Buffalo Village, ein voller Zug und langweilige Wochenenden

26 03 2010

Das war sie also, die Landschulwoche. Das ist übrigens das Schweizer Wort für Klassenfahrt. Eigentlich fährt man in solch einer Woche auch auf das Land, aber außer der 4. Klasse, die ich begleiten durfte, machte das wohl keine andere. Unser Ziel lautete, den Kindern das Leben auf einem Reisfeld inklusive Feldbestellung mit Büffeln, Aussaat, Pflanzen und Verarbeitung von Reis sowie dem eigenständigen Reiten eines Büffels näherzubringen. Das Wochenprogramm war vorgeplant, alles schien organisiert und so ging es auch am Montagmorgen wie geplant gegen acht an der Schule los.

Montag, 15.02.2010

Die Fahrt dauerte nur zweieinhalb Stunden (da ich nichts gefrühstückt hatte, war mir das aber auch zu lange!), wir waren also früher da als geplant. Die Thailehrerin war hinter dem Bus hinterhergefahren, da sie eher wieder nach Hause musste als wir anderen. Während der Fahrt kamen wir schon an den wunderschön hellgrünen Reisfeldern vorbei – und alle freuten sich auf die Woche fernab von Schule, Büchern und Tests.

Nach dem Zimmerbeziehen (es waren leider nahezu Hotelzimmer mit Badewanne, Handtüchern, TV, Kühlschrank und regelmäßigem Service, gar nicht ländlich – und davon hatte ich auch noch ein eigenes) veranstalteten wir ein Suchspiel, bei dem die Kinder verschiedene im Voraus fotografierte Objekte auf dem Gelände finden sollten. Dann gab es das von mir lang ersehnte Mittagessen, chinesische Nudelsuppe. Hmmm, lecker! 🙂 Nach einem Nickerchen für alle ging es schon auf das Reisfeld, wo wir

  1. mit einem Büffel das noch schlammige Feld pflügen
  2. mit zwei Büffeln noch einmal pflügen
  3. Reis gekonnt aussäen und
  4. schon vorbereitete Schößlinge setzen.

Es war verdammt heiß, ein Cappi war also sehr hilfreich. Trotzdem hatten die Kinder sehr viel Spaß im Schlamm – ich auch! –, und das anschließende Abduschen mit einem Schlauch tat bei der Hitze sichtlich gut.

Danach gingen wir auf einen zum „Buffalo Village“ gehörigen Markt, konnten noch einmal richtig im Zimmer duschen und die Kinder sprangen in den lang ersehnten Swimming-Pool. Zum Abendbrot gab es sehr süßes Pad Thai und für die Erwachsenen andere lokaltypische Gerichte (z.B. etwas zu zartes Hühnchen und seltsame Eier), die die Kinder nie gegessen hätten. Das Abendprogramm war von vier Jungen organisiert worden: ein rotierender Spiele-Abend mit vier Varianten à drei Spieler: Mikado, Labyrinth, Lotti Karotti und UNO. Die Thailehrerin und Khun Num, unser persönlicher „Betreuer“ aus dem „Buffalo Village“, lernten so auch ein paar deutsche Spiele kennen. Eine Nachtwache brauchten wir angesichts der erstaunlichen Ruhe in den Zimmern nicht, und so konnten wir vier Aufsichtspersonen alle zeitig schlafen gehen.

Dienstag, 16.02.2010

Nach einem klasse „Continental Breakfast“ wurden die Kinder in zwei Gruppen eingeteilt: Zuckerrohrverarbeitung und Reisernte. Ich ging mit der ersten Gruppe zuerst zur Verarbeitung des Zuckerrohrs:

  1. Auspressen der Zuckerflüssigkeit mithilfe eines Büffels an einer dafür vorgesehenen Gerätschaft, die auch gleich zerbracht
  2. Verrühren des gewonnenen Zuckers über offenem Feuer zu Brei
  3. Gießen des Zuckerbreis in runde Bambusförmchen
  4. Ausdrücken der Förmchen, nachdem sie getrocknet waren
  5. Verpacken in kleine Plastiktütchen

Dieser Prozess geht heutzutage natürlich maschinell und viel schneller, aber die Kinder hatten wieder ihren Spaß. Anschließend kamen beide Gruppen wieder zusammen und ihnen wurde der botanische Garten mit seltsamen Pflanzen „für den Mann“ erklärt. Zur Belohnung für die bisher getane Arbeit durften sich die Kinder im Swimming-Pool wieder austoben, den ich bisher noch mied, um ihnen die Vorfreude nicht zu nehmen, bis ich tatsächlich im Laufe der Woche einmal mit hineinspringe. Das Mittagessen war ganz gut, der Nachtisch mit komisch grünem, laichähnlichem Pudding etwas gewöhnungsbedürftig.

Nun war Gruppenwechsel. Ich ging mit meiner Gruppe zur Reisernte, dieses mal als einziger Betreuer, da die Thailehrerin in der anderen Gruppe als Dolmetscherin gebraucht wurde. Der Ablauf war wie folgt:

  1. Ausschlagen der Reissamen aus den Ähren (sehr aufwändig, deshalb nicht weiter ausgeführt)
  2. Ausbreiten des geernteten Reises auf dem Boden, um die Samen mittels eines Büffels „herauszutreten“
  3. Führen des Büffels über den auf dem Boden ausgebreiteten Reis
  4. Heraussuchen der Samen
  5. Trennung der Reiskörner von Unreinheiten in einer dafür vorgesehenen Maschine
  6. Schälen der Reiskörner in einer rotierenden Mahltrommel
  7. Trennung fertiger von nicht geschälten Reiskörnern mittels eines Siebes

Auch dieses Verfahren ist veraltet und wird heute meist vollständig maschinell durchgeführt. Wiederum hatten die Kinder aber Spaß bei der Arbeit, vor allem beim Sieben, da insgesamt etwa 90% des Reises dabei verloren gingen. Nebenbei zeigte mir und einigen anderen Interessierten Khun Num den traditionellen Fischfang mittels eines Netzwurfes, bei dem ich aber kläglich scheiterte. Bis zum Abend gab es wieder das übliche Programm: Pool, Aufenthalt in den Zimmern, Abendbrot, Tagebuch schreiben. Letzteres mussten die Kinder im Rahmen des Schulunterrichtes tun und wer fertig damit war, durfte mit mir Federball oder Frisbee spielen. Das Abendprogramm gestaltete sich etwas anders als geplant, weil das für diesen Tag vorgesehene Organisationsteam ihr Material nicht mehr finden konnte. So improvisierte der Klassenlehrer ein paar Spiele … eigentlich hätte ich das auch gerne gemacht, aber ich erfuhr erst zu spät von dem nicht planmäßig stattfindenden Abendprogramm. Neben Muffins, Zimtschnecken und einem überaus lustigen „Gummi-Spiel“ wurden alle bald sehr müde, sodass ich in der Nacht als erste Ansprechperson bei Problemchen keine Arbeit hatte.

Mittwoch, 17.02.2010

Das Frühstück war leider nicht ganz so lecker wie an den beiden Tagen zuvor, aber dafür sollte der gesamte Tag sehr interessant werden. Am Vormittag stand für eine Gruppe eine 15-Kilometer-Fahrradtour mit wahnsinnig guten und teuren Mountainbikes durch die umliegenden Dörfer und Reisfelder an und für die andere, in der ich unter anderem Betreuer war, das Büffelreiten. Da die Thailehrerin mit ihrem Auto als Versorgung bei den Radfahrern bei und wir keinen englischsprachigen „Guide“ bei den Büffeln hatte, mussten wir versuchen, diejenigen Kinder, die Thai und Deutsch sehr gut sprechen konnten, davon zu überzeugen, den anderen die Erklärungen zu übersetzen. Nach anfänglichem Zögern gelang es uns auch – und dann stellten wir fest, dass eigentlich fast alle in unserer Gruppe Thai ohnehin verstanden, bis auf eine Schülerin, die Frau des Klassenlehrers mit Tochter und ich. Natürlich hätte ich für mich persönlich keine Übersetzung gewollt, da ich mich ja hier zwingen muss, Thai zu sprechen, weil ich es andernfalls nie lernen würde. Die Übersetzungen klappten sehr gut, zwei Kinder haben das ganz erstaunlich gemacht, die anderen waren etwas schüchtern.

Zunächst gab es eine Einführung in das Leben eines Büffels bzgl. Verbreitung, Aussehen, Verhalten und Ähnlichem, danach mussten alle auf den Büffel aufsteigen und auf ihm Reiten. Dabei war aber der Aufstieg das wohl Schwierigste. Es gab drei Möglichkeiten:

  1. über die Hörner: mit dem rechten Fuß auf das linke Horn steigen, dann über den Hals krabbeln und sich schließlich auf dem Büffelrücken umdrehen – gefährlich!
  2. von der Seite: mit dem linken Fuß in die „Schulter“ des Büffels steigen und sich dann gekonnt mit dem anderen Bein über das Riesenvieh schwingen – unangenehm!
  3. von hinten: mit etwa fünf Schritten Anlauf auf den angespannten Wadenmuskel des Büffels steigen und von dort über den Hintern des Tieres springen, ähnlich wie bei einem Bocksprung – extrem gefährlich!

Nun wurde uns allen die Freiheit gelassen, welche der drei Varianten wir nehmen würden. Nahezu ausschließlich entschieden sich alle für Nummer 2, die Ängstlicheren nahmen das Geländer zu Hilfe, was den Aufstieg um einiges erleichterte. Ich habe nie einen Büffel sehr schnell laufen sehen und so war auch der Ritt eher entspannend als nervenaufreibend …

Da wir mit dem Programm bereits nach anderthalb Stunden fertig waren, ließen wir die Kinder wieder in den Pool. Die Jungen entschieden sich lieber für den Aufenthalt im Zimmer, also spielte ich mit den Mädchen Frisbee im Pool. Nach dem Mittagessen schlief ich mich noch eine gute halbe Stunde aus, bevor ich mich mit meiner Gruppe für die Fahrradtour sattelte, von der die Rückkehrer bereits geschwärmt hatten. Ihnen stand jetzt der Büffelritt bevor.

Die Fahrradtour führte über Hauptstraßen, Nebenstraßen, Sandwege, Dörfer, Reisfelder und zunächst bis zu einem kleinen Rastplatz, an dem wir ein Foto machten und die Aussicht über einen See genossen. Die zweite Rast fand an einem Abenteuerspielplatz mit Kletterwänden sowie einer Leiter und Hängebrücke über Wasser statt, auf dem sich die Kinder richtig austoben konnten, bevor  es aufging zur dritten Rast, die an einer traditionellen Thai-Schule stattfand. Die Schüler spielten uns etwas auf ihren Instrumenten vor, unsere Kinder weigerten sich aber, auch etwas vorzusingen, während es die erste Gruppe getan hatte. Selbstverständlich wurden wir „farang“ (Ausländer) wie Autos angestarrt, oft genug hörte man dieses Wort auch, und schließlich konnte ich alle noch von meinem tollen Thai überzeugen, als ich zu einem Tagrau-Spiel (Fußballtennis) eingeladen wurde, indem ich durch die Menge rief „mi daai“ (ich kann nicht). Auf der Rückkehr über die matschigen Reisfelder machte eine Schülerin noch Bekanntschaft mit dem Boden, aber ansonsten verlief alles recht reibungslos. Wir konnten aber dank der Radtour das Reis in allen Stadien von einem brachen Feld bis zur Ernte beobachten, weil man diese Wasserpflanze dreimal im Jahr ernten kann.

Vor dem Abendbrot war noch Tagebuchschreiben und Federball angesagt, danach eine Geburtstagsfeier einer Schülerin mit leckerem Kuchen und danach schliefen die Kinder der Reihe nach beim Kinofilm „Madagaskar 2“ ein. So waren alle, inklusive Betreuer, bereits halb 10 im Bett.

Donnerstag, 18.02.2010

Gleich nach dem Frühstück ging es für die Kinder und den Klassenlehrer mit dem Pick-up auf den Morgenmarkt von Suphanburi. Die Frau des Klassenlehrers und ich hatten keinen Platz mehr auf dem Gefährt und stiegen in das Auto von Khun Num. Dort sollten sie Zutaten für unser Mittagessen kaufen. Leichter gesagt als getan: Der Einkaufszettel war auf Thai! Das konnten ja die meisten Kinder nicht lesen. Glücklicherweise hatten wir (Khun Num, die Thailehrerin, die Thai-Kinder und ich) es ins Englische übersetzt, sodass die Kinder danach fragen konnten. Nächstes Problem: Auf dem Markt verstand man selbstverständlich kein Englisch. Also war es an den Thai-Kindern, alle Waren für ihre Gruppe einzukaufen. Dabei war den „farang“-Kindern etwas ganz Einfaches nie eingefallen: Sie hätten ja den Verkäufern einfach nur den Einkaufszettel zeigen müssen …

Dann kehrten wir zum „Buffalo Village“ zurück und bereiteten in Gruppen die Speisen zu: Tom Jam Gung, Som Tam und Med Khanun. Das Herumrühren und -stampfen im Essen machte den Kindern sichtlich Spaß. Nebenbei konnte sich jeder mal am Papaya-Salat probieren; Khun Num bekam dabei Chili ins Auge und schrie fürchterlich, was wir alle zunächst für einen Scherz hielten, dann aber ziemlich ernst wurde … Schließlich schmeckten die drei Gerichte aber wunderbar, noch dazu hatte die Küche Extraspeisen zubereitet, sodass dieses Mittagessen das wohl beste war, dass ich je in Thailand hatte. Auch den Kindern schmeckte es außerordentlich gut.

Nach dem Mittagessen fuhr die Thailehrerin nach Hause und wir gingen mit den Kindern noch einmal auf den „Buffalo Village“-Markt, auf dem ich mir nun endlich einen Sonnenhut kaufte. Anschließend ging es zum lang ersehnten „Water Park“ in Suphanburi mit richtig teuren Minivans. Ich fuhr bei den Mädchen im Bus mit, in dem auch Khun Num saß, der immer wieder Witze auf Thai erzählte, sie dann übersetzte und schließlich auch noch den vollständigen Namen Bangkoks zum Besten gab. Der „Water Park“ war im Prinzip enttäuschend klein, aber es gab vier von fünf funktionierende Rutschen mit verschiedenen Geschwindigkeiten. Der Eintritt war mit 60 Baht auch spottbillig. Wir hatten im Wasserpark sehr viel Spaß, auch der Klassenlehrer und ich!

Am Abend wurde wieder Tagebuch geschrieben, Federball gespielt und für diesen letzten Tag eine Disko vorbereitet. Vor dieser wirklich gelungenen Disko gab es aber noch leckeres Barbecue mit Hühnchen- und Schweinefleischspießen. Ich glaube, ich habe die meisten Spieße gegessen!

Die Disko wurde ein voller Erfolg für die Kinder, denn das kleine Organisationsteam hatte wirklich gute Arbeit geleistet. Für die bei gutem Benehmen verdienten „Büffel-Doller“ im Laufe der Woche konnte sich die Kinder an der Bar verschiedene Süßigkeiten und Getränke kaufen. Luftballons, gute Musik und Taschenlampen machten die Atmosphäre perfekt. Alle wurden zum Tanzen animiert, indem das Organisationsteam mehrere Limbo-, Stopp- und Zeitungstänze vorbereitet hatte, bei denen natürlich auch wir Betreuer uns nicht lumpen ließen und zur Freude der Kinder begeistert mitmachten. Gegen halb 10 war die Disko dann beendet und ab ging es ins Bettchen …

Freitag, 19.02.2010

Die Rückfahrt war auch für die Kinder sehr angenehm. Mittlerweile hatte ich ja ein sehr gutes Verhältnis zu ihnen aufgebaut und konnte auch im Bus mit ihnen spaßen. Nebenbei lud ich noch die Fotos von der Kamera des Klassenlehrers auf meinen Stick, sodass ich sie über das Wochenende zu einer schönen DVD verarbeiten konnte … leichter gesagt als getan! Wie sollte ich gut 1500 Fotos, die aus meinem Apparat und den Kameras der übrigen drei Begleiter entstanden waren, bis zum Montag bearbeiten, in ein Videoschnittprogramm einfügen, mit Effekten versehen, mit Musik unterlegen und auch noch mindestens 15 Mal brennen? Eine unlösbare Aufgabe, aber ich hatte es ja versprochen … selbst schuld!

Als wir gegen Mittag in der Schule ankamen, bot mir die Frau des Klassenlehrers, die ja auch mitgefahren war, mich in ihrem Taxi mit nach Hause zu nehmen. Das war äußerst praktisch, denn ich durfte keine Zeit mehr verlieren – wegen der vielen Fotos. Außerdem gab ich an diesem Tag noch den Deutschförderunterricht im zwei Stunden entfernten Bangna, der mir den gesamten Freitagabend raubte. Gegen zwölf Uhr nachts zu Hause angekommen, konnte ich nur noch todmüde ins Bett fallen.

Wochenende, 20./21.02.2010

Eintöniges Wochenende: Bilder bearbeiten, in ein Videoschnittprogramm einfügen, mit Effekten versehen, mit Musik unterlegen und auch noch mindestens 15 Mal brennen … davon schaffte ich immerhin die ersten drei Sachen bis zum Sonntagabend. Freizeit gab es nicht, es war Stress pur. Ich arbeitete teilweise bis spät in die Nacht und stand zu ungewohnt früher Stunde wieder auf, sodass ich am Montagmorgen völlig übermüdet eine SMS an den Klassenlehrer der 4. Klasse verfassen musste, dass ich die DVD noch nicht vorzeigen könne. Ich nutzte jede freie Minute in der Schule, um weiter an den Effekten und vor allem der passenden Musik zu arbeiten, wovon Letzteres teilweise wirklich mehrere Stunden in Anspruch nahm.

Woche vom 22. bis 28.02.2010

Die gesamte Woche bestand also aus Schule am Morgen und Video am Nachmittag. Nebenbei hatte ich ja auch noch Thai, musste irgendwann mal etwas essen und wollte nicht nur so schnell mit der ach so tollen DVD fertig werden, sondern auch am Wochenende in den Süden Thailands, um mich von meinem Stress zu erholen. Andere wichtige Sachen in der Schule beinhalteten die Installation der deutschen Rechtschreibprüfung für die Schüler der 9. Klasse, damit sie einwandfrei ihre Praktikumsberichte schreiben können, die Korrektur der unzähligen Jahrbuchbeiträge, der sich mittlerweile weiter etablierte und recht erfolgversprechende, wenn auch schleppend vorangehende Deutsch-Förderunterricht einer thaisprachigen Schülerin in der 3. Klasse, einen Begleitservice eines kleinen verletzten Schülers bis ins Krankenhaus tief in der Innenstadt sowie die Auswertung und zukünftige Verfahrensweise mit dem Deutschland-Test für die 12er, die ja bald nach Europa gehen würden. Bei Letzterem mussten wir, die Deutschlehrerin und ich, feststellen, dass der Test für die Schweizer selbstverständlich unfair gewesen war, weshalb nun noch die Projekte Schweiz-Test und Europa-Test anstehen. Die sich aus dem Deutschland-Test entwickelte Diskussion unterstrich jedenfalls den Erfolg, denn dabei erfuhren nicht nur ich, sondern auch die Schüler selbst, was es überhaupt heißt, in Deutschland zu leben, wenn man vorher aus einem Land mit einer völlig anderen Mentalität kommt. Außerdem gab es am Mittwoch noch den interessanten „Open House Day“, der im Prinzip einem „Tag der offenen Tür“ gleichkommt, wobei jedoch der Unterricht ganz normal stattfindet. Die Eltern nehmen daran teil, können ihre Kinder bestaunen, sich in der Pause mit den Kollegen und anderen Eltern unterhalten und selbstverständlich alle Lehrer befragen. Dazu bekamen wir alle, auch „kulturweit“, ein tolles Namensschildchen, mit dem wir richtig wichtig tun konnten.

Ich war bis zum Wochenende jede freie Minute mit der DVD über die Landschulwoche beschäftigt. Da hatte ich mir wirklich etwas aufgebrummt! Zwar war der Film bereits Mittwoch fertig, aber er musste ja noch rendern! Dieses Rendern kann bei einem Film von 50 Minuten, wie es meiner war, zwischen zwei und zwanzig Stunden dauern … wenn der Computer mitmacht und nicht abstürzt! Als er dann Mittwochnachmittag fertig war, musste ich mit Bedauern feststellen, dass die einst so hoch auflösenden Bilder auf der DVD nur noch unscharf und verpixelt dargestellt waren. So konnte ich das Video natürlich nicht vorführen, schon gar nicht den Kindern mit nach Hause geben. Da ich dieses Problem mit den verpixelten Bildern bis zum Wochenende nicht lösen konnte, hatte ich auch keine richtige Lust auf Strandurlaub …

Ich gab dem Computer eine letzte Chance, startete den Brennvorgang und zog am Freitagabend schon leicht verspätet los, um meinen Zug in den Süden, für den ich noch nicht mal eine Fahrkarte hatte, zu bekommen. Ich war recht pünktlich, halb elf, auf dem Bahnhof, fürchtete aber angesichts der langen Schlange am Ticketverkauf um meinen Zug. Immer wieder sah ich in der Schlange vor mir Leute etwas am Ticketschalter erfragen und danach mit leeren Händen weggehen. Ich dachte schon, der Zug nach Surat Thani wäre ausgebucht! Aber das kann doch nicht sein, oder? Das war mir in Thailand noch nie passiert. Aber vielleicht hatten auch andere Leute die Idee gehabt, den kommenden freien Montag wegen Makha Bucha für einen Kurztrip in den Süden zu nutzen … Jedenfalls war ich nun an der Reihe und schon, als der Mann „Surat Thani“ aus meinem Mund hörte, fiel ihm schnell „full“ ein; da war nix zu machen!

Ich fand einen anderen Reisewilligen auf dem Bahnhof – vielleicht war er Thai oder Laote oder wer weiß. Er wollte nach Yala, also mit dem gleichen Zug wie ich fahren, hatte aber auch kein Ticket mehr bekommen. So einigten wir uns darauf, es noch mit einem Bus, der gegen elf (es war zehn vor elf!) am Bangkoker südlichen Busbahnhof abfahren sollte, versuchen. Aber so richtig Lust schien der andere Typ auch nicht zu haben. Nachdem wir uns mit den nervigen Taxifahrern auf eine Fahrt dorthin geeinigt hatten, sprang der seltsame Andere ab und ich stand allein da. Ich wollte aber unbedingt in meinen verdienten Urlaub! Also stieg ich in ein Taxi ein und forderte den Fahrer auf, das Taxameter anzustellen, was er aber partout nicht tun wollte. So wechselte ich das Taxi und kam schließlich auch ganz gut im weit entfernten südlichen Busbahnhof an. Doch es gab keinen Ticketverkauf mehr um diese Zeit!

Ich nervte die Kassiererinnen an der Toilette, die kein Wort Englisch sprachen, wie ich denn nun nach „Sukhothai“ käme. Erst viel später merkte ich, dass ich natürlich nach „Surat Thani“ wollte! Deshalb verwiesen sie mich immer auf „Mo Chit“, den nördlichen Busbahnhof, und ich begriff nicht … ich brauchte eine Auszeit, drehte eine Runde auf dem Busbahnhof und kehrte wieder zu den Damen zurück, nun mit „Surat Thani“. Schließlich kapierten sie und ich erfuhr, dass gegen drei Uhr nachts ein Minivan, in dem man eigentlich keine 10 Stunde aushält, für viel zu teure 700 Baht nach Surat Thani fahren würde. Das wollte ich nicht und mein „phääng göön pai“ (zu teuer) gefiel den Ticketverkäufern auch nicht. Also streunte ich über den Busbahnhof, wieder zurück zur Hauptstraße, lief durch mir bisher unbekanntes Gefilde und hielt irgendwann ein Taxi an, um nach Hause zu kommen. Ich wollte nicht zu viel bezahlen, also sagte ich dem Fahrer „Khao San“ (als wär ich irgendein Touri), von wo aus ich einen Bus nehmen würde. Der Fahrer erklärte mir, dass zu dieser späten Stunde keine Busse mehr fahren würden und dass er mich für nur 150 Baht bis an die Ramkhamhaeng bringen würde. Dieser Preis beeindruckte mich – und er schaffte es tatsächlich! Die gesamte Fahrt war sehr unterhaltsam: Ich konnte ihm auf Thai erklären, dass ich eigentlich in den Süden fahren wollte, aber es keine Tickets mehr gab, und dass ich in der Ramkhamhaeng wohne. Minburi, was noch viel weiter entfernt war, wollte ich dann doch nicht zugeben! Dafür würde ich ein zweites Taxi nehmen. Da ich dem Fahrer immer wieder etwas auf Englisch beibrachte, wollte er am Ende noch meine Telefonnummer haben und berechnete mir nur 100 Baht! Wow, wie nett. Ich ärgerte mich etwas, dass ich nun in ein zweites Taxi steigen musste, aber was soll’s.

Zu Hause angekommen, musste ich mit Bedauern feststellen, dass die DVD, die das Endergebnis sein sollte und die ich vor der Klasse vorführen wollte, wieder nichts geworden war. Das Wochenende bestand also ausschließlich aus Tests, wie ich die DVD ordentlich hinbekommen könnte, denn ich wollte unbedingt bis zum Montag fertig sein. Irgendwann gelang es mir, immerhin eine riesige Datei auf dem Computer in guter Qualität zu sichern, die ich nur noch auf eine DVD komprimieren musste. Nebenbei zerstörte ich noch mein Programm, indem ich irgendein dämliches Plug-in installierte, und benannte aus Versehen alle Bilder in meinem Ordner um, sodass das Programm sie nicht wiedererkannte. Voller Schweiß konnte ich meine Arbeit aber noch retten und schaffte es schließlich irgendwann, ein zufrieden stellendes Ergebnis auf DVD zu erwirtschaften. Was für ein seltsames, unerwartetes Wochenende!

Woche vom 1. bis 7. März

Nun musste ich noch einen passenden Termin für die Videovorführung bekommen. Ich hatte auch noch nicht die DVDs für die Schüler gebrannt, noch nicht einmal alle Fotos auf eine CD, sodass der Montag noch nicht ging, Dienstag zeitlich schlecht lag, am Mittwoch ich nicht mit der gesamten 4. Klasse zusammen wäre und der Donnerstag als Aufführungstag festgelegt wurde. Nebenbei lud ich auch die Thai-Lehrerin, die ehemalige Klassenleiterin der jetzigen 4. Klasse und die DaF-Lehrerin ebenderselben Klasse ein; sie alle freuten sich schon auf die Vorführung, rechneten aber mit nichts Außergewöhnlichem.

In der Schule verfolgte ich weiterhin meine diversen Aufgaben: Jahrbuchkorrekturen, Unterstützung in verschiedensten Fächern, Vertretungen und Brennen von zig DVDs … bis zum lang ersehnten 4. März 2010, 3. Stunde im Raum der 4. Klasse:

Computer geholt, aufgestellt, angeschaltet. Beamer? Oh, nicht reserviert, hoffentlich ist er nicht gerade unterwegs. Glück gehabt, es gibt einen Beamer für mich. Beamer anschließen? Passt nicht in die Steckdose. Die Schüler sind schon da, aber der Beamer geht nicht. Neues Kabel holen, passt zwar, aber Beamer geht immer noch nicht. Langes Hin- und Her, dann geht alles. Lautsprecher angestellt, Fenster abgedunkelt, Projektion gestartet und alles läuft perfekt! Die Kinder sind die gesamte Vorstellung über begeistert, lachen über und mit sich, wundern sich über die tollen Fotos und ich bekomme aus allen Reihen nur positives Feedback bezüglich der Hintergrundmusik, in die ich stundenlange Arbeit investiert hatte.

Es gab keine Fehler, Unterbrechungen oder Missgeschicke, alle Fotos und Effekte saßen perfekt und ich war einfach nur glücklich, erleichtert und auch ein bisschen stolz auf meine Leistung, aus gut 1500 ursprünglichen Fotos nicht nur 1300 gute auszusuchen und komplett zu bearbeiten, sondern auch noch etwa 300 der authentischsten Bilder zu einer DVD in Bewegung, fernab jeglicher langweiliger Diashow, zusammenzustellen, die sowohl Klein als auch Groß begeisterte! Anschließend zeigte der Klassenlehrer noch kurz die Vorschau von „1, 2 oder 3“, wo drei der Viertklässler gegen Deutschland und Österreich angetreten waren. Die gesamte Show sollte kommende Woche innerhalb der Klasse und innerhalb des nächsten Monats vor der gesamten Primarstufe gezeigt werden, doch dazu später.

Schon innerhalb eines Tages, also noch am selben Abend nach der Landschulwochen-DVD-Präsentation, bekam ich sogar von einigen Eltern eine bestätigende E-Mail, wie toll doch der Film sei, nachdem sie sich ihn schon mehrmals mit ihren Kindern zusammen angesehen hatten. Das bestärkte mich natürlich umso mehr, mich nun auch weiter für die 4. Klasse zu engagieren. Am kommenden Tag bekam ich sogar eine Art „Urkunde“ dafür vom Klassenleiter mit den Unterschriften aller Kinder der Klasse.

Das Wochenende wollte ich nun endlich mal dafür nutzen, mich ein bisschen in Bangkok umzusehen, ein typisches Touri-Programm mit Bootsfahrt auf dem Chao Phraya und Besuch der zahlreichen Tempel Bangkoks durchzugehen und einfach die Stadt zu genießen, in der ich nun schon ein halbes Jahr lebe. Auf der Busfahrt zur nächsten U-Bahn-Station lernte ich zwei Tschechen kennen, die erst in der Nacht zuvor angekommen waren und sich ein Hotel nahe dem Flughafen, also dort, wo sich keine anderen Touristen aufhalten (in Minburi!), genommen hatten. Ich war stolz, ihnen erklären zu können, mit welchen Bussen sie günstig bis zur Khao San kommen könnten. Außerdem konnte ich mittlerweile viel über Thailand sowie die Sitten, Bräuche, Ängste und Verhaltensweisen dieser Nation erzählen. Als ich endlich an meiner U-Bahn-Station angekommen war und den tschechischen Touristen erläutert hatte, wie sie am besten den Bus wechseln, stieg ich aus und fuhr mit der Metro und dem Skytrain bis zur Bootsstation des Chao Phraya. Dort dauerte es ewig, bis ich das richtige Pier fand, weil ich nicht in so ein teures Touristenboot einsteigen wollte. Ich sagte der Kassiererin auf dem Boot zwar, dass ich zum Wat Phra Kaew wollte, allerdings kam ich dort nie an, weil ich die Ausstiegsstation verpasst hatte. So fuhr ich gemütlich weiter in den Norden und wunderte mich bald über die fehlenden Touristen auf dem Kutter. Irgendwann entschied ich mich auszusteigen und war somit fast der einzige an dieser Stelle. Ich hatte keine Ahnung, wo ich gelandet war; war es noch Bangkok? In einer ziemlich leeren Gasse orientierte ich mich erst einmal und fand dann bald heraus, dass ich in Bangsue, einem der nördlichen Distrikte Bangkoks, gelandet war. So suchte ich nach Möglichkeiten, wieder von dort wegzukommen und lief viele Kilometer, bevor ich einen Hinweis auf eine Metro fand. Nach einer Stärkung und einem kleinen Einkauf im wohl fast größten Tesco Lotus Bangkoks kam ich auch endlich an der Metrostation an, fuhr zurück zum Siam Square und entschied mich aufgrund der bereits weit vorangeschrittenen Zeit, mit dem Bus wieder nach Hause zu fahren. Was für ein sinnloser Ausflug, oder?

Der Sonntag war ebenso wenig sinnvoll. Ich arbeitete ein wenig an meinem Sprachwissenschaftszeug, zu dem ich sonst keine Zeit habe, bereitete ein wenig die Schule vor und schlief mich aus.

Woche vom 8. bis 14. März

Ich hatte von einem Lehrer gehört, dass der Vater einer Zweitklässlerin Deutsch-Förderunterricht für seine Tochter wünschte. Da ich erstens montagnachmittags noch Kapazitäten hatte und es sich um die Schwester einer Basisstufenschülerin, die ich sehr mag, handelte, schrieb ich den Vater gleich an und erkundigte mich nach der Möglichkeit, die Nachhilfe zu übernehmen. So hatte ich bald einen Job für die Überbrückungszeit zwischen meinem montäglichen Vormittag und Thai in der Schule am Nachmittag.

Den Montagnachmittag hatte ich freibekommen, um mein Visum in der vietnamesischen Botschaft für die große Reise über Songkran zu ergattern. Gleich nach dem Mittagessen bestellte ich mir ein Taxi (was gar nicht so leicht war), kam in einen furchtbaren Stau, den es immer am Mittag in der Innenstadt gibt, und betrat bald das Gebäude der Botschaft Vietnams. Es sah ziemlich heruntergekommen aus, aber dafür hatte ich keine Probleme mit dem Visum. Formular ausgefüllt, abgegeben, Geld bezahlt und Reisepass dort gelassen. Das war’s. Nach nicht mal einer Viertelstunde konnte ich wieder gehen und so sparte ich Geld, indem ich den Bus zurück nach Hause nahm. Insgesamt brauchte der Bus wegen des anhaltenden Staus mehr als zwei Stunden, um bei mir zu Hause anzukommen.

So … mehr schaffe ich vor der großen Reise nicht, Fotos leider auch nicht. Ich melde mich in drei Wochen wieder. Aber trotzdem will ich noch verraten, was zwischen dem bisher Erzählten und meinem momentanen Leben alles passiert ist:

Ich war:

  • live bei den politischen Unruhen dabei und lief zu Fuß durch eine Straßenblockade
  • ziemlich krank, bin aber mittlerweile wieder reisetauglich
  • ziemlich oft als Vertretungslehrer eingesetzt
  • extrem mit riesigen Aufgaben in der letzten Woche beschäftigt: Heraussuchen der Definitionen über 100 englischer Wörter, Anfertigen des Schweiz-Tests für die 12. Klasse, Evaluation des Freiwilligendienstes nach einem halben Jahr, Erstkorrekturen aller Jahrbuchbeiträge (mittlerweile etwa 150 Seiten), Abrechnung von konsumiertem Wasser, Kaffee und Cola in der Lehrerschaft, Reisevorbereitung (Reiseroute, Basisvokabular) und Schreiben dieses endlos langen Beitrags
  • Lichtassistent beim Musical der Primarstufe
  • Klassenleiter der 4. Klasse für zwei Tage

Bis demnächst!








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