber die zuständige Polizeistation gefunden. Hereinspaziert!

Von innen war die Station ziemlich kahl. Ein langer, aber heller Flur mit leicht vergilbten Wänden, von denen verschiedene Räume wegführten, in denen immer mehre Männer in blauen Uniformen zusammensaßen und sich unterhielten oder fernsahen. Oder beides. Trotz der Unterbrechung durch unsere Frage, wo wir denn hin müssten, haben sie freundlich und bereitwillig Auskunft erteilt. Und schließlich waren wir relativ fix im richtigen Raum angekommen. Der war allerdings gestopft voll. Mit Menschen aus Südostasien. S. hat mir erklärt, dass das alles Leute sind, die hier arbeiten wollen/sollen/müssen. Sie muss es wissen. Schließlich beschäftigt sie in ihrem Haus selber eine Frau von den Philippinen, die dort alles rund um die Uhr in Schuss hält. Zusätzlich zu dem Ägypter, der für den Bereich um das Haus herum zuständig ist.

Also auf jeden Fall war da eben ziemlich was los mit den ganzen Leuten, die ebenso wie ich nur beschränkt Arabisch konnten, und den Polizisten, deren Englisch auch nicht so prickelnd war. Umso dankbarer war ich, dass S. bei mir war, um die Sache zu regeln. Als wir uns zum Schalter durchgearbeitet hatten, hat uns der nette Mann dahinter erklärt, dass wir Kopien vom Pass machen lassen müssen. Das ginge aber in der Polizeistation selber nicht. Wir sollten raus und dann rechts um die Ecke und da ist ein Shop, da geht das. Also sind wir zu dem Shop und auf dem Rückweg in der Polizeistation direkt an einem offenen Raum mit einem Kopierer vorbei gelaufen …seltsam…

Dann haben wir die gesammelten Werke wieder zum Schalter getragen. Alles abgegeben. 5 Minuten gewartet und sind mit meinem neuen Visum wieder rausspaziert und nach Hause gefahren.

Chalass!

Auf diese unkomplizierte Weise kann man also in Jordanien sein Visum verlängern. Doch ziemlich fix und ohne größere Schwierigkeiten. Welch positive Überraschung. Und damit haben wir es wieder: es ist nicht immer alles so, wie man es erwartet!

 

An dieser Stelle möchte ich mich noch bei allen entschuldigen, die eine spektakulärere Geschichte erwartet haben.

Um euch vielleicht trotzdem noch etwas zu präsentieren, was für das europäische Verständnis der Dinge interessant ist: Auf dem Rückweg von der Polizei hab ich mich beim Sport angemeldet. Im Fitnessstudio. Draußen an der Tür hängt folgendes Schild:

Da sagt nochmal einer die arabische Welt wäre frauenfeindlich 😉

Ein Gedanke zu “Hallo, ich möchte bleiben

  1. ٍSabah al-khair! (Guten Morgen)! Bei meiner Visuverlängerung musste ich Fingerabdrücke machen lassen… von allen 10 Fingern! War das echt bei dir nicht so? Und mit dem Kopieren hatte ich keine Probleme, die Polizisten in meiner Station im nördlichen Amman hatten das Alles erledigt für mich. Komisch komisch.. Jordanische Bürokratie ist ein interessantes Thema! Das hat mit den Südostasiaten ist auch ein Thema für sich, wie z.B. bei mir im Krankenhaus, als ich die notwendige Volluntersuchung der Uniangestellten gemacht habe, der Mann am Schalter meine Freundin gefragt habe von wo ich komme… „Finnland“ sagt sie.. „Aha, aus Philippinien??“ fragt er nochmal… Ja,ich mit meinem europäischen Gesicht und blauen Augen sehe ja total philippinisch aus. Naja, vielleicht war er nur daran gewohnt, dass die meisten Ausländer doch von dort kommen, und wer weiss, vlt gibts da auch ein weisses Dschulgevolk von dem niemand noch nichts weiss.

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