Auf Abwegen

Am Dienstag war ich auf der Isla del Sol im Titicacasee in Bolivien und weil das mit dem Internet nicht immer so einfach ist, kommt hier der Bericht dazu:

Copacabana ist übervoll mit Reisebüros, die ihre Dienste zur und von der Insel Anbieten. Unter ihnen hatte ich aber dann recht schnell einen gefunden und für etwas mehr als zwei Euro ging es rüber. Man kann Tagestouren machen, aber ich hatte mich entschlossen, eine Nacht zu bleiben und so die Insel besser ablaufen zu können.

Drüben war ein günstiges Hostal rasch gefunden und ich begann den Rundweg (mit einer endlosen Reihe von Treppen auf kanpp 4000 m überm Meeresspiegel!). Ich ging den Weg wohl entgegen der allgemeinen Richtung, jedenfalls kammen mir hin und wieder Leute entgegen, hinter oder vor mir entdeckte ich aber niemanden. Diese Leute, die mir entgegenkamen fragten normalerweise nach diesem oder jenen Punkt und wie weit es noch sei. Ich antwortete pauschal „Noch zehn Minuten bergab!“. Wollte ja niemanden enttäuschen.

Die Wanderung zog sich ein wenig und um den fr[uhen Nachmittag kam ich ans Ende des Weges, bewunderte den Inkatempel in dem angeblich die Welt entstanden sein sollte und dann verlief ich mich erstmal auf einer unbewohnten Halbinsel. Dort irrte ich ein wenig herum, es war allerdings nicht weiter tragisch, da ich, nachdem ich den grössten Hügel der Umgebung erklimmt hatte, den Weg wiederfand und mich auf den Rückweg machte.

Das Problem dabei war lediglich, dass ich recht viel Zeit verloren hatte und es langsam begann, dunkel zu werden, als ich auf den Rückweg einbog. Jedoch wäre auch das kein grosses Problem geworden, immerhin hatte ich eine Taschenlanpe und der Weg war gut markiert.

Das eigentliche Problem kam später: Inzwischen war ich an meinem Ausgangspunkt vom Vormittag angekommen und es war stockdunkel, aber der Weg zurück ins Dort war nicht mehr ersichtlich und ich hatte keine Ahnung, welcher der beiden Alternativen es sein könnte. Der eine erschien mir hoffnungsvoller und ich folgte ihm gut zwanzig Minuten, bis er auf einemal im nichts des schwarzen Sees verschwand. Ein totes Ende.

Wenigstens hatte ich dann für diesem Monaten die – trügerische- Gewissheit, dass es der andere Weg sein müsste, lief das Stück wieder zurück und folgte in die andere Richtung. Nach und nach zweifelte ich mehr daran, dass mich dieser Weg ist Dorf führen könnte, denn er ging schlichtweg zu weit zur einen Seite um richtig zu sein. Nach dreissig Minuten (bergab!) war ich mir dem sicher und ging noch recht gelassen zurück zu meinem Ausgangspunkt in dem Gedanken, irgendwo die richtige Abzweigung übersehen zu haben. Doch ich fand nichts und war nun schon zum dritten Mal da, von wo aus ich nicht weiter wusste.

Nach einer kurzen Ratlosigkeit entschloss ich mich zu einer sehr radikalen Variante: In der ferne waren zwei oder drei Lichter zu sehen, die wohl zu einem Haus gehören mussten und da würde man schon wissen, wie ich zu diesem Dorf kommen würde.

Ich lief also quer über das Feld, am Anfang war es ein schon abgeerntetes Stoppelfeld und ich gelangte schnell näher an die Häuser heran, danach stellte ich aber zu meinem entsetzen fest, dass man scheinbar auch Reis oder so etwas auf der Insel anbaute. Erst wurde der Boden nur etwas weicher und feuchter, dann lief ich knöcheltief durch den Schlamm. (Wenn ich so beim Schreiben darüber nachdenke, erscheint es mir sogar lustig, in diesem Moment eher weniger…).

Nach einer scheinbar endlosen Tour gelangte ich zu dem beobachteten Haus, auf ein Klopfen öffnete mir eine ältere Frau, ich erzählte ihr meine mehr oder minder verzweifelte Lage (inder Hoffnung, dass es nicht ihr Reisfeld war). Sie lud mich auf einen Tee ein, den ich dankend ablehnte, da ich nun wirklich langsam ins Dorf wollte und dann ging sie mit mir 150 Meter um ihr Haus herraum, ein Hügel lichtete sich und da war dieses verdammte Dorf.

Am nächsten Tag machte ich mich davon, bevor der Flurschaden bekannt werden konnte und bin nun in Potosí.

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