Abriss der Kürzlichkeit

12.02.2016

Es erschreckt mich selbst, wie einfach mein Artikel über den Januar geworden ist – mehr als kurze Phrasen vermochte mein Hirn wohl nicht zu kreieren, dann flog es fort und ahmte vielleicht die Szenen des letztes Wochenendes nach oder freute sich aufs Mittagessen. Dann sabberndes Gewäsch über Dinge, deren Bedeutung ich selbst nicht weiß, deren Aufzählung einer Spritztour durch die Willkür gleicht. Wenigstens habe ich überhaupt geschrieben, dazu musste ich mich zwingen, den Wert sollte es beweisen. Ich denke wieder über Europa nach und ziehe auf dem Papier Gedanken nach, statt Zeilen der alltäglichen Spaziergänge durch die Zerstreuung zu skizzieren, wie ihr Ursprung selbst müßig.

However, die um Tage hinter mir liegende Woche war ereignisreich, voll mit fremden Leuten, die gar nicht in mein Konzept der Einsamkeit passten. Die vorhergehende Woche brauchte ich, um mich von meinem Kränkeln und den Vergnügungen des Januars zu erholen, dann wieder rein ins brummende Leben der Stadt Taschkent, die so glüht und alles in sich spiegelt, eine Grande Dame unter den Städten Zentralasiens. Frei nach dem Motto ’The Show Must Go On’ kamen wir über Arbeitsbekanntschaften Viljas, der Finnin, zu einer Metalband, die, neu formiert und ihr erstes Album promovierend, in einem kleinen, feinen Club außerhalb des Zentrums tatsächlich eine Stimmung der Alternative aufmachte. Die Songs, mit Titeln wie „World is Cruel“ oder „BAD“, hatten nicht den Anspruch der Textqualität eines Bob Dylan und wurden ganz der westlichen Vorstellung von Metal gerecht: hart, elektrisch, gräulich stimmbandzerreißender Gesang über verzerrten Gitarren und hämmerndem Schlagzeug. Natürlich nicht meine Musik, das muss auch nicht sein, man hat seinen Spaß an den Leuten, die wie verrückt dazu abgehen und wirklich, ein erstaunlicher Ort der Freiheit. Ein großer Typ mit Brille, Lederjacke und langen, blonden Haaren performt den Headbang, den die Mitglieder selbst aufgrund ihres verschriebenen Militärschnitts nicht vormachen können. Es gab teures Bier, schlechten Wodka und jede Menge Leute in dem kleinen Raum, was mich dazu veranlasste, später die meiste Zeit draußen zu bleiben. Irgendwie schafften wir es, erst um Zwei zu gehen, als die Musik schon einige Zeit lang vom Band lief – das Headbanging und stampfende Tanzen der Fans wollte, noch im Rausch der Begeisterung, nicht enden und kurz schloss ich mich in den Kreis, als Rammstein gespielt wurde – „Hierrr kommt die Sonne…“. Zu viert verließen wir die Bar, deren Name auf Russisch für „Eigenes Territorium“ steht, auf ein Mitternachtsmahl und so war das Metalkonzert in Usbekistan. Vielleicht kommen wir zurück, wenn am 20. Februar ein Linkin Park Tribute gespielt wird. Sonntag hieß es also, den müden Körper nach zu wenig Schlaf ausruhen, ein wenig lesen – Asja von Turgenew habe ich begonnen – schließlich war ich schon am Tag zuvor auf dem Yangiobod und habe mich dort hinreichend erschöpft. Geld holen musste ich noch, und komme mit 1.200 Scheinen in der Tüte zurück – 200 Dollar, über 1 Million Sum.

Mit Treffen an den Abenden des Montags zu einem Viererkreis und Donnerstags zum Lektorentreffen im koreanischen Restaurant war mein Sozialbewusstsein schwer überbelastet, auch wenn der Anschluss an die internationale Gemeinde in Taschkent immer sehr bereichernd ist, trotzdem liebe ich die Einsamkeit. Trotzdem ging es auf zu neuen Ufern, denn mir wurde überraschend die Möglichkeit geboten, in das neue Bunyodkor-Stadion zu schwärmen und eine atemberaubende Fußballschlacht des gleichnamigen Vereins gegen Al Shabab aus Dubai zu beobachten, ein Angebot, das ich nicht ablehnen konnte. Schon deshalb nicht, weil das Ticket läppische 15.000 Sum kostete und ich in Deutschland nie in ein Stadion gehen würde. Die Begegnung war Teil des Playoffs für die Asia League, Bunyodkor gewann Zwei zu Null, und alle Fans waren glücklich. Tatsächlich fiel das erste Tor nach zwei Minuten. Das zweite allerdings ließ auf sich warten, und die Zeit nutzten wir, uns die Füße und Hände abzufrieren. Glücklicherweise war es gar nicht kalt, wir sind nur verwöhnt – erst auf dem Weg von der Metro zurück küsste das Thermometer die Minusgrenze, oder flog galant drunter durch, die Nächte jedenfalls verbringen wir bei Graden unter Null. Wie mich das befremdet – die kälteste Zeit des Jahres, und doch 20 Grad wärmer als diese Novembertage in Ulan-Bator vor einem viertel Jahr (!). Das Stadion ist zweifellos modern, stolz angelegt, zeitgemäß umschlossen und bewacht, für 34.000 Zuschauer, ein Viertel der Plätze mochte wohl besetzt sein, Hunderte Polizisten standen in den leeren Reihen Wache. Viel zu schmunzeln, lächeln, lachen, Grund zur Freunde (Usbekistan beweist seine Überlegenheit) und Überlegungen zur Nähe an Europa. Mit diesem Stadion wieder versucht Taschkent mit dem Anspruch einer pulsierenden Metropole, Europa zu kopieren, internationales Niveau zu ersetzen, Aufmerksamkeit zu erhaschen für das, wofür sie Europa schätzen. Ihr Geschmack freilich ist fragwürdig. Wozu dieses gigantische Loch im Himmel? Für Spiele der Uzbekistan League, mit Glück Asia League, sonst Freundschaftsspiele gegen Nordkorea und Moldawien. In Taschkent sieht immer mehr gewollt europäisch aus: Einkaufszentren, Kinos, Supermärkte entstehen und bieten für mich keinen Qualitätsabfall gegenüber denen in Deutschland. Auch wenn im selben Zug per Präsidentenerlass letztes Jahr Englisch als Fremdsprache, leider zum Missvergnügen der anderen Sprachen, offiziell hochgestellt wurde, ist der europäische Geist doch erklärtermaßen ein feindlicher. In einem offiziellen Brief zur Begründung, dass die deutsche Botschaft ihre geplanten Kinderfilme nicht in den Schulen zeigen kann, ist klar formuliert worden, dass diese Filme nicht den usbekischen Werten entsprächen. In seiner zum Neujahr vorgelesenen Ansprache meinte der Präsident – der nicht selbst im Fernsehen erschien, was für erneute Spekulationen sorgte – Europas Mentalität sei eine zu vermeidende, sie stehe entgegen jener Usbekistans. Und trotzdem ist offensichtlich, wie sehr sie schielen und stehlen, in Hoffnung auf Erfolg, auf internationale Anerkennung und den Grad an Bekanntheit, den sie ihren Schülern durch die Hirnwindungen pfeifen. „Usbekistan ist auf der ganzen Welt bekannt für…“

Wo wir bei Problemen sind: Neulich kam ich an die Haltestelle, dort lag ein Mensch auf dem Boden, schlafend oder verhungernd, wie ein umgefallener Sack Reis. In der Unterführung für Fußgänger, die ich auf dem Rückweg vom Bus zur Wohnung laufe, sitzt oft eine Mutter mit zwei kleinen Kindern, einige Alte oder andere Frauen. Ich denke, die Armut ist eines der offensiv verschwiegenen Themen hier in Taschkent – nie hört man etwas davon, aber es ist offensichtlich, dass die Gesellschaft nicht allen Brot und Wasser bieten kann. Im Gegenteil – wenn die Preise steigen, der Sum sinkt, und das seit Jahren, ist es verwunderlich, wie viele nicht in Armut fallen, ganz zu schweigen von Müttern, die nach einer Scheidung vom eintreibenden Mann plötzlich mittellos werden. Im Nachbarland Tadschikistan betrage die Scheidungsrate 50 Prozent, berichtete eine von dort. Hier mag es anders aussehen, denn Zwangsheirat und Verkuppelung durch die Eltern ist zumindest in Taschkent weitgehend einer zwar patriarchal, aber nicht willkürlich orientierten Ehekultur gewichen. Genügend Nutz- und Zweckehen wird man hier finden und die Meinung unter den Jugendlichen ist zu Teilen befremdlich, das Patriarchat herrscht klar, aber die westliche Emanzipationskultur bringt eine Saat mit sich, die vielleicht am Aufgehen ist. Bis dahin erlaube ich mir, das Gegenteil zu skizzieren: Als wir am Montag in einem Club zu einem russischen Comedy-Abend Bier und Wodka tranken – Entschuldigung, ich erwähne den Wodka deshalb, weil es der laut Reiseführer beste Usbekistans war, Qarataw, den man normalerweise in Taschkent nicht erwerben kann, sondern nur in Karakalpakstan, wo er hergestellt wird – also: An diesem Abend wurde verschiedenen Amateur-Comediens die Bühne geboten, um ihre Scherze einem angeheiterten Publikum vorzutragen. Nicht nur liefen natürlich viele unter der Gürtellinie, auch Homosexuelle und Frauen standen im Licht der Albernheit, in dem sich die Sprecher sonnten. Eine ehrliche Meinung zum Thema, die mir jemand (in nüchternem Zustand) verriet, lautete sinngemäß: Ich glaube, Männer kämpfen in Kriegen, basteln Maschinen und bringen die Menschheit voran, und Frauen – gebären die Männer. Frauen sind schon etwas Unterschätztes hierzulande. Die Rolle, die sie in Deutschland vor sechzig Jahren übernahmen, die spielen sie heute hier. Da gibt es durchaus Situationen, in denen das Rollenbild westliche Dimensionen annimmt – Frauen fahren ihre Kinder zur Arbeit, verdienen ihr Geld und leben ohne Anfeindungen, vielleicht noch von alt erzogenen Männern verachtet. Bei einem Plauderstündchen, von der Frau eines Botschaftsmitarbeiters moderierter Konversationsclub im Institut, saß kürzlich eine junge Dame, Ende Zwanzig, seit „sechs oder acht“ Jahren geschieden, allein erziehende Mutter, die offen sagte, heiraten wolle sie nicht noch einmal, dafür sei ihr die Freiheit zu schade – die sie in Gesellschaft ihrer Kinder, Bücher oder eben Arbeit verbringe. Ihr Standpunkt in dieser Welt beeindruckt mich tief. Eine andere erzählte von ihrer Ehe: Der Mann ist fast nie da, arbeitet viel und ist am Wochenende müde, geht mit Freunden aus. Sie hütet die Kinder, putzt, wascht, kocht, macht dem Mann das Leben angenehm. Ab und zu gehen sie ins Kino oder essen, aber nur auf ihren Vorschlag hin. Als Familie, mit den Kindern, unternähmen sie wenig. Man hütet scheu die Frage, ob sie denn glücklich sei, sie erzählt nicht emotional, etwas berührt vielleicht, peinlich, ihr Leben zu schildern, aber so sei es nun einmal seit vielen Jahren, ist wohl normal, und nur diese trübsinnige Aussicht bleibt in mir verankert – wie lange her scheinen die Zeiten, dass in Europa Veränderung so weit entfernt war, dass sie anzufokussieren kaum lohnte und wenn doch, eine Lebensaufgabe war, an der Leute aus Überzeugung starben? Uns ist ja alles möglich, heute Hochzeit, morgen Scheidung, übermorgen den Job kündigen, einen Riesenkredit aufnehmen, sich einen Mercedes kaufen, ihn wieder verkaufen, von Neuem heiraten und die Schulden vererben.

Zum Thema Frauen gehört auch Aufklärung. Dass nackte Körper in Filmen nicht geduldet werden, hatte ich im Zusammenhang mit der Filmreihe erwähnt. Doch eigentlich ist dieses Land nicht prüde. Die russischen Musikvideokanäle in den usbekischen Restaurants (Fernseher gehören zur Grundausstattung), auf denen wie in den amerikanischen ab und zu verkappte Pornos laufen, die ganz unbekümmert neben den speisenden Usbeken laufen, beweisen das Gegenteil. Es ist gesellschaftlich verpönt, davon zu reden, und peinlich. Aber eine überlebensgroße Unterwäschenwerbung an einem Taschkenter Kaufhaus, auf der – wie im Westen – die Frau weiter als Unterwäsche nichts an hat, klebt kommentarlos hinter der Scheibe, direkt zur Straße gewandt, völlig ungeachtet aller Normen. Man hält seine Grundsätze in der Theorie halt höher als in der Praxis. Es sind allerdings immer westliche Frauen, russische aus den Großstädten oder in der Werbung europäische, den usbekischen freilich würden ähnliche Videos schon im Kopf ausgeschlagen werden. In einem usbekischen Film, von dem ich einen Ausschnitt sah, genügte es, dass ein älterer Herr seine Hand über die eines jungen, hübschen Mädchens legte, dass sie weit die Augen aufriss, aus dem Zimmer sprang und niemandem davon erzählen wollte, so verletzt war sie. Andererseits hatte ich auch einen Taxifahrer zum Yangiobod, der die Zeit genutzt hat, mich in verschiedenen Varianten verkuppeln zu wollen. Fragte, wo ich wohne, und ob er mir usbekische Fräulein dorthin schicken könnte. Auf dem Weg, er erzählte und fragte noch ganz ähnliche Dinge, wies er mich auf verschiedene Einrichtungen irgendwo in der Nähe hin, wo man seinen Angaben nach Usbekinnen im ältesten Gewerbe der Welt finden könne bzw. nannte eine Bar, von wo man sich Russinnen mitnehmen könne. Am Ende schenkte er mir Semitschki und ich ging meinen Weg, völlig vor den Kopf gestoßen – ich habe doch keine Ahnung, wie man diese Dinger richtig isst!

Belassen wir es dabei. Was macht die Institutsarbeit? Ich hatte wenig zu tun, im Allgemeinen, und außer den zwei Tagen, an denen ich jeweils mehrere Stunden Russisch lernte, fällt mir noch diese Aufgabe mit EUNIC ein, die mir Julia gab. Es drehte sich um neue Richtlinien, festgelegt im fernen Brüssel zu einer Generalversammlung der Propheten, eine neue Zukunft, eine neues Konzept für diese Organisation, im Grunde ein Dachverband kultureller Repräsentationsinstitute europäischer Staaten, in dem Goethe Mitglied ist. In wundervoll abstraktem Bürokratenenglisch gehalten, genoss ich das Vergnügen, diese sich vor meinen Augen drehenden Wörter zusammenzufassen und einen kleinen Handlungsplan zu erstellen – Was müssen wir, nach diesen neuen Richtlinien, tun. Als EUNIC-Cluster, an dem sich drei oder mehr Organisationen unter EUNICs Namen versammeln, müssen wir eine Strategie entwickeln, besser, effizienter, schneller und mehr unter EUNIC-Flagge zu handeln. Immerhin haben wir drei Kulturinstitute in Taschkent – das Goethe-Institut, das British Council und die Alliance Francaise, die allerdings versteckt in der Französischen Botschaft arbeitet. Dieses Konzept ist Welten entfernt von hier. Die Aufgabe, einen Dreijahresplan zu erstellen, in dem wir uns zur Bewältigung eines strategischen Rahmenplans hocharbeiten, hört sich an wie die Schulaufgabe einer Bildung, die längst aufgehört hat, sich mit den Gründen ihrer Existenz zu befassen, nach ihrem Ursprung zu fragen, und Beschäftigungstherapie als Kulturpolitik betreibt. Mir scheint, als wollte sich EUNIC in den zweifelhaften Vordergrund stellen, die bisher zurecht vernachlässigte Sichtbarkeit erhöhen und gibt die Anweisung nach unten weiter. Ein Zitat von Roger Willemsen, das die „Krautreporter“ auf Facebook geteilt hatten, lautet verkürzt: „Es ist eine andere Welt, in der man […] von einem Konzept spricht und nicht einmal eine Idee besitzt, von einer Idee spricht und nicht einmal einen Einfall hat.“ So ähnlich stelle ich mir die Arbeit vor, wenn dutzende Experten ein Konzept ausarbeiten, um die Leere auf dem Papier zu füllen. Als gäbe es keine Probleme in der Welt, als wäre diese Strategie, die hauptsächlich auf europäische Großstädte zutrifft, weltenbewegend und von allem Zweifel erhaben eine höchst notwendige Sache. Ich denke, man muss ein Heuchler sein, in London, Paris oder Brüssel EUNIC-Konsultant zu sein, im Versuch, eine Kultur durchzubringen, die eh allgegenwärtig ist. Wo die Arbeit notwendig wird, da sieht man es – hier, wo bestimmte Leute aus uns schöpfen, weil das Land an ähnlichen Angeboten ermangelt. In Europa ist es bloßes Attest der eigenen „greatness“. Man muss sich bestätigen, um sich bestätigt fühlen zu können. Hier spricht die Bestätigung aus den Gesichtern. Nicht, dass wir ein Engel auf dem Weg zur Demokratie wären, um Gottes willen! aber doch sind wir Anlaufstelle, bringen Geld und Expertise, Themen, Intelligenz und die Technik, sie anzuwenden – von alldem ist in Usbekistan wenig vorhanden. Auf dem Weg dahin allerdings brauchen wir keinen Dreijahresplan, den wir alle fünf Monate über den Haufen schmeißen können, wir brauchen Initiative, Ideen und ein Stück Idealismus. Ich bin froh, dass ich hier bin, sehr sogar. Und froh, dass ich nur wenige Tage mit den Papieren verbringen musste, auch, dass ihr Umfang den des EU-Antrags weit unterschritt und ich es bei einer Zusammenfassung belassen kann – froh, dass ich weiß, dass ich nie bei der EU arbeiten will und fast am Ende meiner Schilderungen bin, die doch wieder – wie viel hatte ich mir vorgenommen – im Brustton der Überzeugung von Nichtigkeit zu Nichtigkeit hoppelten.

Am Ende bleiben restlose Wochen, die ich in Jagd nach meinem Schwanz verbringe, in denen ich die Gesellschaft pflege und meine Einsamkeit suche, sodass auch dieser Text eher zusammengestückelt und im Plauderton gehaltene Revue ist, vielleicht der einzige Weg, dem Rahmen von mehr als einer Woche gerecht zu werden – wenn doch so viel passiert ist, das ich gar nicht auf einmal mehr fassen kann, wenn ich immer häppchenweise schreiben muss und diese Stücke aneinanderreihen, so kunstvoll es eben geht – brachial offen, entgegengeschleudert wie die Sprache, ist auch die Struktur. Morgen fahre ich nach Samarkand, bleibe zwei Tage und unternehme am dritten einen Ausflug nach Shahrisabz, Timurs Geburtsstadt. Es ist eine Krux, die ich willig tragen muss: Wieder bin ich nicht allein. Nicht nur, dass in Samarkand noch der zweite kulturweit-Freiwillige wartet, Logis bieten kann, auch haben sich letzte Woche zwei alte Bekannte dem Unternehmen angeschlossen: Simon, der Bosch-Lektor, und Vilja, die Finnin. Ich bin gespannt, wie sehr ich meine Ruhe durchsetzen kann und wie es mir gelingen wird, daraus einen zusammenhängenden Blogtext zu schustern, weitab von allem Geplauder der letzten Wochen, viel eher zurückkommend auf die stille Schilderung des Herbstes. Zur Zeit arbeite ich an einem weiteren Eintrag, der lediglich die politische Seite behandeln soll, eine Zusammenkürzung der Ereignisse seit November, und auch diesem bringe ich meine Hoffnung entgegen, er möge einheitlicher sein als dies Geschwätz, das ich vorbringe. Es ist Zeit, zu gehen, denn in acht Stunden stehe ich auf: zu einem neuen, wiedergefundenen Blog. Ich kann es leider nicht versprechen.

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