Täglich mahlt das Kaffeetier

Die Zeit rennt und bevor hier alles aus den Fugen gerät, will ich noch schnell von meinem Alltag berichten, der so eigentlich gar nicht existiert. Obwohl ich fast jeden Morgen zu einer anderen Uhrzeit in der Schule sein muss, stehe ich mittlerweile immer um halb neun auf, erledige Dinge, die eben so getan werden müssen und mache mich auf den Weg durch unser wunderschönes Treppenhaus. Ich würde ja auch früher aus meinem Nest kriechen, aber eine belegte Espressokanne kann mir schon mal meine Laune verderben. No coffee, no workee. (; Außerdem will ich mich der Spät-Aufsteher-Kultur ein bisschen anpassen. :D

Abgesehen von meinem morgendlichen Kaffeeritual kann ich wenig Regelmäßigkeit vorweisen. Vor ein paar Tagen ist das Kickbox-Projekt von mir und meiner belgischen Mitbewohnerin gescheitert. Zwei Abende in der Woche haben wir zunächst in einem nahegelegenen Park Sport gemacht. Dann wurden wir von irgendeinem Securitytyp von dort vertrieben. Marlies, die mich fälschlicherweise als „Mara – the boxing machine“  bezeichnet, und ich haben ihm wohl zu viel Angst gemacht. :D

IMG_7421 (2)Bei einem Sparziergang habe ich zwar eine neue perfekte Location bei uns im Stadtviertel ausfindig gemacht, doch jetzt wird es später dunkel und zunehmend wärmer. Und auf glotzende Passanten haben wir dann auch keine Lust. Da gehen wir lieber in ein Café oder kochen was zu Hause. (;

Am Schönsten ist es doch sowieso, wenn etwas Außergewöhnliches passiert. Zum Beispiel, wenn man Besuch von Freunden oder Familie bekommt. Als Mara mich besucht hat, lautete das Kommentar meiner Mitbewohnerin „so, you are besties“ darauf, woher wir uns denn kennen würden. Unglaublich gerne hätte ich sie hier behalten, denn es war genau so fett wie immer: „Was ist denn mit euch schon wieder los? Habt ihr was von meinen Kräutern geklaut oder einfach nur natural happiness?“ – ach, am Liebsten würde ich meine Mitbewohner in meinen Koffer packen und mit nach Deutschland zurück nehmen.

Obwohl es noch knappe vier Monate bis zu meiner Abreise sind, habe ich schon ein bisschen Panik bekommen. Die Wochen vergehen wie im Flug und dabei muss ich noch so viele Reiseziele auf meiner Liste abhaken…

Die besten Sprüche meiner Mitbewohner: „you’re crazy in the coconut“ // „good news for people who like bad news“ // „you’re a lovely bubble of happiness, Mara“ // „I need coffee“ – „coffee needs you too“

Über die kriminelle Energie von Fünftklässlern und andere Schulgeschichten

Sie wurden zwar nicht auf frischer Tat ertappt, aber immerhin kam die Kommissarin aka Frau Maka ihnen früher oder später auf die Schliche. Die kleinen Diebe! Klauen sie einfach die mühevoll gestalteten Hefte ihrer Parallelklasse, in die die Schüler ihre Erlebnisse auf Deutsch eintragen.

Anders als das Mysterium um das verschwundene Druckerkabel wurde das Rätsel der verschollenen Tagebücher relativ schnell gelöst. Es war so ziemlich das witzigste Ereignis der letzten Schulwochen. Aber eigentlich vergeht kaum ein Tag ohne ein Schmunzeln auf meinen Lippen.

So sagte ein Siebtklässler als wir über den georgischen Valentinstag sprachen: „Du weißt doch, wir feiern alle Feste doppelt oder dreifach“. Und die Vermutung einer Schülerin auf meine Frage, warum CRO denn eine Pandamaske tragen würde, lautete: „Wahrscheinlich ist er hässlich“. Auch witzig war das Kommentar eines Schülers zu mir, während seine Mitschülerinnen ein Foto von sich machten: „Mara, sie selfieren“.

Zum Hinschmelzen ist es auch, wenn die süßen Fünftklässler in ihre Lauras-Stern-Welt eintauchen, während ich ihnen vorlese. Oder – Achtung Eigenlob! – wir gemeinsam Aufgaben aus dem von mir erstellten Heft lösen. :D

Ein paar der fünften Klassen waren so verliebt in das Jahrmarkt-Thema, dass wir uns vor gebastelten Karussells, Geisterbahnen und Riesenrädern kaum retten konnten. Deshalb haben wir unseren ganz eigenen Rummel in der Schule errichtet – nicht, dass hier schon genug los sei – und dort ein paar Unterrichtsstunden verbracht.

In zwei sechsten Klassen haben wir  Schneewittchen und die sieben Zwerge vorgeführt und somit endlich die Theaterprojekte abgeschlossen. Im Nachhinein und rückblickend auf meine Schulzeit: Hut ab vor den Lehrern, die ihre Nerven für solche Projekte opfern.

Zur Osterzeit habe ich mit dem Deutsch-Club Küken-Bommeln gebastelt und Rübli-Muffins gebacken. Die begeisterten, lachenden Gesichter haben meinen Glücksmomentvorrat für Monate gesichert.

Ansonsten bin ich auf der Suche nach einer deutschen Partnerschule, esse mich durch ein Osterfrühstück, muss über Aufsätze von Schülern lächeln, rege mich über die Smartphones von Viertklässlern auf, frage ich mich wie man ihnen die Uhrzeit auf Deutsch beibringen soll, wenn sie sie noch nicht auf Georgisch beherrschen, bereite für den Deutschclub ein Augsburger-Puppenkisten-Projekt vor und leide mit den Lehrerinnen, wenn anstrengende Eltern vorbeischauen.

Und ab und zu frage mich bei Klassenarbeiten, wie man als Schüler der festen Überzeugung sein konnte, dass Lehrer nicht merken, wenn man verdächtig nachdenklich und scheinbar konzentriert durch den Raum starrt oder mal kurz auf das Blatt des Sitznachbarn schielt.

Lasst euch eines gesagt sein: Lehrer sehen alles! Vom Blick aufs Handy bis zum Botschaften-Schreiben und Kaugummi-Kauen. Oder vielleicht sehen es auch nur diejenigen, die das Geschehen im Klassenzimmer gerade noch aus der Schülerperspektive gesehen haben…