Ja, meine Damen und Herren, es ist wahr, in diesem Blog konnte bis dato noch kein Beitrag zu namibischen Wetterverhältnissen gefunden werden. Vielleicht wurde das Thema an der ein oder anderen Stelle peripher tangiert und mit wenigen Worten angerissen, aber reicht uns das?! Ich sage: Nein! Wir wollen mehr Wetter! Eins der Themen, die mir wirklich am Herzen liegen.
Also gut, ihr habt es so gewollt. Lasst uns über’s Wetter reden. Das tun die Jerrys doch so gerne. (In den Augen Ohren der Deutschnamibier reden die Deutschen, liebevoll Jerrys genannt, vor allem über eines, nämlich das Wetter. Vielleicht haben sie da nicht ganz unrecht. Besser sind sie aber auch nicht, denn insbesondere die Farmer beschäftigt vor allem eines, nämlich der Regen. Und das ist ja wohl auch Wetter.)
Wie dem auch sei, kommen wir nun endlich zu diesem ominösen Wetter. Was kann man zum namibischen Wetter sagen? Da die Welt hier Kopf steht, ist hier Sommer im Winter und Winter im Sommer. Bedeutet: Es wird gerade Winter. Bitterkalter, frostiger Winter mit eisigen Ostwinden. (Mit der Himmelsrichtung bin ich mir jetzt nicht hundertprozentig sicher, aber aus irgendeiner Richtung muss der Wind ja kommen, also warum nicht Osten. Eisiger Ostwind klingt doch gut und irgendwie auch nach klirrender Kälte. Russland und so, Väterchen Frost, man kennt die Klischees. Allerdings, ob hier auch, das ist so eine Sache! Wie ich das mit meinem eurozentrischen Weltbild einfach so voraussetze…ei.)
Egal. Weiter im Text. Morgens, wenn ich zur Arbeit gehe, erfriere ich. Dann ist es zwölf, dann ist es warm (seit Wochen keine Wolken mehr am Himmel), dann schwitze ich. Dann ist die Sonne abends wieder weg, dann erfriere ich wieder. Und die Sonne ist früh weg, weil ja Winter ist (halb sechs: Einbruch der Dunkelheit. Aber dafür sieht man jetzt dank der klaren Luft noch Milliarden, ach, was sag ich, sternenzahl mehr Sterne als im Sommer). Und ich habe es noch gut, denn ich kann mich wenigstens noch vage an deutsche Winter erinnern und weiß deshalb, was WIRKLICHE Kälte bedeutet. Die Namibier gehen jetzt nur noch mit Schal, Pudelmütze, Handschuhen und Winterstiefeln aus dem Haus. Dabei ist es draußen tagsüber wie ein erster warmer Frühlingstag in Deutschland, bei dem das ganze Volk in den Volkspark strömt, Hunde und Waschbärbäuche auspackt und die Wärme der Sonnenstrahlen auf erbleichter Haut genießt.
Wirklich kalt ist es hier dagegen IM Haus. Dünne Wände, schlecht überhaupt nicht isolierte Fenster und der Mangel an Zentralheizungssystemen (was für eine Erfindung! Und Fußbodenheizung! Ich ehre Dich!) gestalten den Aufenthalt in den vier Wänden, die ja eigentlich Schutz vor Kälte bieten sollten, in den letzten Tagen als eher unangenehm. Dadurch lassen sich aber auch äußerst interessante Studien über Strategien zur Kältbewältigung betreiben. Die effektivste Strategie (und gleichzeitig die mit den schönsten Nebenwirkungen) ist wohl die Körperwärmespende an bedürftige Mitbewohner. Vorausschauende WG-Mitglieder haben die letzten Wochen genutzt, eifrig Partnerwerbung betrieben und befinden sich nun in der glücklichen Position, eine Lebendheizung im Bett ihr Eigen nennen zu dürfen. Eine andere, nicht ganz so kuschelige, aber immer noch effektive Variante ist der Besitz verschiedener lebloser, wärmespendender Objekte wie Decken oder Heater (=Miniofen, Öl- oder Elektroheizung). Derartige Produkte sind jedoch auch nicht jedem vergönnt, das Schicksal bestimmte, wer in ein Zimmer zog, in dem der Vorgängerzimmerbesitzer diese Kleinode für kalte Wintertage zurückließ. Manche Personen haben das unverschämte Glück, sowohl Lebendheizung als auch 2 (in Worten: ZWEI!!) Heater und eine pervers hohe Anzahl an zusätzlichen Decken in ihrem Besitz zu wissen.
Ich sitze derweil in meinem Wieder-halb-Einzelzimmer (meine Mitbewohnerin spielt Lebendheizung) neben dem Privatkühlschrank und ärgere mich, dass ich die rechtzeitige Partnersuche irgendwie verpasst habe und auch die luxuriöse Ausstattung, die ich nach meinem Umzug anfänglich so feierte, eher weniger auf meine momentanen Bedürfnisse abgestimmt ist. Steckerleisten, Adapter, Teppiche und Tischdecken halten eben nicht langfristig warm. Immerhin, wenn es noch kälter wird, kann ich den Kühlschrank als Wärmequelle nutzen. Wie bei den Inuit. Cool.
So viel zur momentanen Kälte. Gleichzeitig trinkt die Luft da draußen jeden Tropfen meiner Hautfeuchtigkeit, was diese, also die Haut, wiederum dazu veranlasst, Feuchtigkeitscreme zu trinken. In Massen. Ich bin ja jetzt wirklich nicht so der Kosmetikschmierepampetyp. Aber hier schöpfe selbst ich aus vollen Cremetöpfen, um meine Haut vor der völligen Austrocknung und damit verbundenen Häutung zu schützen. Es gibt sogar Leute, die haben blutige Nasen von der Trockenheit. Aber sonst gefällt es mir hier immer noch sehr gut, doch.