Man hatte sich ja informiert, bevor man aufbrach ins ferne Afrika. Über Land, Leute und Kulturen und so. Und man konnte es eigentlich gar nicht so richtig glauben, als man eine Reportage sah über den Karneval in Namibia. Mit Narrenkappen sollte der sein, und mit Büttenreden, Schunkeln und Klatschen und natürlich jeder Menge Flüssignahrung… also bitte. Das ist doch Afrika, der Kontinent der Trommeln und Tänze, hierhin kommen doch die, die vor derartigen Narreteien fliehen! Gut, man gedachte erst einmal abzuwarten und sich das Ganze mit eigenen Augen anzuschauen, schließlich gab es das Oktoberfest ja auch tatsächlich (und das ist doch in etwa so wie Karneval, nur dass man sich da noch ein bisschen besser anonymisieren kann. Dirndl und Lederhosen verändern das Aussehen halt doch nicht so extrem.).
Nun denn, meine lieben Freunde, ich habe den namibischen Karneval mit eigenen Augen gesehen am eigenen Leib erfahren. Oh ja. Und es ist noch nicht vorbei! Aschermittwoch, pff. Namibia kann länger! Hier ist das nämlich so: Jede halbwegs größere Ortschaft, die genügend Narren aufbringt, veranstaltet ihren eigenen Karneval. Aber nicht gleichzeitig wie in Deutschland, das wäre langweilig und vor allem hätten die anderen Karnevalsorte dann nicht die Gelegenheit zu Besuch (und zum Trinken) vorbeizukommen (und die Festzelte wären wohl recht kläglich mit Jecken bestückt, denn so viele närrische Genossen finden sich dann doch nicht. Ist nicht Kölle hier.). So gibt es den WiKa – Windhoek Karneval, OsKa – Ostenkarneval, KüsKa – Küstenkarneval, WaKa – Walfish Bay Karneval, LüKa – Lüderitz Karneval, OtjiKa – Otjiwarongo Karneval und den TsumKa – Tsumeb Karneval und dank Wikipedia hab ich auch keinen vergessen und diese finden alle an unterschiedlichen Wochenenden statt.
Genug allgemeine Infos, ran an die lustigen Details unserer Entjungferung in Sachen
namibischer Karneval. Am vorletzten Wochenende ging es ab Richtung Witvlei, zum OsKa. Drei Mädels im schicken Geländewagen auf der Straße in den Sonnenuntergang… Ach nein, wir waren ja Richtung Osten unterwegs, also mit der Sonne im Rücken. Auch gut, da wird man wenigstens nicht geblendet.
Mit im Gepäck unsere mit viel Liebe und viel Talent gestalteten Kostüme
– Warnschilder, die auf den Straßen Namibias zu finden sind, kombiniert mit jeder Menge Flatterband. (Ok ok, die Idee ist nicht neu, aber dafür gut!)
Zuerst ging es auf die Otjikarate Okatjerute-Farm, die praktischerweise direkt bei Witvlei positioniert ist und noch praktischererweise von Isabells Verwandten bewohnt wird, die uns für das Wochenende ein sehr komfortables Dach über dem Kopf boten. Da die gesamte Familie maßgeblich in die Karnevalsfeiereien involviert war und ganz viel aufbauen musste, hatten wir auch gleich die erste Aufgabe, uns die Unterkunft zu verdingen: Hühner und Gänse ins Gehege treiben. “Kein Problem!” riefen sie und rannten engagiert auf die Hühner zu. Und die Hühner dann so: Flatter flatter, gacker gacker, poock poock pock und sie flatterten auf und davon in alle Richtungen, über den gesamten Hof und ins angrenzende Feld, nur nicht in die (zugegebenermaßen sehr winzigen) Öffnungen des Hühnerstalls. Wenn sich dann ein Hühnchen versehentlich doch ins Gehege rein verirrte, wurde das von uns mit angemessenen Freudentänzen quittiert (und kaum drehten wir uns um, rannte es auch schon wieder raus). Es begann zu dämmern, wir waren verzweifelt und erschöpft und siehe da, die Hühnchen wanderten eins nach dem anderen von ganz alleine in ihr Zuhause. Damit war meine potentielle Alternativ-Zukunft als Farmersfrau gestorben, bevor sie überhaupt begonnen hatte. Auch ok.
Am nächsten Vormittag wurden wir von Farmer & Sohn im Bakkie über die Weiten der Farm kutschiert (Posten fahren nennt man das. Ich steck so drin im Slang, vielleicht werd ich doch Farmersfrau), bestaunten Büsche, Rinder, Aussicht und Wasserpfützen und ließen uns von den Mossis vergewaltigen.![]()
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Und dann war es soweit: den weißen Geländewagen neben den anderen tausend gleichaussehenden Bakkies auf der Wiese vor dem Farmervereinshaus parken, Zelt aufbauen und Kostüme anziehen und dann rein in die gute Stube zum Elferrat (der hier mangels Williger nur aus sechs Narren besteht), den Funkemariechen, Singen, Klatschen und Tanzen auf Bierbänken. Die Zwei-Mann-Big-Band machte Stimmung (Zicke Zacke Prost du Sack!), die Büttenredner brachten den Saal zum Toben und die Arme von Alt und Jung verschränkten sich zur fröhlichen Schunkelei bis in die frühen späten Morgenstunden.
Und was sagt uns das jetzt? Allein die Tatsache, dass wir unser Kostüm mit kurzen Kleidchen und Top statt dicker Jacke und Wollstrumpfhose kombinieren konnten, gibt dem ganzen Geschehen eine völlig andere Atmosphäre. Auch die Sonne über den Wiesen und weißen Bakkiedächern aufgehen zu sehen statt im Regen auf Bonbonsplittern, zertretenem Popcorn und Bierresten auszurutschen lenkt von der Tatsache ab, dass man soeben eine zünftige Karnevalsnacht mit Wolle Petri, Mickie Krause und Konsorten und Klatschen auf der Eins und auf der Drei verbracht hat (und nebenbei mal eben 26 geworden und damit der 30 übelst nahe gerückt ist). Karneval in Namibia – so gleich und doch so anders und noch WiKa und WaKa und wie sie alle heißen to come, um noch mehr Feldstudien durchzuführen. Da simma dabei, dat is prihimaa, Viva Colonia äh Namibia…
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