Strasse? Welche Strasse

Sucre, Santa Cruz de la Sierra, Asunción. Das waren die letzten drei Etappen meiner Reise und da die Städte nicht überaus spannend sind, werde ich mich der Busreise widmen:

Von Sucre nach Santa Cruz, angebliche Dauer: 17 Stunden, Entfernung: 500 km.

Angeblich sollte es um 17:00 Uhr am Dienstag losgehen, aber um 17:30 Uhr standen wir nach wie vor im Terminal und es bewegte sich rein gar nichts. Aus unerklärlichen Gründen setzte sich der Bus mit gut einer dreiviertel Stunde doch langsam, ganz langsam in Bewegung. Ich lernte während der Fahrt Sebastián und Matías aus Santiago kennen, die vollkommen begeistert davon waren, dass ich auch in Santiago lebte. Sie machten eine gaplante einjährige Südamerikareise, waren inzwischen ganz drei Wochen unterwegs und dachten es wäre eine gute Idee, die Busfahrt mit einer Flasche billigem, nachgemachtem, bolivianischen Pisco zu verkürzen und luden mich freundschaftlich dazu ein, ihre Idee mit auszuprobieren.

So verging eine Weile, wir waren inzwischen raus aus der Stadt und … auf der Strasse?! Nein, schön war´s gewesen, aber statt einer Strasse erstreckte sich links vom Bus Dreck und Gestein, rechts vom Bus Dreck und Gestein und wir fuhren auf … Dreck und Gestein. Entsprechend ist auch die lange Fahrzeit für die doch überschaubare Distanz zu erklären. Es wackelte jedenfalls gewealtig und das im Grunde die ganz Nacht über, bis wir dann im Morgengrauen in Santa Cruz im Terminal irgendwo am Ende der Stadt ankamen.

Da ich kein Hostal reserviert hatte und nicht am Terminal bleiben wollte, machte ich mich mit meinen neuen Freunden nach einer abenteuerlichen Fahrt mit einem lokalen Kleinbus, die definitiv nicht für Gepäck ausgelegt sind, auf den Weg Richtung Zentrum. So standen wir aber um kurz nach sieben auf dem zentralen Platz in Santa Cruz de la Sierra und machten uns auf der Suche nach einem Hostel, die recht erfolgreich nach wenigen Mituten mit dem Auffinden einer Pension, die zum üblichen Preis von 4 Euro 50 ein Zimmer mit Gemeinschaftsbad und etwas warmen Wasser bietet.

Am Nachmittag erkundete ich ein wenig die Stadt, aber auser einem netten Plaza hat Santa Cruz erstaunlich wenig zu bieten, aber immerhin war es angenehm warm und die Luft nicht so dünn wie im Hochland. Sebastián und Matías erzählten mir, dass sie nach gut drei Wochen Reise schon fast pleite waren und sich jetzt überlegten, wie sie auf der Reise Geld verdienen könnten. Irgendwas basteln und verkaufen, zum Beispiel. Wir überlegten ein bisschen herum und die beste Idee war wohl die, die Völkerfreundschaft zwischen Chile und Bolivien durch eine Geschäftsidee zu beleben, die sich „¡Insulte el Chileno!“ nannte, Beleidige den Chilenen. Eine durchaus unterhaltsame Idee. Am Abend gingen wir weg, Happy Hour von 8 bis 8, zwei Caipirinhas fuer 2 Euro.

Am nächsten Morgen stand ich um neun Uhr auf. Es war furchtbar, aber ich wollte das Ticket nach Asunción lieber am Morgen holen, um noch einen Platz zu bekommen. Nachdem ich die Hürde des Aufstehens genommen hatte, gab es noch eine zweite: Ich hatte kein Geld mehr. Oder fast keins mehr. Meine Karte von der Deutschen Bank, die mir sonst immer treu Brageld brachte, wurde von den bolivianischen Automaten schlichtweg wieder ausgespuckt. Also hin zum Terminal, den einzigen Bus ausgemacht, der sich am selben Tag noch nach Asunción aufmacht und ein Ticket gekauft. Das heisst, dem Typen erklärt, dass ich zwar im momentan eine Anzahlung von 10 Euro geben kann (bei einem Fahrtpreis von knapp 40), aber den Rest dann ein anderes Mal. Er akzeptierte ohne ine Wimpernzuckern. Ich bin wohl sehr vertrauenswürdig.

Von Santa Cruz de la Sierra nach Asuncion, angebliche Dauer: 20 Stunden, Entfernung: 1300 km

An diesem Tag ging nur ein einziger Bus nach Paraguay und der Busstieg war übervoll mit Leuten, die alle ein Ticket für diesen Bus hatten. Es stellte sich heraus, dass schlichtweg zu viele Tickets verkauft worden waren als es Plätze im Bus gab. Ich sass zu diesem Zeitpunkt schon im Bus und schaute mir das hektische Treiben aus dem Fenster an. Die Abfahrt war für 19 Uhr angekündigt, aber selbstverständlich war es schon viel später.

Dann fuhr der Bus irgendwann los, die wütende Meute der Platzlosen hinterher, aber nur um 50 Meter hinter dem Terminal anzuhalten. Dort stand ein zweiter Bus bereit (wo auch immer der jetzt herkam?), alle Passagiere wurden gebeten, auszusteigen und wurden neu aufgeteilt. Ich war nun im zweiten Bus, der nun sich merkwürdigerweise zur Hälfte leer auf den weg nach Asunción machte.

Ich lernte einen jugen Brasilianer kennen, mit dem ich mich auf Englisch unterhielt, während seine leicht übergewichtige und zu strak geschminkte Tante hysterische Einwürfe auf Spanisch mit starkem portugiesischem Akzent ihre Reise betreffend machte. Ich war angesichts der vergangenen Tage sehr müde, machte gegen halb zehn kurz mal die Augen zu, um im Morgengrauen an der bolivianischen Ausreisestelle durch die Schreie des Busfahrers geweckt zu werden.

Alles stiegen wir aus und bildeten eine Schlange, um den Ausreisestempel zu kassieren. Ich war die Dritte in der Schlange, vor mir zwei merkwürdige Gestalten, denen ich auch nicht so genau über den Weg getraut hätte. Der Grenzbeamten rief den ersten rein und fing an, den guten Kerl auseinanderzunehmen. Wann er denn eingereist wäre? Von wo aus? Und mit welcher Fluggesellschaft? Wie viel hat das Ticket gekostet? Der arme Kerl kam ins stottern. Nach einigen Minuten wurde er wieder zurückgeschickt und war danach nicht mehr im Bus. Dem zweiten erging es genauso, nach einer ähnlichen Befragung. Dann war ich dran. Ich setzte mein harmlosestes Gesicht auf und ging rein. Der Grenzbeamte war ein älterer Typ dem man ansah, dass er dem rest der Welt gerne das Leben schwer machte. Er mussterte mich, nahm wortlos meinen Pass, haute den Stempel rein und schob ihn mir zurück. Ich verliess unauffällig den Raum und war froh, es so gut überstanden zu haben.

Nach ein wenig Kollateralschaden an der Grenze ging es weiter Richtung Paraguay. Nun muss man wissen, dass im Norden von Paraguay im grunde rein gar nichts ist und entsprechend verzweifeld sah auch die Zollstelle aus, von wo aus uns drei Soldaten entgegegejoggt kamen, um Taschen zu inspizieren. dazu legten sie sie auf den Boden und starrten etwar 10 Minuten lang die versammelten Taschen an. Haben die Röntgenaugen? Danach konnte alles wieder eingeladen werden, lediglich für den zwei Sitzplätze einnehmenden Fernseher der Frau in der Reihe hinter mehr interessierten sie sich solange, bis die Gute sie mit einem kleinen Geldgeschenk ablenkte. So läuft das halt…

Die Strasse war hier immerhin eine Schotterpiste, sehr holprig und Stunden gingen ins Land, bis wir das nächste Gebäube sahen. Das war die Einreisestelle, in der die eigentliche Zollkontrolle stattfand. Wieder wurden alle Taschen ausgeladen, diesmal mussten sie aber geöffnet werden und zuerst kam ein Hund und beschnupperte alles. Ich bin mir aber nicht sicher, ob das wirklich ein Drogenspürhund war oder schlichtweg ein Strassenköter, der irgendwie durch den Zaun gekommen war. Erfolg hatte er jedenfalls nicht. Dann gingen die Zöllner ans Werk, die tatsächlich jeden einzelnen Koffer durchsuchten.

Mein Rucksack war für die Verhältnisse ausgesprochen ordentlich gepackt und ich hatte am Tag zuvor noch mein Schmutzwäsche waschen lassen, also war ich doch sehr drauf beacht, dass es bitte auch so bleiben würde. Daran orientierte sich der Zöllner natürlich nicht, als er anfing, sich durch meine frisch gewaschenen Klamotten wühlte. Wo ich denn herkäme, fragte er mich. Aus Deutschland, sagte ich, aber ich hätte die letzte Zeit in Chile gewohnt. Und was ich in Paraguay wollen würde?- Nur ein wenig rumreisen. Ob ich alleine unterwegs wäre?- Ja. Ganz alleine? – Ja, immer mal wieder mit verschiedenen Leuten, aber im Grunde schon. Ob ich Kinder hätte?- Nein, ich bin 20. Ob ich welche wollte?- Nein, danke?! Danach verebbte das Gespräch und ich konnte meine Tasche zurück in den Bus bringen.

Bis Asunción passierten wir noch einige Polizeikontrollen, aber die Polizisten interessierten sich jedesmal nur für dieses Monster von Fernseher und liessen sich ihr Desinteresse von der Besitzerin entlohnen. Zwischendurch war noch ein Soldat zugezogen, der sich danach mit der Frau über Korruption und wer davon profitiert austauschte.

In Asunción kamen wir gegen acht Uhr abends an, ich hatte diesmal eine Hostalreservation und versetzte im lokalen Bus alle in Aufruher, indem ich einen älteren Herren danach fragte, wo ich denn am besten aussteigen solle und das zum allgemeinen Gesprächsthema im Bus wurde, zu dem jeder eine andere Meinung hatte. Letztendlich bin ich aber gut ins Hostal gekommen und Asunción präsentiert sich bis jetzt frisch, aber durchaus chamant.

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