Don’t worry, be happy!

Die Überschrift, weise Worte meiner Pädagogik Professorin. Auf Pädaogik hatte ich nicht so richtig Lust, aber jetzt freue ich mich immer. Einfach nur wegen den witzigen Stories meiner Dozentin. Mit ihrem Akzent und ihren Sprüchen: „Colleagues, I always joke I wake you up.“, bereitet sie mir in den Onlinevorlesungen immer Lachtränen. Es ist alles ein bissschen chaotisch, aber trotzdem macht es Spaß. Unsere Aufgaben sind uns unsere Traumlernumgebung vorzustellen und Essays über verschiedene Themen zu schreiben. Macht mir großen Spaß. Bald besuchen wir eine Waldorfschule mit ihr. Ich freue mich schon darauf sie in echt kennenzulernen. Auch gestern hat sie wieder erzählt. Von ihrer 91-jährigen Nachbarin, die ihr manchmal Frühstück macht und vorbeibringt. Gestern gab es dann zusätzlich noch Pfannkuchen. SIe hat gemeint, wenn wir uns sehen, dann bringt sie mal welche mit. Klingt vielversprechend.

Was ist alles sonst so passiert in der letzten Zeit? Ich versuche dem Wetter zu trotzen und jeden Tag rauszugehen. Mich nicht von der Sonne abhängig zu machen. Zusammen mit Lina war ich auf einem Friedhof. Wir sind mit Wikipedias Hilfe hinter die Bedeutung der russisch orthodoxen Kreuze gekommen. Der untere schiefe Querbalken steht für die Entscheidung zwischen Himmel und Hölle. Ziemlich krass.

Ansonsten habe ich einen sehr schönen Markt entdeckt und mich mit himmlischen Oliven, eingelegten Pilzen und seltsam gelbem, süßlich schmeckenden Brot eingedeckt. Brot auf lettisch heißt übrigens maize (meise). Die Markthalle an diesem sonnigen Tag war lichtdurchflutet, ein richtig schöner Ort an dem man sich gerne aufhält. Die Sonne macht richtig gute Laune.

Lettisch finde ich ganz schön kompliziert, aber nach der 4. Stunde geht es jetzt schon ein wenig besser. Man weiß, dass man im Ausland studiert, wenn man mit einer Südkoreanerin auf Englisch kommuniziert um sich einen lettischen Dialog auszudenken und ein paar Worte auf Deutsch und Koreanisch austauscht. Ganz schön viel für den Kopf.

Am Mittwoch habe ich mich mit meinem von Erasmus bereitgestellten buddy Amanda getroffen. Es war richtig schön mit ihr. Wir sind am Fluss, der Daugava, entlanggelaufen und haben über Auslandserfahrungen geredet und wie das Gefühl ist, wenn man dann wieder zurück ist. Sie hat Erasmus in Mannheim gemacht und war noch sehr in der Sehnsucht drin. Das kann ich gut verstehen und so hat es großen Spaß gemacht mich mit ihr auszutauschen. Sie hat mir ganz viele Orte gesagt die ich besuchen soll und gezeigt wo am Sonntag ein Benefizkonzert für die Ukraine stattfindet. Am Sonntag jährt sich der Kriegsbeginn. Wir haben über Politik gesprochen. Ich finde es wirklich krass, wie die sowieso schon sehr individualistische Gesellschaft hier aus zwei Seiten besteht, der russischen und der lettischen, die im gleichen Land, aber zwei verschiedenen Welten leben. Russische und lettische Schulen, Läden, usw.

Am Donnerstag gab es eine Veranstaltung von Erasmus. Lettischer traditioneller Tanz. In einem wunderschönen Gebäude. Die Decken und die Wände erst… Ein Traum! Ich habe Melanie aus Pädagogik getroffen und wir haben gemerkt, dass wir beide sehr gerne ins Museum gehen. Und Kuchen essen. Ab jetzt machen wir das zusammen. Sie wohnt mit ihrer Katze auf der anderen Flussseite und studiert Kulturmanagement. Sehr cool.

Die Tänze haben auch großen Spaß gemacht. Da es draußen Minusgrade hat, hatte ich eine Strumpfhose und Wollsocken an. Nach dem ersten Tanz habe ich das schon sehr bereut. Eine Band mit Mitgliedern von 20 bis 80 Jahren, hat uns mit Musik begleitet, während wir herumgehüpft sind, uns im Kreis gedreht und in die Hände geklatscht haben. Lettischer Gesang klingt total schön und die Tänze haben mich ein bisschen an die Kindheit erinnert. Ich wünschte so etwas hätten wir in Deutschland. Nach dem Tanzen haben wir noch ein bisschen der Band zugehört. Ich hatte Gänsehaut, es war so wunderschön.

Freitags habe ich es dann endlich zu meinem georgischen Imbiss geschafft. War ganz schön viel Käse. Für eine Möchtegern-Veganerin ein bisschen zu viel. Aber trotzdem lecker. Es war schön in dieser kleinen Plastikbox, in der der Imbiss ist, zu sitzen und die Menschen draußen zu beobachten.

Für den Abend habe ich mir eine Konzertkarte der Kunstakademie besorgt. Mit einer Person, die ich davor nicht kannte. Entpuppt hat er sich als tschechischer Philosophiestudent im Ledermantel, mit der gleichen Frisur wie ich. Wenn das kein Zeichen ist. Wir sind zusammen im Regen und mit meinem ersten lettischen Bier zur Kunstakademie gelaufen. Carnevale stand überall. Wir sind nicht drauf gekommen, dass alle verkleidet sein könnten. So sind wir auch herausgestochen. Allerdings waren es keine deutschen Faschingskostüme, wobei zwei Frauen im Dirndl sind auch an mir vorbeigelaufen, aber keine trash Kostüme. Viel schwarz-weiß und selbstgemacht. Imposante Kopfschmuck Kreationen, viele Lichterketten. Ich habe ein Konzert mit einer Bühne erwartet und etwa 100 Menschen.

Die lettische Kunstakademie

Als wir dann ins Gebäude eingetreten sind habe ich große Augen bekommen. Über drei Etagen gab es zahlreiche verschiedene Räume, so kunstvoll dekoriert, dass es bestimmt mehrere Tage gedauert haben muss alles herzurichten. Ich habe mein Grinsen den ganzen Abend nicht aus dem Gesicht bekommen so aufgeregt und glücklich war ich. Schon allein für diesen Abend hat es sich gelohnt nach Riga zu kommen. Wir haben uns sofort auf Entdeckungstour gemacht. Da war ein Raum, eine frühere Kirche, in der eine Rockband gespielt hat.

Ein anderer Raum war mit weißem Schaumstoff ausgekleidet.

Eine Gruppe Trommler ist herumgelaufen. Aber nicht die traumatischen Musikkappellen Trommeln aus Weingarten, wegen denen ich das Land verlassen habe, nein es war richtig cool. Überall Kunst. Jeder Raum ein neues Universum, eine Neue Musik auf die man sich eingelassen hat. Hunderte von Menschen.  Aufblasbare Orcas und rotes Licht in einem Raum, Nadelbäume ohne Nadeln im Gang.

Lettischer Rap, eine Jazzband mit einem Gitarristen im Taucheranzug, ein Techno dance floor, draußen Foodtrucks, Studierende und sehr alte Dozierende auf einem Fleck und wir mitten drin. Eine Wand auf die man seine Wünsche aufschreiben konnte und danach in einen Socken auf einer anderen Wand stopfen sollte. Dann waren wir plötzlich in ein Reinigungsritual verwickelt. Ich habe eine Rassel aufgehoben und Venca eine Flöte, während die Perfomancer mit ihren Händen ein Bild aus Kohle gemalt haben. Danach haben wir uns ein bisschen „verkleidet“. Venca hatte die Idee, dass wir uns ja die Kohle ins Gesicht schmieren könnten. Ab da sahen wir sehr wild aus. Im verlaufe des Abends habe ich noch eine indigene Pappkrone auf dem Boden gefunden. Wir haben getanzt und getanzt. So frei habe ich mich noch nie gefühlt beim Tanzen. Es hat sich so angefühlt, als ob ich genau dort sein sollte in diesem Moment. Kurze angetrunkene Unterhaltung mit einer Halb-Lettin Halb-Estin, die mir gesagt hat mein Name heißt Fisch auf Estisch. Nachdem wir geklärt hatten, dass ich nicht Kala, sonder KaRla heiße, haben wir uns umarmt und sie meinte ich solle mal nach Estland gehen. Aye! Gegen 3 Uhr sind wir dann nach Hause gegangen. Bis 6 Uhr morgens war das ganze angedacht, aber ich war so müde und zufrieden nach meiner Schale Pommes und bin mit voller Vorfreude auf mein Bett durch die Straßen gelaufen.

Den Samstag habe ich gemütlich brunchend und lesend in einem Café in meiner Straße verbracht. Es heißt Gauja, wie ein Fluss zu dem ich jetzt unbedingt einen Ausflug machen will, weil es so schön ist in dem Café. Da das Wetter hier wohl noch eine Weile kalt und regnerisch sein wird kann ich nicht alles was ich machen will auf gutes Wetter verschieben. Deshalb muss ich mich wohl oder übel auch bei schlechtem Wetter auf Entdeckungsreise begeben. Aber was ist schon schlechtes Wetter?

Nach dem Café wollte ich noch ein bisschen den Regen genießen. Ich laufe also gerade aus. Halte nur für Ampeln an und will sehen wann die Straße aufhört. Es macht Spaß genau das zu machen was ich will, mich mit niemandem absprechen zu müssen und Zeit mit mir selbst zu verbringen. Wenn ich so durch die Straßen laufe fühle ich mich immer so, als ob ich auf Schatzsuche bin nach coolen Events, Cafés, Dingen die ich finde.

Am Sonntag war ich mit Melanie im nationalen Kunstmuseum. Allein das Gebäude ist den Eintritt wert. Wow!

So viele Gemälde, Skulpturen, Bilder und gleichzeitig Geschichte über das Land. Es war wieder so, dass ich ganz in einer anderen Welt verschwunden bin. Es waren wirklich schöne Gemälde dabei. Danach waren wir Kuchen essen und haben uns über Kultur und Geschichte in Lettland, Frankreich und Deutschland unterhalten. Sehr spannend.

Putzen muss natürlich auch mal sein. Nachdem Bruno letzte Woche zurück nach Deutschland gefahren ist, sind Joseph und ich jetzt alleine in der WG. Bei unserer Putzsession haben wir gescherzt, dass wenn das Gebäude ein Palast wäre, dann wären unsere Zimmer mit den niedrigen Decken definitiv die Ställe. Wir haben beide ein eigenes Zimmer in dem unsere Wäsche zum trocknen hängt. Die Wäschezimmer sind luxuriöser als unsere. Meinen Arbeitsplatz habe ich in das Zimmer neben den WLAN Router verlegt und dann haben wir noch ein Wohnzimmer. Ganz schön dekadent.

Die letzten beiden Tage war ich ziemlich erkältet. War vielleicht doch ein bisschen viel Kälte und Regen und Alkohol und lange wach sein. Fand mein Immunsystem noch nie so cool wie ich. Meinen Estland Trip habe ich kurzerhand sausen lassen. Bin aber gerade schon wieder am planen und träumen. Es ist so wichtig diese kurzzeit Pläne zu haben.

Vorhin war die Sonne da. Klar, dass ich da raus musste. Ich bin mit dem Bus zum Mežapark gefahren. Einem riesigen Waldpark mit Zoo, gigantischem, zugefrorenen See und riesiger Freiluftbühne auf der im Sommer Festivals stattfinden. Meine Finger und Zehen waren nach den ersten Minuten draußen total gefroren und sind es immernoch, aber mein Gesicht immer der Sonne nach, ist teilweise ein bisschen aufgetaut. Der Sand am See war gefroren, der komplette Boden glatt. Beim fast ausrutschen habe ich einen Bauchmuskel gespürt von dessen Existenz ich gar nichts wusste. Die Sonne hat mich so glücklich gemacht!

So sieht es aus wenn man die Treppen der Freilichtbühne hochgelaufen ist

Morgen habe ich zum ersten Mal eine Vorlesung in der Fakultät. Ich finde es so geütlich in meinem Zimmer und will gar nicht in der Dunkelheit und Kälte morgen früh da hinfahren. Aber ist natürlich trotzdem viel besser als online Uni. Bin sehr gespannt auf die Veranstaltung in Präsenz.

Jetzt muss ich meine Finger und Zehen wieder warm kriegen!

Labdien!

2 Gedanken zu „Don’t worry, be happy!“

Kommentare sind geschlossen.