So, da bin ich jetzt. Mitten in Jordanien. Nur einen Katzensprung von zu Hause entfernt – wenn ich an meine 2 lieben Mitbewohnerinnen vom Vorbereitungsseminar denke, die jetzt in Latein- und Südamerika sind – aber doch irgendwie so anders…
Wundervoll anders!
Das fällt mir persönlich schon vor dem Aufstehen auf. Um genau zu sein nämlich um 04.45 Uhr, wenn von der Moschee, die hier genau um die Ecke ist, der elektronische Muezzin vom Turm ruft (ist ein bisschen wie in Eschwege, fällt mir grad auf, nur dass er dort Dietemann heißt…) Naja, auf jeden Fall hab ich die letzten Tage beschlossen, dass 04.45 Uhr viel zu früh ist zum Aufstehen und das Bedürfnis, um diese Uhrzeit zu beten, hab ich auch irgendwie nicht. Aber auch die Sonne, die dann ziemlich fix aufgeht und die Luft erwärmt, lässt den Schluss zu, dass man tatsächlich nicht in Deutschland ist. Ebenso das fehlende Vollkornbrot auf dem Frühstückstisch. Dafür gibt es diese leckeren Fladen, von denen ich noch nicht weiß, wie sie auf Jordanisch heißen, und Honig aus Saudi Arabien – das hatte ich auch noch nie!
Auch der Weg zur Arbeit ist so ganz anders wie der Weg zur Uni in meinem heißgeliebten Jena. Nicht nur von der Umgebung her, sondern auch von der Art und Weise der Fortbewegung. Öffentliche Verkehrsmittel gibt es hier nämlich nicht wirklich. Dafür ist das Taxifahren beliebt und mega billig. Um den Taxifahrer aber dann tatsächlich bezahlen zu können, müssen noch eine Reihe anderer Herausforderungen bewältigt werden.
Erstmal muss man sich ein Taxi anhalten. Das kann schon mal 15 Minuten dauern. Es fahren zwar ständig unzählig viele Taxis vorbei, die sind aber immer alle besetzt… Also winkt man, und winkt und winkt. Sobald eines der begehrten gelben Autos dann aber vor einem anhält, gilt es, Trick 17 zu kennen: Erst (!) reinsetzen, dann (!) sagen, wo man hinwill. Sonst ist es nämlich schnell passiert, dass der Taxifahrer entscheidet, dass das genannte Ziel nicht weit genug weg ist und damit nicht genug Geld einbringt. Deswegen winkt er kurz ab und fährt dann weiter. Ohne dich. Und zwar in die Richtung, in die du sowieso gemusst hättest… Ist mir anfangs blöderweise ein paar mal passiert. Aber selbst wenn du dann drinsitzt, ist das „sagen, wo man hin will“ auch nicht sooo einfach, wenn man – so wie ich – nur beschränkt Arabisch kann und dann auch nur Fusha (blöd, dass die meisten Leute hier halt Dialekt reden…) und Englisch unter Taxifahrern auch nicht so verbreitet ist. Aber mit den arabischen Entsprechungen für „nach“, „rechts“, „links“, „geradeaus“ und „STOPP“ ist man ganz gut ausgestattet. Es ist auch kein Problem, wenn eine Vokabel nicht sofort verfügbar ist. Anders als in Deutschland muss man dem Taxifahrer nicht schon 500 Meter vorher sagen, wann man raus möchte. Stattdessen wird einfach eine Vollbremsung hingelegt, wenn’s dann soweit ist. Autofahren ist hier auf jeden Fall unkonventioneller als zu Hause. Und lauter. Viel lauter. Statt Blinker oder Bremse wird nämlich oft einfach die Hupe benutzt. Sobald man sein Ziel dann erreicht hat, muss man nur noch das richtige Geld in seinem Portemonnaie identifizieren.
Mein Ziel war bis jetzt meistens das Büro. Das liegt nah an der Uni und ist deswegen auch leicht zu finden. Wie praktisch! Im Büro sind alle super nett. Eben wie alle hier in Jordanien. Mir ist, abgesehen von einem Taxifahrer, wirklich noch kein unfreundlicher Mensch begegnet. Gilt für Einheimische und Expats. Kann aber natürlich noch kommen.
Dass ich mich hier so wohl fühle, liegt aber wahrscheinlich auch an meiner jordanischen „Gastmutter“. Sie ist unglaublich nett und versorgt mich und die anderen Gaststudenten außerdem großzügig mit Früchten aus ihrem eigenen Garten und selbstgemachtem Gebäck. Leider rede ich mit ihr und den anderen hier im Haus viel zu viel Englisch und Deutsch. Das muss sich noch ändern. Und ’nen Sprachkurs muss ich mir auch noch suchen. Dank der wundervollen Sprachassistentin, die schon 3 Wochen länger hier für den DAAD arbeitet als ich, bin ich über die bestehenden Möglichkeiten auch schon bestens informiert und hab außerdem auch schon ein paar „alltagstaugliche“ Worte von ihr gelernt (zusätzlich übt mein jordanischer Kollege fleißig mit mir). Außerdem gibt sie mir Tipps rund ums (Über-)Leben in Amman. Sie hat mir zum Beispiel schon ihr Lieblingscafé hier gezeigt oder mich in die Shoppingmall begleitet. Völlig euphorisiert von den vielen verschiedenen und fremden Produkten dort, hab ich mich auf die Kosmetikabteilung gestürzt, um meine Vorräte aufzufüllen, und das Shampoo für blonde Haare fieberhaft gesucht. Tja, leider gab es natürlich keines… Blondine eben!
Auf diese Art lässt sich die Freizeit hier auf jeden Fall herrlich rumkriegen und ich bin immer noch von den ganzen neuen Eindrücken völlig überwältigt. Das wird auch noch eine Weile so bleiben, schätze ich. Morgen und übermorgen ist Wochenende, da hab ich viel Zeit für neue Eindrücke.
Jordanien, ich glaube wir werden Freunde!