Am Montag vor fast zwei Wochen (30.11.) schlief ich erst einmal die ersten beiden Stunden aus, denn die habe ich gewöhnlich frei. Nach meiner regulären Pausen- bzw. Sonderaufsicht für einen etwas zu aktiven Basisstufenschüler hatte ich schon wieder frei, dann erst begann mein Arbeitstag: Sachkunde (Arbeit an Plakaten zu den deutschen Bundesländern), Vorbereitung der Präsentation in Deutsch (die ich heute endlich halten sollte), Mittagsbetreuung der Basisstufe (die schließlich in Aufsicht auf dem Spielplatz mündete) und dann sollte ich eigentlich auch schon meinen PowerPoint-Vortrag über die Entwicklung der deutschen Sprache vor der 12. Klasse halten. Doch plötzlich sah ich, dass die Deutschlehrerin aufgrund eines Gesundheitsfalles ihres Sohnes mit dem Auto davonfuhr. Ich bereite trotzdem oder eher genau deswegen alles vor für meine Präsentation, wartete auf die verwunderten Schüler ob meiner Anwesenheit und startete auf Vorschlag des Philosophielehrers dieser Klasse mit der Frage, ob die Schüler denn wüssten, wie man die Verfolgung von Wörtern zu ihrem Ursprung nennt. Ich war erstaunt, dass sie tatsächlich das Wort „Etymologie“ kannten! Die Materie war ihnen also nicht ganz unvertraut. Ich begann mit einem Vergleich eines alt-, mittel- und neuhochdeutschen Gedichts, deren Aussprachen sie so amüsant fanden, dass ich es sogar noch einmal wiederholen sollte! Insgesamt schaffte ich alles, was ich den Schülern zeigen wollte, ließ mir aber noch Spielraum für eventuelle nächste Stunden. Und meine Zuhörer schienen sich nicht einmal zu langweilen, wenn man bedenkt, dass sie statt meiner Vorführung eher eine Freistunde gehabt hätten bzw. schon eher nach Hause hätten gehen können. Direkt im Anschluss traf ich einige bei der zweistündigen ECDL-Prüfung wieder, bei welcher dieses Mal das Internet hervorragend funktionierte und ich gleich drei Kategorien bestehen konnte: Microsoft Word 2007 (77 %), Microsoft PowerPoint 2003 (94 %) und IT-Grundlagen (86 %). Auch wenn ich mich tierisch über das schlechte Ergebnis der Word-Prüfung ärgerte, reichten zum Bestehen 75 %. Jetzt fehlen mir noch die drei schwersten Prüfungen: Excel, Access und Outlook. Nach dieser ECDL-Prüfung folgte gleich der Thai-Unterricht, in dem wir Richtungsangaben lernten, was selbstverständlich wieder sehr lustig war.
Die ersten vier Stunden (Mathe und Sachkunde) des Dienstags (1.12.) waren nicht erwähnenswert, dafür aber der Sportunterricht mit den Basisstufenmädchen in der 5. Stunde: Ich sollte wieder mal ein neues Spiel einführen und entschied mich für „Kettenfange“, was ich als nicht zu kompliziert für eine erste Klasse einstufte. Doch da bei diesem Spiel Teamwork gefragt war, was die Kinder in diesem Alter noch nicht ausreichend entwickelt hatten, funktionierte das Spiel kaum, die Kette wurde nicht länger – und wenn mal ein anderes Kind gefangen war, riss die Kette alle 10 Meter wieder auseinander, da sie sich nicht absprechen konnten. Die Sportlehrerin wollte das Spiel vereinfachen, in dem die Fänger nur nach dem Prinzip des „Schwarzen Mannes“ entgegen den Weglaufenden und nicht quer durch die Halle rennen sollten, aber auch hier mussten wir einsehen, dass sich manche einfach fangen ließen, während andere aus der Kette sich einfach nicht an die anderen anpassen konnten. Dieses Spiel würden wir also in nächster Zeit noch üben müssen. Nach der Mittagsbetreuung fuhr ich gleich nach Hause, hielt wie immer meinen Nachmittagsschlaf, schlürfte anschließend zum Thai-Unterricht in Miras Zimmer (das heißt auf Thai übrigens „hoong khoong Mira“, was stets für Belustigung sorgt) und so endete auch dieser Dienstag.
Am Mittwoch (2.12.) schlief ich wieder die ersten beiden Stunden aus, dann trainierte ich mit den Basisstufenjungen Fußball, während die Mädchen sich im Weitwurf und Weitsprung übten. Es war allerdings sehr heiß, sodass die meisten Jungen immer mal wieder aufgaben, später noch einmal einsetzten und dann aber doch zu den Mädchen gingen. In meinem Sportoutfit ging ich gleich zur Versammlung von „Just Community“ in der Sporthalle, bei der von den eine Woche zuvor vorgeschlagenen Verbesserungen der Schule die besten ausgewählt wurden: Seilbahn auf dem Spielplatz für die Basisstufe und Clubraum für die Älteren, wenn ich es richtig verstanden habe. Danach hatte ich alle Zeit der Welt zum Duschen, klärte noch kurz ab, was ich nach der Mittagsbetreuung mit den Viertklässlern machen sollte, da die DaF-Lehrerin krankheitsbedingt nach Hause gefahren war, und kümmerte mich um die Mittagsbetreuung. Anschließend sollte ich also die 4. Klasse allein haben, das war aber aufgrund der Aufgaben, die sie bearbeiten mussten, kein Problem. Auf einen Jungen, der ständig vorspielte, auf die Toilette zu müssen, um dem Unterricht zu entkommen, musste ich zwar besonders aufpassen, aber ansonsten verlief diese Stunde ganz angenehm. Mein nachmittäglicher Besuch bei der Familie in Bangna, um das Deutsch der beiden deutsch-chinesischen Jungen zu verbessern, viel aus, da meine beiden Schüler schon zu geschafft vom Unterricht in ihrer Schule gewesen waren. So nutzte ich meinen freien Mittwochnachmittag, um mich mal wieder richtig auszuschlafen.
Der Donnerstagmorgen (3.12.) begann gleich mit zwei Verspätungen: Da meine Handy-Uhr irgendwie falsch ging, kam ich ein paar Minuten zu spät zur Pausenaufsicht und da die Schulklingel extrem leise war, verpassten die Schüler auf dem Spielplatz den Beginn ihres nächsten Unterrichts, wofür ich mich gleich bei den jeweiligen Lehrern entschuldigen gehen musste. Meine Aufgabe sehe ich nun darin, dieses Schluklingelproblem zu beheben, das versuche ich aber leider bis heute noch vergebens! Mein Sachkundeunterricht fiel aus, da stattdessen Weihnachtsbasteln in der Klasse angesagt war – dafür war ich dann doch sehr ungeeignet. Normalerweise sollte ich in der 5. Stunde Sport mit den Basisstufenjungen haben, doch das hatte ich auf Wunsch der Französischlehrerin in eine Extra-Stunde Französisch für zwei neue Schülerinnen an der DsSB geändert, mit denen ich mich auf dem Flur an einen Tisch setzte und intensiv Französisch lernte, damit sie den Anschluss schaffen würden. Während meiner 45-minütigen Pausenaufsicht statt der Mittagsbetreuung jeden Donnerstag unterhielt ich mich nahezu die ganze Zeit mit dem Mädchen aus der 6. Klasse, dem ich eben noch Französisch beigebracht hatte. So gestaltete sich diese sonst so langweilige Pause ganz angenehm. In der anschließenden Mathestunde musste ich mich wieder um einen Sonderfall „vor der Tür“ kümmern, den ich selbstverständlich hier nicht weiter ausführe. Danach fuhr ich nach Hause, ging mit dem Mathelehrer einen Smoothie trinken und Kuchen essen, bis der Thai-Unterricht begann. Irgendwo zwischen den Gläsern und Tellern hatte ich meine Thai-Hausaufgaben gemacht; das Besondere an meinen Hausaufgaben ist immer, dass ich sie sowohl in der Umschrift, als auch in der richtigen Thai-Schrift mache. In dem Café hatte ich aber selbstverständlich kein Wörterbuch, also musste ich alles auswendig richtig schreiben bzw. raten, wie man es schreiben könnte. Unsere Thai-Lehrerin kontrollierte es dann, und tatsächlich hatte ich nur einen klitzekleinen Fehler gemacht: Ein Tonzeichen hatte gefehlt. 😉
Der Freitag (4.12.) war zweigeteilt: Zunächst war an diesem Tag Sportfest, bei dem Philipp und ich als Lauf- bzw. Schwimmersatz und Mira und Liss als Aufsicht bei den Kleineren eingeteilt waren, zum anderen gab es da am Nachmittag noch den Wochenendausflug nach Ko Samet. Schon beim Aufrufen des ersten Swim-and-Run–Teams durch den Sporttagleiter erschien eine Schwimmerin nicht – in Gedanken war ich schon in der Umkleidekabine, bevor ich noch durch’s Mikro hörte: „Daniel Krauße, bitte Badehose anziehen!“ Ich ging auf die Bühne, wie es jedes Team tat, und gehörte nun mit zu den 500-m-Schwimmern. Philipp stand als Läufer übrigens auch schon fest, da sich eine Läuferin im Vornherein abgemeldet hatte. Da ich unfreiwillig dem Team 1 zugeteilt worden war, startete ich auch gleich als Erster, und zwar mit einer unglaublich schlechten Zeit von etwa 10 Minuten auf 500 Metern. Nach meinem Durchgang schickte ich die erste Läuferin auf die Strecke. Als sie zurückkam, ging der zweite Schwimmer an den Start, nach dessen Ankunft der zweite Läufer den Schlusssprint hinlegte. Insgesamt kam unser Team auf den 5. von 19 Plätzen. Plötzlich holte mich eine Zeitnehmerin, noch bevor ich mich wieder umziehen konnte, zurück zum Schwimmerbecken und meinte, ob ich nicht noch einmal für ein anderes Team schwimmen könnte, da eine Schwimmerin, die zweimal hatte schwimmen wollen, gesundheitsbedingt nicht mehr den zweiten Lauf antreten könnte. So geschah es dann auch: Ich schwamm weitere 500 Meter in einer lächerlichen Zeit von 15 Minuten. Tja, ich bin halt eher ein Langstreckenausdauer- als ein schneller Schwimmer auf kurzer Distanz. Beim anschließenden Streetball der Oberstufe zählte ich noch die Punkte, sah mir die Staffelspiele aller Sportler an, ging zur Siegerehrung (bei der ich aufgrund meiner schlechten Zeiten selbstverständlich keine Erwähnung fand), zog mich danach in Windeseile um, rannte zum Auto einer Lehrerin, deren Familie mich großzügigerweise mit an den Strand von Ko Samet, etwa drei Autostunden von Bangkok entfernt, mitnahm. Am Samstag sollte nämlich Königsgeburtstag sein; da das aber dieses Jahr auf ein Wochenende fiel, bekam ganz Thailand den Feiertag am Montag geschenkt – das bedeutete also: verlängertes Wochenende! Diese Gelegenheit nutzten viele Lehrer und Familien der DsSB für einen Ausflug an die Strände Thailands, besonders Ko Samets.
Da die anderen drei kulturweit-Freiwilligen mit den 12ern der DsSB mitfuhren, wollten wir uns irgendwie auf Ko Samet treffen, denn von uns vier hatte noch keiner eine Wohnung auf der Insel gefunden. Ich kam als erster in Ban Phe, dem Ort, von dem aus die Fähren und Speedboats nach Ko Samet fahren, an, bekam ein verspätetes Mittagessen bzw. frühes Abendbrot geschenkt, und suchte mir eine Fähre, da die anderen bereits ein Speedboat im Vornherein gechartert hatten. Die langsame und nicht sehr komfortable Fähre kostete mich für eine Hin- und Rückfahrt je 50 Baht. Da die anderen später ankamen, aber dann ein Speedboat nahmen, kamen wir etwa gleichzeitig auf der Insel an, jedoch ich am Haupthafen, die anderen am Ao Wong Duean, wo auch die 12er ihre Wohnung gebucht hatten. Mittlerweile war es bereits 6 Uhr abends und wir mussten dringend eine Wohnung bekommen. Ich suchte also den Norden ab, während die anderen im Südosten herumirrten. Nach einigen Telefonaten, Preisvergleichen und Rücksprachen einigten wir uns darauf, dass ich auch an den Wong-Duean-Strand kommen sollte, da die anderen drei eine Unterkunft für insgesamt 2000 Baht (d.h. für jeden von uns 500 Baht) gefunden hatten. Sicher wären die Zimmer im Norden billiger gewesen, aber so waren wir zumindest bei den Zwölftklässern und einigen Familien der DsSB. Mitunter waren auch der Strand und die Locations besser. Jetzt hieß es für mich nur noch, irgendwie in den Süden zu kommen, was aufgrund der einsetzenden Dunkelheit, meines geringen Budgets und der Unkenntnis der Insel nicht so leicht sein sollte. Obgleich ich mir ein Motorrad für 300 Baht pro Tag oder ein Taxi für mindestens 200 Baht bis zum gewünschten Strand hätte nehmen können, entschied ich mich für die billigste Variante: 4 Kilometer laufen! An ausgewählten Stellen fragte ich immer wieder, wo ich gerade sei und wo ich langgehen müsse, und dann war es auch eigentlich recht simpel. Lediglich die Wegweiser irritierten etwas: Der erste zeigte die Entfernung zum Wong Duean als 2000 Meter an, am nächsten stand 2200 Meter, dann kam eines mit 2400 Metern, bis ich schließlich vor einem mit 500 Metern stand. Einmal kurz um die Ecke gebogen, Philipp angerufen und schon waren wir vier wieder vereint. Ich legte kurz meine Sachen ab, zog mir eine Badehose an und sprang sofort ins mittlerweile stockdunkle Meer. Diese Gelegenheit nutzte Mira auch noch einmal für eine Abkühlung. Übrigens: Die Unterkunft war lediglich ein Doppelzimmer, allerdings mit Ventilator und Klimaanlage; das Bad war gewöhnungsbedürftig, aber bei Weitem ausreichend für uns Backpacker! 🙂 Den Abend verbrachten wir mit den 12ern zunächst bei einem gemütlichen, eher typisch thailändischen Abendbrot (jeder bestellte etwas und bot den Teller in der Mitte des Tische für alle an) und dann ging es in die Disko am Silver Sand, wo ich mir erst einmal einen Bucket „Sex on the Beach“ bestellt, den ich wider Erwarten dann doch allein leerte. Wir tanzten viel, sangen und merkten, dass die Bar wohl entweder die einzige auf ganz Ko Samet oder ein typischer Schwulentreff war. Langsam bekam ich doch etwas Angst vor dem seltsamen Kambodschaner, der sich immer wieder an mich heranmachte … bis ich mir mit zwei anderen Schülern der DsSB zwei Thai-Girls suchte, die wir ob unseres Alters und Aufenthalts in Thailand völlig belogen, da wir nicht davon ausgingen, sie je wiederzusehen … Mit dem Taxi (eher einem Songthaeo in Form eines riesigen, grünen Pickups) ging es geschwind über die Straßen, die für maximal 20 km/h ausgelegt waren, nach Hause in unsere „komfortable“ Wohnung.
Am Samstag (5.12.) war also Königsgeburtstag, doch der erwartete Besucheransturm blieb glücklicherweise aus. Ich stand recht früh auf, ging ans Meer und suchte den Strand. Blöderweise gibt es während der kalten Jahreszeit in der Nacht Ebbe und tagsüber Flut, weshalb auch die Restaurantstühle im Wasser standen. Ich schwamm von unserer Unterkunft aus bis zum Resort der DsSB-Familien, spielte mehrere Stunden mit deren Kindern, die ich ja aus der Schule bereits kannte, kombinierte Frühstück und Mittagessen am Nachmittag für erstaunlich billige 100 Baht, schloss mich dem Wasservolleyballspiel der 12er an und sonnte mich den Rest des Nachmittags und Abends. Die Nacht verbrachten wir wieder in der Silver-Sand-Bar, begegneten dieses Mal noch mehr Schwulen als am Vortag und trafen wieder auf die beiden Thai-Mädels, denen wir in der Nacht zuvor schon ausreichend Lügengeschichten erzählt hatten. Ich versuchte nun, die Lügen zumindest teils aufzuklären, aber da sie ohnehin viele, viele Jahre älter als wir waren, empfand ich es als nutzlos. Wir fuhren in zwei Gruppen nach Hause; die anderen drei, mit denen ich mir das Zimmer teilte, waren schon mit der ersten Fuhre heimgekommen – ich kam erst später mit einigen 12ern nach.
Auch der Sonntag (6.12.) spielte sich größtenteils am Strand ab. Nach meinem verspäteten Frühstück ging ich endlich ins Wasser und zog die 12er mit einem großen aufblasbaren Schwimmring, den man sich am Strand für wenige Baht ausleihen konnte, zu einer vor Anker liegenden Fähre etwa 200 Meter vom Strand entfernt. Dort kletterten wir dann hoch – was man in Deutschland natürlich nie dürfte! – und nutzten sie als Sprungturm mitten im offenen Meer. Den Rest des Tages verbrachten wir alle mehr liegend als schwimmend am Strand. Am späten Nachmittag bestellte ich im Restaurant als Einziger (denn zu solch einer Zeit aß kein anderer) einmal „khaao phat gai dschaan jai“. Den Riesenteller brachte mir die Kellnerin auch, beobachtete, ob ich ihn auch wirklich schaffen würde, und war am Ende sichtlich erstaunt, dass so viel in diesen „farang“ hineingepasst hatte. 😉 Unseren letzten Abend wollte wir in der Ploy Bar unweit vom Silver Sand verbringen und bestellten dort neben viel Bier und zwei Shishas auch Abendbrot – na ja, ICH versuchte es zumindest, die anderen hatten allerdings mehr Erfolg dabei. Ich verlangte doch tatsächlich dreimal, bei drei verschiedenen Kellnern, „fren frei“ (eine Verballhornung des englischen Gerichts „French Fries“), doch bekam am Ende nicht eine einzige Portion. Im Übrigen gab es natürlich Pommes, denn bei anderen Gerichten waren sie als Beilage dabei! Da in der Bar nichts los war, weder Tanz noch gute Musik, entschieden wir uns abermals, zum Silver Sand zu laufen und unsere Nacht in der offensichtlichen Schwulenbar zu verbringen. Irgendwie erspähten wir vereinzelt und je mit anderen Männern tanzend zwei Mädels, die genauso aussahen, wie die beiden, die wir an den beiden Abenden zuvor kennen gelernt hatten. Eine hatte uns erzählt, sie würde am nächsten Tag nach San Francisco fliegen, die andere müsse angeblich wieder nach Hause nach Pattaya. Nun ja, wir hatten ja auch gelogen mit unserem Alter … seltsamerweise schienen uns die beiden Thai-Girls auch gar nicht mehr zu kennen – ich sollte erst zu Hause erfahren, wieso. Dann entwickelte sich noch ein kleiner Streit mit einer Person nicht erkennbaren Geschlechts, die uns auf Englisch attackierte und dem Türsteher eine Lügengeschichte auf Thai auftischte, einer unserer 12er verschwand bis zum nächsten Morgen auf unerklärliche Weise und auf dem Nachhauseweg ging Philipp auch noch verloren und tauchte erst eine halbe Stunde später wieder im Zimmer auf, obgleich wir doch beide gemeinsam bis zu unserer Unterkunft gelaufen waren … was für eine Nacht!
Die Kompensation des Königsgeburtstages am Montag (7.12.) nutze ich gleich erst mal zum Ausschlafen. Dann frühstückte ich verhältnismäßig spät, auch wenn die anderen dies noch weiter Richtung Mittag verschoben, und klärte, wie ich wieder zurückkommen würde. Schließlich hatte mich die eine Lehrerin aus der Schule nur auf dem Hinweg mitgenommen, da sich schon jemand anderes für den Rückweg angemeldet hatte. So fragte ich die deutsch-chinesische Gastfamilie eines Austauschschülers der DsSB aus der Schweiz und prompt bekam ich ein Ja. Wow, das ging schneller als gedacht. Nun musste ich noch die Sache mit der Fähre klären, denn ich hatte natürlich noch ein Rückfahrticket für 50 Baht. Diese Fähre würde aber entweder erst um vier Uhr an unserem Strand oder stündlich ganz im Norden abfahren, wovon mir beides ungelegen schien. Also ließ ich das Ticket verfallen und stieg mit in das Speedboat der anderen – ohne zu bezahlen! Auf dem Nachhauseweg im Auto der freundlichen Familie, die mich mitnahm, realisierte ich, dass ihr Sohn auch in meiner Französischklasse war. Welch ein Zusammenhang! Ich wurde sogar noch zu einer zukünftigen Kartfahrt auf einer Strecke irgendwo zwischen Rayong und Pattaya eingeladen, worüber und worauf ich mich auch sehr freute, aber schon beim Anblick der Kartwagen war mir der Preis klar – 10 Minuten kosteten angeblich um die 1000 Baht. Dann kamen wir zu Hause an, ich packte meine sandige Wäsche in die Maschine und musste noch eine ganz wichtige Sache checken: Eines der Mädels aus der Bar hatte mir ihren vollständigen Namen gegeben, den ich – so hatte sie gemeint – bei Facebook suchen sollte. Ich hatte, ehrlich gesagt, wenig Hoffnung, sie dort zu finden, da ich sie am Abend zuvor ja angeblich mit einem anderen Typen sah, obwohl sie mir doch etwas von einem Flug nach San Francisco erzählt hatte. Aber wie der Zufall es so wollte, existierte dieser Name zusammen mit der Person auf dem Bild tatsächlich! In diesem Moment bereute ich eigentlich, dass wir sie bezüglich unseres Alters angelogen hatten (wir sollten angeblich alle um die 24 Jahre alt gewesen sein). Da sie aber ohnehin 28 und nun in den USA war, war es im Endeffekt doch auch egal, oder?. In den nächsten Tagen (die genauen Daten habe ich nicht mehr im Kopf, denn es war alles ziemlich wirr) musste ich also jegliche Lügengeschichten aufklären, aber da die eine der beiden wirklich nur das Nötigste auf Englisch konnte und sie äußerst verärgert schien, wurde ich gezwungen, ihr alles auf Thai zu erklären. Das schulte immerhin!
Am Dienstag (8.12.) war endlich mal wieder Schule: Während es in Mathe keine besonderen Vorkommnisse gab, lernte ich in der Sachkundestunde etwas Neues dazu: Alle Bundesländer haben Wappen (das wusste ich auch) und Flaggen! Die Wappen von Brandenburg, Sachsen, Berlin usw. waren mir bewusst und hätte ich sofort erkannt. Wer aber weiß, wie die Flaggen der jeweiligen Länder aussehen? Googelt es mal und ihr werdet euch wundern. 🙂 Schließlich empfahl ich für die Gestaltung der Bundesländer-Plakate, keine Flaggen, sondern stattdessen die Wappen zu nehmen. Der Sachkundelehrer ist übrigens Schweizer, weswegen er für jede Hilfe eines Deutschen dankbar ist. Die restlichen Stunden verliefen gewohnt ohne erwähnenswerte Szenen. Nach unserem Thai-Unterricht am Nachmittag ging ich auf Philipps Empfehlung mit selbigem und dem Mathelehrer, der mir übrigens gegenüber wohnt, in einem Restaurant in unserer Soi erstaunlich billig und gut essen, danach traf ich Gregor, einen Praktikanten an der DsSB, und seinen Kumpel, der drei Monate durch Indien gereist war, in einem anderen Restaurant und wir entschieden uns, noch eine Thai-Bar zu stürmen. Wir versuchten den leckeren Litschi-Cocktail zu bestellen, den wir einst bekommen hatten; ich stotterte auf Thai, was ich konnte: „khuat sii kaao“, „düüm naan“ (zeigte dabei auf das gleiche Getränk auf einem anderen Tisch), „saam gääo“ usw., wir bekamen aber schließlich, was wir wollten. Ich fragte den Kellner, wie das Zeug denn nennt („man tschüü arai„), und er meinte einfach „lindschii“, einfacher ging es wohl nicht. 😉 Schließlich bestellten wir noch eine Karaffe und dann gingen wir heim – nächsten Tag war ja Arbeit!
Ob meines nächtlichen Barbesuchs entschied ich, die ersten beiden Freistunden des Mittwochs (9.12.) auszuschlafen und erst zum Sportunterricht der Basisstufe zu kommen. Es gab Stationen, ich übernahm die des Ballzielwurfes und staunte, wie gut manche mit fünf oder sechs Jahren schon werfen konnten. Nach der Mittagsbetreuung blieb ich mit den Kindern noch eine Weile auf dem Spielplatz, anschließend half ich der 4. Klasse im DaF-Unterricht und hoffte, dass ich danach frei hätte und nach Hause fahren könnte. Leider musste ich aber kurzfristig eine Biologie-Arbeit beaufsichtigen. Zu Hause angekommen, überlegte ich, in die Innenstadt zu fahren und auf den Baiyoke Tower II, klettern zu können, verwarf die Idee aber wieder und schlief ein. Irgendwann spät abends erwachte ich wieder und erarbeitete mir eine Liste von „survival phrases“ auf Thai, Laotisch, Chinesisch und Katonesisch für meinen geplanten Laos-China-Trip über Weihnachten und Neujahr, bevor ich mich wieder aufs Ohr haute.
Wieder ein freier Tag! Donnerstag (10.12.) war Tag der Verfassung, damit fiel abermals ein Arbeitstag weg und ich konnte meine Zeit in der Innenstadt nutzen. Am Vormittag ortete ich auf einer Karte den Baiyoke Tower II und bekam heraus, dass sich zwei BTS-Stationen ganz in der Nähe befinden sollten. Noch vor dem Mittag fuhr ich also mit der 113 in die Innenstadt, bestellte wie üblich meine vier Hamburger, Pommes und eine Cola auf Thai bei McDonald’s (die Kassiererin wollte mich aber nicht so recht verstehen), dann kaufte ich mir ein BTS-Ticket für die falsche Linie (es gibt momentan zwei, viele weitere sind im Bau oder in Planung), fuhr also zurück und kaufte mir eines in die richtige Richtung, dann merkte ich während der Fahrt, dass meine Zielstation (Sanam Pao) wohl viel zu weit vom Baiyoke entfernt war. Ich entschied also, wieder zwei Stationen zurück zu fahren und den Rest zu laufen. Das gestaltete sich jedoch schwieriger als gedacht, denn obgleich ich den Turm ständig sah, konnte ich ihn doch nicht so recht erreichen. Nach vielen Umwegen endlich angekommen, fuhr ich einfach mit dem Fahrstuhl nach oben. Das kostete erst einmal nichts und ich wurde freundlich empfangen, als sei ich Gast in dem Hotel. Der Fahrstuhl hielt ungefähr im 50. Stockwerk, von wo aus man Bangkok schon weit überblicken konnte, aber das reichte mir natürlich nicht, ich wollte höher hinaus! Doch bevor ich den nächsten Fahrstuhl betreten konnte, hielt mich eine Dame freundlich auf und fragte, ob ich denn Gast des Hotels sei. Ich verneinte und musste mir ein Ticket für 200 Baht kaufen. Das war es mir auf jeden Fall wert und schon ging es ab in die 83. Etage! Das war mir aber noch nicht genug, es ging noch höher: Eine Treppe führte ins 84. Geschoss, auf eine sich drehende Plattform ohne Verglasung. Das war ein richtig gutes Gefühl, so hoch oben (304 Meter) über Bangkok zu stehen. Hier verstand ich, warum kein Taxifahrer aus dem Westen in den Osten Bangkoks fahren würde – er wäre wohl fast zwei Stunden unterwegs. Ich habe die Luftlinien mal per Google Earth gemessen: Die Ost-West-Ausdehnung beträgt etwas mehr als 70 Kilometer und die Nord-Süd-Ausdehnung (wobei diese Messung entsprechend der Bangkoker Distrikte schwierig ist) liegt bei rund 50 Kilometern. Da die Gesamtfläche allerdings mit fast 8000 km² angegeben wird, dürften die Entfernungen bei Weitem größer sein. Das ist übrigens die halbe Fläche von Schleswig-Holstein oder dreimal so groß wie das Land Luxemburg. Und all das konnte ich von dem Turm aus sehen, es fühlte sich schon ein bisschen an wie in Amerika! Schließlich gab es noch einen Fahrstuhl, der direkt von der 83. Etage bis nach unten vor, so konnte man noch einmal die gesamte Höhe fühlen und Revue passieren lassen. Ich nahm einen anderen Ausgang aus dem Gebiet um den Baiyoke und schon nach 200 Metern durch einen überfüllten Markt traute ich meinen Augen nicht. Ich war auf der Phetchaburi gelandet, der Straße, die ich schon mit der 113 gekommen war! Den ganzen Stress mit der BTS hätte ich mir also komplett sparen können, denn es gab tatsächlich einen Bus, der mich direkt von mir zu Hause bis zum Turm hätte fahren können. Bevor ich aber nach Hause ging, entschied ich, mir noch die Umgebung um das Platinum anzusehen und erspähte einen zunächst recht klein scheinenden IT-Laden. Allerdings stand ich plötzlich mit im Pantip Plaza. Auf sieben (!) Stockwerken gibt es alles, was das Technik-Herz höher schlagen lässt. Wer im Bereich IT, Computer, Handy, Software, Elektronik etc. hier nichts findet, findet es wohl nirgends auf der Welt. Hier steht und liegt alles, was man braucht und nicht braucht: Von Einzelteilen bis hin zu fertigen Computern, von stylischen Mäusen über neueste Router bis hin zu Druckern aller Art, dazu jegliches Zubehör in Klein und Groß an mehreren hundert verschiedenen Ständen. Wer will, kann sich hier sein eigenes Heimnetzwerk einrichten und von allen Seiten beraten werden. Zusätzlich dürfen natürlich auch die zahlreichen Restaurants und kleinen Getränkestände nicht fehlen. Im obersten Stockwerk thront der Supermarkt namens IT City, dessen Name ja schon die Ware verrät. Im Prinzip muss man sich nur einen Saturn aus Berlin viermal größer vorstellen. 😉 Da ich gerade an einem Khlong in der Innenstadt war, nahm ich mir das Wassertaxi zurück bis zur Endstation in Minburi, die ich bereits kannte, und fuhr von dort aus mit dem Bus nach Hause.
Der Freitagvormittag (11.12.) war kaum erwähnenswert. Es gab einen Flohmarkt in der Schule, auf dem ich ein Buch mit Spielideen für Kinder erwarb, demzufolge war auch eher Schluss für alle Schüler. Ich hatte dem einen Mädel (die ich in der Bar kennen gelernt, bezüglich meines Alters belogen und schließlich doch im Internet wiedergefunden hatte) in der Schule meine Telefonnummer geschickt, weil sie sie haben wollte – ich bin mir noch nicht sicher, ob das so gut gewesen war. Schließlich fing sie bald an, mich per Telefon zu nerven und ich musste sie auf den Nachmittag vertrösten. Zu Hause angekommen, versuchte ich mit Jeaby, so ihr Spitzname (den haben alle Thais), per Handy in die USA zu telefonieren, aber die Verbindung war so schlecht, dass es nur ein „What?“-Gespräch wurde. Wir entschieden uns für Skype und bald begann eine dreistündige Unterhaltung (ungelogen!). Ich glaube, diese Unterhaltung hatte nur funktioniert, weil Jeaby von vornherein anders war und dachte, als Thais es eigentlich tun. Sie reist gerne, erkundet andere Länder und lebt in den USA. Demzufolge sprachen wir auch kaum Thai. Gewöhnlich bleiben Thais ja in ihrem Land oder kommen nur dank eines farang-Mannes in die westliche Welt. „Ein Schelm, wer da jetzt Böses denkt“ (danke für dieses Zitat, Marleen), aber sie ist 28 und natürlich war da nie etwas und wird nie etwas sein. Solange sie nicht jeden Tag per Telefon nervt, sollten wir auch weiterhin gute Freunde bleiben. Vielleicht profitiere ich auch bzgl. meiner Thai-Kenntnisse von ihr. Während des Gespräch bzw. auch danach musste ich noch eine dringende Arbeit für die Schule erledigen: Übersetzung eines Zeugnisses der 2. Klasse ins Englische. Das sollte selbstverständlich kein Problem sein, doch wie auch das Original sollte das Resultat als aktives Formular, das man direkt in Microsoft Word ankreuzen kann, erscheinen. Ich hatte mich damit noch nie vorher beschäftigt, aber im Endeffekt freute sich die Lehrerin, die es mir weitergeleitet hatte, sehr darüber, dass ich diese Arbeit doch noch erledigen konnte.
Das Wochenende war absolut unspektakulär. Den Samstag (12.12.) verschlief ich größtenteils und plante meine Reise durch die chinesischen Großstädte weiter, schmiss vorhandene Pläne über den Haufen und schmiedete neue. Am Abend setzte ich mich in die nahe gelegene Pizzeria (das wollte ich mir mal gönnen) und unterhielt mich nach einer Weile sehr interessiert mit einem thai-deutschen Pärchen, deren niedliche Tochter im Restaurant herumrannte und für Belustigung mit einem Papierflugzeug sorgte. Es wäre im Prinzip eine potenzielle Familie für die DsSB und das Mädchen in meiner Basisstufe gewesen, aber irgendwie hatten sie sich einst dagegen entschieden. Ich erzählte ihnen also ein bisschen über die Schule, machte sozusagen Werbung, aber auch über Deutschland (der Mann war immerhin schon über ein Jahrzehnt in Thailand), vor allem die DDR – auf Englisch, damit auch die Frau alles verstand.
Der Sonntagmorgen (13.12.) begann unfreiwillig schon um 7 Uhr: Ich hörte einen Wecker, nein, es musste ein Bohrer gewesen sein, aber nein, was war dieses schrille Geräusch vor meiner Tür? Schlaftrunken zog ich mir was an, öffnete die Tür und sah ein paar Leute über den Gang schlürfen. Nun bemerkte ich, dass es der Feueralarm sein musste. Ich nahm, wie es sich natürlich im Brandfall überhaupt nicht gehörte, den Fahrstuhl nach unten und traf dort auf die ebenso verwirrte und verschlafene Mira. Es dauerte etwa eine halbe Stunde, bis der Hausmeister kam und dieses Geräusch abstellte. Jemand muss den Rauchmelder im Zimmer ausgelöst haben! Na, danke! Dann ging ich wieder schlafen und machte mich am frühen Nachmittag auf zum Chatuchak Weekend Market, um einen typischen Weihnachtseinkauf vorzuspielen. Leider fand ich nichts, nicht einmal Handschuhe, Weihnachtskarten oder sonst irgend nützliche Geschenke. Verärgert begab ich mich zum MBK, bestellte dort meine übliche Portion im McDonald’s (dieses Mal verstand die Mitarbeiterin mich sehr gut und ich sie!) und bewunderte die weihnachtliche Dekoration auf dem gesamten Siam Square. Wer hätte gedacht, dass ich dieses Jahr überhaupt Schneemänner, Tannenbäume und Weihnachtsbeleuchtungen mit Schriftzügen wie „Merry Christmas“ und sogar „Happy New Year 2010“ (obgleich wir ja hier bald das Jahr 2553 einleiten) sehen würde? Auf dem Nachhauseweg wollte ich mir im Carrefour noch Handschuhe zum einen für das Schlittschuhlaufen am Dienstag mit der DsSB, zum anderen für meine China-Reise kaufen, doch diese „thung müü“ gab es selbstverständlich nicht in meiner Größe. Trotzdem nahm ich viel zu kleine mit und würde ja sehen, ob sie dehnbar sind.
Mein nächster Bericht folgt wahrscheinlich noch einmal am kommenden Freitag. Ich werde den 20-Uhr-Zug nach Nong Khai nehmen und dort am nächsten Morgen eintreffen. Meine nächste Meldung wird dann eventuell als Rundmail aus Laos oder erst aus China erfolgen. Bis bald!