Es ist nie langweilig in Riga

Tualetinis papirius. Klingt magisch oder? Wie ein Zauberspruch. Aber das heißt Toilettenpapier auf litauisch. Wollte ich einfach gerne teilen. Habe in den letzten Tagen ein bisschen meine Wochenendausflüge geplant und Litauen steht in zwei Wochen auch an. Bin sehr gespannt.

Gerade habe ich voll viel Energie und großen Tatendrang. Es gibt noch so viel zu sehen!

Nach der Wanderung im Gauja Nationalpark und einer Erasmusparty auf der ich die Musik absolut nicht gut fand und früh gegangen bin um mir nachts noch Pelmeni zu kochen, habe ich den Sonntag sehr ruhig verbracht. Für lettisch habe ich mich dabei gefilmt, wie ich Pfannkuchen gemacht habe. Das war’s.

Unsere Klospülung war kaputt und ist andauernd gelaufen. Das hat mich mental ganz schön gestresst. Der Wasserverbrauch. Zum Glück hat Arturs (Hausmeister) die ganz schnell repariert und der Psychoterror war vorbei.

Montag morgens sind wir mit einem gemieteten Minibus in eine Waldorfschule gefahren. Der Bus hat über 100 € gekostet. Ilze hat sehr geheimnisvoll gesagt: I found the money for it. Also ich wäre auch mit den Öffis gefahren. Hat sich angefühlt wie in ner Limousine.

Eigentlich bringt man ja immer Blumen oder Schokolade mit, wenn man zu Besuch kommt. Da Ilze keins von beidem gefunden hat, hatten wir 2 Ananas dabei (ich hab keine Ahnung was die Mehrzahl von Ananas ist). Und auch keine Ahnung, wieso es leichter ist an eine Ananas als an Schokolade zu kommen, aber sehr lustig. Die Schule war in Baltezers (Weißsee, über den ich in einer anderen Vorlesung gelernt habe, dass das Grundwasser von dort von sehr hoher Qualität sein soll). Sehr schöne Waldorfarchitektur. Wir wurden in verschiedene Klassen geschleust. Am Anfang ein Morgenkreis. Ich fahr sehr müde, nachdem die Klasse Flöte geübt hat, war ich dann einigermaßen wach. Wir haben mit Stöcken verschiedene Übungen gemacht, ging ganz schön in die Arme, dann noch ein paar andere Koordinationsübungen und dann ging der „normale“ Unterricht los. War alles sehr spannend.

Zurück in Riga habe ich Taifun Tofu gefunden! Dann habe ich endlich einen Mittagsschlaf gemacht.

Das Wetter ist gerade sehr schön, Riga wacht auf, meine Sommersprossen kommen zum Vorschein, der Wind wird wärmer. Am Dienstag war ich in einem neuen Park, klappere langsam alle ab. Viele Kinderwägen und Hunde. Ich habe Kreuzworträtsel gemacht und Postkarten geschrieben. Irgendwie war ich nicht so gut drauf. Nur die Kochvideos im Lettischunterricht konnten mich kurz ein bisschen zum Lachen bringen.

Ich laufe so viel seit ich meine Buskarte verloren habe. Richtig gut. Am Mittwoch habe ich ausgeschlafen, mir ein gutes Vesper in meiner kulturweitbrotbox gemacht (Danke Josi!) und in der Unibib für einen essay recherchiert. Hat sich sehr nach studieren angefühlt. Es ist richtig schön durch die Stadt zu laufen. Ich entdecke neue Dinge, telefoniere, höre podcasts und genieße die wunderbare (nicht) Luft. Es ist echt krass wie viel Staub aufgewirbelt wird und in die Augen und die Lungen kommt. Laute Motorräder sind mit dem Frühling aufgetaucht und seltsamerweise auch echt viele SUVs. Sind die nicht winterfest? Oder wo waren die?

Am Donnerstag habe ich morgens in der obersten WG einen Rotweinkuchen gebacken, meinen Essay angefangen, spontan Verena mitgenommen und wir haben im Uzvaras Park (wieder ein neuer Park) gepicknickt. So schöne Kirschblüten!

Tolles Essen. Deboras Guacamole, Gespräche über Verschwörungstheorien, Russland, Heiden. Leider musste ich dann in die Vorlesung. Habe nicht so viel aufgepasst. Denn mein Lieblingsding am Donnerstag ist der russische Telegram Kanal (It’s never boring in Riga) auf dem die Wochenendveranstaltungen veröffentlicht werden. Kleiner Energieoverflow. Was meine Aufmerksamkeit gecatched hat: der lettische Professor, der plötzlich über das Humormuseum in Gabrovo, Bulgarien, im Kontext von Energie sparen spricht. Das war ja ein Zufall. Die Vorlesungen hier sind mit ihren 3-5 Stunden echt lange. 1,5 Stunden gehen jetzt immer voll schnell um.

Habe im anderen Unigebäude meinen Essay beendet, da ist die Bibliothek nämlich auf der Sonnenseite und man fühlt sich wie im Gewächshaus.

Und dann bin ich auf die andere Flussseite in die Moskauer Vorstadt gelaufen. Über die Riesenbaustelle. Wie Stuttgart 21 wird hier auch ein neuer Bahnhof gebaut. Ein Bauprojekt, dass am Ende Helsinki mit Berlin verbinden soll. Das will ich sehr gerne sehen. Die Baustelle ist sehr witzig. Hinter Absperrungen stehen E-Scooter. Wieso wurden die nicht woanders hingestellt bevor die Baustelle eröffnet wurde? Menschen laufen verirrt auf irgendwelchen Steinhaufen herum und suchen den Weg, mich eingeschlossen. Es ist ein großer Spaß.

Vor oder besser hinter der Akademie der Wissenschaften (Lenins Geburtstagstorte) ist das Kreativ/Künstlerviertel. Dort war ich im freeshop und habe sogar eine Art foodsharing Regal entdeckt (war aber leer). Den ganzen Tag auf den Beinen habe ich mich erstmal in die Sonne gelegt und auf Vaclav gewartet. Dann haben wir uns CIder gekauft und die Stühle in die letzten Sonnenstrahlen gerückt. Im HIntergrund russischer Reggae und Rap. Zwei Lagerfeuer, coole Leute, schöne Abendstimmung. Hatte zuhause WG feeling.

Eigentlich wollten wir nicht zu lange bleiben, aber wir haben uns verquatsacht und es ist echt schwer vom Lagerfeuer wegzukommen. Als ich aufs Klo gegangen bin hat davor einer Klavier gespielt. Ein sehr cooler Ort. Die Nächte sind wärmer. Nach Hause weg wird immer von den Ampel bestimmt. Ist ne Ampel in die richtige Richtung grün, dann nehm ich den Weg. Vaclav geht einfach über rot. Nachdem ich ihm gesagt habe, dass das kein gutes Vorbild für Kinder ist meinte er, dass er die Kinder zu starken Individuen inspiriert. Naja. Wenn ich nachts nach Hause laufe sehe ich von weitem immer eine Schlange in meiner Straße: 24 Stunden Apotheke. Immer interessant die Menschen zu beobachten.

Am nächsten Morgen bin ich mit Anja und Vaclav ins Freilichtmuseum gefahren. Besser gesagt sind wir in verschiedenen Bussen hingefahren. Ich habe meinen Bus verpasst, bei Anja ist er nicht gekommen und Vaclav hat einen anderen genommen. Ich war als erstes da, Vaclav wurde aus dem Bus geschmissen, weil er kein Ticket hatte und Anja ist in zig verschiednen Bussen, aber mit leckeren Keksen als letzte gekommen. Das Museum ist riesig, aber man kann nur in wenige Häuser wirklich reingehen. Wir haben coole heidnische Mobiles gesehen, vieles was ich bei meinem workaway Aufenthalt gesehen habe.

Haben gefragt was die Bedeutung ist. Antwort: ist nur Deko. Hat mich sehr enttäuscht. Ich denke mir ne Bedeutung aus

Der Wald hat wunderbar nach Kiefern gerochen. Es war schön zu laufen und nur wenige Menschen da.

Wir haben uns Häuser ausgesucht in denen wir gerne wohnen wollen. Vaclav ist immer bei Bienenständen stehen geblieben und hat sie sich genauer angesehen, ich habe mich für die Kompostklos interessiert und Anja fand alles sehr interessant was man nicht gesehen hat und hat an jeder Tür und jedem Fenster gerüttelt. Wunderschöner Ausflug. Dann zum Bus gerannt, hab ich schon lange nicht mehr gemacht.

Direkt im Anschluss sind wir zu den old believers, einer Gemeinde, die nicht die Reformation der russisch orthodoxen Kirche mitgemacht hat.

Exkursion eines Unikurses, Anja und ich sind mitgekommen. Mein Wickelrock ist nur im Gebäude angemessen gewesen. Draußen war es zu windig und ich musste ihn die ganze Zeit festhalten. Schade, habe mich sehr gefreut den jetzt öfter zu tragen, aber es ist immer windig hier. Dann noch alle Kopftücher auf und von einem sehr alten Mann herumgeführt worden. War schon echt fertig, aber trotzdem interessant. Danach noch Eis im Park.

Und am Samstag dann Erasmusausflug nach Sigulda. 30 Leute angemeldet, über 50 sind gekommen. Eine zu große Gruppe um entspannt voranzukommen. Bin eins mit der Masse geworden. Schön in der Natur zu sein. Haben eine Höhle gesehen, die größte im Baltikum, und sind durch ein schönes Tal gelaufen.

Ein paar kleine Unterhaltungen mit Leuten, deren Namen ich schon wieder vergessen habe. An der Burg auf einer mystische Wiese mit vielen Statuen liegen und die Sonne genießen. Aussichtsturm, wieder Sonnenspot. Eigentlich ging es die ganze Zeit nur darum in der Sonne zu sitzen.

Zurück sind wir in 2 Gruppen aufgeteilt gelaufen. Tatsächlich einen Hügel hoch, echte Seltenheit hier. Aber mit guter Musik halb so schlimm. Die Luft ist leider echt schwül sobald es warm ist.

So viele Menschen draußen. Vom Zug aus beobachtet: Leute, die neben den Schienen sitzen und eine Fahrradpause machen. Ich liebe die blauen Seen, das helle Schilfgras und die sattgrünen Wälder. Eine Wohltat für die Augen. Und auch in Riga ist das Abendlicht (golden hour) auf den wunderschönen Jugendstilbauten immer wieder so schön, dass ich doch nochmal ein Foto mache.

Gestern war dann ein bisschen Unisach angesagt. Dann ein bisschen Humana, aber finde gerade nicht so wirklich was. Markt, Eis und wieder ein Picknick. Das Eis war sehr fancy. Fast wie bei Klausgemacht. Das pendant zu Schlumpfeis war dort baluer Jasmintee. Da musste ich lachen bei der Vorstellung „Mama kann ich bitte blauer Jasmintee haben?“ Sonntags waren so viele Menschen unter den Kirschbäumen, dass ich von weiten dachte da ist ein Fest.

Wir haben Karten gespielt, Marek und seine Freunde haben Foccacia gemacht. Sehr leckeren Hummus dazu. Sie sind noch ans Meer gefahren. Marius und ich haben lange Cabo gespielt und geredet. Ich wollte nach Hause laufen, er nicht. Also bis zur Bushaltestelle. Dann „okay ich komm noch über die Brücke mit“. Dann „ach ich muss noch einkaufen“ und am Ende sind wir dann doch zusammen nach Hause gelaufen. War sehr schön mit ihm zu reden.

Fancy Nudeln mit Pesto gemacht. Und meinen Litauentrip ein bisschen geplant. Ich bin die ganze Zeit am denken. Muss mal wieder ein bisschen mehr genießen.

Heute ein weiteres Seminar beendet. Danach habe  ich im botanischen Garten gezeichnet und die ganzen schönen Pflanzen gesehen und gerochen.

Beeindruckende Bilder von Schulkindern

Heute hat es mir dann auch gereicht mit dem Laufen. Lieber Sofa-Filmeabend mit Verena noch.

Am Wochenende geht es auf die größte estnische Insel: Saaremaa. Das Wetter soll nicht so toll werden, aber ich freue mich schon drauf und hoffe ein paar trockene Stunden zu haben.

Давай, der Frühling ist da!

Und er schmeckt nach Rhabarberlimonade.

Das Freiheitsmonument wird weiterhin bewacht, oder beschützt, wie man es nimmt.

Menschen liegen auf Trampolinen und genießen die Frühlingsluft. Sonnencreme wurde aus- und das Buff noch nicht ganz eingepackt. Der Wind ist warm, die Sonne ballert.

Seit ich im Februar angekommen bin kann man hier Erdbeeren kaufen. Ich weiß nicht warum es so viele Erdbeeren gibt. Jeder Rimi (Supermarktkette) hat riesige Plakate, nur mit Erdbeeren drauf. So langsam überlege ich mir auch welche zu kaufen. Aber bevor die nicht mindestens aus Polen kommen, im Moment sind sie aus Spanien, werde ich sie nicht anrühren.

Nachdem ich mich großteils von meinem kranksein erholt hatte, habe ich tatsächlich die letzten Tage auf dem Land das Blau vom Himmel gesehen. Ich bin mit Astra im Regen rumgerannt und habe eine kleine Birke, die abgesägt herumlag, in ihr Zimmer getragen. Jetzt will ich auch einen Baum in meinem Zimmer.

Kleine Ostereierbemalsession. Schön mal wieder zu malen

Ich habe ihr den Satz beigebracht: „Ich liebe Schokolade“, was sie die nächsten Tage immer wieder erwähnt hat. So lustig, wie sie es immer wieder geschafft hat heimlich an Schokolade zu kommen. Ilze hat mir als ich mich noch ein bisschen schwach gefühlt habe Kokla (oderso) gezeigt. Ein traditionell lettisches Instrument, sehr meditativ zu spielen.

An einem Abend hat Oskars ein Wildschwein geschossen. Davor hat er mir erzählt, dass er nachts schon von der Jagd träumt. EIn bisschen verrückt. Diese Woche war garantiert außerhalb meiner Öko-Veganer-bubble. Also wurde abends noch das Wildschwein draußen zerlegt, währenddessen ich für Astra Pfannkuchen gemacht habe. Plötzlich war das Gas alle. Feuer auch noch aus. Kurz Ausnahmesituation. Also sehr kleines Abendessen, Astra hat das Feuer wieder entfacht und dann haben wir als Beruhigung Avatar geschaut. Man stecke einem Kind während es vor dem Bildschirm sitzt eine Zahnbürste in den Mund und es wird so lange Zähneputzen, bis man sagt „jetzt ist es genug.“

Die nächsten Tage waren immer wieder Idylle mit Horrorbildern.

Die Idylle

Zum Enten füttern laufen und dann liegt dein ein Fuß oder der Kopf vom Wildschwein bei den Hunden. Bilder, die ich gerne nicht gesehen hätte. Aber Astra hat sich gut um mich gekümmert und mir immer gesagt: „Schau weg da ist Blut!“ So abgebrüht wie die ist kann sie Ärztin werden.

Fürs Osterwoche kam die ältere Tochter nachhause. Es wurde ganz viel Zola (Schafkopf) gespielt. Lettisches Kulturerbe. So viel lachen und Emotionen. Ganz anders als das stereotypische Bild von den introvertierten Letten. Weil ich zeitweise keine Stimme hatte, haben die anderen vielleicht noch mehr geredet.

Mit der älteren Tochter habe ich stundenlang geredet, ihren leckeren Kakao probiert und zusammen mit ihr ihren ersten Marmorkuchen gebacken. Wir haben einen Schmetterling aus der Scheine befreit und einen Hasen eingefangen, damit er nicht gegessen wird, weil er alles aus dem Garten frisst. Die Enten und die Kuh wurden in die Freiheit entlassen und das Gewächshaus wurde vom Gehege zum Beet. Ich habe Kohl und Radieschen gepflanzt, stand plötzlich im Pullover da, Unkraut gezupft, immer schön mit Kopfbedeckung um mich vor einem Sonnenstich zu schützen.

Mulch ist die Antwort auf alles

Erster warmer Tag und sofort kamen die Schnaken. Wir haben selbstgemachten Johannisbeersaft getrunken, draußen seltsame deutsche Musik gehört, Laub gerecht und das Beste waren natürlich die Kekspausen am Tisch oder bei Regen unter dem Tisch draußen vor dem Haus. Wir sind Fahrrad gefahren, ich habe einen wunderschönen Sonnenuntergang vom Klo aus gesehen, ich war bei der Osterkonzertgeneralprobe dabei und habe ein paar Tänze mitgemacht. Ich in der Mitte vom Kreis, stehe verwirrt da, frage was ich machen soll. Antwort: du bist die Sonne. Renn! Also bin ich gerannt und wurde vom Mond eingefangen. Danach sind wir alle wie Frösche herumgesprungen. Ich liebe es wie alle zu Kindern werden bei den Tänzen. Zu fünft auf der Rückbank nach Hause fahren. Als Bezahlung eine große Flasche frische Milch für den Fahrer. Danach noch in die Saune, sehr rauchig und schön. Bei Kerzenlicht im Dunkeln. Mit einem heißen Birkenstrauch über den Körper streichen. Weiß nicht genau was das für ein Ritual ist, aber fühlt sich gut an.

Ich habe die Gespräche und Witze sehr genossen. Die ganzen Spiele und die neue Inspiration für ein einfaches Leben und DInge selbst zu machen. Trotzdem bin ich einen Tag früher gefahren. Es war einfach mal wieder Zeit für ein bisschen Zeit alleine. Zuerst viel Besuch und dann eine Woche mit einer Großfamilie in einem Haus ohne Türen, da habe ich mich sehr gefreut nach dem morgendlichen Osterritual um 6 Uhr an der Quelle beim Wasserholen mein Gesicht zu waschen und einer Runde Porridge mit Eis die einstündige Wanderung zur Bushaltestelle anzutreten. Die Klienbusse: der einzige Ort an dem ich trashige Musik akzeptiere. Rausschauen und den Irrsinn von in die Erde gesteckte Plastikblumen sehen. Das verstehe ich nicht.

Aussicht vom Klo

So viele Seen, ein tolles Land zum Wildcampen. Und so super warm. Zurück in Riga war es, als ob es ein neuer Ort ist. Frisch erwacht. So viele Menschen draußen, so viel leben. Ganz viel neue Energie. Endlich mal wieder Yoga machen, Essen gehen, telefonieren und das Alleinsein genießen.

Keine Ahnung ob die Farbe der Züge absichtlich so gewählt ist, aber die SOlidarität mit der Ukraine ist enorm

Das erste kleine Picknick im Park. Ein Secondhandmöbelhaus und einen Flohmarkt besuchen. DIe Rentner beim Taubenfüttern beobachten. Scheint ne olympische Disziplin zu sein. Die nehmen das ganz schön ernst. Am Fluss in der Sonne liegen.

Der nächste Morgen: meinen ersten Kurs fürs Semester abschließen. Tolles Wetter, große Blockliebe.

Spontan an den Flughafen fahren und Siri überraschen. Durch so viele unbekannte Teile von Riga.

Siri ist mit dem Frühling angekommen. Wir sind durch die Stadt gelaufen, auf dem Markt gewesen, schön lecker fettige Krautgebäcke gekauft und an der Daugava in der Sonne gesessen bis wir uns richtig sonnengeküsst gefühlt haben. So viel geredet. Eis essen, Aussicht vom Radisson, einkaufen, kochen, so viel reden.

Am nächsten Morgen entspannt frühstücken und ein zweites Mal nach Kemeri fahren. Dieses Mal den richtigen Weg in den Nationalpark finden, Dank Josis Hinweis. Das tolle dumpfe Geräusch der Holzstege, der wunderschön rot-weiße Wald aus Kiefern und Birken. Die Farben des leblos erscheinenden Moors, Wind und so viele Vögel. Leckeren Rote Beete Hummus und Veschpergurken essen, die Natur genießen.

Mit einem Bus aus the middle of nowhere, besser gesagt neben einem Friedhof im Wald, Richtung Meer fahren. Barfuß durch den Sand, kaltes Wasser, lustige Möwen, die sehr nach Comic aussehen. Mit schwarzem Kopf und lustigen Geräuschen.

In Riga wieder den wunderbaren Fehler machen und Knoblauchbrot essen, wonach man eigentlich schon vor dem eigentlichen Essen satt ist. Nach dem Essen den Volkstänzen zuschauen und durch eine sommerlich angehauchte Nacht nach Hause laufen.

Am Donnerstag haben wir in Psychologie die Aufgabe gehabt Verschwörungstheorien zu entwickeln. Das war ein großer Spaß. Danach war ich mit Siri eher spontan in 3 verschiedenen Museen. Porzellanaustellung, dann wollten wir eigentlich ins Jugendstilmuseum und sind ausversehen in ein anderes Museum im gleichen Haus gegangen. Naja, sehr viel input, aber auch sehr viel von den Dingen abgehakt, die ich in Riga anschauen wollte, an einem Tag. Magnolia trinken in der Kartellbar und schick Essen gehen. Wieder ein bisschen zu große Portionen.

Treppenhaus im Jugendstilmuseum
Ein Traum

Wir hatten einen großen Riss in der Decke, der hervorragend repariert wurde. War schön danach meditativ die Küche zu putzen und nen podcast zu hören. Voll die schöne Zeit mit Siri. War sehr schön so viel zu reden und neue Gedanken zu haben.

Gestern dann habe ich ein paar Unisachen nachgeholt, ein neues tolles Café entdeckt in dem Bücher verkauft wurden und einfach in den Tag gelebt.

Und heute war ich wandern im Gauja Nationalpark. Neue Menschen, endlich mal wieder richtig viel Englisch geredet. Pflanzen gesammelt und sehr unprofessionell in meinem Tagebuch gepresst. Erste Herbariumversuche. Mal sehen… Alle haben mir fleißig geholfen beim Suchen. Angenehm so ne Ebene Wanderung. Höchste Erhebung in Lettland ist 300 m hoch.

Ein bisschen bin ich gerade noch gestresst, neue Kurse die noch überfordernd scheinen, noch nicht wissen, ob ich Geo bestanden habe, so viele Tagesausflüge die ich machen will. Freue mich wieder in eine Routine reinzukommen. Freue mich auf die Blätter an den Bäumen.

Foto Impressionen:

Höchster Turm in Riga

Kemeri Nationalpark mit Alex und Linus
Sulfurquellen

Markt in Daugavpils
Große Plastikblumenauswahl

Kontraste

Die letzten Wochen waren sehr voll und abwechslungsreich. Besuch, Prüfungen, Ortwechsel. Ganz viele neue Reize.

Linus und Alex sind vor eineinhalb Wochen gekommen. Haben sehr viel gelacht als ich die Wohnung gezeigt habe. Die wundervollen Abflussgeräusche im Esszimmer. Wir waren in der Nationalbibliothek, der Uni, haben im Ala Pagrabs Folkklub 3 Liter Bier aus einem Krug getrunken und zu Livemusik Jive getanzt und Karten gespielt.

Unsere Tage zusammen hatten eine ganz klare Routine, in der nie ein süßes Teilchen fehlen durfte. Wir waren mindestens dreimal am Tag im Supermarkt. Am Freitag haben wir ein bisschen planlos im Regen den Kemeri Nationalpark erkundet. Und sind in die völlig falsche Richtung gelaufen. Ein paar Hunde auf dem Land, immer Respekt, aber es waren nur Dackel. Natürlich waren wir auch in jedem Dorfladen und haben uns leckeres Eis gekauft.

Am Samstag sind wir ganz entspannt ans Meer gefahren. Ein richtiger Sonnentag. Ich habe telefoniert und mich in die Sonne gelegt. Rundum glücklich. Weidenkätzchen gepflückt und mich dabei sehr Lettisch gefühlt, weil hier jeder mit Weidenkätzchen rumläuft, ein Karamellhörnchen gegessen und mich total entspannt gefühlt. Jedes Foto das wir gemacht haben war natürlich mit den ernstgemeinten Sonnenbrillen von Alex Vater und von uns ironisch getragenen. Ein kurzes Nickerchen zuhause und dann haben wir uns mit unseren neuen Outfits von Humana auf den Weg zum Rave gemacht. Ich habe mit Vaclav darüber geredet, dass man in der Erasmusbubble immer über verschiedene Kulturen spricht, so wie wir eben auch. Der Rave war in einem alten kommunistischen Flughafen, sehr schick. Wir haben getanzt, aber irgendwann war es mir ein bisschen zu stumpfer Techno. Zusammen mit einem Usbeken und einem Ukrainer bin ich Richtung Fluss gelaufen und habe von dort tatsächlich alleine, ohne Google maps nach Hause gefunden. Sehr stolz. Wecker gestellt und dann standen auch schon Josi und Pius vor der Türe.

Ein großes Frühstück und wir haben bei Sonne und Regen meinen Lieblingsmarkt plus Flohmarkt erkundet. Richtig schön die Beiden um mich zu haben. So viel geredet und gelacht. Josi hat uns leckeres Risotto gemacht. Am Montag war ich auf Exkursion in einer Gehörlosen Schule. Lettische Gebärdensprache lernen und zusammen mit den Kindern Tiermemory spielen. Hat mich tief beeindruckt was für eine kognitive Leistung es ist so viele Dinge gleichzeitig wissen zu müssen. Der Vortrag danach war ein bisschen langweilig. Sehr gestresst bin ich zurück in die Stadt gefahren und habe mich mit den anderen zur free walking tour in der Moskauer Vorstadt getroffen. Ein cooles Viertel, dass ich jetzt im Frühling wohl noch mehr erkunden werde.

Zusammen mit Anouk, die wir bei der tour kennengelernt haben, sind wir nochmal ans Meer gefahren. Diesmal bei Wind, Hagel, Schneeregen. Trotzdem schön. Wir waren in einem sehr absurd dekorierten Katzencafe mit gruseligen Katzenbildern und haben Tee getrunken und Karten gespielt.

Abends sind wir dann viel zu spät los um eigentlich georgisch essen zu gehen. AM Ende waren wir in einem israelischen Restaurant und haben sehr lecker eine riesige Schüssel voll Hummus mit Falafel, Baba Ganoush, Shakshuka und mehr gegessen. Das Klo sehr abgefahren in Plastik eingepackt und Nachtisch, der leider ein bisschen nach Seife geschmeckt hat. Nachdem wir eine Weile überlegt haben wann Alex und Linus am nächsten Morgen zum Flughafen aufbrechen sollten und einer Runde Lügen, ich bin so schlecht in dem Spiel, ging es wieder ins Bett. Ich habe großen Schlafentzug. Bin mittlerweile auch sehr genervt vom Autoverkehr in der Stadt und an jeder Ampel anhalten zu müssen. Am Meer war es so schön.

Am Dienstag Exkursion ins Gymnasium, einem sehr von sich selbst überzeugten Schuldirektor bei seinem Gelaber zuhören, die ESC Band von Lettland treffen, die dort zufällig gerade einen Auftritt hatte, im Matheunterricht sitzen. Abends haben Josi und Pius schön östlich Kartoffeln mit Quark, sauren Gurken, ganz viel Kraut und Kohl gekocht. Ich hoffe das gammelt nicht noch in meinem Kühlschrank!

Mittwochmorgen war ich im Teehaus Unizeug machen und ein bisschen Geo lernen. Ab in die Uni, den Test schreiben und keine Ahnung haben, ob ich den bestanden habe, oder nicht. Danach haben wir uns in der Kartellbar getroffen, 8 Cocktails getrunken zur happy hour und schlechte Musik gehört, die immer besser geworden ist. Über Zukunft gesprochen. Dann sind wir mit dem Aufzug im Radisson blue ganz hoch gefahren und haben auf die Stadt geschaut. Ganz schön schummerig so im Glasaufzug.

Lecker Nudeln mit Pesto. Habe ich seit ich in Riga bin noch nie gegessen und jetzt dreimal in einer Woche. Am Donnerstagmorgen noch Psychologieprüfung. Eine riesige Erleichterung das alles wegzuhaben. Gerade ist mein Kopf so voll mit viele Zukunftssachen und Ungewissheiten, dass es schön ist Sachen zu erledigen. Mit Pius gefrühstückt und geredet. Waren zusammen in meiner Vorlesung. Dann zurück. Mit Josi geredet. Pius und ich sind nochmal losgezogen, weil Nacht der offenen Galerien war, ein bisschen ein fail, aber so haben wir nochmal Tomaten für Nudeln mit Pesto gekauft und unsere neue Obsession Waffelkekse. Hat mir früher nie geschmeckt, immer zu sehr nach Pappe, aber jetzt richtig lecker.

In meinem Zimmer gegessen, gerätselt, Leberflecke gezählt. War sehr schön mit den Beiden.

Am nächsten morgen wieder früh aufstehen, schwarzfahren, weil ich meine Busfahrkarte verloren habe. Im Zug in den schlaf schaukeln lassen. Umgeben von Letten, endlich ein Fremdheitsgefühl. Karla in ihrem natürlichen Habitat. Das hat mir gefehlt. Daugavpils, eine gar nicht mal so kleine Stadt, die starke Bulgariengefühle in mir hervorgerufen hat. Im trostlosen Regen Richtung Markt geschlendert. Das war ein Erlebnis. Alles Russisch, Bulgarienvibes, aber ein riesiger Markt, wie ein Bazar in Istanbul. Riga fühlt sich da viel zu normal und langweilig an. Endlich nicht die ganze Zeit Deutsch hören. Fettige Kartoffelkrautgebäcke kaufen und am Busbahnhof schön unhöflich von einem Busfahrer angeschnauzt werden. Das habe ich vermisst. Ja, Erasmus ist wohl was anderes als eine Abenteuerreise. Im Reisebus übers Land. So viele sehr verlassene Häuser. Ziemlich krass. Mitten in der Pampa ausgestiegen. Gestern habe ich zum ersten Mal blauen Himmel gesehen. Sonst schwimmen wir hier in einer grauen Brühe. Neben den Straßen Wasser, von dem man nicht weiß, ob es eine Überschwemmung ist, oder ein See/Teich.

Ilze ist mir entgegengekommen. Ilze und Oskars. Und ihre fünf Kinder, von denen gerade drei dauerhaft hier leben. Ich schlafe im Zimmer der ältesten Tochter. Ständig lettische Stimmen und Gelächter um mich herum. Das genieße ich sehr. Die Liebe von Astra, der jüngsten Tochter, habe ich mir mit Schokolade erkauft. Seitdem ist sie mein kleiner Schatten und wollte sogar in meinem Zimmer auf dem Boden schlafen. Das Wetter ist ziemlich ungemütlich draußen. Ich genieße die Aussicht vom Kompostklo draußen über den Sumpf und die Birkenwälder. Im Haus ist es sehr schön warm und voll mit Dingen. Draußen hing eine geköpfte Ente als ich angekommen bin. Entenversorgung ist meine Aufgabe. Oskars ist ganz jagdsüchtig. Als Andenken an sie, habe ich einen Patronenhülsenanhänger geschenkt bekommen. Er hat mir erzählt die letzten Tage hat er nur von der Jagd geträumt. Auch, wenn ich offensichtlich nicht mit allem was hier so praktiziert wird übereinstimme, ist es schön Teil der Familie zu sein. Schach, lettisches Monopoly (die Straße in der ich wohne gibt es bei Monopoly!), Katan und Karten haben wir gespielt. Wasser holen wir an der Quelle. Jeden Abend waschen wir uns in einer schwarzen Plastikwanne. Ich genieße es so einfach zu leben. Es ist ein ganz schöner Aufwand, auf Dauer könnte ich das glaube ich nicht, aber es ist schön sich so verbunden zu fühlen mit der Natur.

Mit Astra habe ich draußen mit einer weißen Plastiktüte gespielt, wir sind auf dem Anhänger in den Wald gefahren. Die Kinder haben alle sehr coole Hobbys. Modellbau zum Beispiel. Alle sind super musikalisch. Astra, die in den Wind spuckt, flucht wie ein Scheunendrescher und mit ihrer Kinderstimme Aschenputtel auf Lettisch vorliest, habe ich schon sehr ins Herz geschlossen. Auch die Söhne, Donats und Bronislav, deren Namen ich erst weiß, seitdem ich hier auf dem kleinen Friedhof war und die Namen ausgeschrieben gesehen habe, auch. Und Ilze und den verrückten Oskars auch. Die Familie liebt Katastrophenfilme, in denen amerikanische Städte zerstört werden. Ihre Beobachtung: Palmen überleben jede Katastrophe. Alle sind sehr zuvorkommend und kümmern sich um mich. Es gibt nicht so viel zu tun. Gestern Abend habe ich Fieber bekommen und lag heute Flach, habe Erbsen enthülst und Drachenkopf Tee getrunken. Ilze schreibt online Permakultur Projekte, Oskars macht Holzschindeln. Sie kümmern sich sehr um mich. Vorhin hat mir Ilze das urtümliche Instrument Kolka gezeigt. Sehr meditativ. Habe jetzt schon ne Blase am Finger vom Spielen. Ich genieße es hier zu lesen, total fertig zu sein und neue Sachen zu probieren. Ahorn- und Birkensaft habe ich schon getrunken, Sirup aus Kieferzapfen. Kein WLAN, deshalb dieses Mal auch keine Fotos. Ich bin total auf den Moment fokussiert und denke nicht über Dinge nach, die nicht materiell existieren. Gestern wurde ich zur Oberhexe geschminkt und meine Körperteile wurden gemessen. Alles in meinem Gesicht ist 7 cm lang. Astra kann beeindruckend gut Englisch mit ihren acht Jahren.

Ich habe mich in das Chaos hier eingelebt. Trotzdem merke ich, dass es anstrengend ist immer von Menschen umgeben zu sein und man nie abschalten kann. Am Montag ist ein Konzert, meine Chance auf traditionelle Musik, aber vielleicht gehe ich schon früher und verbringe noch ein paar Tage ganz für mich. Ich habe schon lange kein Yoga mehr gemacht. Gerade fühle ich mich zu schwach. Hoffentlich geht es morgen besser. Ich will im Garten arbeiten. Heute waren allerdings Minusgrade draußen. Wir saßen drinnen, ich habe mich von Ilze in den Schlaf singen lassen und wurde von Katzen belagert.

Hier sind so viele Dinge normal, die anderswo unmöglich wären. Das gibt eine Menge Freiheit. Alles wird verwendet und repariert, überall sind Unmengen an Büchern. Ich werde die nächsten Tage auf jeden Fall noch hier genießen, auf meine Bedürfnisse achten und den Frühling willkommen heißen.