Vor circa drei Wochen habe ich das erste Mal den Text des Theaterstücks „St.Martin“ mit in das Treffen der Deutschlandrückkehrer gebracht. Den zweieinhalbseitigen Text hatte ich bei den zurückgeblieben Sachen der vorigen Freiwilligen an der Humboldt Schule gefunden und ein bisschen umgeschrieben. Das Theaterstück war für sechs Rollen konzipiert und erzählt die Geschichte des heiligen Martins. Das passt gut, die Gruppe besteht aus acht Schülern. Zwei sollten also die Moderation für das Laternenfest, das am 5.11. stattfinden sollte und wo das Theaterstück aufgeführt werden sollte, übernehmen. Es fing schon damit an, dass an diesem erste Tag, unser Raum nicht frei war und wir in einen anderen Raum umziehen mussten.
Dort haben wir dann mit großem Gezeter die Rollen verteilt. Den Dienstag drauf wollten wir uns wieder treffen, damit wir mehr üben konnten. Schon mal fehlte uns die Lena. Die Hauptrolle, die den Martin über die Legende befragt. Martin konnte als einziger seinen Text schon einigermaßen. Allerdings konnten die Schüler den Text nur schwierig ablesen und auch die Moderatoren wussten nicht, wie in vielen Räumen, nicht. Auch bei den nächsten Proben verlief es nicht viel anders. Einer der zwei Soldaten erklärte mir noch, er fahre nächste Woche nach Deutschland, sodass er der Aufführung gar nicht da sein werde. So sollte also der Moderator diese kleine rolle übernehmen. Dann wurde “Lena“ auch noch krank und konnte nicht üben. Meine Rettung war dann das Mädchen aus der 4.Klasse, die erst eine Woche zuvor aus Pankow hergezogen ist. Sie wollte die Rolle nicht wirklich übernehmen. Was sollte ich machen? Sie wurde also quasi „gezwungen“. Dienstag und Donnerstag vor dem Fest sollte geprobt werden, doch erschienen unsere Hauptrollen nicht. Den Mantel stellte eine alte Gardine einer Deutschlehrerin und die Pferde des Martin und seinen zwei Soldaten bastelte ich aus Pappe, Draht und Seil einen Tag davor zusammen.
Im Ungewissen, ob es funktionieren sollte, war die letzte „Chance“ auf den Nachmittag vor dem Fest angesetzt. Tatsächlich, nachdem ich alle Schüler nach ihrem Unterricht zusammen gesammelt hatte, waren alle da! Nun nur das Raumproblem.
Das Deutschkabinett wurde vom Geographiekurs der 10.Klasse beansprucht und sonst waren auch alle Räume besetzt. Dann im Foyer, wo die 11.Klasse gerade dabei war, den Boden mit brauner Erde zu schrubben(hab ich bis heute nicht verstanden; hatte aber auch keine Zeit mich darum zu kümmern).
Bei Lärm konnten wir das Theaterstück zwei Mal durchspielen. Einer meiner Schützlinge aus der 2.Klasse meinte er könne heute Abend um 5 nicht zum St.Martinsfest kommen und das Theater mitspielen, da er in die Schule müsse zum Laternenfest. Dass das aber das gleiche sei und er beim Theaterstück mitspielen muss, hat er nicht verstanden. Weder auf Deutsch noch Mongolisch. Die Hälfte kam um fünf wie abgemacht. Unsere „mongolisch Moderatorin“ hatte ihren Zettel zu Hause vergessen und ist noch Mal schnell nach Hause gerannt. Von den Deutschlehrerinnen auf dem Hof wurde schon gedrängelt. Also gut kurz vor halb sechs konnten wir rausgehen, in der Hoffnung die fehlenden Zwei Schauspieler auf dem Hof zu finden, wo sich schon alle 2.Klassen mit ihren Eltern und wunderschönen Laternen eingefunden hatten. Sogar das Mikro existierte! Nun hieß es noch warten, da eine der Deutschlehrerinnen und ein paar andere sich noch wichtig fühlten und was sagen mussten. Dann kamen endlich meine Moderatoren an die Reihe. Erzählten kurz die Legende, der eine auf Deutsch, die andere auf Mongolisch. Als nächstes Lena und Martin. Das Herumreichen des Mikros meisterten die Schüler super! Es konnten alle ihren Text, nur Lena durfte mit Text spielen. Martin machte aus dem Teilen des Mantels eine wunderschöne Szene und auch das beinahe Stolpern unseres Soldaten 2 über das Kabel des Mikros wurde mit Humor genommen. Alle waren begeistert! Und ich natürlich erleichtert, dass alles noch besser verlaufen ist, als gedacht!
Dann ging es für die zweiten Klassen los, eine runde um den Block. Eltern und Laternen dabei und es wurde „Ich geh mit meiner Laterne und meine Laterne mit mir…“ gesungen. Als sie nach fast 15 Minuten wieder kamen, brannte ein großes Lagerfeuer auf dem Hof. Wir stellten uns alle herum und sangen dieses eine Lied mit den sechs Zeilen hoch und runter. Meine Stimme konnte ich schon nicht mehr hören! Daraufhin ging es in die Klassen. Im Laufe der Zeit war auch meine kleine Geigenpartnerin aus der 3.Klasse gekommen. Wir wollten alle vier 2.Klasse in ihren Räumen besuchen, wo jeder Schüler ein kleine Flasche Saft und Kuchen bekommen hatten. Geplant waren vier Duette. Zwei von Bach eins von Hayden und eins von Sinozaki. Allerdings merkten wir dass die Zeit knapp wurde. So spielten wir in drei Klassen jeweils einen Bach und den Hayden. So toll und mit Energie hatte meine kleine Geigenmaus noch nie gespielt. Leider war die letzte Klasse dann schon weg, als wir zu ihnen wollten.
Aus diesem Event habe ich sehr viel gelernt. Über mich, die Mongolei und Kinder! Hier gilt nicht: Vorfreude ist die schönste Freude. Sondern man muss lernen, alles gelassen zu nehmen. Erst passiert nichts und plötzlich steht alles. Von 0 auf 100 an einem Tag, so ungefähr. Ich war so fasziniert von dem Ergebnis – nie wieder vorher aufregen oder sich verrückt machen lassen! Lohnt sich nicht, denn die Mongolen sind spontan.