Břeclav

Im Juli und August sind die tschechischen Schulen geschlossen, meine Zeit in Břeclav ist vorüber. Diesen Artikel schreibe ich aus Prag, wo ich die nächsten drei Wochen leben und arbeiten werde. Ich tauche ein in eine völlig andere Welt. Anstelle der Schule, der Jugendlichen, des festen Stundenplans, tritt das Goethe Institut, mit seinen Projekten und seiner völlig anderen Arbeitsweise. Ich gebe zu, ich freue mich sehr auf meine Zeit in Prag, auch wenn die Zeit am Břeclaver Gymnasium mir unglaublich viel Spaß gemacht hat und ich vieles für mein Leben mitnehmen werde (allem voran den Plan Lehrer zu werden), freue ich mich über den Tapetenwechsel zur richtigen Zeit. Die letzten Wochen waren toll und ich konnte einige Kontakte vertiefen, aber gleichzeitig hat von Tag zu Tag die tatsächliche Unterrichtsdauer und damit selbstverständlich auch die Motivation beider Unterrichtsparteien abgenommen, wodurch ich viel Freizeit hatte und mich an Ort und Stelle nicht wirklich nützlich gefühlt habe.

Hier habe ich noch ein paar Sachen gesammelt, die mich in den letzten vier Monaten begleitet haben, die mir wiederholt aufgefallen sind und die Břeclav zu dem gemacht haben, wie ich es gesehen habe.

… der Popcornduft: auf dem Weg zur Schule, oder auf dem Weg in die Stadt, der mir immer an der gleichen Straßenkreuzung entgegen weht.

… die wundervolle Natur, die mich, einmal raus aus der Stadt, umgibt: die langen Spaziergänge an der Dyje, die Fahrradtouren durch das Lednice-Valtice Areal, der starke Wind, die schnellen Wetterumschwünge, mein Lieblingsplatz auf einem kleinen Steg an der Dyje, das „Franken Tschechiens“, das Arbeiten, wo andere Urlaub machen.

… die Menschen, die mich begleiten: meine Vermieterin, immer fröhlich, immer lächelnd, auch wenn wir uns nicht immer ohne Weiteres verständigen können, meine Ansprechperson an der Schule, die mich auch privat unterstützt, die mir Tschechisch beibringt und bei der mir der Unterricht am meisten Spaß macht, die SchülerInnen, mal mehr mal weniger motiviert, die heilfroh sind, wenn sie sich, sobald der Schulgong ertönt, auf Englisch mit mir unterhalten können, die FreundInnen und Verwandten, mit denen ich beim Skypen viel Zeit verbringe, denen ich mein Herz ausschütte und die mir Geschichten aus der Heimat erzählen.

… das Essen, das bipolarer nicht sein könnte: das selbstgekochte Essen in Břeclav, immer gesund, ohne Fleisch aber auch nicht besonders abwechslungsreich und das Essen an Wochenenden, auf Reisen, tschechisch, deftig und unausweichlich fleischig, das Müsli und Honigbrot zum Frühstück, die Nudeln und das Gemüse zum Mittagessen und das Brot, mit Tomaten, Gurken und Käse zum Abendessen.

… die Wohnung: die großen Zimmer, die zwei Doppelbetten, der Schreibtisch ohne Tischlampe, die kleine Küche mit einer provisorischen Heizplatte, das kleine Bad, das Dachgeschoss, in dem ich lebe, und das sich bei zu viel Sonne in eine Sauna verwandelt.

… die Schule: die fröhlichen, aktiven und die unmotivierten SchülerInnen, die unterschiedlichen Lehrerinnen, bei denen ich viel lerne, die planmäßigen 19 Deutschstunden jede Woche, die ich begleite, das spontane Arbeitspensum, das mich mal per E-Mail um 23 Uhr aufschreckt, mir mal, schon auf dem Fahrrad und auf dem Nachhauseweg, hinterher gerufen wird, das tolle Schulgebäude, mein eigenes kleines Kabinett, die Klassenzimmer unter dem Dach, im Gebälk und mit Klimaanlage ausgestattet, die neugierigen Blicke anderer LehrerInnen und SchülerInnen, wenn sie mich im Treppenhaus treffen, meine Tschechischstunden, die zwischen einmal und fünfmal die Woche stattfinden, der Schüleraustausch nach Warschau, den ich mit durchführen darf.

… die Ausflüge am Wochenende: nach Brno, nach Lednice, nach Valtice, nach Prag, nach Ostrava, nach Mikulov, nach Wien, nach Bratislava, nach Olomouc, nach Kroměřiž, nach Breslau,  mal alleine, mal mit anderen Freiwilligen, mal mit BesucherInnen, bei denen ich viel gesehen habe, viel gelernt habe, die aber auch dafür verantwortlich sind, dass ich in Břeclav nicht richtig Fuß fassen konnte.

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Seminar 2 | Bergfest

Fast einen Monat ist es schon her, dass ich gemeinsam mit anderen Freiwilligen aus Russland, Polen und Tschechien auf meinem Zwischenseminar in Kreisau, Polen war. Ein sehr locker gestaltetes Programm, das an den richtigen Stellen in die Tiefe ging, herrliches Wetter und viele liebe Menschen um mich herum, die in einer ähnlichen bis identischen Situation stecken, haben mein Bergfest zu einem richtigen kleinen Fest gemacht.

Direkt im Anschluss an das fünftägige Seminar habe ich ein Wochenende in Wroclaw (deutsch: Breslau) verbracht, der viertgrößten polnischen Stadt, die, wie es der Zufall will, dieses Jahr europäische Kulturhauptstadt ist. Im Klartext heißt das: kulturelle Angebote aus allen großen europäischen Städten so dicht aneinander gereiht, dass man kaum noch die eigentlichen Sehenswürdigkeiten findet, viele Menschen und unzählige kulinarische Highlights, von der Tapas Bude an der Oder, bis hin zum Gulasch im Brot auf dem großen Marktplatz.

Europäische Begegnungsstätte Kreisau

Gelände des "Kreisauer Kreises", einer Widerstandsgruppe im 3. Reich

Europäische Kulturhauptstadt 2016

das alte Rathaus

Platz "Novy Targ" mit dem Goethe Institut Pop-Up Pavilion

die Jahrhunderhalle

"Entertainment Brunnen" an der Jahrhunderthalle

Wroclaw

Installation der polnischen Stadt Lublin

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Die Tschechische Sprache

Ich lerne Tschechisch. Und das jetzt schon seit 3 vollen Monaten. Natürlich gab es die ein oder andere komische Situation, aber alles in allem habe ich große Fortschritte gemacht und bin mit meinem Niveau zufrieden. Denn für den Tourismus genügt es: in einem Restaurant halte ich mittlerweile von Anfang bis Ende auf Tschechisch durch, meine Zugtickets für Wochenendausflüge kaufe ich auf Tschechisch (was gar nicht so leicht ist, wie es scheint, da es einen eigenen Fall für Ortsangaben gibt, müssen alle Namen dekliniert werden) und auch für einen ’small talk‘ mit meiner Vermieterin reicht es. Um ehrlich zu sein glaube ich nicht, dass langfristig mehr hängen bleiben kann, deshalb wäre ich sehr zufrieden, wenn ich diese Kenntnisse festigen und auf zukünftigen Tschechienreisen darauf zurückgreifen könnte.

Den ersten intensiven Kontakt mit dieser Sprache hatte ich an meinem zweiten Abend hier in Břeclav. Wie ich weiter unten schon einmal erwähnt hatte, haben mich Menschen vom Bahnhof abgeholt, die perfekt Deutsch sprechen. Ganz anders sah aber die Situation bei mir zu Hause aus. Mit meiner Vermieterin, die mich schon mit einem kurzen, auswendig gelernten deutschen Satz und einem breiten Grinsen im Gesicht erwartet hatte, konnte ich mich nicht verständigen. Sie ist Mitte 70, verwitwet und spricht nur Tschechisch. Ich fühlte mich unwohl und schlecht vorbereitet. Sechs Monate verbringen wir unter einem Dach und ich kann noch nicht einmal sagen, dass es mich freut sie kennenzulernen. Am zweiten Abend, nachdem ich auch mental angekommen war, meine Taschen ausgepackt und eine erste Erkundungstour durch Břeclav gemacht hatte, wollte ich das Eis brechen und habe ihr einige Fotos von meiner Familie, die ich dabei habe, gezeigt. Das war ein Treffer ins Schwarze. Sie hat mir wiederum ihre Familie vorgestellt, von den Schwiegertöchtern bis hin zu Enkeln und Nichten, und versucht mir etwas Tschechisch beizubringen. Hierzu hatte sie Wortfelder aus einem Wörterbuch abgeschrieben, las die Wörter vor und ich sollte sie nachsprechen. Prinzipiell waren es überwiegend sinnvolle Themen, aber komplett ohne Hintergrundwissen und ein Sprachgefühl, ist langfristig nichts von diesem Abend hängen geblieben. Und wie sich später herausstellte arbeitet ihr Sohn nicht an einer Mountainbike Strecke im Himalaja, wie ich es an diesem Abend verstanden hatte, sondern ist dort lediglich einmal im Urlaub gewesen. Tja, so etwas kann passieren!

Seit meiner ersten Schulwoche nehme ich Einzelstunden bei einer Deutschlehrerin meiner Schule, denn eine Sprachschule gibt es hier nicht. Einzelunterricht bringt viele Vor-, natürlich aber auch Nachteile mit sich. Ein Nachteil ist zum Beispiel, dass wir zwar feste Termine haben, diese aber hin und wieder aus Zeitmangel ausgefallen sind. Mitte Mai schließlich absolvierten SchülerInnen des 13. Jahrgangs ihr Abitur und plötzlich wurden drei Wochenstunden frei, sodass ich in den letzten Wochen jeweils vier Tschechisch Stunden hatte (im Vergleich zu eineinhalb Stunden im April) und einen riesigen Fortschritt gemacht habe. Der Unterricht zielt in erster Linie auf meine mündlichen Fähigkeiten ab und ich hoffe in drei Wochen den Kurs auf einem A1 Niveau abzuschließen. Das klingt erst einmal nicht viel. In Spanisch oder Italienisch kann man dieses Niveau sicher in 2 Monaten erreichen, vor allem, wenn man, wie ich, schon Latein gelernt hat. Aber Tschechisch ist anders. Tschechisch ist eine slawische Sprache und es war schwer für mich die Aussprache zu lernen und mich an den Klang zu gewöhnen. Und natürlich ist es schwer Vokabel zu lernen, wenn man sie noch nicht einmal aussprechen kann. Hat man diese Hürde genommen, so lernt es sich ziemlich systematisch. Tschechisch ist eine konsonatenlastige Sprache. Sie hat 7 Fälle und das Prädikat vereint das eigentliche Verb, die Person und die Zeit in einem Wort. Das heißt, man muss unzählige Formen auswendig lernen und beim Sprechen auf jede Endung achten. Besonders stolz sind die TschechInnen auf ihre „-sch“ Laute. Einfach ein ˇ auf einen Buchstaben gesetzt und schon wird aus ř ein rsch, wobei das r gerollt wird und das r und sch gleichzeitig gesprochen werden müssen. Das gibt es auch als š, ž, č, ť, ě oder ň. Generell wird auf Tschechisch alles exakt so geschrieben, wie es ausgesprochen wird. Vor allem Wörter, die aus anderen Sprachen übernommen wurden, haben bei mir zu dem ein oder anderen Schmunzeln geführt. Meine Lieblingswörter sind: „džůs“ und „víkend“. Kannst du sie verstehen?

„Strč prst skrz krk.“ Wenn es einem Spaß macht kann man ganze Sätze bilden, in denen nicht ein Vokal vorkommt. Viel Sinn ergeben sie dann aber meist nicht: dieser Satz heißt so viel wie „Steck den Finder durch den Hals“. Viele Zungenbrecher gibt es aber für meine ‚deutsche Zunge‘ auch mit Vokalen. Oft fragen mich SchülerInnen, wie viel Tschechisch ich denn schon könne, und fordern mich auf Wörter wie „křišťál“ zu sagen, um anschließend über mich zu lachen. Meistens mache ich den Spaß mit und kontere anschließend auf Deutsch. Aber ganz so schlimm, wie man es erwartet ist Tschechisch nicht. Wenn man sich rein hängt, kann man die Sprache, wie jede andere auch lernen. Eine große Hilfe sind hierbei ‚Internationale Wörter‘: „moderní“, „aktivní“, „organizovat“ und „komunikovat“ sind nur vier von unzähligen Beispielen. Es sind mehr Gemeinsamkeiten mit der deutschen Sprache vorhanden, als man glaubt!

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Momentaufnahme | „Mohammed und sein Gewehr“

„Am Wochenende gehen wir in die Disko. Mohammed ist auch da. Er ist mit seinem Maschinengewehr da. Aber zum Glück ist auch Polizei da und nimmt ihn mit.“

Dieser kurze Text entstand letzte Woche während einer kreativen Gruppenarbeit zum Thema „Freizeit“, die ich in einer Klasse durchgeführt habe. Jeweils vier SchülerInnen sollten vier Texte auf vier Zetteln schreiben. Hierzu schreiben alle einen Satz auf einen Zettel und geben diese Zettel dann im Kreis weiter. So entstehen vier unterschiedliche Text von vier SchülerInnen zum gleichen Thema, weil sich jeder Text in eine unterschiedliche Richtung entwickelt. Eigentlich ganz harmlos, dachte ich. Bis ich beim umhergehen und korrigieren auf diese Zeilen gestoßen bin, deren Syntax ich aus ästhetischen Gründen und zum besseren Verständnis etwas aufpoliert habe.

Ich denke, bisher konnte ich mit Alltagsrassiusmus, wie er in meinem Umfeld vorkommt, ganz gut umgehen. Besonders am Anfang, als ich mich jeder Klasse vorstellte und die SchülerInnen mir in diesem Zusammenhang Fragen zu mir und Deutschland stellen konnten, wurde ich des öfteren damit konfrontiert. „Muss ich Angst haben, wenn ich mit meiner Freundin im Sommer nach Deutschland fahre?“ (wegen der Kölner Silvesternacht), „Wie findest du Angela Merkelova?“ (wegen ihrer Flüchtlingspolitik im Sommer 2015) und „Findest du es gefährlich in Deutschland zu leben?“ (wegen den vielen Flüchtlingen) sind Fragen, die mir mehr als einmal gestellt wurden. Mit einem charmanten Lächeln im Gesicht, habe ich dann nach bestem Wissen und Gewissen von meinen ausschließlich positiven Erfahrungen berichtet und naive Gegenfragen gestellt. Und auch wenn ich die meisten SchülerInnen sicherlich nicht von meiner Sichtweise überzeugen konnte, so gaben sie sich wenigstens mit meiner Antwort zufrieden und dachten (hoffentlich) weiter darüber nach. Mehr ist leider auch nicht drinnen, für eine ernsthaft Diskussion reicht das Deutsch der SchülerInnen nicht aus, und mein Tschechisch erst recht nicht.

Letzte Woche Dienstag kam es schließlich zu oben beschriebener Situation. Spätestens auf dem Vorbereitungsseminar habe ich für mich beschlossen beim Thema Diskriminierung und Rassismus stark zu bleiben. Ich wollte niemandem meine Überzeugungen einprügeln, aber souverän und nachhaltig antworten oder Gegenfragen stellen. Das ist mir letzte Woche nicht gelungen, zu sehr hat mich dieser Text aus der Fassung gebracht. Eigentlich wollte ich, wenn ich diesen Artikel veröffentliche, schon eine Lösung parat haben, eine perfekte Reaktion. Nach einer Woche des Darübernachdenkens fühle ich mich genau so leer, wie in der Situation selbst. Was hätte ich tun können?

Update: Es kam die Frage auf, ob der Schüler das wirklich so erlebt hat, oder ob es eine fiktive Geschichte ist. Mit absoluter Sicherheit kann ich das natürlich nicht sagen, aber in diesem Kontext und unter Berücksichtigung seiner ‚Emotionen‘ abseits des Blattes gehe ich davon aus, dass er es sich ausgedacht hat.

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Fähnchen im Wind

Es ist Frühling. Die Vögel zwitschern, die Bäume und Blumen blühen. Wenn ich jetzt morgens mit dem Fahrrad in die Schule fahre, muss ich darauf achten, dass ich nicht zu stark in die Pedalen trete, um bei dem Gegenwind nicht zu sehr ins Schwitzen zu kommen. Das wäre einfach keine guter Start in den Tag.

Und während sich der Sommer anbahnt und die Hosen kürzer werden, tauchen immer mehr Autos und Fahrräder mit kleinen tschechischen Flaggen auf. An den Seitenspiegeln, im Fenster oder auf dem Gepäckträger. So etwas bin ich eigentlich nur von großen Fußballturnieren gewöhnt, also von Weltmeisterschaften oder Europameisterschaften. Die Tschechen unterstützen so aber nicht ihr Fußballteam im Trainingslager, sonder vielmehr ihr Ice Hockey Team in Moskau. Zur Zeit findet nämlich die Ice Hockey Weltmeisterschaft in Russland statt und morgens vor dem Unterricht kommt man an meiner Schule kaum an diesem Thema vorbei. Besonders viel Euphorie liegt auch in der Luft, weil die Tschechen, die letztes Jahr noch der Veranstalter dieses Großevents waren, in ihrer Gruppe derzeit auf Platz 1 liegen.

Und warum findet eine Ice Hockey Weltmeisterschaft ausgerechnet im Mai statt? Diese Frage lässt sich wohl leicht beantworten: Genau wie im Fußball muss das Turnier abseits der regulären Session gespielt werde.

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Ostrava & Praha

Die Zeit fliegt. Um nichts zu verpassen, schaue ich nur kurz zurück. Schnell drehe ich mich wieder um, denn das nächste Wochenende, die nächsten Menschen, die nächste Stadt und die nächsten Erlebnisse warten schon auf mich.

In den letzten vier Wochen ist viel geschehen. Ich war in den drei größten Städten des Landes, hatte den ersten Besuch, habe mein erstes Ostern, ganz ohne bunte Eier, verbracht und letztendlich auch so etwas wie ‚Alltag‘ gelebt. Die Arbeit an der Schule, mit den SchülerInnen, macht mir noch immer großen Spaß. Mittlerweile ist mein Aufgabenbereich definiert: Abhängig von der Lehrerin, die ich begleite, übernehme ich in den Stunden einige Aufgaben und Übungen, die ich selbst vor- und nachbereite. Grammatikübung, Sprachübung, Gruppenarbeit, Spiel zu Auflockerung, etc. Auch mit Korrekturen und individuellen Unterrichtsstunden für eine deutsche Mutter­sprachlerin, deren gesprochenes Deutsch perfekt, das geschriebene jedoch sehr lückenhaft ist, bin ich beauftragt. Außerdem habe ich auch schon eine AnnenMayKantereit-Stunde gehalten, da sich deren Lieder durch die Themen und die tiefe, langsame Stimme des Sängers gut für 16 Jährige SchülerInnen, die ihre Lieblingsband auf deutsch präsentieren sollen, eignet. Demnächst steht dann eine Präsentation zu regionalen (kulinarischen) Spezialitäten auf dem Programm. Aber Achtung, liebe Tschechen: Nicht jeder Bayer isst Weißwurst!

Zu guter Letzt wächst mein ‚Tschechisch-Bäumchen‘. Mit großen Schritten bin ich in den ersten Wochen voran gekommen. Seit einiger Zeit beschränkt sich mein Vokabular nicht mehr auf ‚ahoj‘ und ‚dobrý den‘, sodass ich in nicht allzu ferner Zukunft diesem Thema sicherlich einen eigenen Artikel widmen werde. Gleichzeitig lerne ich nach und nach die Fälle, Konjugationen und Deklinationen. Es wird unübersichtlich und ich verliere den Überblick. Nichtsdestotrotz (oder gerade deswegen?) kann ich mich oft und lange zum lernen motivieren und hoffe so zurechtzukommen, was bisher gut klappt.


Ostrava

Ostrava ist die dritt größte Stadt Tschechiens und liegt im Nordosten der Republik. Hier habe ich mein Osterwochenende verbracht. Zu Zeiten des Kommunismus boomte die Stadt, dank ihrer Kohlevorkommen und der angesiedelten Industrie. Nirgendwo sonst in Europa lagen die Kohlegewinnung, die Koks- und schließlich die Stahlverarbeitung so nahe beieinander. Um der wachsenden Bevölkerung Wohnraum zu bieten, wurden Arbeiterviertel zwischen Industrieanlagen und Halden gebaut, die heute Ostrava bilden. Nach der Wende, die Betriebe waren im internationalen Vergleich der Konkurrenz nicht gewachsen, wurden die riesigen Anlagen still gelegt und über 100.000 Menschen verließen die Stadt aufgrund von Arbeits- oder Perspektivlosigkeit. Heute ist Ostrava eine unglaublich interessante Stadt. 10 Minuten südlich des Stadtkerns  läuft man durch ein verlassenes, verrostetes Industrieviertel, 15 Minuten östlich des Zentrums kann man eine künstliche Halde besteigen, deren Material noch immer arbeitet.

Ice Hockey Spiel in Ostrava

HC Vítkovice Steel - HC Verva Litvínov

Rathaus im Stadtteil Vítkovice

Industrieanlage im Herzen der Stadt

Industrieanlage im Herzen der Stadt

Industrieanlage im Herzen der Stadt

Industrieanlage im Herzen der Stadt

Industrieanlage im Herzen der Stadt

Vom Rathausturm

Arbeiter

Halde Ema


Praha

Zu Prag muss ich denke ich nicht viel schreiben. Die bekannteste aller tschechischen Städte hat es in sich. Ende März habe ich dort ein Wochenende verbracht, weil ich Freitags einen Termin am Goethe Institut (GI) hatte. Als Tourist habe ich die Stadt im ‚Prager Frühling‘ bei herrlichem Wetter als unglaublich lebendige, wahrhaftig schöne und sehr gut besuchte Stadt erlebt. Im Juli sind überall in Tschechien Sommerferien, sodass das GI mir angeboten hat drei Wochen vor Ort zu arbeiten. Ich werde also einige Zeit in Prag leben und die Stadt dann hoffentlich aus einer anderen Perspektive kennenlernen.

Ehemaliges Stalindenkmal

Altstädter Ring

Burgh zur Blauen Stunde

Karlsbrücke zur Blauen Stunde

Burg und Karlsbrücke

Vom Prager Eiffelturm

Deutsche Botschaft

Malá Strana

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Hausschuhe in der Schule

Ich fühle mich in Břeclav sehr wohl! Seit meiner Ankunft sind mittlerweile bereits zwei Wochen vergangen, höchste Zeit von meinen ersten Tagen, Břeclav und meiner Arbeitsstelle zu erzählen.


Ankunft

Ich wurde ausgesprochen herzlich und offen empfangen. Janka, Absolventin meines Gymnasiums und mittlerweile Germanistik Studentin, hat mich mit einem breiten Lächeln am Bahnhof erwartet. Die erste Kommunikation war also unerwartet deutsch und hat super funktioniert. Ich hätte genauso gut eine Station zu spät ausgestiegen sein können (also in Österreich), wäre da nicht ein großes ‚Břeclav‘ Bahnhofs-Schild über unseren Köpfen. Eine Deutschlehrerin, die kurze Zeit später zu uns gestoßen ist, hat mich dann zum Essen in einem Restaurant eingeladen, wir haben ein erstes tschechisches Bier getrunken und uns angeregt über mich, die Schule und meine Aufgaben unterhalten. Gegen 21 Uhr war ich in meiner Wohnung, froh in mein Bett zu fallen und froh drüber endlich anzukommen. Noch war es ein fremder Ort, aber gleichzeitig irgendwie auch schon meine neues Zuhause. Das restliche Wochenende hatte ich auch keine Möglichkeit so etwas wie Langeweile zu verspüren. Mit Janka hatte ich mich für den nächsten Tag verabredet, an dem sie mich durch die Stadt führte und mir alle wichtigen Ecken zeigte. Sonntags war ich bei Zdeňka, ebenfalls Deutschlehrerin und im Vorfeld meine Kontaktperson, mit der ich alles Organisatorische abgeklärt hatte. Sie und ihre Familie hatten mich zum Mittagessen eingeladen und machten mich am Nachmittag vor allem mit tschechischen Speisen und tschechischer Musik bekannt. (An dieser Stelle ein dickes Dankeschön an alle, die mir meine Ankunft so einfach gemacht haben. Das erste Wohlgefühl hat nicht lange auf sich warten lassen!)


Schule

Das erste, was mir in der Schule aufgefallen ist, waren Zdeňkas Hausschuhe. Sie erwartete mich Montags im Hof der Schule und führte mich anschließend herum. Das ganze in Hausschuhen. Und auch bei anderen Mitgliedern der Schulfamilie, vor allem bei LehrerInnen, aber auch vereinzelt bei SchülerInnen, kann man dieses Phänomen beobachten. Und nach der anfänglichen Verwunderung, frage ich mich: Warum nicht?! Die Hausschuhe sind für mich mittlerweile zu einem Sinnbild meiner Gefühlslage geworden. Ich fühle mich sehr wohl, auch am Arbeitsplatz! Meine ersten zwei Wochen waren auf einer Seite etwas monoton, da ich mich zuerst jeder Klasse vorgestellt habe und wir uns dann gegenseitig Fragen stellten. Auf der anderen Seite hat es mir riesigen Spaß gemacht, so gab es doch fast immer Abweichungen von den Standardfragen (Nein, ich habe kein Haustier. Ja, ich habe eine Schwester), die nun einmal von allen Leistungsklassen bewältigt werden können. Und gleichzeitig wurde ich innerhalb eines Tages mit der vollen Bandbreite an SchülerInnen konfrontiert: von sehr jungen & lernbegierigen bis hin zu älteren, die in vier Wochen Abitur machen & nicht mehr viel mit der deutschen Sprache am Hut haben. Alles in allem kann ich nach den ersten Tagen sagen, dass die Schule sehr bunt und lebendig auf mich wirkt und dass es mir großen Spaß macht!

Gymnasium Břeclav


Břeclav & Umgebung

In Břeclav (ausgesprochen in etwas: Brschetslaw, wobei das ‚r‘ gerollt wird) an sich ist nicht viel los. Alte Häuser reihen sich an neue, die (Fahrrad)Infrastruktur ist sehr gut ausgebaut und die Region ist eher für Wein, als für Bier bekannt. Hätten die Supermärkte Sonntags geschlossen und wären die Straßenschilder nicht auf Tschechisch, würde ich mir schwer tun, einen Unterschied zwischen dieser Stadt und einer kleinen Stadt in Unterfranken zu finden. Die immerhin knapp 25.000 EinwohnerInnen zählende Stadt, im Dreiländereck Tschechien – Slowakei – Österreich gelegen, bietet einen internationalen Zugknotenpunkt, ein Schloss und das direkt angrenzende Lednice-Valtice Areal. Diese ‚dekadente Spielwiese der Lichtensteinfamilie‘ (aus: Michael Müller Reiseführer ‚Tschechien‘) ist UNESCO Welterbe und die größte Parkanlage Europas. Hier finden sich etliche Monumente, Schlösser und andere Bauten aus der Zeit der Lichtensteiner. An meinem zweiten Wochenende habe ich den Park bei tollem Wetter mit dem Fahrrad erkundet. Es war herrlich! Jetzt bin ich auf den Frühling gespannt, wenn dort alles blüht und grünt!

Břeclaver Burg/Schloss

Schloss Lednice

ein Haus in Břeclav

Fahrradwege in Břeclav

Firma Racio

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Momentaufnahme | Abschied & Reise

Ich schaue aus dem Fenster, sehe Mama und Papa. Sie winken, lachen und haben Tränen in den Augen. Perfekt spiegeln sie so meine Emotionen wider, über richtige Gedanken kann ich kaum sprechen, dafür ist es in meinem Kopf zu chaotisch. Aber dieses mal ist alles anders. Vom Vorbereitungsseminar, hinein in die Familie, hinaus in die Welt. Es ist ein Abschied, nicht so herzzerreißend wie der von meiner Freundin, aber es ist ein letzter Abschied. Eine letzte bekannte Stimme und ein letztes bekanntes Gesicht. Ab jetzt weiß ich nicht mehr, was mich erwartet.

Ich schaue aus dem Fenster, das meine Emotionen spiegelt. Ich freue mich auf die kommende Zeit, und weine gleichzeitig der alten hinterher. Ich freue mich auf das Unbekannte, auf neue Herausforderungen und will in diesem Moment meine Wohlfühlzone, meine Heimat, meine Familie nicht verlassen.

Der Zug rollt an, ich schaue aus dem Fenster, winke und lächele. Irgendwie fällt mir dieses mal alles leichter. Ich habe ja schon Erfahrung im Abschied nehmen und wusste was mich erwartet. Meine Eltern kann ich jetzt nicht mehr sehen, vor dem Fenster ist für einige Zeit alles schwarz, dann erscheint Berlin. Ich wende meinen Blick ab und nehme das erste mal meine neue Umgebung wahr, die mich für die kommenden acht Stunden begleitet. Mein Abteil ist fast leer, lediglich zwei Geschäftsmänner am anderen Ende des Wagons und ein junges Paar im 4er direkt neben mir haben sich für den 9:00 Uhr Zug entschieden. Die Wände werden verhüllt von teils offenen, teils geschlossenen, mit Spitzen bestickten Gardinen. Sie sind von der Sonne verblichen und von, mit ihrem Kopf am Fenster lehnenden, Fahrgästen fettig. Der Mülleimer quillt über, trotz des schönen Wetters leuchten und flackern alte Neonröhren über meinem Kopf. Ich sitze auf einem braun-orange-gelb bestickten Sitz, durchgesessen von den unzähligen Fahrgästen der letzten Jahrzehnte.

Das alles nehme ich ganz genau war. Akribisch tasten meine Augen alles Neue ab, dann richte ich meinen Blick wieder aus dem Fenster. Inzwischen haben wir Berlin verlassen und eine Landstraße und einige Bäume rasen an mir vorbei. Langsam kommt das Bewusstsein dieser Reise, das ich auf dem Vorbereitungsseminar erarbeitet habe, wieder zum Vorschein. Die Ängste und Befürchtungen, aber vor allem anderen die Vorfreude.

Während mein Blick den vor dem Fenster vorbeitanzenden Bäumen folgt, nehme ich meine Kopfhörer aus dem Rucksack, öffne meinen Musikplayer und suche nach passender Musik. Ich entscheide mich für alt-J’s „This is all yours“. Mit seinen ruhigen, schnellen und melodischen Liedern fängt mich dieses Album auf. Es gibt mir das Gefühl, mich zu verstehen und schenkt mir ein Happy End. Besser hätte es nicht laufen können, besser kann es nicht werden. Also packe ich die Kopfhörer wieder ein und stecke mein Handy in die Hosentasche. Jetzt genieße ich die Stille und das Gefühl zu reisen.

Břeclav, 11.03.2016

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Seminar 1 | Wechselbad der Gefühle

Ich fühlte mich gut vorbereitet. Das erste mal in meinem Leben hatte ich einen Koffer gepackt ohne das Gefühl zu haben, etwas (wichtiges) zu vergessen. Jetzt hieß es raus aus der Wohlfühlzone, hinein in das Abenteuer. Wie soll ich mich denn weiterentwickeln, wenn alles beim Alten bleibt, ganz ohne neue Herausforderungen? Wie soll ich mich besser kennen lernen?

Auf diese theoretischen Gedanken folgte eine Achterbahnfahrt. Am Abend vor meinem Aufbruch, war ich angespannt wie noch nie in meinem Leben. Mein Herz klopfte, ich wollte, dass es endlich los geht. Ich hatte kein Hunger und konnte nicht schlafen. Am Morgen des Aufbruchs war es nicht anders. Ein interessantes Chaos. Jetzt bin ich aber auch froh es wieder los zu sein.

Das nächste woran ich mich erinnern kann, ist der überfüllte Zug. Ich hatte eine Sitzplatz reserviert, konnte meine Gedanken also beim aus dem Fenster starren sacken lassen. Meinen schweren Koffer musste ich allerdings gut 15m entfernt, am Ende des Abteils in einer Ecke abstellen. Dass ich ihn nicht im Blick hatte, interessierte mich in diesem Augenblick nicht. Während die letzten 24 Stunden zu Hause von Abschiedsstimmung und Trauer geprägt waren, bekam ich während der Zugfahrt wieder Lust auf Tschechien. Ich las im Reiseführer, Vorfreude und Neugierde kamen erneut auf und übertönten alle anderen Gedanken.

In Berlin angekommen lief ich alleine durch die Stadt, vorbei am Reichstag, durchs Brandenburger Tor, auf „Unter den Linden“ schaffte ich es bis zur Museumsinsel, dann drehte ich um. Es war bitterkalt und ich fühlte mich alleine. Die Vielfalt und Größe dieser Stadt überwältigte mich. Ich suchte mir eine Kneipe und aß etwas, danach hielt ich mich noch zwei Stunden in einer Buchhandlung auf, die zum einen schönen warm war und zum anderen bis 24 Uhr geöffnet hatte. Am nächsten Morgen stand ich früh auf, die Sonne schien. Gut 1 ½ Stunden vor dem eigentlichen Termin war ich am Berliner Hauptbahnhof, an dem sich alle trafen. Und trotzdem war ich nicht der/die erste kulturweit Freiwillige. Die Begegnungen waren herzlich und voller Vorfreude, aber gleichzeitig auch oberflächlich. Während die Menschentraube nach und nach wuchs, lernte ich viele neue Gesichter kennen, hörte viele Storys, was sie das letzte halbe Jahr gemacht hatten und erfuhr von vielen Einsatzorten, die nun ihre neue Heimat werden wird. Als ich in den Bus stieg, der uns zum Auswärtigen Amt brachte, hatte ich all das wieder vergessen. Die Begrüßung dort war in Ordnung, wirkte auf mich aber aufgesetzt. Das kulturweit Team und einige Angestellte des Auswärtigen Amts empfingen uns und formale Worte füllten den „Weltsaal“. Die Häppchen waren vorzüglich!

Und dann begann es, das Vorbereitungsseminar. Während der ca 70 minütigen Busfahrt, überkam mich wieder die Vorfreude. 70 Minuten waren genug Zeit, um meine Sitznachbarin kennenzulernen.

Seminargebäude EJB Werbellinsee

Werbellinsee

An der EJB (Evangelischen Jugendbildungsstätte) angekommen war ich etwas eingeschüchtert. Angesiedelt direkt in einem Waldstück am Werbellinsee waren Baracken und Gebäude der ehemaligen Pionierrepublik „Wilhelm Pieck“ übernommen worden, in der bis 1989 Parteifunktionäre der SED Urlaub machten und Seminare besuchten. Und haargenau so sah es dort auch aus.

Ich dachte eigentlich, dass ich mit einer Woche Abstand ein Fazit über das Seminar ziehen und euch gleichzeitig einen guten Einblick liefern kann. Das klappt leider nicht. Aber lasst mich soviel sagen: Es ging um Rassismus und Sexismus, unsere Partnerorganisationen und Projektarbeit, um Versicherungen und eigene Grenzen, um den Sinn der ganzen Aktion und Post-Kolonialismus. Zehn Tage sind schließlich eine lange Zeit. In vielen Momenten ging es mir gut, in einigen habe ich mich absolut unwohl in meiner (weißen, männlichen) Haut gefühlt. Es war ein Programm das in Kombination mit den TeilnehmerInnen und ihrem Verhalten tief unter die Haut ging und aus dem ich viel für mich mitnehmen konnte. Vielleicht kann ich zu einem späteren Zeitpunkt mehr mit euch teilen, für diesen Moment solltet ihr die „Momentaufnahme“ etwas weiter unten lesen und euch darüber Gedanken machen. Rückblickend waren es zehn extrem kurzweilige Tage.

Nach einem weiteren Abend und einer weiteren Nacht in Berlin, die ich gemeinsam mit meinen Eltern verbracht habe, die extra angereist sind (Danke!), ging es dann endlich weiter mit meiner Reise in die Tschechische Republik!

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Momentaufnahme | Rassismus

Dienstag Vormittag. Unser erster richtiger Seminartag beginnt. Ungefähr 80 junge Menschen sitzen im „Kino“, einem großen Raum, nach hinten sind die Sitzplätze erhöht, die Blickrichtung zielt auf eine Leinwand, unter ihr eine Bühne. Auf dieser Bühne steht Natascha. Sie ist Deutsche, schwarz und referiert zum Thema Rassismus. Zum Auftakt des Themenkomplexes versorgt sie uns mit Fachwissen, danach folgt eine interaktive Übung. Sie stellt Thesen (von Dr. Eske Wollrad) vor, treffen diese auf uns zu, sollen wir aufstehen.

Natascha beginnt mit der ersten Frage: „Wenn ich will, kann ich es arrangieren, die meiste Zeit in Gesellschaft von Menschen meiner Hautfarbe zu verbringen.“ Ich stehe auf. „Ich kann die Zeitung aufschlagen oder den Fernseher einschalten und Mensch meiner Hautfarbe überall repräsentiert sehen.“ Ich stehe auf. „Ich kann sicher sein, dass es in jedem Friseursalon MitarbeiterInnen gibt, die meine Haare frisieren können.“ Ich stehe auf. „Ich werde nicht aufgefordert, für alle Menschen meiner Hautfarbe zu sprechen.“ Ich stehe auf. „ Ich kann die Sprache und Tradition von schwarzen Menschen, die weltweit die Mehrheit darstellen, ignorieren, ohne dass meine Kultur das bestraft.“ Ich stehe auf. „Wenn ich verlange mit einer/einem Vorgesetzten zu sprechen, kann ich ziemlich sicher sein, dass es eine Person mit meiner Hautfarbe ist.“ Ich stehe auf. „Wenn ich Pflaster (oder Make-Up) mit der Bezeichnung ’naturell‘ kaufe, kann ich sicher sein, dass es mehr oder minder meiner Hautfarbe entspricht.“ Ich stehe auf. „In meiner Religion haben alle abgebildeten zentralen Figuren ungefähr meine Hautfarbe.“ Ich stehe auf. „Wenn ich von Polizeibediensteten auf der Straße angehalten werde, kann ich sicher sein, dass meine Hautfarbe nicht der Grund ist.“ Ich stehe auf. „Wenn ich neue Leute kennen lerne, wundert sich niemand über meine Deutschkenntnisse.“ Ich stehe auf. „Ich habe die Wahl mich mit Rassismus auseinanderzusetzen, oder auch nicht.“ Wieder stehe ich auf.

EJB Werbellinsee, 02.03.2016

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