Auf der Expo und der Chinesischen Mauer

27 06 2010

Dieses Mal werde ich versuchen, den Artikel so zeitnah wie möglich zu erstellen, damit ich nicht nach meiner Reise so viel zu tun habe und ihn womöglichlich niemals fertig stellen werde. Es geht um meinen geplanten Trip von Bangkok mit dem Flieger nach Shenzhen, direkt nach Shanghai zur Expo, dann nach Peking, ab zur Chinesichen Mauer und ganz in den Norden in das Kaff Hohhot, um dann wieder direkt in den Süden nach Xi’an und Chengdu zu fahren, sodass ich Anfang Juli in Kuala Lumpur landen werde und mich von dort aus über Land zurück nach Bangkok durchkämpfe. Ich habe höchstens zwei Wochen für diesen Trip Zeit und die Flüge setzen mit fixe Daten, die ich einzuhalten habe. Der Rest ist frei planbar.

Bangkok nach Shenzhen (22.06.2010)

Ich schlief lange, weil mein Flug erst am Abend gehen sollte und ich eigentlich alle Vorbereitungen für meine Reise erledigt hatte. Am frühen Nachmittag hieß es also nur noch, die restlichen Sachen packen, mich von dem mir gegenüber wohnenden Mathelehrer zu verabschieden, der mir noch ein T-Shirt zum Abschluss schenkte, sowie Koffer, Rucksack und Laptop nach unten ins Foyer meines Apartments zu transportieren, um dort „auschecken“ zu können. Hier traf ich auf das erste Problem: Der Fahrstuhl war ganz plötzlich „out of service“ (außer Betrieb) und so musste ich wohl oder übel meinen 20-Kilo-Koffer, den fünf Kilo schweren Laptop und meinen 13-Kilo-Reiserucksack zusammen mit einem Hausangestellten aus dem 6. Stock nach unten tragen. Mann, das war vielleicht schweißtreibend! Der formelle Auszug aus meinem lieb gewonnenen Apartment verlief dann recht problemlos: Schlüssel abgeben, die Differenz aus Kaution und letzter Monatsmiete zurückbekommen und noch ein bisschen mit dem Vermieter und seiner Frau quatschen. Ich bekam zum Abschluss noch einmal mein Lieblingsessen kostenlos serviert und dann machte ich mich auf den Weg …

… nicht zum Flughafen, sondern direkt in Richtung Innenstadt. Mein Flug ging nämlich erst 18.30 Uhr, also wollte ich vorher noch experimentieren. Ein Taxi zum Flughafen kostet mich etwa 150 Baht (3 Euro), was ich mir dieses Mal geschickterweise sparen wollte. Der neue Airport-Link in Form eines Skytrains fuhr nämlich seit kurzer Zeit wieder einmal Testfahrten, sodass man angeblich kostenlos von der Innenstadt bis zum Flughafen kommen sollte. Er hielt glücklicherweise auch an der Station Ramkhamhaeng, die sich zwischen meiner Wohnung und der Innenstadt befand, sodass ich mit dem Zug also sowohl günstig in die Innenstadt als auch zum Flughafen kommen müsste, ohne mich immer nur den schrecklich langsamen Bus zu verlassen. Ich kam also mit dem 8-Baht-Bus (20 Cent) kurz vor 16 Uhr am Airport-Link an, der seine Testfahrten immer um diese Zeit startete. Das war superpraktisch und so kam ich tatsächlich binnen 20 Minuten kostenlos zum Flughafen. Das tat so gut.

Mit dem Check-In hatte ich ein paar Probleme, weil ich zwar zu einem so genannten „Self check-in“ gedrängt wurde, das aber noch am Schalter bestätigen lassen musste, was mir nicht bewusst war. Ich rannte also zum Gate, nur um dort zu erfahren, dass ich den ganzen Weg wieder zurücklaufen musste. Am Check-In-Schalter offenbarte man mir plötzlich die Meldung, dass ich für meine 13 kg noch 300 Baht (6 Euro) extra zahlen müsste, weil angeblich nur bis 7 kg frei wäre. Nun ja, damit musste ich halt leben. Dann hatte ich mich zu beeilen, damit ich den Flieger noch erreiche und so kam ich gerade noch in den letzten Shuttle-Bus, der die AirAsia-Gäste bis zur Maschine beförderte.

Der Flug war recht angenehm, doch plötzlich realisierte ich, dass ich ja meinen Rucksack, für den ich die Extragebühren hatte zahlen müssen, einfach beim Check-In hatte liegen lassen. War er automatisch ins Flugzeug geleitet worden oder hätte ich ihn nicht eigentlich mitnehmen müssen? 300 Baht erschienen mir ein bisschen wenig, um ihn ins Gepäckfach geben zu können, aber man hatte mir ja auch nichts gesagt … Hm, hoffentlich würde ich nicht ohne Gepäck in Shenzhen ankommen, welch grausame Vorstellung!

Der Flug war nicht langweilig, weil ich bald mit einem Chinesen, der in der Nähe meiner zweiten Heimat Thai studiert hatte und nun nach Hause nach Shenzhen flog, ins Gespräch kam. Er konnte zwar kaum Englisch, trotzdem unterhielten wir uns in dieser Sprache. Seltsam eigentlich, Thai wäre sicherlich sinnvoller gewesen. In Shenzhen angekommen, verloren wir uns dann, weil er ewig mit seinem Gepäck brauchte und dann nicht wieder aufzufinden war. Bei mir lief alles gut – mein Gepäck kam zum Glück doch an (!) -, doch der Grenzbeamte hatte wohl wieder mit meinem seltsamen „ß“ im Nachnamen Probleme, was ich in der „Arrival Card“ grundsätzlich als „ss“ wiedergebe und somit für Verwirrung sorge.

Shenzhen (22. – 23.06.2010)

Da es bereits gegen 23 Uhr war, fuhren leider keine Shuttle-Busse mehr in die Innenstadt – zumindest fand ich keine. Dabei hatte ich mir extra die wohl billigste Route per Bus und Metro herausgesucht und beabsichtigt, bis zum nächsten Morgen auf dem Flughafen zu nächtigen. Doch das war angesichts des so winzigen Flughafens, der so späten Stunde und der so nervigen Taxifahrer vor der Tür alles nicht möglich, sodass ich wohl oder übel in ein Taxi stieg und dem Fahrer erklären musste, dass ich ohne ATM, also Geldautomaten, nicht bezahlen könnte. Netterweise fuhr er mich sogar bis zum nächsten Automaten, verlangte dafür aber schon mal lächerliche 20 Yuan (2 Euro), die ich ihm erst einmal nicht gab, weil man für den Preis gewöhnliche mindestens fünf Kilometer in China und sogar ganze 15 Kilometer in Thailand kommt. Also verlangte ich, dass er mich mitten in der Nacht bis Luohu, also direkt zum Bahnhof, fährt. Er schlug abermals eine horrende Summe vor und weigerte sich, das Taxameter anzustellen. Ich handelte lange bis auf 150 Yuan (15 Euro) plus die schon fälligen 20 Yuan herunter, was mir nach einiger Überlegung immer noch viel zu überteuert schien. Für den Preis hätte ich in Thailand schon bis in eine andere Stadt fahren können. Jedenfalls stritt ich mich die ganze Fahrt über mit dem Fahrer und handelte immer weiter, wollte aber vor allem, dass er das dämliche Taxameter anstellt und nicht auf Verhandlungsbasis fährt. Ich scheiterte. Irgendwann stieg noch ein Fahrgast ein; den Sinn verstand ich nicht. An einer Stelle hielt der Fahrer plötzlich und redete lauthals mit vielen anderen Taxifahrern, die dort wohl ihren Treffpunkt hatten, über mich, meiner Verhandlungskünste und eine sinnvolle Lösung. Schließlich ergab sich, dass ich dem momentanen Fahrer einen 50er geben sollte und dem nächsten, der mich dann bis zum Bahnhof fuhr, die restlichen 100 Yuan. Das Ganze lief im Übrigen komplett auf Chinesisch, wovon ich wohl mehr Ahnung zu haben schien als alle Anwesenden von Englisch! Ich war einverstanden und konnte nebenbei beobachten, wie die Kilometer nur so stiegen. Im Endeffekt war ich ganze 39 Kilometer gefahren und überschlug, dass ich mit 15 Euro da noch recht günstig weggekommen war.

Am Bahnhof das nächste Problem, mit dem ich erstens als allerletztes gerechnet hätte und das ich niemals für möglich gehalten hätte, schon gar nicht in dem Zugreisenparadies China: Die Bahnhofshalle, der Ticketverkauf, die Bahnsteige sowie alles Dazugehörige waren geschlossen, zu, vergittert, einfach nicht zugänglich. Hallo, was ist denn das!? An einem mickrigen Zettelchen stand, dass der Bahnhof nur von 7 bis 22 Uhr geöffnet sei. Oh je, was für ein Blödsinn! Das kommt wohl daher, dass Shenzhen eine Grenzstadt zu Hongkong ist und daher dort alle Züge entweder enden oder anfangen. Ich musste nun also noch irgendwie die Nacht totschlagen; mir blieb aber eigentlich gar keine Gelegenheit, darüber nachzudenken, denn schon kam die erste Frau und drehte mir eine Unterkunft für 200 Yuan (20 Euro) an. Etwas angewidert lehnte ich ab und schon bot sie mir eine Übernachtungsmöglichkeit für ein Fünftel des Ausgangspreises an. Ich nahm an – was sollte ich auch machen!? – und folgte ihr, lange, bis in eine Privatwohnung im 18. Stock eines furchtbar schäbigen Wohnhauses. Dort offenbahrte sie mir die 40-Yuan-Kabine. Kabine ist kein Wort dafür, Besenkammer trifft es wohl eher. Die Kammer befand sich hinter einer 1,50 Meter hohen Tür in einem dreckigen Flur und sie war mit Brett, Fernseher und Ventilator ausgestattet. Auf dem Brett war eine dünne holzartige Matte von ca. fünf Millimetern Durchmesser ausgelegt und als Licht diente ein Stecker mit Glühbirne. Es gab sogar ein Fenster, aber den Blick hinaus ersparte ich mir und es ging auch nicht zu verschließen. Davor hing zwar etwas Gardinenähnliches, aber das war so mottenzerfressen, dass ich es kaum berühren mochte. Etwas angeekelt nahm ich die Luxusherberge an. Dann verschwand die Frau; ich sollte sie danach niemals wiedersehen. Ich hatte keinen Schlüssel für die Haustür, sodass, falls ich wieder in die Freiheit gegangen wäre, um mir wenigstens etwas zu trinken zu holen, womöglich nicht wieder in meine schöne Unterkunft hätte zurückkehren können. Ich entschloss mich also, mich sofort auf das Brett zu legen und immerhin drei Stunden zu schlafen. Wozu auch fernsehen und Licht anmachen? Dann wären nur alle Arten von Tieren hineingeflogen!

Gegen halb fünf hielt ich die Trockenheit in meinem Mund nicht mehr aus und ich musste einfach gehen. Ich schlich mich aus dem Haus, indem ich die Alarmanlage von innen abstellte und war froh, endlich wieder unter freiem Himmel sein zu dürfen. Bei McDonald’s fand ich zum Glück auch um diese Zeit Verpflegung und dann waren es ja auch nur noch zweieinhalb Stunden bis zur Eröffnung des Bahnhofs, zweieinhalb endlos lange Stunden, die ich mir mit Schlafen, Laufen und Umschauen auf dem Bahnhofsvorplatz vertreiben musste. Wie öde und vor allem wie eklig, wenn ständig eine Kakerlake „Hallo“ sagen kommt!

Es war sieben Uhr, endlich! Aber was war das? Nur der Zugang zum Guangzhou-Shenzhen-Zug wurde eröffnet, alles andere blieb geschlossen. Also noch eine Stunde warten …

Um acht Uhr konnte ich dann endlich mein Ticket nach Shanghai souverän auf Chinesisch kaufen. Es war erstaunlich teuer und es war nicht mal mehr ein Sitzplatz frei. Für weit über 20 Euro würde ich also fast 20 Stunden stehen müssen, na danke! Ich schlenderte mit meinem teuren Ticket noch ein bisschen über den Bahnhofsvorplatz und entschied mich dann, die Zeit bis zur geplanten Abfahrt gegen halb zwei nachmittags in der Wartehalle zu verbringen. Das tat ich dann auch liegend, schlafend, einkaufend, essend und gelangweilt … bis halb zwei. Und dann erfuhr ich, dass der Zug noch eine ganze Stunde Verspätung haben sollte. Es war wieder einmal furchtbar. Wie kann ein Zug, der in Shenzhen startet, denn Verspätung haben? Er war doch vorher noch in keinem anderen Bahnhof und hätte schon die ganze Nacht dort stehen können! Was für eine Planung auf Chinas Bahnhöfen!

Shenzhen nach Shanghai (23. – 24.06.2010)

Die Gates wurden also gegen 14.20 Uhr geöffnet und alle stürmten auf den Bahnsteig. Ich wunderte mich, wieso sie alle rannten, denn a) hatten ja die meisten ohnehin Platzkarten und b) mussten diejenigen ohne Platzkarten sowieso denjenigen mit Nummerierung auf ihrem Ticket den Vorrang lassen. Doch bald verstand ich: Ich betrat mein Abteil und kam gar nicht weiter als bis zum Heißwasserspender, der sich in chinesischen Zügen bekanntlich direkt am Ausgang befindet, denn der gesamte Gang war mit Menschen zugestellt. Es war von Anfang an unerträglich stickig, warm und eng in dem Zug und das sollte sich auch nicht bessern. Ich ließ mich also direkt gegenüber vom Wasserkocher, der ständig für die im Zug angebotenen Fertigsuppen verwendet wird, nieder und stand so zwischen zwei Abteilen. Sehr angenehm! Sollte ich das so die geplanten 17 Stunden Fahrzeit durchhalten? Nun ja, ich entschied mich, meinen großen Rucksack als Stuhl zu benutzen, um mal abwechselnd stehen und sitzen zu können. So konnte ich sogar recht gut schlafen, allerdings höchstens 10 bis 20 Minuten, denn dann musste mal wieder jemand durch. Warum auch immer, aber ständig rannten die Fahrgäste, Schaffner und am schlimmsten die Essensverkäufer von einem Ende des Zuges zum anderen, teils mit Rucksäcken und eben Essenswagen bepackt … wie grauenvoll und lästig!

Die Nacht wollte ewig nicht einkehren, die Stunden vergingen im Schneckentempo. Ich konnte nicht mehr stehen, und sitzen durfte ich nicht mehr auf meinem Rucksack, weil sich die Rückenstütze allmählich verbog, je länger ich mich darauf setzte. Der Rucksack sollte mir noch eine Weile erhalten bleiben, also blieben mir als Alternativen nur stehen oder auf dem Boden sitzen, was angesichts des sich mir gegenüber befindlichen Mülleimers und der ständig vorbei spazierenden Leute jeglicher Bevölkerungsschichten kein angenehmes Unterfangen darstellte. Ich stand mir also weiter stundenlang die Beine in den Bauch.

Ein paar Sitzreihen entfernt entdeckte ich eine Gruppe chinesischer Teenager, von der mich eine junge Frau immer wieder kurz ansah und sofort danach mit ihrer Freundin tuschelte. Welch furchtbares Gehabe, dachte ich mir, aber sie sah ja gar nicht so schlecht aus. Insgesamt zweimal kam sie in meine Richtung, um heißes Wasser zu holen, wobei sie sich beim zweiten Mal mir gegenüber hinhockte und mir zwei, drei Fragen auf Chinesisch stellte. Ich schämte mich innerlich ob meiner fehlender Sprachkenntnisse und konnte nichts als ein klägliches „听不懂“ (sprich: tīng bù dǒng; heißt: ich verstehe nicht) erwidern. Sie ging wieder auf ihren Platz und ich schämte mich weiter; aber sie hätte ja netterweise auch mal etwas auf Englisch fragen können, oder!?

Ein paar Sekunden später lud sie mich dann zu ihren Freunden ein und ich erhielt einen Sitzplatz. Als Weißer war ich ja ohnehin König und mir wurde sogar mein Rucksack von einigen Herumstehenden hinterher getragen. Wie nett! Ich setzte mich also zu den Jugendlichen, die wohl etwa in meinem Alter waren und versuchte, mit Händen und Füßen klarzumachen, wer ich bin, was ich mache, wo ich herkomme, wo ich hinwollte, warum ich überhaupt existierte und was ich denn in China zu suchen hätte – irgendwie auf Englisch und Chinesisch, wobei das Niveau deren Englisch etwa dem meines Chinesisch entsprach. Die Unterhaltung war also recht witzig, weil wir von der jeweils anderen Sprache eigentlich gar keine Ahnung hatten, um ehrlich zu sein. Trotzdem erfuhren sie alles von mir und ich ebenso alles von ihnen. Nebenbei lernte ich sogar noch ein Kartenspiel, die wichtigsten Körperteile und ein paar sinnlose Floskeln auf Chinesisch, während ich ihnen ein paar Sachen auf Englisch erklärte. Wie die Asiaten so sind, boten sie mir ständig Essen an und fragten, ob ich denn nicht mal hungrig sei und auch etwas Vernünftiges, zum Beispiel meine mitgebrachte Fertigsuppe, essen wollte. Nach einigten Stunden, irgendwann mitten in der Nacht, willigte ich dann ein und aß brav. Und ich konnte endlich auf einem weichen Platz sitzen! Das war schon sehr angenehm nach knapp achtstündigem Stehen.

Shanghai (24. – 28.06.2010)

So wurde die Fahrt dann doch noch ganz interessant, obwohl der Zug erst gegen Mittag ankam, nicht wie geplant am frühen Morgen. Deshalb musste die arme 须再 (Xú Zài), eine Freundin, mit der ich mich das letzte Mal schon in Shanghai getroffen hatte, ganze drei Stunden warten und ich hatte vergessen, mein Handy anzustellen, und somit auch völlig das Zeitgefühl verloren. Wie gemein.

Sie hatte mir versprochen, mit mir gemeinsam eine Unterkunft zu suchen, weil das wahrscheinlich während der Expo nicht ganz leicht sein würde. Ich war mir da aber eigentlich nicht so sicher, denn Backpackern ist es ja egal, ob Expo oder nicht, weshalb Hostels wohl sicher nicht unbedingt überbelegt sein müssten. Noch dazu hatte ich ein wenig Angst, nur mit Einheimischen zusammen zu wohnen, wo meine Sprachkenntnisse ja nicht einmal zu der einfachsten Konversation ausreichten. Aber ich vertraute ihr mal.

Wir gingen also gemeinsam durch Südshanghai und klapperten ein paar Wohnungen ab, die sie vorher schon herausgesucht hatte. Es handelte sich jeweils um WGs, in denen gewöhnlich chinesische Studenten hausten. Was hatte ich denn da zu suchen!? Darüber hinaus waren ihre Wohnungen alle extrem dunkel, dreckig, schlecht gelegen und dafür noch viel teurer als die Backpacker-Unterkünfte. Ich wollte lieber zu meinen geliebten Hostels nahe der 南京东路 (Nánjīng Dōnglù), denn dort kannte ich mich aus und wäre unter Gleichgesinnten gewesen. Ich konnte einfach nicht so mir nichts, dir nichts bei Fremden einziehen, die aufgrund Xá Zàis Anrufen vorher natürlich nicht mit einem Ausländer als Gast gerechnet hatten. Außerdem ist es in einigen Staaten wie China, Vietnam und Myanmar, verboten, privat Ausländer aufzunehmen.

Wir suchten noch eine Weile in diesem Bezirk nach einem günstigen Hotel, aber entweder war es teuer oder plötzlich belegt, als sie mich sahen. Mir reichte es und ich wollte nun im Backpacker-Style nach einer Bleibe suchen. Xú Zài begleitete mich, wir redeten viel und sie war immer verwunderter, sprich beeindruckter, wie souverän ich auf die Hostels zusteuerte und nach einer kostengünstigen Schlafmöglichkeit fragte. Zwei Hostels hatte ich ins Auge gefasst und schnell wurde mir in dem einen ein Mehrbettzimmer mit wenig Freiraum für 40 Yuan (4 Euro) angeboten, was aber seltsamerweise nicht erhältlich war, und ein Doppelzimmer für 80 (8 Euro). Xú Zài war verwundert, dass ich ein so sauberes Zimmer für so wenig Geld – im Vergleich zu den vorherigen Bruchbuden – bekommen konnte. Sie hätte es zwar gestört, dass es keine Fenster gab, aber das war mir ja egal. Im anderen Hostel nahm ich dann das Mehrbettzimmer für 55 Yuan (5,50 Euro), was für Shanghai immer noch sehr günstig war. Ich checkte ein und musste kurz darauf viele Sachen klären, bei denen ich auf die Hilfe meiner chinesischen Begleitung angewiesen war: Mittagessen möglichst günstig, Ankunft des kulturweit-Freiwilligen aus Wuxi am nächsten Tag, Übernachtungsmöglichkeit für mich und ihn bestenfalls zusammen, Zugticket nach Peking besorgen, Handykarte kaufen, meinen Handyakku aufladen bzw. mir ein Telefon leihen, um noch telefonieren zu können und vor allem Geld bekommen. Ich hatte nicht mehr viel Bargeld übrig und meine Kreditkarte wollte mir nichts geben. Na ja, sie war nicht gedeckt, aber gewöhnlich funktioniert es, dass ich dann automatisch Geld vom Internet-Konto bekomme, ohne mehr zu bezahlen. In China mochte man dieses System wohl nicht.

Wir pendelten also noch eine Weile zwischen den zwei Hostels hin und her und da das einst so günstige Doppelzimmer ganz plötzlich ausgebucht war, mussten wir auf ein teureres umsteigen. Problem dabei war, dass ich kein Bargeld mehr hatte und mir aus Höflichkeit natürlich auch nichts leihen wollte. Es war also recht schwer, dieses Zimmer zu reservieren, weil ich ja keine Anzahlung leisten konnte. Noch dazu müsste ich mit den noch übrigen vier, fünf Euro den Rest des Tages bestreiten können.

Ich verabschiedete Xú Zài, beeilte mich in ein Internetcafeé und lud schnell Geld auf die Kreditkarte. Ich hoffte, dass es schon bald zu bekommen war. Da mir bisher alle Inlandsbanken kein Geld geben wollten, versuchte ich es bei den internationalen. Ich hatte erfahren, dass die Deutsche Bank in Shanghai eine Filiale hatte und so suchte ich sie auf. Aber da ich dort erst gegen 18.30 Uhr ankam, war sie schon seit einer halben Stunde geschlossen gewesen. Wir blöd.

Ich entschied mich noch, bis zur HSBC zu fahren, um mein Glück zu versuchen, aber zum einen war der einsetzende Regen unerträglich und zum anderen fand ich keine Geldautomaten an dem riesigen Bürogebäude. Meine letzte Hoffnung war die Citibank, zu der ich mich eine gute Stunde lang in immer heftiger werdendem Regen durchkämpfte, und tatsächlich wurde ich belohnt: Ganze 100 Yuan (10 Euro) bekam ich ausgezahlt, dann meldete sich das Kreditkartenlimit wieder. Seltsam, aber immerhin ein bisschen Geld hatte ich ja erhalten. Ich hoffte darauf, dass mir das Glück am nächsten Tag wieder hold sein würde.

Klitschnass kehrte ich ins Hostel zurück und hatte Angst, meine Schuhe auszuziehen, denn da ich keine Socken getragen hatte, stanken sie aufgrund der Nässe nun so erbärmlich, dass mir eigentlich jeder, der noch in meinem Mehrbettzimmer schlief, Leid tat.

Da ich meine Zeit nicht vergeuden wollte, hatte ich mir den Wecker auf acht Uhr morgens gestellt, um möglichst viel von der Expo zu sehen. Als ich aufwachte, merkte ich jedoch, dass mein Wecker noch auf Thailand-Zeit eingestellt war und ich somit schon eine Stunde später dran war. Zudem musste ich noch frühstücken, mein Ticket nach Peking holen und viel wichtiger: Geld bekommen! Letzteres klappte tatsächlich problemlos an der nächsten Bank (wie gut es doch tat, wieder Bargeld zu haben!), die Fahrkarte nach Peking bekam ich auch souverän am chinesischen und extrem überfüllten Schalter und änderte sogar noch mal den mir vorgeschlagenen Zug (wie stolz ich doch wieder auf meine Sprachkenntnisse sein konnte!) und dann stand auch der Expo nichts mehr im Weg … außer dem Wetter.

Und da es wieder so unglaublich verregnet war, entschied ich, die Expo für diesen Tag sein zu lassen und meinen Aufenthalt in Shanghai zu verlängern. Ich fuhr zum Hostel und konnte das Zimmer für mich und Moritz bezahlen. Wäre das also auch geklärt! Bei diesem Wetter fiel mir aber noch eine Sache ein, die ich bei meinem letzten Besuch in Shanghai unbedingt noch hatte machen wollen, aber nicht geschafft hatte, und zwar in das so hochgelobte Museum zu gehen.

Tatsächlich war es den Ausflug wert. Auf verschiedenen Etagen, die im Viereck angeordnet waren, war für linguistisch, numismatisch, sino-, ethno- und archäologisch Interessierte eine ganze Menge zu entdecken. Ich hielt mich gute zwei, drei Stunden darin auf, kaufte mir auf dem Heimweg einen Regenschirm, den ich bald darauf wieder verlieren sollte, und legte mich bis zum geplanten Treffen mit dem kulturweit-Freiwilligen Felix am Abend schlafen.

Wirklich schlafen konnte ich nicht, also begab ich mich mit typischem Bangkok-Outfit, da meine guten Sachen vom Vortag noch klitschnass waren, zur U-Bahn-Station, um mir endlich mal neue Schuhe zu kaufen, denn in China rennt man eben nicht mit kurzen Hosen und Flip-Flops wie in Thailand herum. In der Station fand ich aber keine günstigen Schuhgeschäfte. So fuhr ich zur verabredeten Haltestelle. Felix etwas später als geplant am Treffpunkt an, sodass ich die Leute in der U-Bahn-Station beobachten konnte. Eine junge Frau viel mir sofort auf, die Buch lesend an einer Wand lehnte und auch auf jemanden zu warten schien. Ich konnte nicht erkennen, ob sie Chinesin oder Ausländerin war; ihr T-Shirt verriet nichts und den Buchtitel konnte ich auch nicht erkennen. Also wartete ich weiter auf Felix. Bald kam er … aber er ging nicht auf mich zu, sondern auf das Mädel …

Dan kam er zu mir und fragte mich, warum wir beide uns noch nicht kennen gelernt hätten. Sie hieß Lea und war auch eine kulturweit-Freiwillige. Wie witzig! Sie war eine der im März Ausgereisten und sollte nur ein halbes Jahr in Shanghai bleiben. Der Abend könnte also ganz lustig werden, denn als wir in den Club „I love Shanghai“ mit Billardtisch gingen, trafen wir sogar noch mehr neue „kulturweit“ler mit sämtlichen Anhängen. Eigentlich hatte Moritz, ein kulturweit-Freiwilliger aus Wuxi, mit dem ich mir in der kommenden Nacht ein Zimmer teilen sollte, auch vor zu kommen, aber er schaffte es zeitlich irgendwie nicht. Es war ein langer, teurer und netter Abend, der gegen zwei in einen anderen Club verlegt werden sollte, zu dem ich aber aus Angst vor einem verschlossenen Hostel nicht mitging und stattdessen ein Taxi nach Hause nahm.

Ein dubioser Amerikaner, den ich vorher flüchtig kennen gelernt hatte, saß mit in dem Auto, stieg aber an einer seltsamen Stelle aufgrund einer mysteriösen Verabredung aus, während ich dem Taxifahrer erklären konnte, dass ich zum 人民广场 (sprich: Rénmín Guǎngchǎng; heißt: Platz des Volkes) möchte, von wo aus ich noch gute drei Kilometer bis zum Hostel laufen musste. Die Strecke verkürzte ich mir mit einem Burger von McDonald’s und die Nacht mit einem ewigen Gespräch mit Moritz. Er musste nämlich am nächsten Tag schon gegen viertel vor sechs am Bahnhof sein, um seinen Zug zurück nach Wuxi zu bekommen. Wir erzählten also, bis sein Wecker um fünf klingelte, dann suchten wir gemeinsam ein Taxi und verabschiedeten uns.

Ich ging wieder ins Bett und schlief noch ein paar Stunden. An diesem Tag wollte ich unbedingt auf die Expo, aber ich kam nicht vor zehn aus dem Haus und brauchte mit Laufen, Suchen und U-Bahn-Fahren noch anderthalb Stunden, um bis auf das Gelände zu kommen. Dort angekommen, wollte ich natürlich unbedingt das Studententicket für 100 Yuan statt dem normalen für 160 Yuan. Wieder ein Problem, denn weder war ich Student, noch hatte ich irgendeinen Beweis dafür, wie ich dieses Freiwilligenjahr herumgekriegt hatte. Ich erklärte mühevoll, dass ich Freiwilliger in Thailand sei, aber die junge Frau am Schalter wollte unbedingt einen Nachweis haben. Ich überlegte kurz und zeigte ihr einfach mein „educational visa“ (Ausbildungsvisum) für ein Jahr. Das reichte ihr und ich bekam meine ermäßigte Eintrittskarte. Das war ja leicht gewesen.

Der Eingang dagegen war gar nicht so leicht zu finden, aber ich folgte einfach den Chinesen, die zur selben Zeit ein Ticket gekauft hatten wie ich. So kam ich bald in eine riesige unterirdische Halle, an deren Ende sich mit Flughafensicherheit vergleichbare Kontrollpunkte befanden. Blöderweise hatte ich mir vorher noch zwei Flaschen Limonade geholt, die ich dann dort ohne zu zögern leerte, weil man keine eigenen Getränke mit auf das Expo-Gelände nehmen durfte.

Nach der Kontrolle führten alle Wege automatisch zum chinesischen Pavillon, den ich mir natürlich auch ansehen wollte. Ich wurde aber gleich zurückgerufen, da ich keine Eintrittskarte dafür hatte. Für genau dieses Gebäude braucht man nämlich ein Sonderticket, das man nur Punkt neun morgens an den Ticketverkaufsschaltern erhalten kann … wenn man Glück hat. Also gab ich die Idee, dieses Häuschen, das mit seiner immensen Größe über alle anderen Gebäude der Expo ragte, zunächst erst einmal auf und stellte mich gemütlich an den Pavillon der chinesischen Provinzen an, denn dort musste man nicht wirklich warten, sondern einfach nur schnell mit der Warteschlange mitlaufen, die sich auf mindestens 500 Metern stets fortbewegte und schließlich in dem riesigen Haus verschwand, in der sich jede chinesische Provinz individuell präsentieren konnte.

Hier musste ich auswählen, weil mich nicht alles interessierte: Shanghai und Peking hätte ich gerne besucht, aber die Wartezeit war mir jeweils viel zu lang; die Provinz Anhui interessierte mich, weil die chinesische Freundin Xú Zài daher kam; Xinjiang als ärmste und Tibet als bekannteste Provinz wollte ich natürlich unbedingt sehen; die Innere Mongolei sollte mir einen Vorgeschmack auf meinen bevorstehenden Trip nach Hohhot geben und von Yunnan erwartete ich aufgrund meiner Reise vor einem halben Jahr dorthin auch einiges.





Fazit

21 06 2010

So schnell ging meine Zeit hier vorbei. Gute neun Monate sind vorüber. Ich habe viel gelernt, viel erlebt, viele tolle Menschen kennen gelernt, viel erfahren, viel getan und nichts bereut. Wenn ich die Zeit noch einmal zurückdrehen könnte, würde ich nahezu nichts anders machen, außer vielleicht noch mehr Thai lernen.

Thai:

Es reicht für eine einfache Unterhaltung: Ich kann dem Taxifahrer den Weg, meine Herkunft, meine Tätigkeit hier und mein soziales Netzwerk erklären, die Wohnung habe ich auf Thai auflösen können und wenn ich etwas wissen will, kann ich fragen und erfahre meist auch die gewünschte Antwort. Ich kann problemlos bis ins Unendliche zählen, die meisten Wörter richtig lesen, nur wenige richtig schreiben, was dem Stand eines Drittklässlers in Thailand entspricht. Mit Mühe kriege ich noch einen Wortwitz auf Thai hin und kann mich an besonders schwierige Wörter erinnern, mit denen ich oft die Thai-Kinder herausfordern konnte. Mit den Tönen habe ich keine großen Probleme mehr, vor allem weil ich die Tonregeln der Schrift in etwa beherrsche, oft könnte ich aber aus einem gesprochenen Satz nicht die richtigen Töne heraushören. Ich habe gemerkt, dass ich mit meinen Thaikenntnissen, vor allem dank der Fähigkeit zu lesen und zu schreiben, sehr gut bei Thais angesehen bin und auch von den Thai-Kindern und Kollegen in der Schule bewundert wurde. Jedem würde ich also empfehlen, unbedingt so viel wie möglich zu lernen; es kann auf jeden Fall nicht schaden.

Kultur:

Davon habe ich nahezu gar nichts mitbekommen. Das ist auch schwer, wenn man nicht in einem thailändischen Haushalt lebt. Natürlich habe ich etwas über bestimmte Feste, Bräuche und Kleidungen erfahren, ich kann erahnen, welche Funktion Mönche haben, und ich kann mehr über die thailändische Kultur erzählen als viele Menschen, die jahrelang hier waren oder es noch sind. Aber im Großen und Ganzen lebte ich nur in einer „deutschen Blase“, wie man das so schön nennt.

Soziales Netzwerk:

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich habe die ganze Zeit über keine Thai-Freunde gehabt, was den Abschied hier sicher auch leichter macht. Die Schüler unserer Schule zähle ich nicht zu „Freunden“, da ich nie etwas mit ihnen gemacht habe oder zu Geburtstagen gegangen bin. Auch die Kollegen waren einfach nur supernette Kollegen, keine so genannten Freunde. Ich habe viele tolle Menschen auf der Straße kennen gelernt: Meinen Vermieter und seine Familie, Restaurantbesitzer, Motorradtaxifahrer usw., aber da ich von den meisten nicht einmal den Namen kenne, sind das niemals Freunde gewesen. Auf Reisen habe ich besonders viele Backpacker aus den verschiedensten Nationen kennen gelernt, aber zu den meisten habe ich keinen wirklichen Kontakt mehr. Im Deutschcamp im Khao-Yai-Nationalpark, auf dem Vorbereitungsseminar bei Berlin, auf dem Zwischenseminar in Kuala Lumpur und bei sonstigen Events konnte ich interessante Menschen treffen, aber auch da hat sich schnell alles verlaufen. Die mir wichtigsten Menschen hier in Thailand waren meine Kollegen und vor allem die jüngeren Schüler an der DsSB.

Schule:

Mich macht es schon sehr traurig, dass ich am Freitag (18. Juni 2010) meinen letzten Arbeitstag hatte. Ich weiß, dass ich vermutlich einige Arbeitskollegen und insbesondere Schüler niemals wiedersehen werde, denn bevor ich einmal wieder nach Thailand komme, sind sie sicher schon in ein anderen Land gezogen und jegliche Spur ist verloren. Ich werde die Kinder aus der Basisstufe, mit denen ich fast vom ersten Tag an und manchmal auch mehrmals täglich zu tun hatte, sehr vermissen, auch wenn sie nicht immer leicht waren. Die mir ans Herz gewachsene 4. Klasse wird mir auch sehr fehlen, weil ich ja nicht nur fast jeden Tag im Unterricht bei ihnen war, sondern auch mit auf Klassenfahrt. Einige meiner Nachmittagsbetreuungsschüler und die 6. Klasse als mit Abstand wohl die schwierigste der ganzen Schule werden mich auch noch lange begleiten. Von all diesen Kindern konnte ich mich in der letzten Woche mit Gummibärchen, Eis und Bildern verabschieden. Das von Basisstufe zusammengestellte Bilder- und Wünschebuch sowie das Jahrbuch, das ich ja komplett Korrektur gelesen hatte, werden die Erinnerung an diese schöne Zeit hier lange aufrechterhalten und ich kann es kaum erwarten, einmal wieder hierher zu fahren.

Leben:

Der Wecker klingelt: 5.30 Uhr! Welcher Idiot hat denn den so eingestellt? Wütend stelle ich ihn aus. Der nächste Wecker klingelt: 5.40 Uhr! Ich haue drauf und weiß instinktiv, dass er sich in fünf Minuten wieder melden wird. Der Handywecker klingelt: 5.50 Uhr! Ich hinke aus dem Bett und stelle das notorisch nervende Handy schlaftrunken aus. Nun sollte ich wach sein, aber ich bin es nicht. Ich lege mich wieder ins Bett und schlafe ein. Zwar klingelt alle fünf Minuten dieser eine Wecker, aber binnen neun Monaten hat mein Arm gelernt, auch im Schlaf automatisch auf die „Snooze“-Taste zu hämmern.

Irgendwann wache ich schweißgebadet auf, weil ich ein Ostfenster habe und die Sonne gerade mit angenehm kühlen 35 °C aufgeht. Ich schaue auf die Uhr: 7.00 Uhr! Oh verdammt, in 30 Minuten muss ich in der Schule sein! Wie eine Rakete renne ich wie wild durch meine 28 m², schiebe zwei Toasts in den Toaster, stelle mich unter die Dusche und kann es gar nicht erwarten, endlich sauber zu sein. Auf das Toastbrot wird schnell eine Scheibe Bologna-Wurst geklatscht und bei morgendlicher Thai-Musik aus dem Fernseher hinuntergeschlungen. Schnell Zähne geputzt und feines Hemd angezogen. Verdammt: Es lag die ganze Nacht zerknittert auf dem Boden. Schnell ein neues suchen … im Schrank liegt noch ein von der Wäscherei unten im Haus gebügeltes Hemd, was für ein Glück. Hose an, Gürtel drum, los geht’s. Ah nein, der Laptop! Auch den muss ich noch einpacken, aber dann geht es endlich ‚raus. Es ist schon 7.15 Uhr. Ich will die Tür schließen und merke, dass ich den Schlüssel vergeben habe. Also, wieder ‚rein, Schlüssel holen, Tür zu, abschließen, … verdammt, Sportzeug vergessen! Also, das muss ich jetzt auch noch schnell in meiner Unordnung zusammensuchen. Geschafft, nun aber los. Die Schuhe werden nicht zugebunden, das hebe ich mir für die Wartezeit am Fahrstuhl auf, denn der muss meist erst bis in den sechsten Stock fahren, um mich dort abzuholen. Im Fahrstuhl gibt es einen Spiegel, sehr praktisch, so kann ich mich noch zurecht machen. Unten angekommen, wartet noch der Fingerscanner auf mich, der mich manchmal ein bisschen ärgern will und meinen Finger absichtlich nicht erkennt, wenn ich schon in Eile bin.

Jetzt gilt es nur noch, per Zufall einen schnellen Motorradtaxifahrer, der mir gerade entgegen kommt, zu erwischen oder mich so schnell wie möglich bis zum Motorradtaxistand zu begeben. Mittlerweile wissen sie ja, dass sie mit mir schnell fahren können, anfangs waren sie noch sehr vorsichtig mit mir. Nun geht es in Rekordzeit durch den Perfect Place, sodass ich 7.25 Uhr am Gate 8 bei der RIS ankomme. Weiter darf der Motorradfahrer nicht, hier muss ich absteigen und 30 Baht möglichst passend bezahlen. Die restlichen 500 Meter muss ich laufen, was heißt, dass ich frühestens Punkt 7.30 Uhr in der Schule bin. Im Lehrerzimmer erscheine ich gewöhnlich zu spät, dann muss ich auch noch in die jeweilige Klasse, aber keinen stört es: Ich bin ja nicht angestellt. 😉

Diesen Rhythmus werde ich vermissen, aber ich bin auch froh, dass ich erst einmal wieder ausschlafen kann. Ich werde auch den Bus 113 vermissen, mit dem ich immer bis in die Stadt kam und der ein sicheres Zeichen dafür war, dass ich stets zurück nach Hause finden würde. Zu gut kenne ich schon die Speisekarten der Restaurants in unserer Soi, als dass ich je das leckere und vor allem unglaublich preisgünstige Thai-Essen vergessen könnte. Wenn ich jetzt aus Bangkok gehe, weiß ich, dass ich immer wieder nach Hause kommen könnte, egal, wo man mich aussetzt. Das könnte sicher auch ganz preisgünstig klappen, da ich oft nicht mal mehr auf Taxis angewiesen bin. Ich freue mich darauf, irgendwann den Airport-Link und die Skytrain-Erweiterungen in vollem Umfang nutzen zu können, sollte ich einmal wiederkommen.

Besonders stolz bin ich auf meine Reisen in diverse thailändische Städte und andere Länder, ohne die ich die so angenehme, unkomplizierte und liebenswürdige Thai-Art wahrscheinlich niemals hätte zu schätzen lernen können. Ich möchte keine meiner bisherigen Erfahrungen missen.

Dank:

Ich bin natürlich vor allem „kulturweit“ dankbar, dass ich diese Chance bekommen habe, ein Land für fast ein ganzes Jahr in vollem Umfang kennen zu lernen und in einem Unternehmen arbeiten zu können, dass vor netten Menschen, liebenswürdigen Kindern und toller Atmosphäre nur so strotzt. Ich bin auch dankbar, dass ich wie auch die anderen drei Freiwilligen so herzlich aufgenommen und integriert wurden und vor allem, dass uns so viel selbst überlassen und zugetraut wurde. Ich durfte teilweise selbst unterrichten, ohne jemals studiert zu haben, konnte aus bestimmten Gründen auch mal einen Tag frei bekommen, hatte immer die Möglichkeit, zu jemandem zu gehen, und ich hatte immer das Gefühl, ein Teil der Schule zu sein. Ich durfte bei einer riesigen Musical-Vorführung Lichtassistent sein, auf eine Klassenfahrt mitkommen, internationale Schüler im Deutschcamp betreuen, mit Kindern lachen, spielen und lernen, mit Gleichaltrigen feiern, arbeiten und in den Urlaub fahren, mit Erwachsenen reden, streiten und ausgehen … was will man mehr?





Zwischenseminar in Kuala Lumpur

7 06 2010

Dieses Mal gibt es einen Live-Blog vom „Zwischen“seminar aus Kuala Lumpur, der Hauptstadt Malaysias.

Sonntag, 6. Juni 2010:

Nachdem ich meine Bettwäsche endlich gewaschen und den Morgen irgendwie anderweitig totgeschlagen hatte, begaben sich Philipp und ich mit dem Taxi gegen 11 Uhr zum Flughafen. Beim Check-In trafen wir den im Goethe-Institut Bangkok stationierten Michael, sodass wir drei unsere Wartezeit bis zum Flug um eins mit Mittagessen, Getränken und Quatschen verkürzen konnten. In der Wartezone trafen wir dann auch bald die anderen beiden Bangkoker Freiwilligen Liss und Mira und unsere beiden Seminarleiter, Götz und Frau Pott, die uns in den nächsten Tagen durch das Zwischenseminar, das gar nicht mehr so „zwischen“ für uns war, führen würden. Der AirAsia-Flug verlief problemlos und dauerte etwa zweieinhalb Stunden wegen Zeitverschiebung (+1h zu Bangkok), sodass wir erst gegen 17 Uhr am LCCT (kurz für Low Cost Carrier Terminal, also Billigflughafen) etwa 60 Kilometer von Kuala Lumpur entfernt ankamen und mit einem nicht so sehr billigen Shuttle-Bus über eine Stunde bis ins Stadtzentrum kutschiert werden mussten.

Dort trennten wir uns, Philipp und ich suchten sich gemeinsam eine billige Schlafgelegenheit. „Billig“ hieß dabei anfangs zwar „preisgünstig“, aber es stellte sich heraus, dass wir unsere Erwartungen auch auf „schäbig“ herunterschrauben mussten. Im erstbesten Guesthouse namens „Lee Mun“, das seinen Eingang mitten in einem Streetfood-Restaurant versteckt hatte, trauten wir uns tatsächlich, den Fahrstuhl, der nur durch einen halb verfallenen kurzen Korridor zu erreichen war, zu nehmen. Vorsichtig stiegen wir in die Fahrkabine, von der sich schon der Boden wellte und einige Etagenknöpfe nicht mehr so waren, wie sie eigentlich sollten, und kamen schließlich in einer Privatwohnung an, in der uns ein halbnackter Mann etwas seltsam anschaute. Wir fragten nach einem Zimmer und er gab uns eine Stadtkarte, auf der nichts zu erkennen war. Das mit dem Zimmer kapierte er erst später, aber schließlich zeigte er uns eine Gefängniszelle für 10 Ringgit (2,50 €) pro Nacht. Die Betten waren versifft, die Wände praktisch durchsichtig und das Bad auch nicht gerade 3-Sterne-würdig, aber es war billig. Zum Glück bekamen wir noch Bettwäsche. Unsere Namen oder Reisepässe interessierten den Eigentümer nicht, wir hätten auch am nächsten Morgen einfach abhauen können. Aber es war ja billig.

Wir hatten Hunger und bestellten uns immens teures Essen, wobei wir erst hinterher merkten, dass wir wohl abgezockt worden waren. Der Rest des Tages war schon vorher organisiert worden: Ein Treffen mit irgendwelchen Courchsurfern von Mira in einer Galerie, die gar nicht existierte, und danach gemütlich essen gehen mit Leuten von hier und da, mit zwei kulturweit-Freiwilligen unserer Generation aus Kuala Lumpur und mit anderen jungen Leuten, die wir ohnehin erst im Laufe der kommenden Woche näher auf dem Seminar kennen lernen sollten. Es gab indisch zum Abendbrot, unterwegs ein paar teure Bier (weil die Steuern dafür in so einem muslimischen Land extrem hoch sind) und danach einen kurzen Abschied von allen. Philipp und ich irrten alleine wieder zurück zu unserem tollen Guesthouse, wobei es uns schon vor der Nacht graulte. Ich erlegte kurzerhand eine Schabe und dann war das Zimmer auch bald „bug-free“ (insektenfrei), wie Lonely Planet es beschreibt. Die Nacht war nicht sehr angenehm, da wir in einem Tornado aus vier Ventilatoren und auf Drähten, die mit dünnem Stoff überzogen waren, nächtigen mussten, aber da wir hart im Nehmen sind, hatten wir im Endeffekt kein so großes Problem damit. Außerdem würden wir ja ab dem nächsten Tag in einem Hotel schlafen dürfen …

Montag, 7. Juni 2010:

Unser Seminartag war gekommen. Philipp und ich standen pünktlich gegen sieben Uhr auf, um uns zeitig genug an die Petronas-Tower-Menschenschlange, von der uns erzählt wurde, anzustellen, um kostenlose Tickets zu bekommen. Ich traute mich tatsächlich noch zu duschen, wobei aber nach fünf Minuten das Wasser alle war und ich eine Weile auf Nachschub von oben warten musste. Wir verließen unser Traumhaus und begaben uns mit einem Brötchen in der Hand per LRT (wie S-Bahn) zu den Zwillingstürmen, die vor sechs Jahren angeblich noch das höchste Gebäude der Welt waren. Sie erschienen uns extrem klein, aber trotzdem wollten wir hoch. Wir suchten vergebens nach der Menschenschlange und erfuhren, dass der Turm montags für Besucher geschlossen ist. Mist. Also setzten wir uns eine Weile, wie ein paar andere Touristen auch, auf einen Platz davor, unterhielten uns mit einer Frau aus Venezuela auf Deutsch und verspeisten unser mitgebrachtes leichtes Frühstück.

Da wir aber unbedingt etwas Sinnvolles mit unserer Zeit anfangen wollten, blieben uns nur noch zwei Möglichkeiten: der KL Tower, der wie der Fernsehturm in Berlin aussieht, und die Nationalmoschee. Wir stiefelten also zum Turm, sparten uns den kostenlosen Shuttle-Service und kamen schweißgebadet kurz vor neun, bevor er überhaupt für Besucher zugänglich war, am KL Tower an. Die Wartezeit verbrachten wir mit einer Abkühlung dank Klimaanlage in einem kleinen Kinosaal, sodass wir dann die Ersten waren, die in die Aussichtskugel dürften. Als der Tresen öffnete, erschraken wir vor dem Preis von 38 Ringgit (fast 10 Euro) pro Person, die uns einfach viel zu schade für diesen einen Turm waren. Wir nahmen also kurz nach neun den kostenlosen Shuttle-Service zurück und entschieden uns dann noch für einen Besuch der größten Moschee Kuala Lumpurs. Wir kamen kostenlos hinein, zumindest bis in den Eingangsbereich, durften einmal kurz in den Gebetssaal lugen und das war’s auch schon. Beeindruckend fand ich, dass alle Frauen ein Gewand umhängen mussten, während alle Männer in kurzen Hosen und Flip-Flops durchgelassen wurden. Auf das Minarett durften wir leider nicht, also war auch nichts mit dem dritten Turm in Kuala Lumpur. Wir fingen an, die Stadt nicht zu mögen, holten etwas beleidigt unsere Rucksäcke im Guesthouse und bezahlten unseren netten Zimmervermieter, der immer noch halbnackt herumrannte. Pünktlich um 12 Uhr mittags checkten wir ins Hotel Sentral, in dem wir ganze vier Nächte bleiben durften, ein.

Das Zimmer war sehr gut, entsprechend einem deutschen Hotel. Hier konnten wir endlich angenehm duschen, bevor wir alle zwanzig Freiwilligen uns im Fahrstuhl trafen, weil:

  1. die zwei Fahrstühle im Hotel so ein seltsames System haben, dass man durchschnittlich fünf Minuten wartet, bis er in der gewünschten Etage, in der man wartet, ankommt,
  2. eine „kulturweit“-Information aushing, die besagte, dass wir uns im dritten Stock im Seminarraum, den es dort aber nicht gab, treffen sollten,
  3. wir immer wieder im Foyer ankamen und dann der Reihe nach alle Etagen abklapperten und
  4. wir schließlich feststellen mussten, dass der dritte Stock im Nachbarhaus gemeint war.

So lernte man sich schon etwas kennen, aber trotzdem waren wir fünf Bangkoker und ein weltwärts-Freiwilliger von Anfang an etwas ausgeschlossen, weil die anderen sich schon von ihrem Vorbereitungsseminar kannten. Trotz allem verstanden wir uns von Anfang an recht gut und es sollte eine heitere und spaßige Woche werden. Wir stellten nur kurz je unsere Einsatzstellen vor und zeichneten zum Abschluss ein Bild von unserer Arbeit in Form eines Gebäudes. Das war ganz spannend, vor allem, weil es ja vier Freiwillige aus der Deutschsprachigen Schule Bangkok gab, die völlig verschiedene Aufgaben, aber recht ähnliche Eindrücke hatten. Die Vorstellung wurde auf den nächsten Tag verschoben.

Am Abend gingen wir in einen weiter vom Stadtzentrum entfernten Bezirk gut indisch essen, um das südasiatische Flair nebenbei ein bisschen kennen und lieben zu lernen. Wir aßen von Bananenblättern und uns wurde alles Mögliche darauf gescheffelt, ohne dass wir je erfuhren, was es eigentlich war. Aber schlecht schmeckte nichts davon. Danach setzten wir uns noch kurz in einen Pub und genossen ein Bierchen, bevor ich mich mit einer kleinen Gruppe zurück zum Hotel begab.

Dienstag, 8. Juni 2010:

Dieser Seminartag begann mit der Vorstellung unserer tollen Gemälde vom Vortag. Ich hatte unsere Einsatzstelle als Botschaftsgebäude dargestellt, das komplett von jeglicher thailändischen Kultur abgeschottet ist. Ich erfuhr, dass einige mit ihrer Stelle, sei es Goethe-Institut, DAAD-Büro oder deutsche Schule, kaum bis sehr zufrieden waren. Es folgte eine Traumreise, in der uns unser Seminarleiter unseren Lauf von der Bewerbung bis zum jetzigen Standpunkt erzählerisch und musikalisch unterlegt Revue passieren ließ. Ich schlief dabei ein.

Nach dem Mittagessen, das mich wie am Vortag schon nicht so sehr anlächelte, besprachen wir noch bisher ungeklärtes Organisatorisches und planten gemeinsam den Tagesausflug für den nächsten Tag. Na ja, wir versuchten es zumindest und fanden keinen Konsens. Auf dem Programm standen Höhlen, Freizeitpark, Stadtführung, Dschungeltour und Hochseilgarten, über die sich verschiedene Leute bis zum nächsten Tag informieren sollten, um es uns dann vorzustellen. Total unspektakulär.

Für das Abendbrot hatten wir uns den Bezirk Golden Triangle, in dem ich am Sonntag vor dem Seminar schon essen gewesen war, ausgesucht, um nach einiger Zeit an Entscheidungsfindung in einem Streetfood-Restaurant mit einer unglaublich notorisch gleichzeitig nervigen, lustigen und unterhaltsamen Bedienung, die wahrscheinlich das Geschäft ihres Lebens machte, eine nicht so sehr sättigende Mahlzeit einzunehmen. Ich lud Jonas, einen kulturweit-Freiwilligen meiner Generation, noch dazu ein.

Den Rest des Abends verbrachten wir wieder im Kollektiv in einem Lokal, in dem ich mir mit einer kleinen Gruppe zwei Bierkrüge teilte, wofür man uns als Promotion einen Minifußball zur WM schenkte. Danach verließ ich den Rest mit dem Großteil der Gesamtgruppe und wir fuhren mit der Monorail (ähnlich wie S-Bahn), die hier recht gut ausgebaut zu sein scheint, zurück zum Hotel. Gute Nacht.

Mittwoch, 9. Juni 2010:

Der Mittwoch sollte der am meisten mit „Unterrichtsstoff“ gefüllte Tag werden. Das Thema „Interkulturelles Lernen“ stand an. Zum Aufwärmen spielten wir ein Spielchen, in dem jeder je eine Sache nennen musste, die er in seinem Gastland gerne esse, die er mit nach Deutschland nehmen würde und die er im Gastland vermisse. Das war eine gute Lockerungsübung. Es folgte eine ewige Diskussion, in die ich mich gar nicht einbringen wollte, weil es sich um Kulturakzeptanz handelte und sich ständig im Kreis drehte. Wir schauten noch ein Video über ein paar Kenianerin, die ihre Sicht auf die deutsche Kultur beschreiben sollten, um zu sehen, wie andere über unsere Lebensweise denken.

Nach dem Mittagessen gab es bei gemütlichem Kuchen und Kaffee/Tee noch kleine Diskussionsrundenspiele, in der man noch einmal mit anderen, die man bis dahin noch nicht so gut kennen gelernt hatte, über dieses und jenes sprechen konnte. Anschließend planten wir den nächsten Tag, an dem wir nach den vormittäglichen Einzelgesprächen eine Gruppenaktion außerhalb des Seminarraumes durchführen sollten. Statt die Vorauswahl des Vortages weiter einzuschränken oder zu besprechen, kamen immer mehr Vorschläge dazu, sodass wir uns am Ende zwischen fünf möglichen Aktionen entscheiden mussten. Es gewann der Fantasy-Park, aber das Budget war noch nicht klar.

Das Abendessen durften wir in dem im hinduistischen „Temple of Fina Arts“ befindlichen Restaurant Annalakshmi genießen, was zum einen super geschmeckt hat und zum anderen „theoretisch“ völlig kostenlos war. Man zahlt nämlich das, was man bezahlen möchte: Wenn es gut war, dann gibt man halt das, was man halt für ein gutes indisches Essen und den entsprechenden Service zu bezahlen gedenkt. Im Anschluss besuchten wir noch einen kleinen hinduistischen Tempel, der mich aufgrund der tamilischen Schrift an den Wänden und Aushängen faszinierte, und eine heilige taoistische Stätte. Unser Seminarleiter erzählte uns, einer kleiner Gruppe aus nur noch sechs Personen, viel über Religionen, Kulturen und Glaubensrichtungen im asiatischen Raum. Den Abend ließen wir bei ein paar Bierchen vor dem Hotel ausklingen und fielen alle sehr spät ins Bett.

Donnerstag, 10. Juni 2010:

Umso schwerer fiel es mir dann auch, am nächsten Morgen zu meinem persönlichen Gespräch mit Frau Pott um 8.40 Uhr aufzustehen, aber ich schaffte es problemlos und konnte dann ein wenig über meine Zeit in Thailand reflektieren, auf Problemchen und Erwartungen eingehen und noch einmal deutlich machen, dass mir das Jahr insgesamt nur positiv in Erinnerung bleiben wird. Sie gab mir auch noch ein paar Tipps, wie ich die letzte Arbeitswoche so gut es geht gestalten könnte, beispielsweise sehr alltägliche Dinge fotografieren, die mir mittlerweile schon gar nicht mehr auffallen, aber Außenstehende als völlig absurd bezeichnen würden.

Ich wartete noch auf Michael und Philipp und dann liefen wir gemeinsam durch die Stadt. Unser Ziel war der „Lake Garden“ gewesen, aber wir fanden ihn nicht und kamen irgendwie zufällig an das „Tun Hussein Onn Memorial“. Er war der dritte Premierminister Malaysias, aber das interessierte uns nicht sonderlich. Viel beeindruckender war nämlich die Lage des Museums: Da es sich auf einer Anhöhe befand und mit Palmen umpflanzt war, hatte man einen herrlichen Blick auf Kuala Lumpur mit seinen Petronas Towers durch tropische Pflanzen hindurch. Es war zwar unerträglich heiß, aber sehr schön. Damit wir noch pünktlich Frau Pott, die eher abreiste, verabschieden konnten, begaben wir uns nach einem kurzen Museumsrundgang wieder zurück zum Hotel.

Mittlerweile stand auch fest, wo wir unseren Nachmittag verbringen wollten: Im Freizeitpark Genting etwa 50 Kilometer von Kuala Lumpur entfernt. Die Fahrt dorthin zu organisieren, war nicht ganz so einfach, da es angeblich keine Bustickets mehr für zurück gab, sodass wir kein günstiges „Package“ ergattern konnten und jeden Weg und den Eintritt einzeln bezahlen mussten. Aber schließlich packten wir es, sodass wir Punkt fünf im Park auf 2000 Metern Höhe waren, wohin wir nach der Busfahrt mit einer langen Schwebebahn über den nahezu unberührten Dschungel gekommen waren. Es war traumhaft, wirkte aber sehr künstlich. Die Halle, durch die wir als erstes kamen, war voller Spielautomaten, Losbuden und Menschen, praktisch wie auf einem Rummel in Deutschland. Danach erreichten wir die „Outdoor“-Anlage, die unserem Hansapark entsprach, mit dem Europapark aber niemals mithalten könnte. In zwei Stunden schafften ich es mit einer kleinen Gruppe Gleichgesinnter, insgesamt drei Fahrgeschäfte auszuprobieren: zwei Achterbahnen und den Freifallturm. Die Aussicht von dort oben war einfach atemberaubend, da wir uns ja auf einem Berg befanden und die Wolken teils über, teils unter uns hingen. Einfach unbeschreiblich.

Zum Abschluss schlenderten wir noch durch den „Indoor“-Park, der praktisch wie eine Nachbildung Las Vegas‘ in einer riesigen Halle wirkte. Es war grandios. Die Schneelandschaft mit -5 °C, die wir nur von außen betrachteten, beeindruckte natürlich nicht nur uns, sondern vor allem die sonst so gar nicht an Kälte gewohnten Malaien. Wir erfuhren, dass wir noch eine Stunde auf unseren Bus zurück in die Hauptstadt Malaysias warten müssten, was uns im Endeffekt ziemlich in die Bredouille brachte, weil wir für 22 Uhr Plätze in der exklusiven Skybar, von der aus man einen herrlichen Blick auf die Petronas Towers erhaschen können sollte, reserviert hatten. Die Drinks waren aber so teuer, dass ich mir nichts bestellen konnte, wollte und sollte. Zum Vergleich: Ein einfaches Wasser kostete 14 Ringgit (fast vier Euro). Wir warteten bis Mitternacht, sodass wir das als so spektakulär erhoffte Erlöschen der Petronas Towers noch sehen konnten. Und dann war es so weit: Sie gingen aus. Einfach aus. Völlig unspektakulär, als würde jemand einfach einen Schalter umlegen. Keine Lichteffekte, nicht von oben nach unten, gar nichts. Wie langweilig.

Die Taxifahrt nach Hause wird mir ewig in Erinnerung bleiben: Ich saß vorn und sah, dass der Taxameter schon bei 9 Ringgit (über zwei Euro) anfing. Da der Fahrer noch einmal kurz ausstieg, der Taxameter aber weiterlief und so die Wartezeit und damit auch der Preis hochgehen könnte, wollte ich es elegant ausschalten, verstellte es aber irgendwie und erklärte ihm dann geschickt, ich hatte eigentlich den Radiosender verstellen wollen. Dann ging die Fahrt los und der Meter stieg unaufhörlich, immer weiter und uns sieben im Auto wurde richtig schlecht beim Blick auf den Endpreis: 55 Ringgit (14 Euro)! Noch niemals hatte ich so viel für ein Taxi bezahlt, in Bangkok selbst für absolut lange Strecken maximal sechs Euro. Diesen Frust mussten wir dann erst einmal bei einem abschließenden Bier herunterspülen.

Freitag, 11. Juni 2010:

Dieser Tag sollte nichts weiter als der Reflexion der vergangenen Woche und Vorschlägen zur Verbesserung solcher Zwischenseminare und des Programms „kulturweit“ selbst gewidmet sein. Der Abschied verlief dafür, dass wir uns nur fünf Tage lang gesehen hatten, recht herzlich. Dann war Schluss.

Die meisten blieben noch ein, zwei Tage länger, während wir als Bangkoker Fraktion schon am selben Tag wieder fliegen mussten, um pünktlich zum Maturaball unserer Schule am nächsten Tag zu kommen. So entschieden sich Philipp, Micha und ich für einen Ausflug zum Goethe-Institut Kuala Lumpur, um die Zeit bis zum Flug zu überbrücken. Die Anfahrt war trotz heftigen Unwetters leicht, aber kurz vorm Ziel mussten wir aufgeben, weil wir das Gebäude weder mithilfe der angegebenen Adresse, noch mittels Nachfrage der Leute vor Ort auffinden konnten. Wir gaben schließlich auf, hatten nichts erreicht, aber immerhin etwas von KL’s Außenbezirken gesehen und die Zeit bis zum Flug überbrückt.

Zwei kulturweit-Freiwillige, die am selben Tag nach Indien fliegen sollten, kamen mit unserem Bus mit zum Flughafen, und zwar zum LCCT (Low Cost Carrier Terminal, also für Billigflüge). Dort angekommen, stellten sie fest, dass ihr Flug gar nicht aufgelistet war und sie realisierten, dass sie am falschen Flughafen gelandet waren. Sie schafften es zwar noch rechtzeitig zum richtigen Flughafen, aber ich hätte in dem Moment nicht in ihrer Haut stecken wollen. Unser Rückflug nach Bangkok verlief problemlos und bei der Landung sah ich endlich auch mal Bangkok bei Nacht in seiner kompletten Ausdehnung; es war einfach gigantisch, wie groß diese Stadt war!






Chiang Mai und die Wochen danach …

7 06 2010

Hier kommt noch ein Artikel …








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