Verliebt in Riga

Puh, heute habe ich so viel geredet. Bin schon ganz heiser. So viele Eindrücke mal wieder.

Vor zwei Wochen war ich das erste Mal richtig in der Uni. Also naja, im ersten Seminar haben wir eine Führung durch das Gebäude bekommen und waren auf dem Dach. Und im „punishment“ room.

an den Wänden stehen auch Sachen auf Deutsch. Dort wurde über die Professoren geschimpft
Aussicht vom Unidach

Dort mussten Studenten früher als Bestrafung fürs Rauchen, Alkoholkonsum, oder weil sie zu viel an Frauen interessiert waren rein. Scherzhaft meinte unsere Dozentin, heute wäre wohl die Schlange vor dem Zimmer meterlang. War auf jeden Fall sehr interessant. Die ganzen Räume, Bilder der Direktoren an der Wand. Ein enorm großer Tisch und alles sehr offiziell. Kenne ich nicht von der PH Weingarten.

Danach waren wir noch Kaffee trinken, und alle möglichen Besorgungen machen. Mittlerweile entdecke ich immer mehr Bioläden, Märkte und Unverpackt Läden.

Beim ersten Lettischkurs in Präsenz, auf uralten Schulbänken, hat mein Kopf danach geraucht. Ich lerne so viel mehr als online. Dann Geo im neuen Gebäude. Leider in einem Raum ohne Fenster. Sehr deprimierend. Aber die Bib und die Lernräume sind sehr cool.

Es fühlt sich an, als ob ich jetzt richtig angekommen bin. Ich bin in einer neuen Phase. Die Zeit, die ich für mich alleine gebraucht habe ist vorbei. Jetzt mache ich wieder mehr mit anderen. Die perfekte Balance muss ich noch finden.

Ich hatte einen sehr lustigen WG Abend in der WG über mir. Mag es immer mal Gast-WG-Mitglied zu sein. Wir haben Kartoffelpuffer gemacht. Stellt sich heraus, nicht so geeignet wenn man hunger hat. Haben viel über Humor geredet.

Ich habe den letzten Schnee genossen. Sonne und Schneegestöber, einfach toll. Tagsüber hat es mittlerweile Plusgrade. Das macht einen riesen Unterschied. Es kommt mir jetzt viel wärmer vor. Trotzdem nur so 3 Grad, aber mein Gefühl für Kälte ist auf ner ganz neuen Ebene.

Für Wärme anscheinend auch. Die Sauna war gar nicht mal so heiß. Bis wir uns da erstmal zurecht gefunden haben in dem Hallenbad. Hin und hergewusel. Wo zieht man Jacken und Schuhe aus? Gänge wie in einem Labyrinth. Habe die Sauna sehr genossen. Die Schwimmerbecken waren im zweiten Stock. Wie lange ich schon nicht mehr geschwommen bin. Aussicht auf ein paar riesen Hochhäuser. Hat auch was.

Der Tag war tiefenentspannt. Nach der Sauna und dem Schwimmen noch Yoga gemacht. Mir war richtig warm. Allerdings nur bis ich abends aufs Streetfood Festival gegangen bin. Brrr war das kalt. Aber sehr cool. Ein DJ im Wohnmobil, eine Discokugel, coole Musik und wir wie wir unentspannt schnell unser essen aufessen und halb tanzend aus Spaß, halb um nicht zu erfireren, um ein Fass stehen.

Dann sind wir schnell ins Rockcafe und waren wahrscheinlich die ersten, die je in der Bar Tee bestellt haben. Im Folkklub war es leider schon zu voll, aber die Atmosphäre war so cool und das Essen hat sehr gut gerochen, deshalb haben wir uns gleich verabredet dort nochmal hinzugehen.

Am Samstag habe ich Greta, aus meinen Pädagogikkursen in die Humanawelt hinabgezogen. Wir waren auf meinem Lieblingsmarkt und haben alles Gemüse gekauft, was gut in einen wilden Eintopf passt. Haben übers Dorfleben gesprochen und zusammen gekocht. Das habe ich vermisst.

Sonntagmorgen ist Verena, die vorerst letzte WG Mitbewohnerin eingezogen. Leider mit Corona.

Ich bin abends mit den Germans, Melanie und Venca im Folkklub essen gegangen. Am Tag davor hat Greta ausführlich von Maultaschen geschwärmt, bei diesem Abendessen haben wir gar nicht mehr aufgehört über Brot zu sprechen. Melanie und ich haben die traditionellen grauen Erbsen gegessen. Klingt eklig, ist aber super lecker. Ein Gericht, dass in einem halben Kastenbrot daherkommt. Wir mussten am Ende echt kämpfen.

Livemusik, ich habe den anderen Arschloch beigebracht, wir haben BlackBalsam getrunken. Ein traditionelles lettisches Likör. Ich habe schwarze Johannisbeere genommen. War sehr lecker. Greta und ich sind noch zusammen nach Hause gelaufen. Wir reden immer so viel, dass mir der Weg noch kürzer vorkommt als er ist.

Am Dienstag waren wir am Stadtrand in einem Montessorikindergarten. Exkursion in alternativer Pädagogik. Einmal über die Schnellstraße rennen. „Oh my little chickens!“, Zitat Dozentin. Die Frau bringt mich immer zum Lachen. Im Gänsemarsch durch den Schneematsch.

Im Kindergarten umschauen und die Kinder beim Lernen beobachten. Die waren alle so bedacht und ruhig. Ganz geduldig. Es war so leise. Alles wurde sofort nach der Benutzung wieder zurückgeräumt. Tolle Materialien und tolle Kinder. Ich bin fan.

Ein paar Gedanken zu Riga. Ich freue mich immer, wenn ich nach Geo im Abendlicht zur Tramstation laufe. DIe Stadtkulise erwärmt mein Herz. Letzte Woche ist der Schnee geschmolzen und die Vögel sind da. Aber hier sieht man aus einem anderen Grund das der Frühling kommt. Seit kurzem stehen überall rote Miniroller herum. Die wurden wohl von der Stadt herausgerückt und da vertraue ich nun, dass die Wissen: ab jetzt ist der Frühling da.

Es war ja auch „Riga feiert das Frühlingserwachen“-Woche. Im Schnee dachte ich Riga ist eine super saubere Stadt. Jetzt kommt aber doch der ein oder andere Hundekothaufen zum Vorschein. Es sind viel mehr Menschen auf den Straßen. Es ist als ob RIga aufgewacht ist. Die Tauben fangen mit ihrem Gebalze an, die Autos nerven mich extrem. Jetzt weiß ich wie der Beton der Straßen in Riga aussieht.

Da wir am Samstag in die Oper sind, mussten wir am Donnerstag noch schnell Outfits kaufen gehen. Ich habe einen neuen Secondhand Laden gefunden. Antonia hat alles was glitzert anprobiert, Debora hat ein schönes Tuch gekauft, Anja haben wir in der Umkleide vergessen. Ein ganz normaler Einkauf. Die Musik bei den Humanas ist auch immer wild und gehört definitiv zum Einkaufserlebnis. Genau wie die Funde wie eine imitierte Lederhose, die fettesten Schulterpolster und Kleider, von denen man nie so genau weiß wie man die eigentlich trägt.

Am Freitag war ich Pfannkuchen frühstücken, habe nebenher etwas für die Uni gemacht und danach noch lettisch gelernt. Alles so gut es geht in einen schönen Tag integrieren.

Mein Tageshighlight: mit Verena, die endlich einen negativen Test hatte, zusammen die Abflüsse zu reinigen. Wobei ich eher die mentale Stütze war, die im Hintergrund Würgegeräusche gemacht hat, war. Ach war das am Spaß. Ein besonderes Gefühl. Sehr befriedigend wie gut das Wasser jetzt wieder abläuft.

Dann war ich in einer Fotoausstellung im Fotografiemuseum. Bilder einer Reisefotografin aus den Fünfzigern, bis in die Neunziger. Das war so inspirierend, dass ich danach ganz viele Fotos gemacht habe. Das Gebäude an sich, der Boden war natürlich auch schon wieder ein Traum.

Ein bisschen Ravensburgflair

Abends war ich zum Schokomuffins backen eingeladen. Natürlich die volle Dröhnung mit flüssigem Kern und Sahne. Aber natürlich auch einem Apfel zur Neutralisierung für zwischendurch. Dann waren wir noch einen cocktail trinken um die Ecke. Es ist so schön, dass immer was los ist und ich so zentral wohne.

Gestern morgen war die Sonne wieder da. Ich bin richtig aufgesprungen und hab mich schnell angezogen. Dann war ich auf einem neuen Markt. Pavillions draußen, Musik, so viele süße Leckereien. Meinen Gemüseeinkauf erledigt.

Dann konnte ich nicht widerstehen. Nicht gut mit leerem Magen einzukaufen. Ich habe ein Küchlein gekauft und erstmal gefragt was das eigentlich ist. Ich frage gerade immer die Verkäufer, was sie mir empfehlen würden. Dieses mal also Kartoffel, Karotten, Frischkäse. Schmeckt süßlich, meinte er noch. Ein wahres Abenteuer, wenn man ab und zu etwas probiert und gar nicht weiß, was man als nächstes erwartet. Ein neues kulinarisches Erlebnis. Tatsächlich süßlich. Und in der Mitte schmeckt es dann plötzlich wie Käsekuchen. Das war wild.

Die Sonne macht  mich so glücklich, dass ich ständig vor mich hinsummend durch die Gegend laufe. Ich habe mich durch verschiedene Marmeladen probiert und wurde gut beraten eine mit schwazrer Johannisbeere und Lavendel zu nehmen. Jetzt brauche ich nur noch Brot. Aus meiner Libelingsbäckerei. Ich bin auf dem Rückweg noch an der Daugava entlang gelaufen. Lag in der Sonne und habe den Möwen zugeschaut wie sie im sehr starken Wind auf der Stelle schweben. Leider ist der Verkehr ein konstantes Hintergrundgeräusch.

Auf dem Rückweg habe ich zufällig Jana getroffen und heute Lilli (beide aus Pädagogik). Echt lustig wie oft man sich hier sieht. Wie in Weingarten.

Abends dann die Oper. War das spannend die anderen Leute zu beobachten. So viele schönen Kleider. Wir haben gut reingepasst. Es macht mir großen Spaß mich schick zu machen. Das Gebäude, wie soll es anders sein, ein Traum. Das Bühnenbild, die Kostüme (das meiste mit sehr großer Wahrscheinlichkeit von Humana), das Licht, das Orchester. So viele neue Eindrücke. Pik Dame. Zum Glück gab es das Programmheft auf Englisch. Ansonsten könnte ich das Stück nur mit den 5 Wörtern zusammenfassen, die ich auf Russisch verstanden habe: ich weiß nicht, Stunde, Liebe, Schlüssel, Pik Dame.

Ein schöner Abend. Auch, wenn ich es für den Konstrast gerne gemacht hätte, bin ich danach nicht noch mit auf den rave und am nächsten Morgen in die Kirche.

Heute bin ich nämlich mit Greta auf Brunos und Mareks sehr illegalen Rädern, ans Meer gefahren. Der Bremsweg wird hier ganz anders berechnet… Licht? Klingel? Gangschaltung? Bremse? Nope für Greta. Ich war was das ganze angeht auf Mareks Klapprad dann doch ein wenig besser ausgestattet.

Am See Kizers

19 km durch Rigas Vorstadt. Sehen wo sich die Plattenbauten verstecken.

Über Brücken, Betonplatten, Restschnee bis zu einem Bohlenweg. Durch einen Kiefernwald mit leichten Nadelduft ans Meer. Es war so windstill, so ruhig wie ein See. Unterwegs ein bisschen „Ich seh den Sternenhimmel“ und Roller singen. Am Meer Humusbrot mit Oliven und danach Zimtschnecken essen. Die Wassertemperatur abchecken und die unfassbare Ruhe genießen. Es ware so viele Spaziergänger unterwegs. Leider hat man heute die Sonne gar nicht gesehen. Es war einfach nur bewölkt. Mit leichtem Nieselregen.

Naja. In unserem Mittagstief sind wir dann lieber mit dem Bus zurückgefahren. Eigentlich wollten wir nach dem Essen into the wild schauen. Aber wir haben so viel geredet. Ein sehr toller Redefluss über Auslandserfahrungen, die Balance und Schule. Dann kam Verena in die Küche. Nahtloser Übergang von Greta zu Verena. Und auch was fas Gespräch angeht. Ich war von 15-20:30 Uhr ununterbrochen in der Küche und habe geredet. Die Küche ist gerade ein sehr schön sauberer Ort, nachdem ich heute morgen sehr energisch den Herd geputzt habe. Mit Verena habe ich auch gar nicht mehr aufhören können zu reden. Dann bin ich aber nochmal los um unsere Schokokekscravings zu stillen. Davor habe ich noch Tickets für den nächsten rave gekauft.

Ich freue mich sehr wenn Linus und Alex kommen und wir dann dort hingehen. Es passiert so viel. Ich freue mich voll auf meinen ganzen Besuch. Ist ein bisschen schwierig, dass mit den Klausuren und der Uni zu koordinieren, aber richtig schön jetzt meine neue Stadt zu zeigen. Das Wetter zeigt nur Schauer an. Aber das ist mir sowas von egal. Ich habe so viel vor.

Jetzt bin ich gerade total fertig von diesem Tag. Morgen wieder Uni. Präsentationen, Lettischtest, Gruppenarbeit. Cottagewochenendeplanung, was für ein Wort. Das kann nur die deutsche Sprache. Morgen ist wieder ein traditionell lettisches Event um den Frühling zu begrüßen. Die Beschreibung klang sehr interessant und hat mich neugierig gemacht. Darts, Jubeln, Vögel treiben, Schaukeln dekorieren mit Folkloreensemble. Vielleicht ist es auch nur schlecht von Google übersetzt. Wir werden sehen.

 

In der Gertrudes Kirche, der Schutzpatronin der Reisenden, gleich nebenan, war ich jetzt auch mal
Das Essen war so lecker, dass muss jetzt auch noch hier Platz finden