Mit dem Nachtzug nach Baku

Nachtpanorama
Den besten Blick über die Bucht und die Flame Towers hat man vom Dagüstü Park.

Flame Towers

Teatime
Gunel kenne ich vom Kiwi-Café in Tbilissi. Schon vor der Attacke auf meinen Lieblingsverpflegungsort ist sie in ihr Heimatland zurückgekehrt. Nun hat sie mich in ihrer gemütliche Wohnung, unweit des Zentrums und der Altstadt, aufgenommen und mit mir Bett und Baklava geteilt. Sie und ihre kleine Schwester waren wunderbare Gastgeberinnen!
Boulevard
Die Promenade wird am Abend zum Leben erweckt: Kinder fahren Inliner, Jungs spielen Gitarre, Einwohner flanieren am Meer entlang.
Hafen
Gerne wäre ich im kaspischen Meer geschwommen, doch das Wasser war leider so dreckig wie man mir vor meiner Reise erzählte.
Nachtbucht
Verglichen mit Tbilissi, ist Baku ist zwar schick, ruhig, sauber und ordentlich, aber irgendwie spießig. Alle – selbst die Autofahrer auf dem Land – halten sich an Regeln, wie langweilig. :D

Park

Formel1
Baku boomt! Mit dem Eurovision Songcontest, den Europaspielen, der Formel-1-Rennstrecke und der Fußball-EM 2020 zieht die Hafenstadt immer mehr Besucher an.
Eurovision-Hall
Neben der Halle, die für den Eurovision-Songcontest erbaut wurde, trohnt ein Platz mit einer gigantischen Flagge des Landes.
Shopping
In den vielen Shoppingmalls und in der Innenstadt kann man wunderbar einkaufen. Wenn man in Tbilissi lebt, freut man sich über jede Fußgängerzone. Ach, sind Jerevahn und Baku doch fortschrittlich.
Altstadt
Die historische Altstadt Bakus, in deren verwinkelten Gassen man sich leicht verlieren kann, wurde im Jahr 2000 in die Liste der Unesco-Weltkulturerben aufgenommen.
Karawanserei
Eine Karawanserei war eine ummauerte Herberge an Karawanenstraßen. Reisende konnten dort mit ihren Tieren und Handelswaren sicher nächtigen und sich mit Lebensmitteln versorgen. Große Karawansereien dienten zugleich als Warenlager und Handelsplatz für Im- und Exportwaren.
Maaaidan
Auch einen tollen Blick auf Baku hat man vom Legenden umrangten Maidan-Turm.

Tagpanorama

Teppichmuseum
Wenn mir der Schweiß die Haut herunter läuft, besuche auch ich gerne ein klimatisiertes Museum. Das Teppich-Museum war nicht zuletzt allein wegen seiner Architektonik eine spitze Wahl.

Teppichschafe

Steppe
Gleich hinter der Metropole beginnt eine Steppenwüste.
Schlammvulkane
Ein wahres Naturschauspiel sind die vor sich hin blubbernden Schlammvulkane. Mit 350 quer durch das Land verteilte Erhebungen ist Aserbaidschan das Land mit den meisten Schlammvulkanen. Sie belegen Platz 5 der sieben Weltwunder. Das Spektakel, soll hier vor 25 Millionen Jahren begonnen haben, als erstmals riesige Flammen aus den Erdlöchern züngelten. 10 Kilometer von Gobustan entfernt spuckt die Familie der Babyvulkane heute noch kalten, dicken, grauen Schlamm.
Gobustan-Museum
Eine der ältesten Stätten der menschlichen Zivilisation befindet sich rund 60 Kilometer südlich von Baku, in Gobustan. In den 1930er-Jahren wurden hier steinzeitliche Felszeichnungen entdeckt. Die Fundstätte der rund 6000 Abbildungen, die u.a. Menschen, Tiere sowie Jagdszenen darstellen, wurde zum Weltkulturerbe der Unesco erklärt.

SteinzeitochsenSteinzeitkunstSteinzeitkuh

Bergfeuer1
Der brennende Berg „Yanar Dag“ macht dem „Land des Feuers“, wie Aserbaidschan auch genannt wird, alle Ehre. Das am Fuße herausströmende Gas setzt den Hang seit hunderten Jahren permanent in Flammen. Diese sind bis zu drei Meter hoch und schlängeln sich eindrucksvoll den Kalksteinhügel empor.
Saj
Mein Lieblingsgericht der persisch beeinflussten Küche ist Saj, bestehend aus gebratenen Auberginen, Paprika, Kartoffeln und anderem Gemüse, sowie Hühnchen-, Rind- oder Lammfleisch.
Khanpalast
Eine Perle ist der ohne Nägel gebaute Kahnspalast von Sheki mit seinen buten Fenstern, Wänden und Decken.
Sheki
Sheki liegt Mitten in den bewaldeten Bergen. Der Ort war einer der wichtigen politischen und wirtschaftlichen Städten vor der arabischen Invasion und es gibt Spuren von großen Siedlungen, die mehr als 2700 Jahren zurückreichen.
Hotel
Dort habe ich in einer historischen Karawanserei übernachtet.
Hängebrücke
Vorbei an wackligen Brücken, all den Postern des aserbaidschanischen Staatspräsidenten İlham Əliyev, den Moscheen und der am Straßenrand angebotenen Pistazien, fahre ich nach Lahij, eine der ältesten menschlichen Siedlungen in Aserbaidschan.
Lahic
Während des Mittelalters wurde Lahij ein wichtiges Zentrum der Handwerker in Aserbaidschan. Der bemerkenswerte Ort Lahij, gelegen an den südlichen Hängen des Großen Kaukasus, beeindruckt mit authentischen Juwelieren, Schmieden, Tischlern, Teppichknüpfer, Malern, Schustern und Webern.

Tee

Dag-Park
Zurück fahre ich mit der Erkenntnis, dass reisen mehr Spaß macht, wenn man jemanden hat, mit dem man seine Erlebnisse und glückliche Momente teilen kann.

Der Held vom Halbwüstenfeld

Kaum Schatten, schwere Rucksäcke und Salz auf der Haut. Linda aus Kalifornien, Thomas und Moritz, zwei deutsche Studenten, die hier ihr Praktikum absolvieren, Lisa aus der Ukraine und ich, wir haben unser Wochenende im Vashlovani Nationalpark an der aserbaidschnischen Grenze verbracht. Die Hitze hat uns auf unserem 30 km langen Weg durch die beeindruckenden Landschaften ohne Pause begleitet. Genau so treue Wegbegleiter waren bunte Vögel, Schildkröten, Schlangen und Blumen, die nach Süßigkeiten riechen.  Es war unglaublich anstrengend. Unter dem Muskelkater litt ich zugegebenermaßen noch weitere drei Tage, aber dafür kam ich mit gebräunter Haut zurück. Und bei dem leckeren Fisch, den die Georgier nachts im Alazani-Grenzfluss  angelten, konnten wir super regenerieren.

Tomaten ohne Salz

Eindrücke eines authentischen Tantenurlaubs  ganz nah an Land und Leuten findet ihr hier: Tomaten ohne Salz.

Begegnungen mit einer alten Pippi Langstrumpf, einem dreisten Dieb, der uns unseren Käse stahl, dem Prinz Abdul aus Saudi-Arbabien, Glühwürmchen und Rotmilanen werden sicher ewig in meiner Erinnerungsschatztruhe ruhen.

Auch nicht so schnell vergessen werde ich: Den Ausblick vom Berg des Löwens, den besten Käse, den ich in ganz Georgien je gegessen habe, die Almhüttenbesuche, den Geschmack von frischer Milch, Knoblauchhühnchen und deutschem Brot, das ich sofort verschlungen habe, die volle Rhododendronblüte und die geschäftstüchtige, Betriebsspionage betreibende Hostelbesitzerin.

Es bleibt die Erkenntnis, dass ein guter Fahrer wichtiger als ein gutes Auto ist und dass man im Land der Ungeduld doch Geduld aufbringen muss und zwar im gefühlt langsamsten Zug der Welt.

Ein Herz für Tuschetien

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Ihr glaubt nicht, was es eigentlich für Zufälle gibt! Als ich vor zwei Wochen in Armenien war und von einem Kloster zurück nach Jerewan getrampt bin, haben mich zwei reizende, reisende Italiener ein Stück der Strecke mitgenommen.

Da meine Reisepläne, zurück in Tbilissi, mal wieder spontan gescheitert sind, musste ich meine Mitbewohnerin Marlies und ihren Kumpel Wannes, der sie gerade besucht,  überzeugen mit mir nach Tuschetien zu kommen. Bei einem Abendessen im Café Littera habe ich das natürlich mit Links geschafft. (;

Schon lange wollte ich der ursprünglichsten und unberührtesten Region des großen Kaukasus zwischen Tschetschenien und dem daghestanische Hochland einen Besuch abstatten. Zugänglich ist die faszinierend schöne Landschaft mit glasklaren Bächen und tiefgrünen Wäldern jedoch erst in den Sommermonaten, da der 2.950 Meter hohe „Abano Pass“ passiert werden muss.

Von Sätzen wie „Mara, mach das nicht, die Strecke ist mega gefährlich!“ oder mir zugesandten Fotos, ließ ich mich nicht abschrecken und wir stürzten uns in das Abenteuer. Und ganz ehrlich: der Mythos um diese Strecke ist wirklich übertrieben und sie entpuppte sich als eine ganz normale, eben georgische Straße. Trotzdem war ich froh, dass wir das Wetter auf unserer Seite hatten.

Von Tbilissi sind Wannes, Marlies und ich im Nu zum Beginn des Passes getrampt. Genau hier lag unser Glück. Ewigkeiten kam kein Auto vorbei, doch plötzlich sahen wir ein Fahrzeug kommen und es hielt auch noch an! Und wer saß drin? Die beiden Italiener aus Armenien! Marlies und Wannes, in einem Moment noch von unserer herzlichen Begrüßung verwundert, waren überglücklich mit der Mitfahrgelegenheit.

Die zwei charmanten Kerle nahmen uns nicht nur mit über den Pass, nein. Sie zeigten uns Omalo, Schenako, Dartlo und Diklo – mittelalterliche Bergdörfer mit mächtigen Wehrtürmen und malerischen schiefergedeckten Steinhäusern,  in denen die Menschen noch leben wie vor vielen hundert Jahren. Sie erzählten uns, dass die Tuschen später das Christentum angenommen haben, aber ihren eigenen Glauben relativ unabhängig weiterleben. Sie führten uns zur einzigen Kirche in Tuschetien und zu vielen kleine Heiligtümern in freier Natur, die sogenannten „Chati“,  an welchen  noch immer in heidnischer Tradition den Naturgöttern Opfer dargebracht werden. Sie nahmen uns wieder mit zurück ins Tal. Und gemeinsam teilten wir folgendes typisch georgisches Erlebnis, bei dem wir mit Essen, Wein, Chacha, Tanz und Musik versorgt wurden: Passbegegnung.

Der Geruch von Frieden

Genau hier in Racha, als ich meine Nase aus unserem Gefährt, dem roten Kugelblitz, steckte und in den Wind hielt, um die gute Bergluft einzuatmen verstand ich was Lomi meinte, als er eines Abends vom Geruch des Friedens sprach. Eindrücke von unserem Roadtrip findet ihr hier, denn mein Speicherplatz ist aufgebraucht…

Zwischen Wein, Chacha, Wein, Essen, Wein, Duschen unter Wasserfällen, Wein, Essen, einem wundervollen Sternenhimmel, Trinksprüchen und noch mehr Chacha haben wir im Augenblick verweilenden, verplanten Vier es tatsächlich geschafft unser Wandervorhaben in die Tat umzusetzen.

Das Gästehaus in Oni ist nur zu empfehlen! Es fühlte sich letztendlich sogar so an als würde man von Verwandten wegfahren. (:

Ein Dialog beim Frühstück:

„Obwohl man satt ist, will man gar nicht mehr aufhören zu essen, so lecker ist das hier.“

„Sie wollen uns eine Fettfessel anlegen, damit wir schon früh am Tag anfangen Chacha zu trinken.“

„Oder sie wollen uns unbeweglich machen und uns von unseren Wanderplänen abhalten, damit wir mit auf die Supra im Dorf kommen.“

„Oder beides.“

Fünf Gespräche zwischen Mara und der Patriotin

Gespräch 1, spätabends während einer Supra im Restaurant

 Mara: Ich habe genug für heute, Leute. Ich bin raus.

Unlustige Person: Machst du jetzt eine auf Nonne oder was?

Mara, gekonnt ignoriert zur Patriotin: Ich will endlich eure Gastfreundschaft verstehen. Erzähl doch mal.

Die Patriotin: Wir passen auf unsere Gäste auf. Es passiert nie was.

Mara: Und ihr ladet sie immer und immer wieder ein, selbst wenn ihr sie gar nicht kennt. Das wird…

Die Patriotin unterbricht: Wir haben doch dieses Sprichwort: Man kennt sich dann, wenn man zusammen getrunken hat.

Mara: Ich weiß. Aber was ich eigentlich sagen wollte: Das wird auf die Dauer doch ein bisschen anstrengend und irgendwie auch zwanghaft, oder nicht?

Die Patriotin: Nein, das ist uns eine Ehre. Der Gast ist ein Geschenk Gottes. Die Tore sind immer offen auf den Dörfern. Da passiert nichts, da ist Vertrauen da. Die Familien, die die Tore zu machen, die sind fertig. Die Familien, die keine Gäste bekommen, sind nichts.

Mara: Das ist hart.

Ein paar Augenblicke vergehen ehe die Patriotin wieder von ihrem Weinglas aufblickt.

Die Patriotin: In den 90er Jahren habe ich eine schwere Zeit erlebt. Wir hatten kein Essen. Aber das ganze Dorf wusste, dass Gäste zu uns kommen. Und sie haben uns Essen gebracht. Die Gäste bekommen alles. Das bedeutet nicht, dass die Familie so viel hat.

Mara: Aber warum ist das so?

Die Patriotin: Ich kann nicht erklären warum das so ist. Das ist so.

Mara, es ist so spät, sie darf ehrlich sein: Irgendwie auch gefährlich.

Gespräch 2, Mara hat eine Rose geschenkt bekommen und sitzt mit der Patriotin in der Metro

Nachdem ein vierjähriges Mädchen Maras Rose haben will, nicht locker lässt und nicht mal das Geld der Patriotin annehmen will, gibt Mara dem Kind ihre Rose. Alle Menschen im Abteil sehen verständnislos zu. Ein Mann kommt zur Patriotin und sagt etwas zu ihr, woraufhin sie schmunzeln muss.

Mara neugierig: Was hat der Mann gesagt?

Die Patriotin: Er hat sich entschuldigt. Und gesagt, dass er sich schämt und dass Georgier so etwas nie machen würden. Weil er weiß, dass du nicht von hier bist, wollte er, dass ich dir die Situation erkläre. In letzter Zeit gibt es immer mehr Zigeuner hier. Sie sind sehr frech geworden, reißen Essen aus deinen Händen, schlafen auf der Straße, schicken ihre Kinder in Cafés, um Leute anzubetteln. Einmal war Betteln in diesem Land verboten. Wie auch immer, er meinte, dass es ihm leid tut. Weißt du, auch wenn diese Männer manchmal ganz anstrengend sind, sie sind immer da. Man braucht keine Angst haben, wenn man durch die Stadt läuft.

Gespräch 3, Mara und die Patriotin fahren an den Flüchtlingslagern vor Südossetien vorbei

Die Patriotin: Weißt du eigentlich, warum die Russen versuchen hier immer weiter vorzudringen?

Mara: Erzähl.

Die Patriotin: Durch Georgien, Aserbaidschan und die Türkei verläuft eine Öl-Pipeline, vom kaspischen Meer bis an die Ostküste. Die Russen wollen da dran und Europa abhängig machen.

Mara: Dazu stand auch was in meinem Buch. Warte mal, ich habe es dabei. Hier: „Wie in vielen Jahrhunderten zuvor befindet sich Georgien im Schnittpunkt der strategischen Interessen rivalisierender Großmächte und ihrer Verbündeten. Was einst die Seidenstraße und die lukrative Kontrolle der Handelsströme waren, sind heute die Pipelines durch welche Gas und Öl aus Aserbaidschan und Mittelasien über Georgien in die Türkei gepumpt werden. Georgien ist nicht mehr und nicht weniger als eine politische Trumpfkarte in diesem Konflikt, in dem sich Präsident Saakashvili eindeutig auf die Seite der USA stellte.“ Apropos Saakashvili. Es sind doch bald Parlamentswahlen, im Oktober 2016. Ich habe gelesen, dass Saakashwili zurückkommen will. Was denkst du über ihn?

Die Patriotin: Er war verrückt, ja. Seine Präsidentschaft war trotz bedeutender Erfolge von Anfang an umstritten. Doch er hat viel gemacht gegen Russland. Der Krieg war schrecklich, aber er musste sein. Damit Deutschland und die USA mal sehen, was Russland anrichten kann. Und er brachte den Amtsmissbrauch im Justizwesen und Strafvollzug zu Fall. Die Gehälter der Sicherheitskräfte wurden wesentlich angehoben und gegen die meisten korrupten Politiker und Geschäftsleute Verfahren eingeleitet. Und heute frage ich mich: Was macht unsere Regierung eigentlich? Haben wir überhaupt eine? Seit 2012 ist der „Georgische Traum“ die stärkste Fraktion im Parlament. Das ist ein Bündnis aus sechs Parteien. Sie haben nicht mal ein Programm. Initiator war Iwanischwili. Du kennst ihn doch, der Milliardär, dem die hässliche Villa am botanischen Garten gehört. Manche Leute sagen, dass er von den Russen geschickt wurde.

Mara: Kannst du eigentlich Russisch?

Die Patriotin: Ja, aber ich will es nicht sprechen.

Gespräch 4, oder eher ein Monolog, bei der Patriotin zu Hause auf dem Sofa

Mara: Sag mal, gibt es eigentlich viele Alkoholiker in Georgien?

Die Patriotin, schweift wie so oft, ein bisschen vom Thema ab: Ach, ich weiß nicht, Mara. Aber ich habe noch nie gesehen, dass man einfach so, wie bei euch, ein Glas Wein trinkt. Nur wenn Gäste kommen, wird getrunken. Die Leute, die einfach nur trinken, verdienen keinen guten Wein. Mein Papa hat zum Beispiel vier Sorten Wei zu Hause: Eine für Menschen, die einfach nur trinken, eine für gute Menschen, eine für Gäste und eine für besondere Gäste. Und wenn Gäste kommen, dann machen wir eine schöne Party, ganz gemütlich, und sind glücklich. Du weißt ja, wir feiern gern. Denn ich weiß doch nicht was morgen ist. Ich lebe heute.

Gespräch 5, Mara und die Patriotin sitzen mit der Pessimistin im Auto

Die drei stehen an der Ampel. Von hinten kommt ein Auto, fährt auf die Gegenspur und will sich einreihen. Die Pessimistin lässt das Fenster herunter und sagt etwas zu dem Fahrer.

Mara: Was hast du gesagt?

Die Pessimistin: Ich habe ihn nochmal daran erinnert, dass es sich hier um eine zweispurige Straße handelt.

Die Ampel sptingt auf grün und sie fahren weiter.

Die Pessimistin: Ich glaube in einem früheren Leben habe ich in Deutschland gelebt. Ich fühle mich dort so wohl. Keine Umweltverschmutzung, die Leute sind nicht faul oder egoistisch, man hält sich an Regeln. Es ist alles so schön ruhig und geordnet dort. Wenn ich jung wäre, würde ich sofort hier weg. Die Jugend hat hier keine Perspektive. Du weißt doch, wie wenig wir verdienen. Fast alle Lehrer haben mindestens noch einen anderen Job. In den Ferien und am Wochenende müssen wir auch arbeiten. Manchmal fragt mich mein Sohn, warum er denn zur Uni gehen müsse, wenn es keine Jobs gibt und alles über Beziehungen läuft. Ich will ihn nach Deutschland schicken. Dort kann er sehen wie man leben kann, wie man leben muss. Nicht umsonst geht es den Deutschen so gut, sie sind fleißig, sie können ihr Freizeit gestalten. Hier hängen alle nur herum. Die Jugendlichen sind so unselbstständig. Und die Erwachsenen sind auch nicht besser. Alle definieren sich über Kleidung und Autos. Selbst wenn das Kind nur zwei Minuten von der Schule entfernt wohnt, kommt es mit dem Taxi, weil es sonst heißt, die Familie könne es sich nicht leisten. Du kennst doch die Eltern der Schüler. Solche Leute sitzen in Ministerien und verstehen die einfachsten Dinge nicht.

Danach sprach die Pessimisten von den Dingen, die sie machen würde, wenn es ihr und Georgien besser gehen würde. „Georgien“ klang aus ihrem Mund, wie ein ungepflegter, verlorener Sohn, der irgendwo bei Kutaissi aufs Internat ging und ein paar Probleme in der Schule hatte.

Die Patriotin: Natürlich geht es unserem Land nicht super gut. Aber der Tourismus hat viel gebracht. Ja, wir haben wirtschaftliche Probleme.. Und viele, viele Menschen flüchten in die Stadt. Doch da gibt es doch noch mehr. Das Lebensgefühl, die Natur, die Gastfreundschaft, die Herzlichkeit. Die Menschen interessieren sich füreinander, sie kümmern sich. Georgien ist ein verdammt charmanter Kerl, der hoffentlich ganz bald der EU beitritt und damit ein ganz großes Ding am Start hätte. Langsam, langsam schaffen wir das.

Dort, wo Erwachsene Kinder sind

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Mit Marlies, meiner belgischen Mitbewohnerin, bin ich ein zweites Mal nach Jerewan getrampt.

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„Wardawar“ heißt das Wasserfest in Armenien, bei dem sich die Menschen mit Wasser bespritzen, um sich von ihren Sünden des letzten Jahres reinzuwaschen. An diesem Tag versinkt die Stadt in ein einziges Chaos. Das Fest artet in eine riesige, öffentliche Wasserschlacht aus und niemand bleibt verschont. Sobald man einen Schritt vor die Tür macht, ist man komplett nass.
Der Versuch zu trocknen.
Der Versuch zu trocknen. Fünf Minuten später bennene ich den Tag in den „Tag der Wachsamkeit“ um.
Jerewan ist eine Peter-Pan-Stadt. Hier sind Erwachsene Kinder: Sie zielen mit Wasserpistolen aus ihren Autos, schmeißen Wasserbomben vom Balkon und kippen Eimer über Passanten.
Laut Marlies ist Jerewan eine Peter-Pan-Stadt: „Hier sind Erwachsene Kinder: Sie zielen mit Wasserpistolen aus ihren Autos, schmeißen Wasserbomben vom Balkon und kippen Eimer über Passanten.“
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Der vorchristliche Tempelkomplex von Garni trohnt über der Azat-Schlucht.
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Fischer an einem verlassenen See in der Nähe von Jerewan.

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Das Geburtstagsfrühstück ist Anlass für ein Dankeschön an Lisa, Max, Lorena und Leonie für die Schlafplätze. Auf kulturweit-Freiwillige ist doch immer Verlass. (;
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Im Azat- Fluss können wir uns wunderbar abkühlen.

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Das Kloster Norawank aus dem 13. Jahrhundert liegt in der filmreifen Schlucht „Amaghu“.
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Das Vergissmeinnicht ist Symbol für den Genozid unter der Verantwortung der Jungtürken. Es klebt an Autos, Ladenfenstern und Marschrutkas.
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Wir wandern entlang der „Sinfonie der Steine“ in der Azat-Schlucht.

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Am Tag der Verfassung feiert die ganze Stadtbevölkerung.

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Müsliriegel, Attacke!

Ab und zu versucht der Regen zwar die Stadt abzukühlen, aber so wirklich gelingen, will es ihm leider nicht. Marlies, meine belgische Mitbewohnerin, fünf niederländische Freunde und ich haben uns deshalb auf den Weg zum Lagodheki-Nationalpark gemacht.

Drei Tage wandern, endlich mal abschalten und frische Bergluft atmen. Wir sind so hoch gestiegen, dass man es eher Wolken atmen nennen sollte. Es war wunderbar. Wunderbar anstrengend. Ich habe noch nie so viele Müsliriegel innerhalb von drei Tagen gegessen.

Am ersten Tag haben wir 12 km und 1600 Höhenmeter hinter uns gebracht. Es war so steil, dass ich wegen meines Muskelkaters in den Beinen nicht schlafen konnte. Na gut, auch die Mäuse in der Hütte haben dazu beigetragen. Der zweite Tag war mindestens genau so anstrengend – auch wenn es diesmal nur noch 700 Höhenmeter zurückzulegen galt. Dafür waren es aber insgesamt 26 km. Die Grenzbeamten ließen uns nach einer halbstündigen Passkontrolle dann auch endlich passieren und wir konnten uns den Weg durch die im Sekundentakt kommenden und gehenden Nebelschwaden bahnen. Der Bergsee an der russichen Grenze war die Strapazen jedoch allemal wert.

Nach den 700 Höhenmetern, die es am selben Tag wieder nach unten zur Hütte gin, und weiteren 1600 Höhenmetern im Regen am darauffolgenden Tag kamen wir verstochen, von Dornen verkratzt und dreckig vom Matsch auf den gewöhnten 500 an. Mit Knieschmerzen und schweißgebadet fuhren wir  – komfortabel wie immer – mit der Marschrutka zurück in die Hauptstadt. Irgendwie waren wir gar nicht müde, sondern eher stolz und beflügelt von unserer Aktion.