Abschlussbericht

Welche Ihrer Erwartungen an den Freiwilligendienst haben sich erfüllt und welche nicht?

Zuerst möchte ich betonen, dass es für mich persönlich wohl das Beste war, was ich machen konnte nach dem Abitur. Ich wollte damals nicht sofort studieren, sondern zuerst etwas mehr von der Welt sehen, andere Perspektiven und Lebensweisen kennen lernen und diese Erwartungen haben sich sowohl in Bezug auf meine Arbeit in der Einsatzstelle als auch auf mein Leben vor Ort in Chile und während meiner Reisen erfüllt.

In Bezug auf meine Einsatzstelle waren meine Erwartungen eher unklar. Mir war schon vor Beginn des Freiwilligendienstes klar, dass ich – an einer PASCH-Schule eingesetzt- bestimmt nicht die prädestinierte Lehrerin bin, aber ich hielt es für eine wertvolle Erfahrung und deswegen habe ich mich auch auf die Arbeit an der Schule gefreut, trotz eher unklarer Erwartungen. Als ich dann dort war, war ich von der Schule ziemlich schockiert. Für diese Schule hätte ich kein Pädagogikstudium gebraucht, aber vielleicht hätte mir vorher eine Grundausbildung beim Bund weitergeholfen. Das größte Problem waren nicht mal die geringen (um nicht zu sagen verschwindend geringen) Lernerfolge der Kinder im Deutschunterricht, sondern eine Mischung aus sozialen Problemen, Disziplinlosigkeit, fehlender Leistungsbereitschaft auf seinen der Schülerinnen und Schüler, die einen normalen und konzentrierten Unterricht unmöglich machte und den Hang der Lehrer dazu, die Situation einfach so gut wie möglich zu verwalten. Wenn man schon derart damit beschäftigt ist, die Klasse unter Kontrolle zu behalten, rückt der didaktische Teil zwangsläufig in den Hintergrund.

In gewisser Weise hat diese Schule damit meine Erwartungen, andere Lebens- und Arbeitsweisen zu sehen mehr als erfüllt, allerdings gestaltete sich der Arbeitsalltag entsprechend schwierig.

 

Was ist für Sie der größte Gewinn Ihres Freiwilligendienstes?

Denken Sie hier z.B. an den Erwerb von sozialen/fachlichen Fähigkeiten/Kompetenzen, persönliche Erkenntnisse, kulturelle Lernerfahrung oder berufliche Orientierung.

Abgesehen von der Bereicherung durch neu geschlossene Freundschaften, viel gemeinsam verbrachte Zeit, viele Reisen und doch ganz passable Spanischkenntnisse war meine größte persönliche Erkenntnis, wie sehr die Umständen in die ein Mensch hineingeboren wird, sein Leben und seine Perspektiven bestimmen: Ich habe in Chile sowohl Freunde aus gut situierten als auch aus ärmeren Verhältnissen gewonnen und ihre Lebensweisen und Perspektiven sind grundverschieden, von annährend europäisch bis zu ausgesprochen prekär. (Und dabei bedenke ich nicht einmal, welche Möglichkeiten mir gegeben wurden und werden, zum Beispiel ein Jahr in Chile zu verbringen und danach ein kostenfreies Studium zu beginnen.)

Wie haben Sie selber auch einen Gewinn für Ihre Einsatzstelle dargestellt?

Ich habe mich gut mit meinen Kolleginnen und Kollegen verstanden und ich hoffe, dass ich für sie den meist belastenden Arbeitsalltag etwas angenehmer gestalten konnte. Das einzig bleibende von meiner Arbeit wird wohl die Deutschlandkarte sein, die ich gemalt und aufgehängt habe.

Welches war Ihr einprägsamstes Erlebnis?

Im Gespräch mit ein paar Schülern, ungefähr 14 Jahre alt:

Im Gespräch geht es um das kommende lange Wochenende. Ich erzähle, dass ich mit einer Freundin in die fünf Stunden entfernte argentinische Stadt Mendoza fahren werde und ernte nur erstaunte Blicke. Ob den einer von ihnen schon mal dort war? Nein. Und sonst wo in Argentinien? Nein. Überhaupt außerhalb Chiles? Auch nicht. Es stellt sich heraus, dass von ihnen die Hälfte noch nie Santiago verlassen hat und erst eine einzige Schülerin mal in Valparaíso an der Pazifikküste war, 90 Minuten im Bus entfernt. Danach versteht man viel eher, aus welcher Perspektive sie die Welt sehen.

Lesen Sie noch einmal Ihren Zwischenbericht – welche Aspekte haben sich seither geändert 
oder werden von Ihnen nun anders beurteilt?

Dies kann sich z.B. auf den Arbeitsalltag/Tätigkeiten, sozialer Umgang, Lernerfahrungen, Betreuung oder sprachliche
Schwierigkeiten beziehen.

Zwar kann ich mich ehrlich gesagt nicht erinnern, einen Zwischenbericht geschrieben zu haben, aber ich will mich mal an die Situation im November vergangenen Jahres erinnern: Damals hospitierte ich seit fast drei Monaten im Deutschunterricht und mit der Aussicht, das noch ein dreiviertel Jahr zu tun. So ist es zum Glück nicht gekommen. Ich habe im zweiten Semester einige Unterrichtseinheiten für drei bis fünf Schülerinnen und Schüler jeweils gegeben und diese Tätigkeit gefiel mir wesentlich besser, auch wenn der Erfolg begrenzt war.

Natürlich finde ich mich seit damals bedeutend besser zurecht, habe mehr Freunde gewonnen, kann besser Spanisch und fühle mich dadurch auch insgesamt wohler in Santiago.

Haben Sie sinnvolle und realisierbare Vorschläge in Bezug auf den Freiwilligendienst »kulturweit« für…

… Ihre Partnerorganisation?

Für meine Einsatzstelle war die PASCH-Zentrale im Goetheinstitut von Buenos Aires zuständig und das war nicht immer problemlos. Die Kommunikation zwischen der Verwaltung von kulturweit und PASCH schien nicht gut zu funktionieren, besonders auf das Zwischenseminar bezogen, wo kulturweit und die PASCH-Zentrale widersprüchliche Informationen verbreiteten.

Viele der Projekte von PASCH waren in der Schule auf Grund der Bedingungen vor Ort so gut wie nicht durchzuführen, das PASCH-Net, dem auf dem Vorbereitungsseminar ein ganzer Nachmittag gewidmet wurde, ist komplett unbrauchbar. Der von PASCH organisierte Sommerkurs entsprach nicht mal annähend den Fähigkeiten der Schüler, weshalb er uninteressant war.

In dem Bereich müsste man etwas mehr auf die Bedürfnisse der Schulen eingehen.

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