Nun ist es soweit, meine letzten Tage in meiner Stadt sind an einer Hand abzuzählen und ich sitze hier und verstehe das nicht so ganz. Ich wollte noch viel mehr schreiben, sehen, machen, aber man kann so viel Zeit zur Verfügung haben wie man will, am Ende fehlt es einem doch wieder daran. Die Minuten verstreichen, die Tage vergehen und nun kann ich das Ende meiner Zeit hier schon am Horizont erkennen. Sobald man erstmal an diesem Punkt ist, an dem Punkt, an dem man anfängt über sein Gepäck und diverse Fahrkarten nachzudenken, beginnt man auch unwillkürlich mit der Zurückdenkerei. Wie war es noch, als ich zum ersten mal meine Stadt gesehen habe, zum ersten mal durch diese Straßen gegangen bin, Menschen zum ersten mal begegnet bin… Besonders im letzten Monat kamen mir diese Gedanken viel, denn ich hatte wunderbarerweise oft Besuch hier und bin also eben so oft meine Lieblingsplätze und Sehenswürdigkeiten in Iași abgegangen. Ich habe erzählt und berichtet und mich daran erinnert was ich empfunden habe, als ich all das zum ersten mal entdeckt habe. Mit Besuch dabei, mit Familie und Freunden, sieht man die eigene Stadt und den Alltag plötzlich ein bisschen anders, ein bisschen mehr von außen und es war schön zu bemerken, dass von mehr als nur meiner Perspektive aus, mein Leben hier ziemlich gut ist. Ich kann sagen, dass ich mehr erlebt habe, als ich erwartet habe (wobei ich nicht mal weiß, was genau ich erwartet habe), ich kann sagen, dass es ganz genau richtig war hier zu sein und ich kann sagen, dass es so ziemlich meine beste Entscheidung war. Und nun fällt es mir schwer mich von all dem, was ich hier so habe zu verabschieden. Schon jetzt gibt und gab es zu viele Abschiede, zu viele Versprechen von baldigen Wiedersehen und Kontakt und zu viele letzten Male. Der letzte Schultag war schon letzte Woche, meine letzten Projekte sind bald beendet, meine letzten Tage in der Stadt sind schon hier. Und dann denke ich an meinen ersten Tag, an all die Wege, die mir damals (und ja bei einem zeitlichen Abstand von über acht Monaten ist es durchaus erlaubt Wörter wie „damals“ zu verwenden) so wirr und undurchsichtig vorkamen, an die Zeiten, in denen ich mich in Gebieten verlaufen habe, die ich jetzt Abkürzungs-gut kenne und die ersten Eindrücke, die ich hatte. Ich bin froh, dass ich im Moment nicht „letzte Eindrücke“ mache, denn ich weiß, dass ich zurück kommen werde, zu Besuch oder für mehr und dieses Wissen macht es leichter für eine Zeit wieder zu gehen. Natürlich, es wird nicht wieder so wie es mal war, das wird es ja eigentlich nie, denn Menschen gehen und Orte verändern sich, aber das muss ich ja nicht erklären. Doch obwohl sich die Zeit in Richtung Abschied bewegt, mein Schrank sich leert und es immer weniger Menschen werden, denen ich noch Aufwiedersehen sagen muss, fühle ich mich nicht nur traurig. Natürlich, Abschiede sind immer schwer, besonders wenn man sich von einer Zeit und einem Ort verabschieden muss, aber dann gibt es da wieder so viele Dinge auf die ich mich freuen kann: Auf meinen Besuch in die Ukraine und die Zeit dort, auf meine baldige Reise zurück nach Hause, die mich und meine liebe Reisebegleiterin durch sechs Länder und vermutlich ein paar Abenteuer führen wird, auf Zuhause, mein zweites oder erstes Zuhause, wie man es nimmt, auf eine Zeit voller neuer Menschen und neuen Entdeckungen und natürlich auch auf meine Rückkehr hierher und so vieles mehr. Und schlußendlich ist es so wie meine Oma mir neulich gesagt hat: „Dann wirst du ja mit Heimweh nach Hause kommen.“