Zdravey!
Fünf Tage jeweils 5 Einheiten bulgarisch. Langsam bekomme ich ein Gespür für die Sprache. Wird ja auch mal Zeit nach drei Monaten!
Mittlerweile wird es ja schon fast zur Tradition, dass ich diversen Paketen hinterherjage. So also auch diese Woche. Jedoch habe ich festgestellt, dass Soner Recht hat. Packstationen sind wirklich viel unkomplizierter, als ewig auf Postämtern zu warten. Meine Jagd war also eher ein Spaziergang.
Bei frühlingshaften Temperaturen habe ich mich also am Dienstag auf den Weg zu Billa gemacht. Dort ist nämlich die Packstation in der mein Paket auf mich wartete. Ziemlich praktisch.
Unterwegs habe ich mich geärgert, dass ich kein Buch mitgenommen habe. Ich wollte unbedingt die Sonne im Studentski Park genießen. Also habe ich mir zumindest bei Billa, na was wohl?, Mandarinen gekauft und mich dann glücklich im Besitz eines Pakets in den Park gesetzt. Dort habe ich ein paar Jungs beim Scooter fahren zugeschaut. Doch lange konnte ich mich nicht zurückhalten und es ging schnell ans Eingepackte. Meine Vermutung, dass im Paket Grünkern oder Mandeln zu erwarten seien, erwies sich als korrekt. Weil alles so liebevoll eingepackt wurde und weil so wundervolle Sachen im Päckchen waren, GRÜNKERN!, saß ich nun also mit Freudentränen in den Augen im Park. Und zu meinem Glück war sogar ein Buch drin. So konnte ich sofort in der Sonne zu lesen beginnen. An dieser Stelle: Danke Sophia <3. In der Sonne sitzen wird wirklich viel zu sehr unterschätzt finde ich.
Der Verpackungsmüll lag neben mir auf der Bank und dann kam doch tatsächlich auch noch eine Frau, die in der Nähe den Mülleimer leerte und nahm mir meinen Müll auch noch direkt ab. Was für ein Service! Vor lauter Glückshormone und Inspiration habe ich anschließend zuhause Gedichte geschrieben.
Und ich hätte es nicht gedacht, aber ich bin sehr glücklich nach den Ferien jetzt wieder zu unterrichten. Ich glaube sogar, dass die Schüler sich auch gefreut haben. Zumindest wurde ich freudig begrüßt. Aber bei so viel Zeit vor dem Bildschirm, zuerst wurde ich ja in Bulgarisch unterrichtet und dann wurde der Spieß umgedreht und ich habe Deutsch unterrichtet, kann man echt verrückt werden. Mir zumindest ist meine Wohnung manchmal zu klein um klar zu denken. Aus diesem Grund bin ich mit Gulchin, Soner und Zara, Soners Hund, mal wieder zum Monument hochgelaufen. Immer wieder ziehe ich mich zu warm an. Aber dort oben war der Wind so stark, dass ich meine Mütze festhalten musste und es ziemlich schwer war voran zu kommen.
Bei dem eisigen Wind habe ich mich richtig lebendig gefühlt. Natürlich hatte unser Ausflug auch eine Mission: einer Freudin von Soners Mutter sollten wir eine Flasche Wein bringen. Nach einem Wettrennen, bei dem Soner gewonnen hat, trotz Wein im Rucksack, wurde dieser ordentlich abgeliefert und wir machten uns auf den Heimweg.
Die Woche verlief ziemlich routiniert. Sprachkurs, Unterricht, kochen, abspülen, Yoga, einkaufen. Ein paar ups and downs hatte ich auch. Von plötzlicher Orientierungslosigkeit, was soll ich machen?, bis Tatendrang und kreativem overflow, war alles dabei. Klar, gerade ist es für niemanden leicht zu planen und doch versuche ich mich an irgendetwas zu orientieren und ein paar planbare Variabeln in meinem Leben zu haben. So habe ich mich diese Woche ziemlich oft verabredet.
Gleich am Freitag haben Soner und ich einen Filmeabend veranstaltet. Der wurde zu einer richtigen Fressorgie.
Da das Film aussuchen immer der anstrengendste Teil ist, haben wir den geschickt umgangen, indem wir Jasmin angerufen haben, damit sie uns einen Film empfiehlt. A midnight sky, war wirklich ein schöner Film. Wir haben super viel nebenher geredet. Meine Bulgarischskills habe ich auch anwenden können. Wir haben Rezensionen für einen bulgarischen Supermarkt in Deutschland auf bulgarisch gelesen. Mit Soners Hilfe und ein bisschen Fantasie, konnte ich diese auch ganz gut lesen. Generell bin ich übrigens der Überzeugung, dass jede/r Freiwillige einen Soner als Assistenten bekommen sollte. So ist das Leben so viel einfacher!
Mit etwas schlechter Laune, da ich dachte, dass es wieder regnet, bin ich am Samstag aufgestanden. Beim Lüften dann die positive Überraschung: Schnee! Perfekt, für meine Verabredung mit Rumy. Allerdings ist der Weg bis zu Rumy, mit schon schmilzenden Schnee, eine echte Herausforderung. Das Überqueren der Straße wurde eher zu einer Flussüberquerung. Außerdem wollte ich einen neuen Weg gehen, habe mich aber verlaufen und bin eine Weile umhergeirrt, bis ich auf eine bekannte Straße gestoßen bin. Viki ist auch zu Rumy gekommen und so saßen wir erst einmal bei Rumy mit Tee aus den Rhodopen, Baniza und haben über Konsum gesprochen. Rumy hat so viele interessante Freunde und sie liest so viel, dass sie immer etwas zu erzählen hat. Wirklich faszinierend. Irgendwann sind wir dann doch noch in den Wald losgezogen.
Rumy hat so recht, wenn sie sagt, dass sie es noch nie bereut hat rauszugehen. Der Anblick der Landschaft hat mich so glücklich gemacht. Und natürlich auch die inspirierenden Gespräche. Wie konnte ich nur vergessen, wie faszinierend alle Leute sind, denen ich bisher hier begegnet bin? Eine totale Bereicherung und definitiv ein Grund, der mich aus meinem down geholt hat.
Nach unserem Spaziergang saßen wir noch eine Weile bei Rumy und dann ging es für mich ab nachhause. Mein Lieblingscousinchen hat mir mal wieder genau das richtige Zitat von Instagram geschickt und der Tag wurde so perfekt beendet.
Sonntags konnte ich mich dann wieder super beim Schach spielen blamieren. Aber zumindest haben Viki und ich Beide bemerkt, dass ich besser werde. Wir haben einen Film geschaut und sehr viel über Filme, Serien und Bücher gesprochen. Abends habe ich noch Berufsberatung bei meinem Bruder gemacht. Aufgaben einer großen Schwester. Und das war auch schon das Wochenende.
Diese Woche wird sich nicht sehr von letzter unterschieden. Vielleicht gibt es wieder eine Paketjagd, zwei verspätete, sehr schöne Geburtstagskarten habe ich heute noch erhalten. Eigentlich ganz schön nicht alles auf einmal zu bekommen. So kann man sich viel länger freuen.
Riesige graue Betonbauten in der Abenddämmerung.
Wunderschöne Farben am Himmel.
Viele Leute, die ab und zu stehen bleiben und sich grüßen.
Ein Pferdegespann, viele Autos.
Im Hintergrund das Plateau.
Darauf thront das Monument.
Der ganze Stolz der Stadt.
Im Sonnenschein oder Nebel, zieht es wie ein Magnet die Menschen an.
Dort oben herrscht eine unheimliche Stille.
Man fühlt sich klein. Unbedeutend.
Aus der Stadt hört man Hundegebell und den Straßenlärm.
Doch alles scheint so weit entfernt.
Als ob man über die 1300 Stufen nicht nur auf das Plateau,
sondern in eine andere Welt,
durch ein Portal geschritten ist.
Und jetzt,
über die Dächer der Stadt schaut.
Gold und rot und grau und weiß.
Jeden morgen hört man die Möwen.
Aber kein einziges Mal sieht man eine.
In der Ferne die Festung.
Bewaldete Hügel.
Im winterlichen Nebel scheint es so,
als ob Schumen in einer Schneekugel ist.
Etwas anderes außerhalb existiert nicht.
Sobald man im Wald ist,
ist man ganz für sich.
Eine unglaubliche Ruhe liegt über den Baumkronen.
Unendlich viele Pfade führen durch den Wald.
Jeder zu einem anderen magischen Ort.
Über Moos, an Felsen vorbei.
Vor dem Wald die Shumenskobrauerei.
1000 Bierkästen lagern hier
und fügen sich schon fast in die Landschaft ein.
Rauch, der aus dem roten Kamin in den Himmel steigt.
Shumen.
Human of Shumen
Hallo!
Ich heiße Emir. Ich bin 17 Jahre alt und lebe 20 Kilometer nordwestlich von Shumen in Timarevo. Wenn ich in meinen Pflaumengarten außerhalb des Dorfes gehe, erinnert mich die Landschaft dort daran, dass ich an einem der besten Orte der Welt lebe, reich an Geschichte und Natur.
Viele Zivilisationen (Bulgaren, Türken, Römer, Griechen, Walachei usw.) haben ihr Blut für diese schönen Länder vergossen. Ich möchte die älteste Zivilisation vorstellen, die über diese himmlischen Länder geherrscht hat. Die Thraker. Dieser große Stamm hat viele monumentale Dinge für uns zurückgelassen.
In erstem Platz ist die Nekropole von Varna. Der goldene Schatz von Varna stammt aus der Zeit um circa 5000 Jahren v. Chr., lange bevor die Mesopotamier die Verarbeitung von Gold beherrschten. Das 23 Karat Gold wiegt 6 Kilogramm und stammt aus rund 300 Gräbern in der Nähe von Varna.
Danach kommt das „Sveshtari“ Thrakergrab, das circa 70 Kilometer in der Nähe von Shumen ist. Das Grab ist ein Unesco – Welterbe. Alles aus Edelmetallen wurde seit der Antike geplündert. Die im Grab eingeschlossenen Schätze werden durch die entdeckten Knochen von fünf Pferden belegt, die hier geschnitzt wurden, um ihren Meister ins Jenseits zu begleiten. In der Grabkammer wurden zwei Steinbetten, menschliche Knochen und Grabbeigaben gefunden. Neben einem der Betten befindet sich eine skulpturale Fassade eines kleinen Tempels. All dies zeigt die Vergöttlichung des Verstorbenen – eines Herrschers. Das ausgegrabene Grab in der Nähe von Sveshtari ist nicht isoliert. 26 Gräber unterschiedlicher Größe sind 2 km lang erhalten geblieben. Das gesamte Gebiet wurde zum archäologischen Reservat erklärt.
Der Prototyp des Siegels ist auch thrakisch. Das Tonsiegel wurde in der Nähe von Dorf Karanovo gefunden, wo es festgestellt ist, dass seit Jahrhunderten von mehr als 240 Generationen bewohnt wurde. Diese Entdeckung kann man in die meisten Archäologie Lehrbücher finden.
Die Thraker nehmen auch an griechischen Legenden und Mythen teil. Ein Beispiel ist Rhesos aus der homerischen Illias. Der König wird mit seinen schneeweißen Pferden, mit seinem silbernen Wagen und mit seiner goldenen Rüstung, geeignet für die Götter, gezeigt.
Ein weiteres Beispiel ist Orpheus, der thrakische Wurzeln hat. Der Legende nach könnte Orpheus durch seine Harfe alle wilden Tiere zähmen. Die berühmteste Geschichte, in der der Musiker teilnimmt ist “Der Tod von Eurydike“. Eurydike wurde von einem Satyr angegriffen. Bei ihren Bemühungen, der Satyr zu entkommen, fiel Eurydike in ein Vipernnest und erlitt einen tödlichen Biss. Ihr Körper wurde von Orpheus entdeckt, der vor Trauer so traurige Lieder spielte, dass alle Nymphen und Götter weinten. Auf ihren Rat reiste Orpheus in die Unterwelt. Seine Musik erweichte die Herzen von Hades und Persephone, die sich bereit erklärten, Eurydike unter einer Bedingung mit ihm auf die Erde zurückkehren zu lassen: Er sollte vor ihr gehen und nicht zurückblicken, bis beide die Oberwelt erreicht hatten. Orpheus machte sich mit Eurydike auf den Weg; Sobald er jedoch die Oberwelt erreicht hatte, drehte er sich sofort zu ihr um und vergaß in seinem Eifer, dass beide in der Oberwelt sein mussten, damit die Bedingung erfüllt war. Da Eurydike noch nicht in die Oberwelt eingetreten war, verschwand sie zum zweiten Mal, diesmal für immer.
Die Schwäche des Volks war, dass sie sich nicht vereinen konnten. Nur einmal wurden die thrakischen Stammen unter einem gemeinsamen Banner vereint. Der Staat der Odrysen entstand im Südosten Thrakiens und umfasste nach und nach ein weites Gebiet, das von Thrakern und griechischen Polen bewohnt wurde. Es erstreckte sich von den Gebieten zwischen Vardar und Struma im Westen bis zur Donau im Norden, dem Schwarzen Meer im Osten und dem Weißen Meer und dem Marmarameer im Süden.
Trotz ihrer Größe konnten sie den Römern nicht die Stirn bieten. Thrakia ist die vorletzte Provinz, das von Rom dauerhaft erobert wird. Ihr Wunsch nach Freiheit wird auch durch die Legende von Spartacus, der thrakische Rebell-Gladiator, bestätigt. Das Thrakische Reich fiel 46 n. Chr. in römische Hände. Die imperiale Assimilationspolitik romanisierte die Thraker für immer, um vom Erdboden verschwunden zu sein.
Hallo!
Deine Erlebnisse in Bulgarien klingen wirklich schön. Mich würde interessieren, wie es bezüglich Corona in Bulgarien ausschaut. Hast du dazu irgendwelche Infos?
Hallo Anika,
die Einschränkungen sind nicht so strikt wie in Deutschland. Die Schulen haben geschlossen, teilweise auch die Läden und die Infektionszahlen sind höher als angegeben. Jetzt wird auch hier geimpft, allerdings mit ähnlichen Problemen wie in Deutschland. Bisher läuft alles jedoch noch relativ normal für die momentane Situation