Dass Hupen hier in Amman das allgemeine Kommunikationsmittel ist, hab ich ja schon erwähnt. Wie viele Sachen man doch dabei mit so einem monotonen Ton ausdrücken kann, ist erstaunlich! Häufig möchte der Hupende, der von hinten an einem anderen Auto vorbeifährt, nur freundlich sagen: „Achtung, jetzt komme ich!“ Gleiches gilt, wenn durch enge und kurvige Straßen gefahren wird. Oft gilt das nervtötende Geräusch auch einfach den (zwangsweise) todesmutigen Fußgängern. In Ermangelung von Fußgängerampeln hat man nämlich genau zwei Möglichkeiten: entweder auf der Straßenseite zu bleiben, auf der man gerade ist, und somit niemals das gegenüberliegende Ufer zu erkunden oder sich todesmutig eine klitzekleine Lücke zwischen Autos, Bussen und Taxis zu suchen und auf die Straße zu springen. Dementsprechend bedeutet das Hupen auch einfach: „Pass gefälligst auf, du Fußgänger, sonst klebst du gleich an meiner Motorhaube!“ Das will ja schließlich keiner der Beteiligten. Von daher ist das mit dem Hupen gar nicht so unpraktisch. Wie ich mittlerweile herausgefunden habe, benutzen Taxis auch ihre Hupe um mittzuteilen, dass sie frei sind und dich als Fußgänger gerne gegen entsprechendes Entgelt befördern würden. Hat auch seine positive Seite.
Es wird also immer, überall und zu allen möglichen Zwecken gehupt. Zumindest, wenn ich unterwegs bin. Und ich hab mir sagen lassen, dass die anderen Expats die gleiche Beobachtung machen konnten.
Daher hab ich es bis jetzt noch nicht ein einziges Mal geschafft, durch die Straßen hier zu laufen, ohne mich tierisch zu erschrecken.
Apropos „tierisch“. Wenn mich der Verkehr (inklusive Huperei) hier nicht schaffen sollte, dann machen das die kleinen flauschigen Kätzchen, die hier überall herumlaufen. Manchmal liegen sie ganz friedlich und faul auf irgendeiner Mauer oder einem zufällig rumstehenden Sofa (siehe Foto).
Die meiste Zeit allerdings treiben sie sich bei den großen Mülltonnen rum, die hier an jeder Ecke stehen. Da nämlich das Thema Nachhaltigkeit und Mülltrennung anscheinend hier nicht ganz so populär ist wie in Deutschland, befindet sich dort ein freizugängliches Schlaraffenland für alles, was hier in den Straßen so kreucht und fleucht. Blöderweise sind die Miezen scheinbar genauso schreckhaft wie ich. Denn jedesmal, wenn ich an einer dieser Tonnen vorbeilaufe, wohl wissend, was da jetzt unter nahezu 100%iger Wahrscheinlichkeit gleich rausspringt, verlassen die Katzen fluchtartig ihr Paradies. Eingeleitet durch einen großen Satz direkt vor meine Füße, um dann wie von der Tarantel gestochen davonzuflitzen. Ich meinerseits bin dann jedesmal gut damit beschäftigt, vor lauter Schreck nicht laut aufzuschreien und meine Sachen fallen zu lassen.
Bleibt die Frage offen, wen diese vornehmlich im Dunkeln stattfindenden Begegnungen mehr Nerven kosten. Die Katze oder mich?
Auch eine nette Gelegenheit, um kurzfristig in Schockstarre zu verfallen, hat sich letze Woche ereignet. Mittlerweile ist die gleiche Situation noch ein paar Mal eingetreten. Der Überraschungseffekt war aber schon ab dem zweiten mal verflogen und seitdem muss ich jedesmal über mich selber schmunzeln.
Was denkt man im Allgemeinen in Deutschland, wenn man nach Einbruch der Dunkelheit von draußen kommende, schnell aufeinander folgende Knalle (ja ich hab das im Duden nachgeschaut, Knalle ist tatsächlich der Plural von Knall…) hört? Genau. Yippie, ein Feuerwerk! Man rennt zum Fenster und ist total begeistert.
So, was passiert jetzt, wenn Freya die gleiche Situation in Jordanien erlebt? Na? Richtig! Folgende Gedanken formieren sich im Kopf: Aufenthaltsort = Naher Osten daraus folgt: Knall = Schuss… zum Fenster getraut hab ich mich dann trotzdem, nachdem ich beschlossen hatte, dass das doch irgendwie unwahrscheinlich ist. Und, siehe da: ein Feuerwerk! Da haben Leute vollkommen friedlich auf einem Nachbargrundstück Hochzeit gefeiert. Na sowas. Vorurteil, zieh Leine! Im Nachhinein war ich mir nicht ganz sicher, ob dieser kurze Schockmoment etwas Belustigendes oder Ärgerliches hatte. Ist doch seltsam, dass man die gleiche Situation an zwei unterschiedlichen Orten so vollkommen anders interpretiert. Wird Zeit, mehr darauf zu achten, vorhandene Schemata ungenutzt zu lassen!
Mittlerweile freu ich mich, wenn ich entsprechende Geräusche von draußen höre, und gehe vollkommen „unverängstigt“ zum Fenster.
Überhaupt ist Amman bei Nacht ganz zauberhaft anzuschauen!