Unter Tage

Nach meinem legendaeren Aufenthalt auf der Isla del Sol bin ich weiter nach Potosí gefahren. Das war einst die legendaere Silberstadt der Spanier und angeblich koennte man eine Bruecke aus Silber (oder menschlichen Ueberresten; beide Versionen existieren) von dort bis nach Madrid bauen. So schoen, so gut. Jedenfalls dachte ich, dass ich mir die Mine doch mal anschauen muesste, wenn ich da bin.

So schloss ich mich einer Tour an, die uns erst den Berg hochfuhr (der immerhin auf 4000 m liegt). Dann wurden alle mit Gummistiefeln, einer Ueberzughose, einer Jacke, Helm und Lampe ausgestattet und die Tour ging los.

Ich war in der spanischen Tour und neben mir waren da noch zwei Deutsch-Schweizer, eine Deutsch-Argentinierin und ein Deutscher. So weit zur spanischen Tour. Der Fuehrer hiess Oscar, hatte 20 Jahre selber in der Mine gearbeitet und drueckte mir quasi zur Begruessung eine Stange Dynamit in die Hand. Danach erklaerte er, dass es ein brauch der miñeros sei, vor jedem Gang in die Mine ein aus 94% Alkohol bestehendes Gebraeue zu trinken, weil man dann darauf hoffen koennte, der Berg wuere einem auch 94% von irgendwelchen brauchbaren Mineralien geben. Das mussten wir natuerlich auch tun, obwohl ich fuer meinen Teil gar keine 94% von irgendwas von diesem berg haben wollte, sondern am Ende einfach zu 100% vollstaendig wieder rauskommen wollte, aber sei es drum…

Der Eingang des Berges sah dann auch aus wie der Hoellenschwund (samt Blut eines geopferten Lamas an der Decke!!! Kein Witz!!!) und es war verdammt dunkel. Da begann ich, mich an meine naechtliche Wanderung auf der Isla del Sol zu erinnern, als der Weg dann zunehmen matschiger wurde und wir dann durch Pfuetzen liefen, wusste ich, wie sehr ich vor ein paar Tagen schon diese Gummistiefel gebaruacht haette.

Der Weg verlief erst vertikal, zwischendurch kamen wir noch am Tió, einer Art Berggott vorbei (der auch mit diesem Alkoholgebraue uebergossen wurde, weshlab auch immer.) und an einem ersten Kumpel, der auf einem Sack sass und schlief. Angenehme Mittagspause!

Dann stiegen wir ein Stockwerk tiefer hinab, sogar ueber so etwas wie eine Treppe und hatten die gute Absicht, einem miñero bei der Arbeit zu helfen. Er hatte am Morgen mit mehreren Dynamitsprengungen eine ganze Ladung Dreck aus der Wand gesprengt und musste den nun nach oben transportieren. Wir stellten uns in einer Kette auf, der Kumpel schleuderte mir den ersten Sack Dreck entgegen und ich – der wog aber auch mindestens einen Zentner- fiel erstmal mit dem Sack ruecklings in den Dreck. Das war dann das ende meiner Karriere als Hilfsarbeiterin im Bergwerk und ich war ganz froh drum.

Weiter ging es hinab, der Staub war inzwischen so massiv, dass meine Kamera bei Fotos mit Blitzlicht nun noch funkelnde Staubpartikel aufnahm. Das Atmen wurde zunehmend schwerer, also versuchte ich es mit einem alten miñeros-Trick: Kokablaetter. Oscar kletterete elegant die steile Piste Dreck herab und ich folgte so elegant, wie man eben auf dem Hintern eine steile Piste Dreck herabrutschen und sich dabei maultiergleich Kokablaetter in den Mund stopfen kann.

Unten angekommen war es wahnsinnig heiss, ich hatte beide Backen voll mit Gruenzeug und bemuehte mich verzweifelnd kauend, mich nicht daran zu verschlucken. Auf allen vieren ging es weiter, dann eine improvisierte Leiter herab (die sich bewegte) und schliesslich waren wir im dritten Stockwerk angekommen, Oscar knippste alle Lampen aus, um zu demonstrieren, wie es im 17. Jahrhundert gewesen sein muss (Danke fuer diese Demonstration) und dann ging es zum glueck wieder nach oben. Ich war wirklich lange nicht mehr so froh, am Tageslicht zu sein.

Am Abend bin ich weiter nach Sucre gefahren und habe dort im Hostel etwas entdeckt, was in Bolivien wirklich selten zu sein scheint: Eine richtige, echte, warme (!!!) Dusche. So endete mein Tag mit der Bergexpedition doch noch sehr gut.

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