Die Shumenshow

She sells sea-shells on the sea-shore (Tag 22-28)

Zdraveyte!

Nachdem diese Woche mit einer schlechten Nachricht begonnen hat, wurden dennoch ein paar wirklich passable Tage draus. Mit Rumy war ich in meinem geliebten Wald. Sie hat mir ihren Lieblingspfad gezeigt und während wir so durch den Wald streiften, habe ich ihren Geschichten gelauscht. Das ist wirklich sehr meditativ (generell wurde die ganze Woche von meditativen Dingen begleitet). Ich bin in eine ganz andere Welt abgetaucht.

„Life is beautiful.“ -Rumy, 03.11.2020

Mit Elena habe ich in der Schule die anstehende DSD-Prüfung vorbereitet. Wirklich eine Menge Papier, die da für so wenig Schüler gedruckt und organisiert werden muss. Nachmittags bin ich mit Jasmin und Soner wieder die Stufen zum Monument hochgelaufen. Gemeinsam macht es definitiv mehr Spaß. Oben angekommen haben die Beiden mir die Sternwarte gezeigt, die ich unbedingt noch erkunden will. Jasmin, unser Tourguide, hat uns dann durch den Lehrwald in Richtung Aussichtspunkt geführt. Soner war das nicht ganz geheuer, also hat er vorsichtshalber Fotos vom Weg gemacht. Die Aussicht auf die Herbstlandschaft ist wirklich traumhaft. Jasmin hat auch noch für uns gebacken. Sehr lecker.

Für Freitag habe ich mich mit Soner und Jasmin zu einem Filmeabend verabredet. Da Soners Mutter Köchin ist, gab es auch noch sehr leckeres Essen.

Seeeeehr leckere vegane Kekse

Jasmin und ich, beide ungefähr gleich gut/schlecht im Entscheidungen treffen, haben entschieden, dass wir den Film „Charlie und die Schokoladenfabrik“ anschauen, da Soner den noch nie gesehen hat. Wir haben viel gelacht und danach auch noch viel geredet, deutsche Kinderlieder auf YouTube angehört und Soners Füllersammlung bewundert.

Die herumgereichte Box, immer mit neuen Leckereien gefüllt

Am Sonntag gab es dann das Highlight der Woche: Ausflug nach Varna.

Ein mittelmäßiger Bekannte hat mir sehr von den Zugfahrten in Bulgarien vorgeschwärmt und da Viki auch immer sehr gerne Zug fährt, stand meinem ersten Zugabenteuer nichts mehr im Wege. Wir hatten superschönes Wetter und saßen in der Sonne während wir auf den Zug gewartet haben. Ich muss sagen, die Deutsche Bahn hat mehr Verspätung…

Sehr coole Züge

Wir haben uns ein 1.Klasse Ticket gegönnt, da wir gerne mehr Abstand zu anderen Mitfahrenden einhalten wollten. Die Sitze waren unglaublich bequem, wir haben das Rattern des Zuges gehört und die Landschaft genossen. Weite Felder und Flächen werden abgelöst von felsigen Bergen, die je nach Fantasie, an die ledrige Haut eines Elefanten oder an ein Gehirn erinnern. Von der strahlenden Sonne gewärmt und Dank offenem Fenster etwas frischer Luft, hätte ich ruhig noch eine Weile im Zug verbringen können. Doch wir hatten eine Menge vor in Varna.

Vikis wunderschöne Liste

Als erstes mussten wir uns aber um unseren Hunger kümmern. Dagegen hilft immer sehr gut ein Falafel Döner.

Die obere Pommes, hier im Bild zu sehen, wurde kurze Zeit später von einer hungrigen Möwe geklaut, indem sie meine Haare durcheinandergebracht hat und mit ihrem Schnabel die Pommes zu Fall brachte. Kurzer Schreck, aber wenn ich ehrlich bin, hätte ich ohne die Hilfe der Möwe meinen Döner bestimmt nicht geschafft. Nach dieser Stärkung konnte der Städtetrip beginnen.

Kathedrale

 

wieder wunderschöne Deckenmalereien
Römische Therme, ein Jammer, dass die nicht erhalten wurden…

 

Kräne am Hafen, oder eher Giraffen im Zoo…?

 

Das schwarze Meer 🙂

Am Hafen waren sehr viele Angler und auf der Staumauer sind die Menschen spazieren gelaufen. Es sah aber so aus, als ob sie am Rande der Welt laufen. Da im Hintergrund nichts als die Wolkendecke zu sehen war. Ich wollte unbedingt auch auf der Mauer laufen.

Aber natürlich nicht auf dem langweiligen Weg, der Treppe, hochgehen

Und da war es endlich: das schwarze Meer!

Wir saßen am Wasser und haben dem Meeresrauschen zugehört, die Wellen gesehen, den Wind auf dem Gesicht gespürt und die Meeresluft eingesogen. Am Strand sind wir dann noch auf Schatzsuche gegangen. Dabei hat Viki angefangen den Zungenbrecher: „She sells sea-shells on the sea-shore,…“ aufzusagen. Ich muss sagen, ich war und bin immernoch sehr beeindruckt. Das war mir irgendwie zu viel für meinen Kopf.

Vikis Freund, Ivan, hat angerufen und gefragt, ob er vorbeikommen kann. In Shumen gab es nämlich, zum zweiten Mal in dieser Woche, kein Wasser und zusätzlich auch noch keinen Strom. Zum Glück sind wir diesen Problemen mit unserem Ausflug entflohen.

Es gibt auch einen sehr schönen großen Park am Meer. Auf Ivan haben wir dann in einem Buchladen gewartet und sind dann gemeinsam Kuchen essen gegangen und in das Retromuseum. Hat sehr an ein DDR Museum erinnert, da es die Zeit zwischen 1944-1989 umfasst. Ein paar deutsche Produkte konnte ich also auch sehen. Und vieles, was noch in der Kindheit von Viki und Ivan präsent war.

Um die Wartezeit bis zum nächsten Zug zu überbrücken, waren wir dann noch ein Bier trinken, was eher runtergeext wurde, da wir dann doch rennen mussten. Aber es war eigentlich perfektes Timing. Die Heimfahrt verging dann auch sehr schnell, da wir wirklich über alles mögliche geredet haben.

Mein Fazit zu Varna: sehr viel schöner als gedacht. Ein bisschen habe ich mich wohl in die Stadt verliebt. Varna hat sehr viel Küstenstadtflair und ich kann mir vorstellen, wie die Stadt im Sommer nur so vor Touristen überläuft. Deshalb bin ich sehr froh, dass ich Varna fast menschenleer kennengelernt habe. Sonntags ist nämlich nie so viel los.

Am richtigen Tag in der richtigen Straße

So. Nun möchte ich noch eine neue Kategorie einführen. Für die 11. DSD-Klasse habe ich mir überlegt, dass ab jetzt jede Woche ein Schüler oder eine Schülerin etwas über sich und Bulgarien erzählt. Die Idee für das Projekt, klassische Nachtidee, ist inspiriert von dem instagram account HONY (humans of New York), auf dem Menschen aus mittlerweile aller Welt eine Geschichte aus ihrem Leben erzählen. Ich hoffe dadurch gibt es ganz unterschiedliche Eindrücke und Geschichten über verschiedene junge Menschen aus Bulgarien. Ich bin gespannt, wie sich das Projekt entwickelt, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Kultur, Politik und dem Alltag jeder für sich entdecken kann. Sie sind nämlich ganz frei, in dem was sie erzählen wollen. Deshalb werde ich die Texte auch nicht kommentieren. Es ist schließlich ihr Blogeintrag. Trotzdem hoffe ich natürlich, dass jeder Spaß am lesen hat.

 

HUMAN of Shumen

Hallo! Mein Name ist Soner und ich bin 17 Jahre alt. Ab jetzt für insgesamt 16 Wochen werden ich und meine Mitschüler von der 11. DSD-Klasse die Blogbeiträge schreiben. Dabei geht es um ein wunderschönes Projekt von der lieben Karla. Viel Spaß! 😊

Ich bin Schüler an dem Fremdsprachengymnasium in Shumen, Bulgarien und bin in der Leistungsgruppe. Dort lernen wir zwei Klassen zusammen mit einem gemeinsamen Ziel – das deutsche Sprachdiplom.

Normalerweise beginnt man erst in der 8. Klasse Deutsch zu lernen, aber ich habe es in der 6. Klasse begonnen und zwar mit Niveau A2. Das war so, weil ich ein Jahr verpasst habe, in dem ich Russisch gelernt habe. Meine Tante und mein Onkel leben aber schon seit über acht Jahren in Deutschland und damals habe ich mich in die deutsche Sprache, dank meiner Tante verliebt.

Nichts war einfach, aber ich lernte zu Hause fast nie, was auch heute fast genauso ist. Bei mir ist es so, wenn etwas mir Spaß macht, dann lerne ich es sofort und vergesse es dann nie. Das ist mein Geheimnis. Danach fragen mich so viele Menschen. Ich hoffe, dass genau diese, es hier gelesen haben.

Meine Tante und mein Onkel leben in Winnenden bei Stuttgart. Er arbeitet bei Metro und sie bei Bosch und ich versuche, jedes Jahr nach Deutschland zu fliegen, denn so verbessere ich meine Sprachkenntnisse und vor allem sehe ich meine Verwandten. Aber ich dachte nie, dass ich einen Mensch sehen werde, der dort war oder lebt, wo ich schon mehrmals war, das besucht hat, was ich auch besucht habe.

Dieses Jahr ist das aber schon passiert. Und zwar habe ich zuerst den Blog von Karla entdeckt, bevor ich sie gesehen und persönlich kennengelernt habe. Da habe ich gelesen, dass sie aus Stuttgart ist und ich war im Schock, ich habe es einfach nicht geglaubt. Und habe jedem von meinen Freunden gesagt: “Wenn sie sagt, dass sie aus dem Rems-Murr-Kreis oder aus der Nähe ist, werde ich einfach sterben”. Als sie zum ersten Mal bei uns in der Gruppe war, habe ich sie natürlich gefragt, woher sie genau kommt. Ich glaube, dass sie auch ein bisschen schockiert war. Ihre Antwort hat mich einfach fertig gemacht. Meine Stimme war danach fast nicht da, meine Seele schon längst in Deutschland. Na ja, das war so mega und natürlich werde ich es jedem und jeder erzählen, wie klein die Welt ist. Mit Karla und Jasmin haben wir uns schon ein paar Mal getroffen und viele gute Momente zusammen gesammelt. Natürlich haben wir auch viele Wangenmuskel trainiert. So viel dazu. Jetzt etwas über mich.

Deutsch war immer am ersten Platz für mich. Alle Menschen, die mich seit langem kennen, wissen, was ich so für diese Sprache tun kann. Wie ihr es vielleicht erraten könnt, möchte ich natürlich nach Deutschland, um dort zu studieren. Lehramt (Deutsch/Biologie) ist mein großer Traum, aber am meisten will ich in der Luft sein, nicht als Pilot oder Kapitän – NEIN. Der persönliche Kontakt mit Menschen aus verschiedenen Kulturen und Ländern ist für mich sehr wichtig, deshalb als Flugbegleiter. Ich kann ja auch vier Sprachen flüssig und möchte diese unbedingt benutzen.

Ich liebe auch Tiere und habe 3 Hunde. Die Zara, Matty und Rexi. Aus dieser Tierliebe entstand ein großes deutsch-bulgarisches Tierschutzprojekt, das ich mit meinen Freunden weiterentwickle und hoffe, dass wir eines Tages stolz darauf sein können, was wir so gemacht haben.

Das ist es für diese Woche! Seid bereit für den nächsten Beitrag von Marieta. Sie besitzt ein großes Schreibtalent, aber mehr werde ich nicht verraten. Bleibt gespannt darauf und habt einen schönen Abend!

Ihr Soner

 

 

 

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