150 km Zugfahrt + 30 km Fußmarsch = Ein Wochenende in Ayutthaya

30 11 2009

Den Montagmorgen (23.11.) hatte ich mir freigenommen, damit ich den wohl wichtigsten Teil meines Weihnachts- und Neujahrsausflugs bekommen konnte. Der Besuch in der chinesischen Botschaft stand an, denn ohne Visum kommt man nicht nach China, auch nicht für wenige Tage. Blöderweise hat die Botschaft nur wochentags von 9.00 Uhr bis 11.30 Uhr geöffnet und befindet sich in der Ratchadapisek, einer Straße in der absoluten Innenstadt, die um diese Zeit gewöhnlich nahezu unbefahrbar ist, denn alles steht! So war es auch an besagtem Tag: Ich fuhr schon viel zu spät los, erst etwa 8.00 Uhr, obwohl ich ja wusste, dass man ewig brauchen würde. Obgleich der Taxifahrer die Autobahn nahm, so standen wir doch viele, viele Minuten im Stau, vor allem immer an den Mautschranken. Aber die Gelegenheit konnte ich gut nutzen, um mit dem Fahrer zu reden, selbstverständlich auf Thai. Ich konnte ihm erklären, dass ich ein „Lehrerpraktikum in der Schweizer Ruamrudee-Schule in Minburi“ mache, woher ich komme, wie alt und bla bla … Mein Thai war also schon besser geworden, auch wenn ich nicht so viel verstand, wie ich gerne gewollt hätte. 🙁 Vor der Botschaft angekommen, wurde ich gleich von einem dubiosen Herrn empfangen, der mir ein chinesisches Visum andrehen wollte. Ich ging zunächst darauf ein, da sein Wisch offiziell aussah. Ich sollte ihm schließlich, nachdem er mein Foto, meine Adresse und meine Telefonnummer schon hatte, noch den Reisepass da lassen. Schon das war mir eigentlich zu heikel; wer weiß, ob ich den je wieder sehen würde!? Dann berechnete er mir auch noch 2400 Baht für diesen „Service“! Ich sagte ihm, dass ich das nicht bezahlen würde, handelte sogar noch auf unglaubliche 2000 Baht herunter, doch auf meine „nüng phan soong rooi“ ging er nicht ein, obwohl ich ja wusste, dass es mich maximal 1200 Baht kosten sollte. Also riss ich mein Foto wieder ab und ging IN die Botschaft, der Typ zog verärgert hat; insgeheim hatte er sich wohl schon ins Fäustchen gelacht. Also an alle anderen, die auch mal in so eine Botschaft müssen: Das Visum gibt es IN dem Gebäude, NIE davor! 😉

So war es dann auch: Im 2. Stock wurde ich freundlich empfangen, man gab mir einen Bewerbungsbogen, ich zog eine Schalternummer und füllte den Zettel aus. Man wollte sogar Adressen von Leuten, die ich in China besuchen würde, wissen! Da ich aber meine Reiseroute bereits im Detail (sogar mit Datum und Zeit!) geplant hatte, fürchtete ich keine Abweisung. So schrieb ich ins Adressfeld „follows“. Dann gab ich das Ding ab, man sagte mir, ich müsse am Donnerstag zwischen 9 und halb 12 wieder da sein, sonst gäb’s kein Visum. Dafür bekam ich so ein rosafarbenes Zettelchen als Bestätigung und wurde verabschiedet. Danach ging es also zurück in die Schule, ziemlich schnell sogar, sodass ich pünktlich zur 2. Hofpause ankam. Ich klärte schnell, dass ich (oder ein Fahrer der Schule) am Donnerstag wieder zur Botschaft müsse, es stellte sich aber heraus, dass man auch in der Schulverwaltung nicht genau wusste, ob ich noch mal persönlich dort erscheinen solle oder ob es auch reiche, jemanden mit dem rosafarbenen Zettel zu schicken … Nach der gewohnten Mittagsbetreuung ging ich früher als sonst zurück zum Unterricht, denn ich sollte wieder in Sport aushelfen: Als Schlusslicht beim Joggen die 11. und 12. Klasse begleiten. Danach spielte ich noch ein bisschen Streetball mit ihnen und wartete anschließend auf die Thai-Stunde um 4 Uhr. Wie wiederholten die Farben, die wir uns alle erstaunlich gut gemerkt hatten, und lernten neue Shopping-Artikel kennen.

Die ersten beiden Stunden am Dienstag (24.11.) hatte ich wieder frei, da in Mathe ein Test geschrieben wurde. So begann mein Schultag ganz unerwartet zur 3. Stunde, weil ich plötzlich eine Englischvertretung in der 6. Klasse übernehmen sollte: Es gab glücklicherweise wieder Aufgaben zur Stillarbeit, aber trotzdem verlief alles ziemlich unorganisiert, da ich ja ins eiskalte Wasser geworfen worden war. Die Schüler waren sogar so schnell mit den Unterrichts- und Hausaufgaben fertig, dass wir am Ende noch fünf Minuten für ein „Spiel“ übrig hatte, dass sich jedoch leider anders entwickelte als gedacht … Ich springe lieber gleich zur 4. Stunde: Sachkunde. Aber eigentlich war es eher Mathematik, denn es wurde die Dreidimensionalität eingeführt. Die Kinder sollten lernen, Würfel und Quader (wer gut war, auch schon Pyramiden) in 3D-Perspektive zu zeichnen. Dabei teilten zwei Lehrer und ich die Klasse in drei Gruppen à 4-5 Schüler, sodass effektiver gearbeitet werden konnte. Zusätzlich verblüffte der Sachkunde-Lehrer mit dreidimensionalen Illusionen am Computer, sodass die Kinder am Ende gar nicht mehr so genau wussten, ob ihre Figuren auf dem Blatt überhaupt so funktionierten, wie sie sie anfangs gesehen hatten! Insgesamt war es sehr spannend, diese Realisierung aus der Perspektive der Kinder zu beobachten. In der anschließenden fünften Stunde war ich „Chef“ der Basisstufenmädchen in Sport. Ich wollte das Spiel „Feuer, Wasser, Sand“, das ich schon als Kind geliebt hatte, einführen, doch das kannten sie bereits als „Feuer, Wasser, Luft“. Sie waren zwar schon mit Freude dabei, aber dieses angeblich neue Spiel hat sie nun nicht wirklich umgehauen. Ich werde also bald ein GANZ neues einführen müssen. 😉 Als wir das Spiel zwei Runden durchgeübt hatten, einigten wir uns noch auf ein paar neue Symbole wie Sonne, Sturm und Regen. Diese würden wir in den nächsten Stunden dann üben. Am Nachmittag hatten wir wieder verpflichtenden Thai-Unterricht, ich muss aber sagen, dass es die arme Frau an dem Tag nicht leicht mit uns hatte: Zunächst kam sie etwa eine halbe Stunde zu zeitig (sie war schuld :-p), dann waren wir ziemlich unruhig und schließlich fragten wir ständig irgendwelche Sachen dazwischen, die nichts mit dem eigentlichen Unterricht zu tun hatten, z.B. „Wie sagt man ‚Können Sie mir das geben?‘ auf Thai“ oder „Wie macht man den ‚Wai‘ richtig?“ oder „Haben Sie noch andere Kunden vor uns?“ oder „Arbeiten Sie auch am Samstag?“ usw., natürlich auf Englisch. Die wohl lustigste Vokabel des Tages war „lääo“, da ich den hohen Ton einfach nicht richtig aussprechen konnte und immer in den fallenden Ton kam. Als ich die Sprachlehrerin nach dem Unterricht zum Auto begleitete, übte ich es noch so lange, bis ich es richtig hinbekam. Ab sofort werde ich das Wort immer häufiger verwenden, da man es auch zur Bildung der Vergangenheit nutzen kann, z.B. „gin khaao lääo.“

Am Mittwochmorgen (25.11.) organisierte ich mir erst einmal einen Fahrer für Donnerstag in die chinesische Botschaft für insgesamt 500 Baht (das war praktisch, denn wäre ich selbst gefahren, hätte es mich mit dem Taxi etwa 450 Baht gekostet). Anschließend versuchte ich, mit meiner 80-seitigen Korrektur voranzukommen, bevor mein stressiger Tag beginnen sollte: Sport Basisstufe (≈ 10.30-12.00), Mittagsbetreuung (≈ 12.00-13.30 Uhr), DaF inkl. Sonderbeschäftigung mit einem Mädchen (≈ 13.30-14.30), Klärung Visum für Donnerstag (≈ 14.30-15.00) nach Hause und umziehen (≈ 15.00-15.30), 2x Bus nach Bangna (≈ 15.30-17.00) zum nächsten Deutschunterricht (≈ 17.00-19.30), Abendbrot bei der Familie in Bangna (Spaghetti mit Fleischbällchen und Tomatensoßen … hm, arooi!) (≈ 19.30-20.00), Bus zurück zur Ramkhamhaeng (≈ 20.00-21.00), Taxi zum Volleyball an der DsSB (≈ 21.00-21.30), wo ich eigentlich schon um 9 hätte sein sollen, Betreuung dort (≈ 21.30-22.00), obwohl kaum noch etwas los war, aufräumen (≈ 22.00-22.30) und schließlich nach Hause (≈ 22.30-23.00) … Den Rest des Tages stopfte ich die Chipsreste vom Volleyballabend in mich hinein. Ach ja … und noch etwas: Irgendwann im Laufe dieses Tages erfuhr ich von Jonas, einem kulturweit-Freiwilligen in Malaysia, dass unser geplantes KrabiPhuket-Wochenende nicht stattfinden könnte, da alle Zugverbindungen von Malaysia nach Thailand für diese Zeit bereits ausgebucht seien!

Obgleich ich bereits alle relevanten Lehrer informiert hatte, dass ich am Donnerstag (26.11.) aufgrund meines China-Visums unter Umständen nicht in der Schule sein könne, hatte ich doch eine Fahrerin gefunden, die es mir für 500 Baht abholen würde. So hatte ich die ersten beiden Stunden Sport – gewohnte Hilfe beim Ausdauerlauf, aber dieses Mal mit einem Verletzungsfall. So musste ich die Strecke zweimal laufen, um auch wirklich alle einzusammeln. Danach hatte ich viele Freistunden, also konnte ich meine Korrektur tatsächlich am Donnerstag fertigstellen (Deadline sollte am 27.11. sein) und noch einmal mit Jonas abklären, dass wir dieses Wochenende getrennt und später einmal zusammen etwas unternehmen. Nach der nicht allzu spannenden Pausenaufsicht (habe ich je erwähnt, dass ich das am Donnerstag statt der Mittagsbetreuung machen muss?) durfte ich mich in Mathe mit einem Jungen beschäftigen, der gesundheitsbedingt eine Woche ausgefallen war. Leider musste er jetzt den gesamten Dreisatz aufholen – das war nun meine Aufgabe. Am Donnerstag begann ich mit antiproportionaler Zuordnung, die er auch ziemlich schnell begriff. Nach dieser letzten Unterrichtsstunde holte ich im Sekretariat doch tatsächlich mein China-Visum ab! Es hatte alles geklappt und der Preis betrug sogar nur i1100 Baht. Meinem Ausflug nach China stand also nichts mehr im Wege … 🙂

Danach musste ich ziemlich bald nach Hause, da Thai heute schon 16.00 Uhr sein sollte, denn eigentlich wollten ja Mira und ich (aber getrennt!) in den Süden reisen. Bei Mira war es immer noch der Fall, bei mir ja mittlerweile ja nicht mehr. Der Vorteil, wenn man so zeitig nach Hause geht, ist, dass einen die älteren Schüler der 12. Klasse mitnehmen können. So wurde ich wieder bis nahezu vor die Tür gefahren und auch die gesamte Autofahrt war sehr lustig. Nach Thai „plante“ ich den improvisierten Trip nach Ayutthaya, fuhr in die Innenstadt, um mein Zugticket nach Nong Khai Richtung China über Weihnachten zu reservieren, und wollte am nächsten Morgen (27.11.), der ja frei war, nach Ayutthaya aufbrechen …

… tat dies aber nicht, weil ich ewig nicht aus dem Bett und vom Laptop wegkam. Erst gegen halb 12 mittags brach ich auf zur Delizia, der Pizzeria in unserer Soi, und freute mich auf meine große, weil teure Portion Tortellini. Aber was gab es? Ich konnte sie zählen: 8 Tortellini lagen da auf dem Teller – und die Rechnung lautete 255 Baht! Völlig verärgert entschloss ich, mit der 113 zum MBK zu fahren, um dort richtig gut bei McDonald’s zu essen. Die Fahrt dauerte anderthalb Stunden, dafür war nicht nur das Essen perfekt, sondern auch meine Bestellung auf Thai! Der Klassifikator für Hamburger, so hatte es mir die Thai-Lehrerin in der Schule erklärt, war „tschin“. Ich bestellte also „häämböögöö sii tschin lä goog nüng gääo“, worüber sich die Bedienung sehr freute, denn von einem „farang“ erwartet man nicht, dass er so etwas auf Thai – und dann auch noch mit Klassifikatoren – bestellt! Nach dem Essen wartete ich mindestens eine halbe Stunde auf einen Linienbus, der mich zum „Northern Bus Terminal“ bringen sollte, von wo angeblich alle 20 Minuten Busse nach Ayutthaya fahren, dann entschied ich, lieber mit der BTS in diese Richtung zu fahren, landete aber auch nach ewigem Laufen irgendwo im Nirgendwo, denn auf dem besagten großen Busbahnhof standen lediglich ein Bus, ein paar Getränkebuden und einige verwunderte Arbeiter. Also ging ich zurück zu einer nahe gelegenen MRT-Station und fuhr zum Hua Lamphong, schnappte mir schnell den nächsten Zug nach Ayutthaya für lächerliche 15 Baht und schon war mein Wochenende gerettet. Mittlerweile war es übrigens 17 Uhr! Zwei Stunden später kam ich nach einer recht erfrischenden Fahrt im Zielort an, man schenkte mir eine Ayutthaya-Karte, ich lief rein intuitiv über eine große Brücke Richtung Innenstadt und nahm das erste Hostel, das auf dem Weg lag. Eine Nacht im „HI-Ayutthaya“ sollte 450 Baht kosten; das fand ich zwar etwas teuer, lag aber innerhalb meines Budgets. Für Krabi und Phuket hätte ich ohnehin mehr bezahlt. Dann wurde ich mit meinem Zimmer überrascht: Es war sehr groß, sauber, hatte AirCon, Decken-Ventilator, TV, ausreichend Handtücher, eine warme Dusche, Seife und Süßigkeiten, von denen man aber letztere kaufen musste. Und das Sahnehäubchen: Frühstück war inklusive. Nachdem ich mich kurz eingelebt hatte, ging ich versehentlich ohne Stadtkarte los, um ein Restaurant in der mir bislang unbekannten Stadt zu erspähen. Sie schien ja nahezu tot zu sein im Vergleich zu Bangkok! Nur alle 300 Meter mal ein Lichtlein, hier und da ein paar Thais und erst nach etwa einem Kilometer ein Restaurant: „Steak Ton Khun.“ Das nahm ich dann auch, bestellte mir Krabbenreis, Pommes und Cola für insgesamt nur 60 Baht, entdeckte nebenbei, dass die eine junge Bedienung echt hübsch war, und war gleichzeitig enttäuscht, dass mich nur die ältere Dame bediente. Das Einzige, was mich an dem Lokal störte, waren die zahlreichen Mücken, mit denen ich bisher überhaupt noch keine Probleme gehabt hatte … Danach lief ich noch ein Stückchen durch die Stadt, auch durch Gassen, durch die ein Tourist sonst nicht einmal am helllichten Tage geht, wurde von den ungewohnt aggressiven wilden Hunden in den Straßen überrascht und kehrte schließlich zurück zum Hostel, wo ich meine Route für den nächsten Tag plante.

Am Samstag (28.11.) sollte also die Wanderung durch Phra Nakhon Si Ayutthaya, wie die Stadt offiziell heißt, losgehen. Beim Frühstück empfahlen mir zwar zwei Deutsche, lieber ein Motorrad zu mieten (angeblich nur 150 Baht pro Tag), aber ich laufe ja gerne. Dann unterhielt ich mich noch mit einer Neuseeländerin, die eigentlich in London wohnte, oder andersherum … wie auch immer: Start war in Richtung Bahnhof, aber vor dem Fluss namens Pasak, der die Innenstadt vom Bahnhof trennt, bog ich nach Norden auf die Thanon Uthong ab, kam am Talaad Chao Phrom, nach einer Kurve auch am Talaad Hua Ro und schließlich an einer großen Post vorbei. Auf meinem Weg Richtung Westen – spätestens hier merkte ich, dass die Karte, die ich bekommen hatte, äußerst vereinfacht skizziert war – erspähte ich den Wat Khun Saen, kletterte dort herum, wobei mich ein paar „benachbarte“ Thais seltsam musterten, und auf meiner Suche nach dem Wat Ratchaburana stolperte ich über den Wat Ratpraditan. An der Kreuzung der Thanon Chikun hätte ich zum Erfolg eigentlich nur nach links abbiegen müssen, aber ich verlor die Orientierung und bog nach rechts ab. Schaut mal auf Google Maps nach, wohin ich also ging! Ich lief eine Weile durch einen touristisch kaum erschlossenen Teil, kam an industriellen Anlagen, weiten Feldern und amüsierten Anwohnern vorbei, ließ mich aber nicht beirren und dachte ganz nach Bangkok-Prinzip: Irgendwo wird schon ein Taxi zu finden sein, falls ich mich verlaufe! Natürlich weit gefehlt: Taxis gibt es in Ayutthaya nicht, höchstens Motorrad-Taxis und Tuk-Tuks, aber wenn, dann selten oder teuer oder beides. Bislang wusste ich übrigens immer noch nicht, wo ich war – und das nach gut zwei Kilometern durch eine dschungelähnliche Gegend! Doch endlich erschienen ein paar Figuren vor mir, es waren Kriegselefanten aus Bronze (genannt: Bronze Elephant Sculptures). Ich ahnte, wo ich gelandet sein könnte. Nach weiteren 100 Metern war es mir klar: Ich sah den Elephant Kraal Pavilion in vollem Umfang ohne Touristen, aber mit Elefanten – einfach traumhaft und entspannend nach diesem Trip.

Hier hätte ich eigentlich umkehren können, aber nun packte mich das Entdeckungsfieber: Ich lief weiter … und kam mir vor wie in Kambodscha: Die besten und wohl teuersten Wohnungen hier hätten kaum mit den schlechtesten in Berlin mithalten können. Ich dachte mittlerweile, ich wäre auf einem thailändischen Dorf und nicht mehr in einer von Touristen überlaufenen Stadt gelandet. Irgendwo in einem kleinen Restaurant holte ich mir eine Cola für 10 Baht (so billig wie sonst nie), was die Inhaber sehr freute, vor allem, weil ich auf Thai bestellen konnte. Ich wollte irgendwie weder umkehren, noch mit irgendwelchen Motorrädern weiter-, mit- oder zurückfahren, auch wenn es bei der nahezu unausstehlichen Hitze von mindestens 30 °C im Schatten nur allzu verlockend klang – ich wollte laufen. Zwischendurch wurde ich immer mit „Hello!“ und „Bai nai khrap“ begrüßt, kam plötzlich an eine Kreuzung, deren Schilder auf Thai (man merkte schon, dass dies keine Touristenstraße war, da es keine lateinischen Buchstaben mehr gab) mir auch nichts verrieten, und entschied mich intuitiv für die richtige. Kurze Zeit später hielt ein älterer Herr, wahrscheinlich ein Bewohner dieses Dorfes, auf einem Motorrad an und fragte mich, wo ich denn hinwollte. Haha, ich kannte ja nicht mal den Namen der Sehenswürdigkeit, die ich als nächstes Ziel auserkoren hatte. Als ich den Namen dann auf der Karte gefunden hatte, verstand der Mann schnell: Er fuhr mich ohne Murren zum Wat Phu Khao Thong und verschwand nach seinem Dienst wieder, ohne dass ich ihn dafür entschädigen konnte. Gerne hätte ich ihm 20 Baht oder auch mehr in die Hand gedrückt, aber na ja … Wie ich da so vor der Tempelanlage stand, zog ich schnell ein Fazit: Der gesamte Weg, ungeachtet der abertausend Schweißperlen, hat sich ohne Zweifel gelohnt! Dieser Wat war die Krönung, unglaublich! Ich kletterte bis nach oben und glücklicherweise waren nahezu keine Touristen dort. Von dort oben hatte man die wohl beste Aussicht über Ayutthaya. Wieder unten angekommen, setzte ich mich an den großen See ganz in der Nähe, dessen Wasser so sauber, klar, kühl und einfach herrlich war, dass ich hineingesprungen wäre, hätte ich Badezeug mitgehabt! Dann schmiedete ich den Plan, auch noch zum Queen Suriyothai Monument zu laufen, doch schnell merkte ich, dass auf der wohl einzig möglichen Straße dorthin keine Fußgänger willkommen waren. Also hielt ich einen Taxifahrer aus Bangkok an und versuchte ihm zu erklären, dass ich zu diesem Ort wollte. Nach etwa einer viertel Stunde hatte ich ihn so weit, dass ich einstieg und ihm den Weg erklären sollte, obgleich ich ihn ja selbst nicht kannte. Wir hielten also an und fragten ein paar hübsche Mädels, die sich entweder über die Frage oder über mich amüsierten, uns aber schließlich halfen und den Weg zeigten. Es ging weiter über eine Autobahn und mir wurde klar: Diesen Weg hätte ich niemals zu Fuß schaffen können. Das Denkmal an sich war absolut unspektakulär, ich hätte mir viel mehr erhofft. Dann versuchte ich, an dem einzigen Getränkestand dort zwei gekühlte Flaschen Pepsi zu kaufen. Ich habe bis heute keine Ahnung, was die Frau nicht verstand, aber irgendwie redete sie immer davon, dass ich eine Flasche und eine Dose kaufen sollte. So lernte ich immerhin, was Dose auf Thai heißt (graphoong), aber es brauchte schon 5-10 Minuten, bevor ich mein Getränk hatte … Doch damit nicht genug: Ich wollte mich gemütlich an die Straße in den Schatten setzen, meine Getränke leeren und auf eine Mitfahrgelegenheit in die Stadt warten. Aber schon kam der Guard des Platzes dort und setzte sich zu mehr. Erst nach einiger Zeit begriff ich, dass er von mir erwartete, dass ich die Flasche wieder zurückbringe, wenn ich sie geleert hatte. Er konnte praktisch kein Englisch, freute sich aber über mein Thai. Dann redete er ständig von einem „motöösai“ und „khääng rüa“. Da ich bis dahin noch nicht wusste, was ein „khääng“ sein sollte, vermutete ich, dass er mich zu einem Bootssteg bringen wollte. Das lehnte ich ab, aber er verstand nicht oder wollte nicht verstehen. Er begleitete mich also zurück zum Getränkestand und klärte mit der Verkäuferin, weiteren Angestellten und einem thailändischen Besucher, dass mich jemand zu besagtem Bootssteg fahren sollte. Ständig fragte ich „rüa raakaa taorai“, sicher in unverständlichem Thai, aber er dachte, ich würde den Preis für die Motorradfahrt zum Bootsrennen wissen wollen, da ja ein Preis für ein Boot angesichts einer „khääng rüa“ abwegig schien. Wir einigten uns auf einen Preis von 100 Baht, man fuhr mich mit dem Motorrad eine lange Straße entlang bis zu einem Fest: Erst jetzt wurde mir klar, was „khääng rüa“ bedeutete! Es fand wohl ein internationales Schwanenbootrennen auf dem Chao Phraya statt. Leider verstand ich nichts von dem Kommentator, denn er redete ohne Punkt und Komma und holte erst am Ende eines Laufs Luft. Da ich eben nicht wusste, was hier los war, wollte ich auch schnell wieder nach Hause – aber natürlich auf dem Fußweg und nicht per moderne Technik. Dazu schlich ich durch eine nicht sehr befahrene Straße entlang einer riesigen naturbelassenen Gras- und Grünfläche, kam auf der Thanon Uthong, dem Außenring um Ayutthaya, an und lief die gesamte Straße bis zu meinem Hostel (laut Google Maps sind das 4,5 Kilometer!). Als ich mich dort im Spiegel betrachtete, merkte ich sofort, warum mir der Nacken ständig so wehgetan hatte: Ich hatte mir einen furchtbaren Sonnenbrand eingefangen! Nun ja, darüber erst einmal eingeschlafen, dann schnell geduscht und am Abend wieder in das Restaurant vom Vorabend gegangen … zwar war die hübsche Bedienung wieder da, aber auch dieses Mal kam sie nie an meinen Tisch. Ich bestellte eine Riesenportion Reis, einen Berg Salat und eine Cola für unglaubliche 100 Baht – und das Gute dabei: Ich war tatsächlich satt geworden. Das hatte für diesen Preis bisher gerade so McDonald’s geschafft, aber noch kein Thai-Restaurant.

Der Sonntag (29.11.) begann wieder mit einem Frühstück mit der britischen Neuseeländerin, dann gesellte sich noch ein älteres deutsche Ehepaar dazu und in der Zwischenzeit checkten die beiden Deutschen vom Vortag aus. Mit dem Hostelleiter vereinbarte ich, dass ich den Rucksack, in dem sich ohnehin nur Sachen befanden, bei ihm lasse und ihn in drei Stunden abhole, damit ich mir noch weiter die Stadt ansehen könnte. Mein erstes Ziel für heute lautete: Wat Mahathat. Und der hielt tatsächlich, was er versprach. Es war eine beeindruckende Anlage, für es sich lohnt, einen Ausflug nach Ayutthaya zu machen. Während ich durch die Tempelstätte streunte, entdeckte ich auch einen Eingang, bei dem man nichts hätte bezahlen müssen; wie schade, dass ich den nicht eher gefunden hatte, denn nicht nur die Eintrittspreise (50 Baht für Ausländer, 10 Baht für Thais), sondern auch die Kassiererinnen waren unverschämt. Ich erklärte ihnen „baan phom juu thii krungtheep, mai tschai farang“, aber das juckte sie nicht. Beim benachbarten Wat Ratchaburana das gleiche Spiel … dann merkte ich, dass ich im Wat Mahathat gar nicht an dem berühmten Buddha-Gesicht im Baumstamm, von dem ich vorher gelesen hatte, vorbeigekommen war, also drehte ich nochmals um und suchte es. Gefunden! Fotografiert! Und weiter ging’s endlich zum Wat Ratchaburana, in dem mich ein Reiseführer einer – wie sich später herausstellte – deutschen Reisegruppe, bestehend ausschließlich aus Münchner Mädels in meinem Alter, fragte, ob ich „English“ oder „français“ sei. Ich antwortete verwirrt „jöraman“ und der Mann schlug die Hände über dem Kopf zusammen: „Oh, German is so difficult, I can’t speak it, and these girls are German, too, from Munich“. Dann ging ich mir die Anlage ansehen. Mit den vier Deutschen wechselte ich übrigens kaum Worte, keine Ahnung, warum nicht. Viel lustiger fand ich die kleinen Thais, die auf der Burgruine herumkletterten; immer wieder hörte ich das Wort „farang“ fallen, aber das empfand ich mittlerweile nicht mehr als nervig.

Mein nächstes Ziel hieß nun Wihan Phra Mongkhon Bophit mit der 12 Meter hohen goldenen Buddha-Statue und dem Elephant Stay davor. Leider vergaß ich dabei den wohl ebenfalls sehr beeindruckenden Wat Phra Sri Sanphet mit dem Ancient Palace, aber ich glaube, diese großartige Stadt werde ich ohnehin noch einmal besuchen. Danach schlenderte ich die Thanon Khlong Tho entlang und bog – warum auch immer – in die Thanon Lek ein. Man konnte sich eigentlich denken, wohin eine solche Straße, bei der nicht mal ein Ende in Sicht war, führen würde, aber ich war ja an diesem Wochenende extrem wanderfreudig, also lief ich die Straße bis zu ihrem Ende … das war irgendwo vor einer kleiner Siedlung auf einem mit Palmen bewachsenen Feld. Nun musste ich doch umkehren und zur großen Thanon Uthong laufen, um meine letzte Station für heute zu erreichen: Den Phra Chedi Sri Suriyothai am Ufer des Chao Phraya, wo immer noch das Schwanenbootrennen stattfand. Ich lief zunächst am Chedi vorbei, dann wieder zurück, kaufte mir einen Becher Cola mit Eis von einem Mädchen, das sich über mein Thai freute, kletterte den Chedi hinauf und suchte mir dann ein Tuk-Tuk nach Hause. Der Fahrer wusste eigentlich überhaupt nicht, wo ich hinwollte, er kannte sich weniger aus als ich. 🙂 Also beschrieb ich ihm den Weg indirekt, sodass er mich noch ein bisschen durch die Stadt fuhr. Am Ende verlangte er ganze 100 Baht für diese Tour, das fand ich schon unverschämt. Er ließ sich auch kein bisschen auf Handeln ein! Ich holte meinen Rucksack im Hostel, ließ mir ein Tuk-Tuk zum Bahnhof für 50 Baht (auch völlig überteuert!) rufen und kaufte mir mein Rückfahrticket nach Bangkok. Die Zeit darauf stimmte nicht, aber der Ticketverkäufer meinte nur „delay“, was wohl bedeuten sollte, dass ich einen früheren Zug nehmen kann, der ohnehin Verspätung hatte. Das war auch besser so, denn sonst hätte ich zwei Stunden auf den regulären Zug warten müssen.

Die Zugfahrt war sehr unangenehm: Es war heiß, ich saß direkt in der Sonne, der Zug fuhr extrem langsam, sodass es kaum Fahrtwind gab, und das Kind neben mir quengelte etwa die Hälfte der Fahrt über, weil es eingemacht hatte! Als der Zug leerer wurde, setzte ich mich um, ein Mann mittleren Alters setzte sich zu mir und versuchte, mir jegliche Sachen auf Thai zu erklären oder mich auch noch zu fragen. Teils beantwortete ich Fragen, die er gar nicht gestellt hatte.

Am Hua Lamphong angekommen fuhr ich mit MRT und BTS zum MBK in mein Lieblings-McDonald’s und dann mit der 113 direkt nach Hause.

Die Gesamtroute der drei Tage (in Ayutthaya) findet ihr hier.








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