Tlacuayotl: Tag 15

Jetzt bin ich bereits an Tag 15 meines Ernährungsexperiments angekommen. Auf dem Herd köcheln Jicama und Karotten vor sich hin, gleich werd ich noch Kichererbsen für morgen einweichen und ein Viertel Apfel liegt hier schon bereit. So langsam hab ich zumindest in der Zubereitung eine gewissen Routine entwickelt. Trotzdem fällt mir das Einhalten der Regeln in den letzten Tagen nicht mehr so wirklich leicht. Das mag aber auch daran liegen, dass ich trotz Alkohol- und Softdrink-Abstinez bereits zwei Mal auf einem Konzert war. Um mich herum haben natürlich alle Bier getrunken und komisch geguckt, dass ich nur Wasser trinke. Ganz schön isoliert fühlt man sich da. Die Weihnachtsfeier in unserem Büro letzte Woche fiel mir da noch leichter. Auch wenn der Weihnachts-Punsch ziemlich gut gerochen hat und der Apfelstrudel verlockend aussah. Den frisch zubereiteten Hühnchen-Kartoffel-Apfel-Ananas-Salat von der Großmutter eines Freundes abzulehnen, war dann wiederum schon fast grenzwertig.

Körperlich geht es mir wunderbar, ich fühle mich ziemlich fit und ausgeglichen. Trotz wenig Schlaf, verspür ich kaum Müdigkeit. Ich fühl mich gesund und fast durchgängig satt. Jetzt, da mir nur noch 4 Tage fehlen, kehrt die Lust auf all die gewürzten und duftetenden Lebensmittel, die ich momentan nicht essen darf, allerdings zurück.

Mal für eine Zeit auszusteigen aus dem alltäglichen Konsumverhalten sensibilisiert ganz schön dafür, was und wie viel man sonst isst. Vor allem hier in Mexico fühle ich mich ständig von Essen umgeben. Die Kollegen bieten einem Süßigkeiten an, der deutsche Bäcker klingelt einmal die Woche, der leckere Sandwichmann ist nur 10 Meter entfernt, an jeder Ecke gibt es ein 7-Eleven oder Oxo (quasi der mexikanische Späti), aus denen ein ziemlich künstlicher Kaffe-Moka-Geruch hervorströmt, an den Eingängen der U-Bahn-Höfe werden alle möglichen Speisen verkauft, in den Durchgängen zu den Gleisen werden Süßigkeiten verkauft, in der U-Bahn kommen dann wiederrum die Verkäufer mit ihren Nüssen und Kaugummis, auf Konzerten laufen Menschen mit Mini-Pizzen, Popcorn und Eis durch die Menge und selbst wenn ich in der Wohnung bin höre ich draußen den Tamales-Mann mit seinem Tonband vorbeifahren und sein Essen anpreisen. Brauchen wir das tatsächlich alles? Nein. Ein Überangebot, nur damit wir konsumieren.

Ein weiterer Vorteil dieser 20 Tage ist, dass ich tatsächlich das Gefühl habe, dass sich meine Geschmacksnerven verfeinert haben. Reis, Haverflocken und Kartoffeln haben Eigengeschmack! Außerdem habe ich eine Vielzahl an Lebensmitteln probiert, die ich noch nicht kannte, wie Nopal, Süßkartoffel, Frijoles und Amarant.

Meine Vorfreude auf Dienstagk der Tag unserer Abschlussklausur des Náhuatl-Kurses, steigt. Als Belohnung werden wir nämlich schon nach der Klausur das Tlacuayotl abschließen und was gutes ordentlich gwürztes Kochen und dann gemeinsam essen!

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