Es ist nicht unbedingt so, dass mit einem Visum in der Tasche dann am Ende tatsächlich alles geritzt wäre und so eine Reise nach Windhoek völlig problemlos verlaufen würde. Wäre ja im Grunde genommen auch langweilig. (Hab ich schon erwähnt, dass ich ein großer Freund der profanen Langeweile bin?) Erstmal ist ja meine Flugroute schon echt clever gewählt: Von Rostock nach Berlin (das allerdings noch mit dem Zug und dementsprechend völlig problemlos, liebe Bahnzweifler), von Berlin nach London, von London nach Johannesburg, von Johannesburg nach Windhoek. Da sieht man viel mehr von der Welt als wenn man direkt von Frankfurt nach Windhoek flöge.
Am Berliner Flughafen herrscht mal wieder Bombenstimmung dank eines herrenlosen Koffers, während ich dort sitze und warte, dass ich vom StandBy-Status für den Flug von London nach Johannesburg upgegradet werde und einen echten Sitzplatz bekomme. Sollte laut des netten Schaltermannes überhaupt kein Problem sein, solche Überbuchungen kommen schon mal vor. Hä? Man muss doch kein großer Mathematiker sein, um die Sitzplätze im Flugzeug zu zählen und dementsprechend viele Tickets zu verkaufen. Naja, steckste nich drin in der Platzvergabe. Natürlich ergibt sich erstmal nichts und ich steige ins Flugzeug nach London ohne den Schimmer einer blassen Ahnung, ob ich von da weiterfliegen oder vielleicht auch noch eine Nacht in London verbringen darf (da solls ja auch schön sein, wie ich gehört habe). Trotzdem ist meine Freude einfach riesig. Ich sitze tatsächlich in einem Flugzeug, hebe ab und komme meinem Ziel Windhoek näher! Endlich.
London: Heathrow soll sehr groß sein, hab ich gehört. Nimm dich in acht, hab ich gehört. Du musst schnell sein, hab ich gehört. Dass du bloß nicht deinen Flug verpasst, hab ich gehört. Hätte sich keiner Sorgen machen müssen. Dank meiner einzigartigen Gabe, anderen hinterherzulaufen sowie Schilder zu lesen, diese zu verstehen und ihren Anweisungen zu folgen, schaffe ich es völlig problemlos vom Ankunftsort zum Abflugsort. Und ich erhalte tatsächlich nach fünf Minuten Warten einen Sitzplatz im Flugzeug! Wollten nicht alle mit? Jemand krank geworden? Mir egal, ich bin auf dem Weg nach Johannesburg. Check! Die nächsten elf Stunden verbringe ich mit Flugbegleiter Nicky, der sein Grinsen nicht ausgeknipst kriegt und sich jedesmal überschwänglich bedankt, wenn ich mich dazu herablasse, von ihm ein stilles Wasser, meinen Mitternachtssnack oder mein Frühstück entgegenzunehmen. Eine meiner leichteren Übungen! Am schönsten ist es, als er mich fragt, ob es zu meinem feudalen Mitternachtsmahl vielleicht ein Wein sein dürfte. Und Afrika sieht übrigens vom Flugzeug aus wie ein riesiger, faltiger und vertrockneter Elefantenpopo bzw. eher meine Vorstellung von solch einem.
Johannesburg: Es könnt alles so einfach sein, ist es aber nicht. Wäre schön gewesen, hätte ich einfach wie alle anderen Passagiere, die in Johannesburg umstiegen, mitgehen können, ohne Gepäck, zum nächsten Schalter. Nee, nee. Weiß ich aber erst, nachdem ich zehn Minuten in der Schlange gewartet habe, um dann den ganzen Weg zurückzugehen. (der Jo’burger Flughafen ist groß.) Über eine halbe Stunde Anstellen in der Schlange für ein Visum, damit ich mein Gepäck abholen darf, durch den Flughafen hetze, Gepäck wieder einchecke und eine Boardkarte kriege, um dann wieder durch den ganzen Flughafen zum Gate zu hetzen. Kein Problem, ich bin jung und habe einen guten Orientierungssinn, außerdem viel Geduld, Gelassenheit und eine top Kondition, sodass dies keinerlei Stressbelastung für mich bedeutet.
Und dann, endlich endlich endlich: Windhoek. Ich steige aus dem Flugzeug, laufe über das Rollfeld und bin ein bisschen überrascht, dass ich mir die Wolkendecke beim Landeanflug tatsächlich nicht eingebildet habe. Warm ist es trotzdem mit Jeans, Tuch, Fleece- und Windjacke. Ich bin in Afrika! Mein Koffer ist tatsächlich gleichzeitig mit mir angekommen, und auch der Fahrer des Shuttles, den die Schule für mich organisiert hat, steht schon in der Ankunftshalle und erwartet mich. (Ich gehe einfach mal davon aus, dass mit dem Schild „Dorotea Larote“ ich gemeint bin. Wenn jemand mit diesem Namen immer noch am Flughafen wartet, tuts mir aufrichtig leid.) Man muss noch ein bisschen fahren, bis man wirklich in Windhoek ist und ich sehe die ersten pavianähnlichen Affen am Straßenrand, die mir ihre unbehaarten Hintern zur Begrüßung entgegenstrecken. Hallo Namibia!
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