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Närrische Zeiten – Viva Namibia!

Man hatte sich ja informiert, bevor man aufbrach ins ferne Afrika. Über Land, Leute und Kulturen und so. Und man konnte es eigentlich gar nicht so richtig glauben, als man eine Reportage sah über den Karneval in Namibia. Mit Narrenkappen sollte der sein, und mit Büttenreden, Schunkeln und Klatschen und natürlich jeder Menge Flüssignahrung… also bitte. Das ist doch Afrika, der Kontinent der Trommeln und Tänze, hierhin kommen doch die, die vor derartigen Narreteien fliehen! Gut, man gedachte erst einmal abzuwarten und sich das Ganze mit eigenen Augen anzuschauen, schließlich gab es das Oktoberfest ja auch tatsächlich (und das ist doch in etwa so wie Karneval, nur dass man sich da noch ein bisschen besser anonymisieren kann. Dirndl und Lederhosen verändern das Aussehen halt doch nicht so extrem.).

Nun denn, meine lieben Freunde, ich habe den namibischen Karneval mit eigenen Augen gesehen am eigenen Leib erfahren. Oh ja. Und es ist noch nicht vorbei! Aschermittwoch, pff. Namibia kann länger! Hier ist das nämlich so: Jede halbwegs größere Ortschaft, die genügend Narren aufbringt, veranstaltet ihren eigenen Karneval. Aber nicht gleichzeitig wie in Deutschland, das wäre langweilig und vor allem hätten die anderen Karnevalsorte dann nicht die Gelegenheit zu Besuch (und zum Trinken) vorbeizukommen (und die Festzelte wären wohl recht kläglich mit Jecken bestückt, denn so viele närrische Genossen finden sich dann doch nicht. Ist nicht Kölle hier.). So gibt es den WiKa – Windhoek Karneval, OsKa – Ostenkarneval, KüsKa – Küstenkarneval, WaKa – Walfish Bay Karneval, LüKa – Lüderitz Karneval, OtjiKa – Otjiwarongo Karneval  und den TsumKa – Tsumeb Karneval und dank Wikipedia hab ich auch keinen vergessen und diese finden alle an unterschiedlichen Wochenenden statt.

Genug allgemeine Infos, ran an die lustigen Details unserer Entjungferung in Sachen DSC03454[1]namibischer Karneval. Am vorletzten Wochenende ging es ab Richtung Witvlei, zum OsKa. Drei Mädels im schicken Geländewagen auf der Straße in den Sonnenuntergang… Ach nein, wir waren ja Richtung Osten unterwegs, also mit der Sonne im Rücken. Auch gut, da  wird man wenigstens nicht geblendet.

 

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Mit im Gepäck unsere mit viel Liebe und viel Talent gestalteten Kostüme DSC03605[1]–  Warnschilder, die auf den Straßen Namibias zu finden sind, kombiniert mit jeder Menge Flatterband. (Ok ok, die Idee ist nicht neu, aber dafür gut!)

 

Zuerst ging es auf die Otjikarate Okatjerute-Farm, die praktischerweise direkt bei Witvlei positioniert ist und noch praktischererweise von Isabells Verwandten bewohnt wird, die uns für das Wochenende ein sehr komfortables Dach über dem Kopf boten. Da die gesamte Familie maßgeblich in die Karnevalsfeiereien involviert war und ganz viel aufbauen musste, hatten wir auch gleich die erste Aufgabe, uns die Unterkunft zu verdingen: Hühner und Gänse ins Gehege treiben. “Kein Problem!” riefen sie und rannten engagiert auf die Hühner zu. Und die Hühner dann so: Flatter flatter, gacker gacker, poock poock pock und sie flatterten auf und davon in alle Richtungen, über den gesamten Hof und ins angrenzende Feld, nur nicht in die (zugegebenermaßen sehr winzigen) Öffnungen des Hühnerstalls. Wenn sich dann ein Hühnchen versehentlich doch ins Gehege rein verirrte, wurde das von uns mit angemessenen Freudentänzen quittiert (und kaum drehten wir uns um, rannte es auch schon wieder raus). Es begann zu dämmern, wir waren verzweifelt und erschöpft und siehe da, die Hühnchen wanderten eins nach dem anderen von ganz alleine in ihr Zuhause. Damit war meine potentielle Alternativ-Zukunft als Farmersfrau gestorben, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Auch ok.

Am nächsten Vormittag wurden wir von Farmer & Sohn im Bakkie über die Weiten der Farm kutschiert (Posten fahren nennt man das. Ich steck so drin im Slang, vielleicht werd ich doch Farmersfrau), bestaunten Büsche, Rinder, Aussicht und Wasserpfützen und ließen uns von den Mossis vergewaltigen.DSC03472[1]DSC03474[1]DSC03478[1]DSC03469[1]

 

DSC03508[1]Und dann war es soweit: den weißen Geländewagen neben den anderen tausend gleichaussehenden Bakkies auf der Wiese vor dem Farmervereinshaus parken, Zelt aufbauen und Kostüme anziehen und dann rein in die gute Stube zum Elferrat (der hier mangels Williger nur aus sechs Narren besteht), den Funkemariechen, Singen, Klatschen und Tanzen auf Bierbänken. Die Zwei-Mann-Big-Band machte Stimmung (Zicke Zacke Prost du Sack!), die Büttenredner brachten den Saal zum Toben und die Arme von Alt und Jung verschränkten sich zur fröhlichen Schunkelei bis in die frühen späten Morgenstunden.

Und was sagt uns das jetzt? Allein die Tatsache, dass wir unser Kostüm mit kurzen Kleidchen und Top statt dicker Jacke und Wollstrumpfhose kombinieren konnten, gibt dem ganzen Geschehen eine völlig andere Atmosphäre. Auch die Sonne über den Wiesen und weißen Bakkiedächern aufgehen zu sehen statt im Regen auf Bonbonsplittern, zertretenem Popcorn und Bierresten auszurutschen lenkt von der Tatsache ab, dass man soeben eine zünftige Karnevalsnacht mit Wolle Petri, Mickie Krause und Konsorten und Klatschen auf der Eins und auf der Drei verbracht hat (und nebenbei mal eben 26 geworden und damit der 30 übelst nahe gerückt ist). Karneval in Namibia – so gleich und doch so anders und noch WiKa und WaKa und wie sie alle heißen to come, um noch mehr Feldstudien durchzuführen. Da simma dabei, dat is prihimaa, Viva Colonia äh Namibia…

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Alltagswunder(liches) aus dem Kindergarten

„Du kommst auf die Welt, um Dir den Kopf zu verdrehn, Du lachst über Hunde, Deine eigenen Zeh’n, Du kannst kaum grade laufen, bleibst alle zwei Meter stehn und fällst auf die Knie, um noch ein Wunder zu sehn. Am nächsten Wunder zieh’n sie Dich vorbei…“

Wir sind Helden, Die Zeit heilt alle Wunder

Genau diese Zeilen erlebe ich tagtäglich im Kindergarten. Da sind so viele kleine Wunder zu bestaunen, die uns großen Leuten grad gar nicht in den Kram passen.

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Chongolollo!

Auf dem Weg zum Frühstück hat Finn einen Chongolollo gefunden, der dringend gerettet werden muss. Ja, aber nicht jetzt! Jetzt müssen wir essen! Oder die Blumen blühen gerade so wunderschön, das muss man einfach sehn. Ja, aber nicht jetzt! Die Schuhe müssen angezogen werden! Oder schau! Das Wasser wirft Blasen, wenn es im Waschbecken auftrifft! Toll, aber nicht jetzt! Die Zähne müssen geputzt werden!

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Probier mal!

Oder Doro, guuck! Ich habe die Matschkuchen gebacken! (Und sehe jetzt aus, als hätte ich mich in einer riesigen Matschpfütze gewälzt. Was wahrscheinlich den Tatsachen entspricht.) Ok, spiel weiter, die Klamotten dürfen Deine Eltern waschen.

So wandern meine Kollegen und ich jeden Tag über einen schmalen Grat zwischen einerseits Freiheit und Forscherdrangbefriedigung und auf der anderen Seite Heranführung der Kinder an Tagesstrukturen und Regeln. Einerseits ist die Begeisterung der Kinder für die alltäglichsten Dinge unheimlich ansteckend, andererseits töten MICH die bösen Blicke der Küchenfeen, wenn unsere Gruppe mal wieder die letzte am Esstisch ist und sich das Abräumen verzögert, weil Konrad noch dringend ausprobieren muss, wie lange es dauert alle Erbsen einzeln auf die Gabel zu spießen (was im Übrigen eine motorisch nicht zu unterschätzende Leistung darstellt, die damit endet, dass die meisten Erbsen unter dem Tisch und in seinen Haaren enden. Das Gleiche gilt für Reiskörner. Gebt euren Kindern niemals Reis.).

Einerseits ist es so spannend zu beobachten, wie die Kinder ihre Umwelt entdecken und Naturgesetzen auf den Grund gehen, andererseits weiß ich bereits, dass ALLES auf den Boden fällt, wenn man es fallen lässt, aber nicht alles auch den Sturz überlebt und umgeworfene Zahnputzbecher eine sintflutartige Überschwemmung mit weitreichenden Folgen für Kind und Kleidung verursachen können.

Aber dann gibt es eben auch jeden Tag die Momente, die für diese mitunter ziemlich wackelige Wanderpartie in den schmalen Höhen der Pädagogik entschädigen:

Da ist der kleine Schatzsucher, der jeden Tag auf dem Spielplatz in einem Eimer Glitzersteine sammelt. Je größer desto besser. Und jeder Stein wird mit überschäumender Freude über den Fund präsentiert. „Doro!! Guuck! NOCH ein Stein! Soo groß!“ Und wenn er dann nachmittags abgeholt wird, dann ist der Rucksack des Schatzsuchers so vollgepackt mit seinen Schätzen, dass er ihn kaum selbst hochheben kann. Die Eltern können wohl bald ein neues Steinbeet anlegen…

Da ist das Farmkind, wilde abstehende blonde Haare, fast schon Dreadlocks, steht mit Cowboyhut, Lederstiefeln und sandverschmiertem Mund vor mir und will, ganz Lucky Luke, seine grüne Plastikschaufel-Pistole aus der Jeanshosentasche ziehen, schneller als sein Schatten. Blöd, dass die Schaufel feststeckt und erst nach dem fünften Versuch rauskommt. Im nächsten Moment hockt er auf allen Vieren mit der Schaufel im Mund vor mir und schaut mich aus großen braunen Hundeaugen bittend an, damit ich Stöckchen werfe.

Das letzte Einhorn

Einhorn und Freunde auf Chongolollosuche

Geburtstagsfeier von Andrea: Es gibt Partyhütchen! Als es danach nach draußen geht, will Enzo seinen Hut partout nicht absetzen, muss aber auch seinen Sonnenhut tragen. Die Lösung ist schnell gefunden und mit ihr erleben wir die Geburt des letzten Einhorns in Namibia!

 

Oliver erzählt von seiner Oma, die irgendein sehr großes, sehr totes Tier hinten auf ihr Auto geladen hat. (Allein diese Tatsache ist schon bemerkenswert, ganz zu schweigen von der Frage, welches Tier und vor allem, WARUM?) Emma geht der Sache auf den Grund: „Ist es verhungert und vertrunken?“

Im Morgenkreis gehen wir der Frage auf den Grund, wo denn eigentlich unser Körper ist. Liam weiß die Antwort ohne Zögern: „In meiner Tasche! Soll ich den mal holen?“ (Schade, dass wir ihn aufgeklärt haben, bevor er diesen seinen ominösen Körper aus der Tasche hervorzaubern konnte. Ich frage mich immer noch, was es gewesen wäre.)

Und dann die Begeisterung der Kinder für die einfachsten DSC03186Spiele. Neulich sind ungefähr alle eine halbe Stunde lang über den Spielplatz hin und her gerannt. Ich habe nach zwei Rennen aufgegeben die Rolle des Schiedsrichters übernommen. Ist ja nicht so, dass wir die Kleinen nicht sinnvoll beschäftigen könnten, ne!

 

Die Zeit heilt viele Wunder, je älter wir werden und in das Erwachsenenleben mit Uhren, Terminen und Sauberkeitsfimmeln hineinwachsen. Deshalb, wenn einen ein Kind an die Hand nimmt und die Matschpfütze zieht, nicht an die nächste Wäsche denken, sondern einfach mal dieses herrliche Gefühl des hervorquellenden, feuchten Matsches zwischen den Zehen genießen. Und Wäsche waschen dann am Wochenende.

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Tausche Einzelzimmer gegen Privatkühlschrank

Fünf Monate als privilegierte Praktikantin mit Einzelzimmeranspruch haben mich unvorsichtig werden lassen. Da fragte Frau D., die Dame der Verwaltung, ob ich nicht vielleicht vorübergehend zu Isabell ziehen könne, es gebe so viele neue Praktikanten und sie wüsste nicht wohin mit denen und dann die Renovierung und überhaupt, es wäre einfach toll, wenn ich das machen würde. Und ich dann so: Och, joa, na gut, so vorübergehend ist das eigentlich kein Problem. Schade, wenn man nicht nein sagen kann…

Jetzt sitze ich hier in Isabells altem Einzel- und unser beidem neuen Doppelzimmer auf meinem Nichtmehr-Doppelbett, das in der Mitte des Raumes steht, keine Wand mehr, die mir Sicherheit beim Einschlafen bietet, dafür ein Privatkühlschrank, der Schokolade und andere wertvolle Dinge sicher beherbergt und alle fünf Minuten in beruhigendes nervtötendes Brummen ausbricht. Also, Privatkühlschrank – check, Privatsphäre – auf Wiedersehen! Kleidungsfrei durchs Zimmer tanzen, ausgelassene Pupskonzerte, die Zeiten sind vorbei. Man vermisst Dinge erst dann, wenn man sie nicht machen kann, auch wenn es nur die potentielle Möglichkeit ist (ich tanze eher selten nackt pupsend im Zimmer, aber allein die Vorstellung, es zu KÖNNEN…). Aber ich könnte es schlimmer getroffen haben mit meiner Mitbewohnerin (unfreundliche Kackbratze statt sympathischer, lustiger Blondine mit gutem Musikgeschmack und echter namibischer Verwandtschaft – Farmwochenende, ich komme!) und ich habe mich schon damals in Litauen gefragt, wie das wäre, wenn ich wie so viele andere Studenten dort zu viert in einem Zimmer und mit Matratze auf dem Boden wohnen würde. Die nächsten sechs Monate werde ich die Light-Version ausprobieren, Berichte über Auswirkungen auf Körper, Geist und Seele folgen.

Bis dahin, kala po nawa! (Meine Oshiwambo-Fortschritte sind riesig.)

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Montäglicher Zwischenruf

Moskitos stinken.

Im übertragenen Sinne, versteht sich. Die Biester sind zu klein, um einen (für meine nichthündische Nase) wahrnehmbaren Geruch zu verströmen. Hammse auch nicht nötig, ihr Stachel ist effektiv genug um mein Leben zur Hölle zu machen. Klingt dramatisch, ist aber so. Am Anfang, als ich noch jung und ahnungslos und begeistert von der ganzen neuen Fauna draußen saß und so ein Moskitobiest angesurrt kam, da dachte ich noch: Boaah, voll cool ey, afrikanische Moskitos, die sehn ja ganz anders aus als unsere öden Mücken, so schwarz-weiß-gestreift, da bin ich jetzt aber fasziniert und so, die bring ich jetzt mal nicht um.

Die anfängliche Faszination hat sich erledigt. Sie ist umgeschlagen in Hass, hat nicht sonderlich lange gedauert. Zwei Stiche circa. Das wiederum hat keine zwei Sekunden gedauert. Die Moskitos hier sind nämlich gierig. Das ist nicht so, dass die nach einem Stich genug Blut gesaugt haben, nee, da wird gestochen und gesaugt und gestochen und gesaugt bis Oberkante Unterlippe, aber hallo. Und ’ne Ganzkörperautanschicht hilft da auch nicht. Wahrscheinlich ist das so’n Mutprobending. „Sssssss, wer ssssich traut, die Alte zzzu ssstechen, die Autan drauf hat, isssst der Bosss.“ Oder auch „Wer nicht ssticht, issst ’ne Fliege.“ (Ich gehe einfach mal davon aus, dass eine Fliege sein bei Moskitos als schwere Beleidigung durchgeht.)

Und nicht nur ihre Gier macht die Mossis (Kindergartenslang) so unausstehlich, auch das Gift, dass sie gegen das gesaugte Blut eintauschen (keine Ahnung, was diese dummen Viecher annehmen lässt, ich würde solch einen Handel unterstützen, meinetwegen sollen die mein Blut nehmen und abhauen. Da bin ich großzügig.) ist ja mal so richtig mies. Das juckt nicht nur einen Tag, das juckt für immer. Ich schwöre.

Namibische Tierwelt ist also nicht nur Safari und ooh, Giraffe hier und aah, Löwe da, nee! Die Moskitos müssen sterben! Da muss dann auch mal meine „Ich-töte-keine-Tiere-auch keine-die-mich-töten-wollen“-Mitbewohnerin ’nen festen Schlag ins Gesicht kriegen. Natürlich nur, weil ein Moskito auf ihrer Wange sitzt.

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Was hast Du in den Sommerferien erlebt?

Schreibe einen Aufsatz über das tollste/spannendste/lustigste Erlebnis in den Sommerferien!

Mit dieser Aufgabe werde ich meine zukünftigen Schüler quälen. Ich selbst bin grad ein wenig überfordert, die Flut von Eindrücken der vergangenen Wochen in Worte zu fassen oder ein einziges Erlebnis auszuwählen. In meinem Kopf schwirren so viele Ideen für so viele Aufsätze, dass das den Rahmen hier total sprengen und den Leser schnell in völlige Überforderung stürzen würde. Deshalb hier nur die Überschriften für all die Aufsätze, die vielleicht irgendwann einmal geschrieben werden oder auch nicht.

Wie wir einmal zu den Victoria Falls gefahren sind

 

Wie wir einmal eine Paddeltour durch das Okavango-Delta gemacht haben und mit dem Motorboot auf ein Nilpferd gefahren sind

 

Wie wir einmal ein Nilpferd von hinten gesehen haben

 

Wie wir einmal unser Auto Dennis getauft haben

 

Wie wir einmal mit Dennis durch reißende Flüsse fahren mussten und es überlebt haben

 

Wie wir einmal Weihnachten mit Affen und Sonnenschein gefeiert haben

 

Wie wir einmal das Weihnachtsmenü überm Feuer gekocht haben

 

Wie zweimal fast unsere Zelte aufgrund der Witterungsverhältnisse abhanden gekommen wären

 

Wie wir einmal Silvester am Atlantik gefeiert haben

 

Wie wir einmal Silvester (k)ein Feuerwerk gesehen haben

 

Wie wir einmal Silvester um 00:30 Uhr im Bett waren (kein Foto verfügbar, da wir ja geschlafen haben)

 

Wie wir einmal fast nicht von Swakopmund nach Windhoek gekommen wären (Hier war die nervliche Belastung zu hoch, um das Ganze zu fotomentieren. Der Sonnenbrand vom Warten auf den Shuttle-Service, der nicht gekommen ist, ist aber noch lange geblieben.)

 

Wie wir einmal unser Auto Hildtrud getauft haben (Die Wilde Hilde und die Treue Trudi – Schizophrenie gibt’s auch bei Autos!)

 

Wie wir einmal den Angriff der Affen überlebt haben

 

Wie einmal unsere Proviantbox von Schakalen geleert wurde, während wir Elefanten anguckten

 

Wie wir somit zweimal wilde Tiere gefüttert haben, obwohl es verboten war

 

Wie wir einmal einen Löwen gesehen haben

 

Wie wir einmal tausende stinkende Robben auf einem Haufen gesehen haben

 

Wie einmal auf einmal unser Tank leer war und Rosi und Winston unsere letzte Rettung waren

 

Wie wir einmal unser Auto Dieter getauft haben

 

Wie wir einmal unter Dieter lagen um die Abdeckung wieder anzuschrauben, die er eigentlich lieber hängenlassen wollte

 

Wie wir einmal auf eine Düne geklettert sind um den Sonnenaufgang zu sehen

 

Wie einmal unser Reifen geplatzt ist und Roland mit seinen Rittern kam um uns zu retten (Die Fotos haben leider die Frauen von Roland und seinen Rittern gemacht und wir hatten keine Zeit, E-Mail-Adressen auszutauschen.)

Wie ich einmal Besuch von ganz vielen wundervollen Menschen hatte, durch Namibia  (Waterberg, Etosha-Nationalpark, Felsmalereien in Twyfelfontein, Brandberg, Cape Cross, Swakopmund, Sossusvlei) und Botswana (Okavango-Delta bei Maun) und ein bisschen Zimbabwe (Victoria Falls) und bis zur Grenze von Zambia gereist bin, und der Kopf jetzt so voll mit Eindrücken und der Computer so voll mit Bildern ist, dass beide wahrscheinlich bald platzen werden

Und wie ich mich einmal gefreut habe, als die Sommerferien vorbei waren und ich im Kindergarten all die goldigen Kleinen wiedergesehen habe

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Advent, Advent, die Sonne brennt

Ein Beitrag einer Auslandsaufenthaltabsolvierenden über Weihnachtsstimmung unter klimatischen Extrembedingungen.

Klimatische Extembedingungen äußern sich hier in Namibia etwa so: 30 bis 40° Celsius, Sonne und hier und da ein Gewitter/Regenschauer zur Vortäuschung von Abkühlung.

Wenn das Gehirn seit 25 Jahren Weihnachten mit Schnee, Tannen, Kälte, warmer Winterkleidung und Heißgetränken assoziiert, dann sind die Nervenbahnen da im Oberstübchen aber sowas von eingefahren, dass es die Neuronen ziemlich schwer haben, neue Verknüpfungen und Vernetzungen zu bauen. Um nicht zu sagen, es ist unmöglich. Dementsprechend keine Weihnachtsstimmung auf der Südhalbkugel, jedenfalls nicht bei mir. Ich meine, hallo, ich habe Sommerferien! Da fährt man in den Urlaub (erledigt), wird braun (erledigt) und erlebt viele lustige Abenteuer (erledigt), über die man beim Schulanfang Aufsätze à la Was hast Du in Deinen Sommerferien erlebt? schreiben kann. Wenn man so knackenalt ist wie ich und nicht mehr zur Schule geht, veröffentlicht man die Aufsätze eben in seinem Blog (bald, die Ferien sind noch nicht zu Ende).

Und doch, in den Läden hier läuft Weihnachtsmusik (silent night, holy night), die Lichterketten blinken bunt und die Independence Avenue ist mit weihnachtlichen Motiven (Delphine, Affen, Maria mit Jesuskind) dekoriert, die jeden Abend aufs Neue in buntem Glanz erstrahlen. Die Plastikweihnachtsbäume sind zum Auseinanderfalten (sehr interessante Technik, ich bewundere den Erfinder) und wer solch einen nicht hat, nimmt einen Weißdorn, der hat Zweige mit langen weißen Stacheln (eine Omorika-Fichte ist nichts dagegen), an die man Baumschmuck hängen kann, gerne auch ein zwei aufgespießte Finger.

Ich werde Weihnachten mit Schwesterherz und Freunden am Waterberg Plateau und im Etosha-Nationalpark mit Elefant, Nashorn & Mini-Perlen-Weihnachtsbaum verbringen. Man wird sehen, wie die Weihnachts-Assoziations-Neuronen auf dieses Wagnis reagieren!

Bis dahin wünsche ich dem geneigten Leser einen frohen und frostigen vierten Advent, festliche, nach Zimt und Orangen duftende Feiertage und einen köstlichen Gänse-/Hasen-/Raben-Braten im Ofen!

Weihnachtsgrüße aus der Wüste

Weihnachtsgrüße aus der Wüste

 

 

 

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legalinnamibia.com

Mit diesem Blogeintrag wird das Kapitel Visum endgültig abgeschlossen und zu den Akten gelegt, selbstverständlich ordnungsgemäß in dreifacher Ausfertigung, Original und Kopie abgeheftet sowie eine Sicherheitskopie auf der externen Festplatte. So gehört sich das bei bürokratischen Prozessen.

Man erinnert sich: Reisepass zurück von der Botschaft ohne Stempel, Warten auf Botschaft vom namibischen Minister, vergebliches Warten, Flug verschieben, weiter Warten, einen Tag vor verschobenem Abflug Erlösung dank Scan-Bestätigung (mit Genehmigungs-Stempel mit Datum vom ursprünglichen Abflugstag. Hab ich mich kaum verarscht gefühlt.), am Flughafen dann Stempel im Reisepass mit 15-Tage-Visum und dem Auftrag, zum Ministerium zu latschen und Geld für das echte Visum abzugeben, Reisepass zu Frau Reiff, der Dame meines Vertrauens bei Visumsangelegenheiten, und dann war er plötzlich da, der große Tag: Doro ist legal in Namibia! Keine Zwangsheirat nötig, keine drohenden Gefängnisaufenthalte, sorgenfrei in Shanghai Windhoek!

Ein Feuerwerk für ein Visum!

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Andere Länder, andere Sitten #1 – Personenbeförderung

Wer hier kein eigenes Auto hat, muss zwar sein Leben nicht im Linksverkehr riskieren, hat aber eine Möglichkeit weniger, um von A nach B zu kommen. Fahrrad fahren ist auch nicht sonderlich angesagt (bei der Topographie der Stadt absolut verständlich – Berge stinken), das reduziert dann die Möglichkeiten um eine weitere. Öffentliche Verkehrsmittel, das heißt Bus, Straßenbahn, S-Bahn, irgendwas – Fehlanzeige. Was bleibt: Laufen oder Taxi fahren. Windhoek ist zwar nicht sehr groß, man kann also viel zu Fuß erkunden, aber – unter anderem aufgrund der fürchterlichen Anstiege – nicht alles. Womit nur noch das Taxi bleibt.

Für ein einfaches Mädchen vom Lande wie mich ist Taxifahren etwas ganz Besonderes. Die Male, die ich in Deutschland Taxi gefahren bin, kann ich an einer Hand abzählen. Bin ich überhaupt schonmal Taxi gefahren? Ja, doch. Nachts und so. Kostet ja auch Geld, das man nicht hat, der Körper ist noch jung, also läuft man oder fährt Fahrrad, Bahn und Bus. Der aufmerksame Leser ruft nun: Ha! Kannse doch gar nich da unten! – Richtig. Womit wir dann wieder beim Ausgangspunkt der Geschichte wären:

Das Taxi ist DAS öffentliche Verkehrsmittel hier und definitiv nicht zu vergleichen mit unserer Vorstellung vom Taxifahren. Zuerst einmal die Preise. Zehn Euro für zehn Kilometer? (Da ich wie gesagt nicht sehr oft Taxi gefahren bin, kenne ich die aktuellen Preise pro Kilometer nicht und bitte, eventuelle Fehlkalkulationen zu entschuldigen. Berichtigungen von Experten aus dem deutschen Taxigewerbe werden im Kommentarbereich gerne gesehen.) Hehehe. Guter Witz. Hier zahlt man 9 Namibische Dollar, umgerechnet etwa 70 Cent für die Fahrt. Egal, wohin. Gut, nachts steigen die Preise dann um 100%, aber auch das sprengt nicht unbedingt den Monatsetat.

Man stellt sich also an den Straßenrand und schon hupt’s. (Siehe auch „Wer hätt’s gewusst“) Man blickt freundlich zum Fenster rein, nennt seine ungefähre Destination (Straßennamen werden überbewertet, eher so grobe Orientierungspunkte wie Tankstellen, Supermärkte oder Banken), der Taxifahrer nickt (auch wenn sich später herausstellt, dass er eigentlich keine Ahnung hat) und man steigt ein. Kein Problem, wenn da fünf Leute oder sechs Leute oder sieben Leute mitwollen (ich habe die politisch total unkorrekte Vermutung, dass auch eine hellere Hauttönung eine Rolle spielen könnte), schließlich zahlt man ja pro Person und der Taxifahrer möchte was verdienen. Während man dann zur traditionellen Taxi-Musik abrockt und sein Haar im Winde der geöffneten Fensterscheiben wehen lässt, kann es schonmal vorkommen, dass man den 23. Heiratsantrag leider ablehnen muss, bzw. den guten Mann vertröstet, es sich noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. (Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob er nicht noch was Besseres findet. Wusste schon Goethe. Oder Schiller. Oder beide. Ich jedenfalls auch.) Dann ist es auch nicht immer der Fall, dass man den direkten Weg zum Ziel nimmt, aber das wäre irgendwie langweilig, vorausschaubar und so sieht man viel mehr von der Stadt (und weiß bei der nächsten Taxifahrt erst recht, dass das definitiv NICHT der schnellste Weg ist).

Letztendlich bin ich bis jetzt aber immer gut und sicher an meinem Zielort abgeliefert worden, oft hat sich dann derselbe Taxifahrer sofort angeboten, die Rückbeförderung auch zu übernehmen („Just call or write me, when you want to go back“), und auch alleine Taxi zu fahren ist nicht die dümmste Idee überhaupt, die einer nichtmaximalpigmentierten Person hier kommen könnte. (Nachts habe ich das allerdings auch noch nicht ausprobiert. Da sollte es dann schon der Taxifahrer meines Vertrauens sein; Chris, John und Moses sind in der engeren Auswahl.)

 

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Hinter, vor, über, unter, neben dem Zaun

 

Ein (bei mir) beliebtes Spiel für die Sprachförderung: Präpositionen im Dativ-Kontext. Wo ist der Schuh? – Auf dem Stuhl. Leicht abgewandelt jetzt als Farb-Fern-Sehen für Daheimgebliebene: Wo ist die Doro?

Neben dem Grill

Grillen heißt hier Braaien und besteht hauptsächlich darin, Unmengen von Fleisch auf einen riesigen Grill zu tun, der mit Holz befeuert wird, und diese dann zu essen. Nicht-Eingeweihte erkennt man daran, dass sie dazu Salat oder Brot essen. Was für ein Quatsch.

Auf dem Oktoberfest

Kein Bild verfügbar. (Was auf dem Oktoberfest passiert, bleibt auf dem Oktoberfest. Nur so viel: Schützenfest mit Blasmusik, Dirndln und 1l-Bierhumpen mit Giraffe und Palme drauf, das kann es wohl nur in Namibia geben.)

 

Auf dem Jazz-Festival

Kontrastprogramm: Viele, viele Menschen auf mitgebrachten Campingstühlen, die sich gute Musik anhören.

 

Jenseits von Windhoek

Lange Geschichte, wie ich dahin gekommen bin, jedenfalls saß ich letzte Woche auf einmal in einem Auto auf dem Weg zu einer Lodge ein bisschen außerhalb von Windhoek. Weinchen trinken, Aussicht genießen, so muss es sein!

 

Neben dem Goreangab Dam

Sonntagsausflug mit der Familie: Man packt die Kühltruhe voll mit kühlen Getränken und genügend Grillmaterial, nimmt sich zu fünft ein Taxi (wer jetzt grad zum dritten Mal nachzählt und nicht damit klarkommt, dass er die zweite Hand dazunehmen muss, das hat alles seine Richtigkeit. Die Taxis sind hier so ähnlich wie die Handtasche von Hermine Granger, es geht immer noch einer rein. Ein andermal ausführlicher dazu.) und fährt an den Dam, um dort einen gemütlichen Braai zu veranstalten. Nach kurzer Zeit gesellen sich dann die ersten Unbekannten hinzu, die nach dem ersten gemeinsamen Bier zu Bekannten werden, es kommen immer mehr Leute, von denen keiner so richtig weiß, wer zu wem und wie und warum und so verlebt man einen wunderschönen Nachmittag mit interessanten Gesprächen, Sonnenuntergang und der Sichtung des ersten Pelikans. Mooi!

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Erste Tage

 

Das Erste, was mir einfällt, wenn ich meine neue Bleibe beschreiben sollte, ist der gute alte Schützenfestkracher: 20m links, 20m rechts, 40m im Quadrat, eingezäunt mit Stacheldraht, wisst ihr wo ich wohne? Ich wohne in der Zone… Niveauvoll, ich weiß. Aber es ist so. Die ganze Anlage ist wie ein kleines Dorf, bestehend aus Schule, Vorschule, Kindergarten und Internatsgebäuden. (Ich bin immer noch dabei, meine Orientierung dazu zu bewegen, mit mir zusammen zu arbeiten, damit wir die Wege von A nach B in Zukunft schneller bewältigen.) Eines der Internatsgebäude ist das Praktikantenheim, in dem ich wohne, zusammen mit 16 anderen Praktikanten, die hier für kürzer oder länger die Kinder mit ihren Talenten bespaßen. Und überall ist ein Zaun drum. Wenn eine Straße dazwischen verläuft, gibt es eine Brücke, die die verschiedenen Teile der DHPS miteinander verbindet, man müsste also niemals raus aus diesem abgesicherten Hochsicherheitsbereich. Nicht einmal zum Einkaufen, Essen gibt’s hier nämlich auch (zwar kein Rostocker Mensaniveau, aber wir wollen die Kirche auch mal im Dorf lassen). Und meine Kollegen im Kindergarten kommen größtenteils ebenfalls aus Deutschland oder sind Deutschnamibier, nur vom SecurityMan oder von kleinen Kindern, die im Eifer mal vergessen, dass sie Deutsch sprechen sollen, hört man mal ein englisches Wort oder Afrikaans. Ich könnte also ein Jahr in Klein-Deutschland in Namibia verbringen, wenn ich denn wollen würde.

Blick über den Zaun

Aber da ich ja jetzt nicht so der extreme Sicherheitstyp bin, habe ich tatsächlich auch schon meine Füße vor die Tür gesetzt. Und siehe da, es gibt ein Leben jenseits des Zauns! Es tobt da draußen! Viele weiße Autos, die immer aus der falschen Richtung kommen, viele Menschen (unter der Woche und vor zehn Uhr abends), viel Sonne und ich mittendrin, mich noch ein bisschen fehl am Platz fühlend. Ich stehe am Straßenrand, als ob ich noch nie eine Straße überquert hätte. Ich laufe durch den Supermarkt, als ob ich noch nie einkaufen gewesen wäre. Alles ist lauter, bunter, voller, verwirrender, sagt mir mein Gefühl. Da bin ich manchmal direkt froh, wenn ich nach so einer reizüberflutenden Expedition in die Welt da draußen zurückkehren kann in meine Komfort-Zone, beim Bahnenziehen im schuleigenen Freibad der afrikanischen Sonne beim Untergehen zuschaue und mich freue, dass noch alles heil ist und all meine Sachen noch in keinen fremden Besitz übergegangen sind. Und das ist etwas, was mich irritiert. Wer mich kennt, weiß, dass ich gerade in solchen Dingen eigentlich an das Gute im Menschen glaube und nicht sonderlich ängstlich durch die Gegend laufe. Aber hier ist das irgendwie anders. Ich klammere mich jetzt nicht ununterbrochen an meine Tasche und schaue paranoid von links nach rechts, aber da ist schon mitunter ein unsicheres Gefühl im Hintergrund. Ob es an den Warnungen und Geschichten der anderen Praktikanten liegt, oder an der Tatsache, dass man auf der Straße ziemlich oft angesprochen wird (Schilder mit „I don’t need a husband“, „I don’t need a taxi“ oder „I know I’m pretty“, würden wahrscheinlich auch nicht helfen), ich weiß es nicht. Andererseits dramatisiere ich das Ganze aber jetzt mal nicht und gehe einfach davon aus, dass ich mich an alles gewöhnen werde. Und wer weiß, vielleicht sonne ich mich am Ende nicht nur in der Sonne, sondern auch in der Aufmerksamkeit und werde beides fürchterlich vermissen, wenn ich ins kalte Deutschland zurückfliege. Das ist der Reiz der ersten Tage: Alles ist möglich!

 

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