Břeclav

Im Juli und August sind die tschechischen Schulen geschlossen, meine Zeit in Břeclav ist vorüber. Diesen Artikel schreibe ich aus Prag, wo ich die nächsten drei Wochen leben und arbeiten werde. Ich tauche ein in eine völlig andere Welt. Anstelle der Schule, der Jugendlichen, des festen Stundenplans, tritt das Goethe Institut, mit seinen Projekten und seiner völlig anderen Arbeitsweise. Ich gebe zu, ich freue mich sehr auf meine Zeit in Prag, auch wenn die Zeit am Břeclaver Gymnasium mir unglaublich viel Spaß gemacht hat und ich vieles für mein Leben mitnehmen werde (allem voran den Plan Lehrer zu werden), freue ich mich über den Tapetenwechsel zur richtigen Zeit. Die letzten Wochen waren toll und ich konnte einige Kontakte vertiefen, aber gleichzeitig hat von Tag zu Tag die tatsächliche Unterrichtsdauer und damit selbstverständlich auch die Motivation beider Unterrichtsparteien abgenommen, wodurch ich viel Freizeit hatte und mich an Ort und Stelle nicht wirklich nützlich gefühlt habe.

Hier habe ich noch ein paar Sachen gesammelt, die mich in den letzten vier Monaten begleitet haben, die mir wiederholt aufgefallen sind und die Břeclav zu dem gemacht haben, wie ich es gesehen habe.

… der Popcornduft: auf dem Weg zur Schule, oder auf dem Weg in die Stadt, der mir immer an der gleichen Straßenkreuzung entgegen weht.

… die wundervolle Natur, die mich, einmal raus aus der Stadt, umgibt: die langen Spaziergänge an der Dyje, die Fahrradtouren durch das Lednice-Valtice Areal, der starke Wind, die schnellen Wetterumschwünge, mein Lieblingsplatz auf einem kleinen Steg an der Dyje, das „Franken Tschechiens“, das Arbeiten, wo andere Urlaub machen.

… die Menschen, die mich begleiten: meine Vermieterin, immer fröhlich, immer lächelnd, auch wenn wir uns nicht immer ohne Weiteres verständigen können, meine Ansprechperson an der Schule, die mich auch privat unterstützt, die mir Tschechisch beibringt und bei der mir der Unterricht am meisten Spaß macht, die SchülerInnen, mal mehr mal weniger motiviert, die heilfroh sind, wenn sie sich, sobald der Schulgong ertönt, auf Englisch mit mir unterhalten können, die FreundInnen und Verwandten, mit denen ich beim Skypen viel Zeit verbringe, denen ich mein Herz ausschütte und die mir Geschichten aus der Heimat erzählen.

… das Essen, das bipolarer nicht sein könnte: das selbstgekochte Essen in Břeclav, immer gesund, ohne Fleisch aber auch nicht besonders abwechslungsreich und das Essen an Wochenenden, auf Reisen, tschechisch, deftig und unausweichlich fleischig, das Müsli und Honigbrot zum Frühstück, die Nudeln und das Gemüse zum Mittagessen und das Brot, mit Tomaten, Gurken und Käse zum Abendessen.

… die Wohnung: die großen Zimmer, die zwei Doppelbetten, der Schreibtisch ohne Tischlampe, die kleine Küche mit einer provisorischen Heizplatte, das kleine Bad, das Dachgeschoss, in dem ich lebe, und das sich bei zu viel Sonne in eine Sauna verwandelt.

… die Schule: die fröhlichen, aktiven und die unmotivierten SchülerInnen, die unterschiedlichen Lehrerinnen, bei denen ich viel lerne, die planmäßigen 19 Deutschstunden jede Woche, die ich begleite, das spontane Arbeitspensum, das mich mal per E-Mail um 23 Uhr aufschreckt, mir mal, schon auf dem Fahrrad und auf dem Nachhauseweg, hinterher gerufen wird, das tolle Schulgebäude, mein eigenes kleines Kabinett, die Klassenzimmer unter dem Dach, im Gebälk und mit Klimaanlage ausgestattet, die neugierigen Blicke anderer LehrerInnen und SchülerInnen, wenn sie mich im Treppenhaus treffen, meine Tschechischstunden, die zwischen einmal und fünfmal die Woche stattfinden, der Schüleraustausch nach Warschau, den ich mit durchführen darf.

… die Ausflüge am Wochenende: nach Brno, nach Lednice, nach Valtice, nach Prag, nach Ostrava, nach Mikulov, nach Wien, nach Bratislava, nach Olomouc, nach Kroměřiž, nach Breslau,  mal alleine, mal mit anderen Freiwilligen, mal mit BesucherInnen, bei denen ich viel gesehen habe, viel gelernt habe, die aber auch dafür verantwortlich sind, dass ich in Břeclav nicht richtig Fuß fassen konnte.

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