An alle Kastanienmenschen da draußen: Die Herbstsonne und die bunten, raschelnden Blätter lassen sich am besten im großen Kaukasus genießen – das garantiere ich euch! Da komme ich nämlich selbst gerade her. Und zwar mit ausgelüfteter Lunge, Sonnenbrand, mehr Vertrauen in Tourismustanten, der Erkenntnis, dass ich gerne in einem Petersson-und-Findus-Buch leben würde und wieder mal mit der Bestätigung, dass der Herbst meine Lieblingsjahreszeit ist. Schade nur, dass ich noch keinen Igel gesichtet habe…
Mit vier anderen kulturweit – Freiwilligen ging es für mich mit dem Nachtzug nach Zugdidi und dann weiter mit der Maschrutka nach Mestia, eine Stadt in der historischen Region Swanetien. Nachtzug und Maschrutka in den Bergen – zwei Dinge, dich ich eigentlich nicht unbedingt wiederholen müsste, aber für den fünftägigen Trip hat sich das definitiv gelohnt.
Den ersten Tag waren wir damit beschäftigt das Städtchen zu erkunden, Walnüsse zu sammeln, auf einen der jahrtausend-alten Wehrtürme zu klettern und unser Zimmer im Gästehaus zu beziehen. Und es ging zur kleinen Touristeninfo, um ein paar Wanderkarten zu besorgen. Eigentlich tendiert meine Wanderbegeisterung ja gegen null, doch in einer verkehrsreichen, staubigen, lauten Großstadt wohnend, kann ich da mal ein Auge zudrücken. Außerdem habe ich gemerkt, wie schön ich den Familienwanderurlaub eigentlich fand. Den anderen Freiwilligen habe ich von den Buttermilch- und Kaminwurzmomente im Landl, von der Klemmbachklamm, den Pausen auf der Alm, dem Wanderstöckeschnitzen mit Mama, dem vertrauten Geruch und dem Dielenknarren im Stammferienhaus vorgeschwärmt. Kind zu sein; das hat schon was. (;
Nachdem wir am nächsten Morgen unser Proviant gepackt hatten, machten wir uns auf zum Gipfelkreuz. Die Tagestour ist bei Melle und mir auch unter „Abenteuertag inklusive Rutschpartien und Angstschweiß“ abgespeichert. Kleiner Tipp – das hat was mit folgenden Worten der Frau im Touribüro zu tun: „Nur den einen eingezeichneten Weg gehen, den anderen findet ihr nicht.“
Der Hinweg ging vorbei an Ebereschen, Haselnüssen, Tannen, Hagebutten, Pferden und Kühen, aber war im Vergleich zum Rückweg relativ unspektakulär. Oben trafen wir Dodo – eine reisende Ärztin aus China, die wir von der Maschrutka-Fahrt kannten, wieder und ließen uns zum Picknick nieder. Mit Keksbauch läufts sich doch viel besser. (:
Melle und ich dachten uns dann natürlich: Den selben Weg zurück? Laaaaaaaaaangweilig. Voller Enthusiasmus trennten wir uns von den anderen zwei, die wir leider nicht für ein bisschen Abwechslung begeistern konnten. Als ob wir den Weg nicht finden würden… Hier ist doch direkt schonmal ein Wegweiser und ein gut ausgetretener Trampelpfad.
Nach 100 Metern: Rechts oder links? Naja, so lange der Weg noch weiter geht, werden wir schon irgendwo rauskommen. 50 Meter später: Wo ist der Weg geblieben? Nach weiteren 50 Metern: Wie denn umdrehen? Es ist viel zu steil, wir kommen nicht mehr hoch. Der Boden meinte nämlich nicht zum ersten Mal sich in eine Rutsche verwandeln zu müssen. Problem: Wir befinden uns gerade auf 2360 m Höhe. Tja, doof nur, dass wir auf 1400 müssen. Aber das Problem ist ja nicht das Problem, sondern der Umgang damit – also: Immer schön an Bäumen und Ästen festklammern.
Noch nie waren wir so froh einen Kuhfladen entdeckt zu haben. Wenn Kühe hier schon wieder hin finden…
Wie angenehm, dass wir am darauffolgenden Tag in Ushguli, dem höchsten Dorf Europas, nur spazieren waren und uns am Fluss sonnten. Einzig und alleine eine gerade noch verhinderte Messerstecherei störte kurz die Idylle. Es ist nichts passiert, deshalb lasse ich das einfach mal so stehen. Wir begegneten einem Pfarrer aus Deutschland, der in Tiflis in einem orthodoxen Kloster gewohnt hat. Seine Tochter hat vor ein paar Jahren auch ein FSJ in Georgien gemacht.
Karl, den Finne mit Motorrad, der gerade kein Bock mehr auf sein Land hat und bis nach Indien fahren will, trafen wir auf dem Weg zum Chalaadi-Gletscher. Mit ihm, Melle, ihrem Bruder und dessen Kumpel, die aus Deutschland hier her getrampt sind, treffe ich mich gleich zum Doppelkopfspielen in einer Bar.
Läuft bei mir. Im wahrsten Sinne des Wortes. (;













Hallo Mara,
du hast einen neuen Fan…
hoffe, Du siehst das entspannt, da der Fan bereits jenseits der 50 ist. Hätte mir gewünscht diese Möglichkeit in „jungen Jahren“ gehabt zu haben (Plusquamperfekt?? – Frage an die Deutschlehrerin) und auch den Mumm, dies dann zu tun. Also Hut ab und …….sei beglückwünscht zu den „coolen Eltern“, die zumindest öffentlich gelassen wirken.
Liebe Barbara!
Das freut mich natürlich. (; Und ehrlich gesagt: Grammatikfragen beantworte ich wirklich ungern, weil ich eigentlich selbst keinen Plan habe. Aber muss ja keiner wissen… Ja, glaube Mama eignet sich ihre Coolness über ihr neues Hobby „Finde das passende Zitat“ an. :D
You are braver than you believe,
stronger than you seem and smarter than you think.
Jubel ! Wandern und andere merkwürdige Dinge, zu denen man als Kind genötigt wurde, sind rückblickend doch nicht so furchtbar gewesen. Mit jeder Zeile schwindet eine kleine Portion von „schlechtem Gewissen“ zugunsten der Erkenntnis: Everything is good for something
Liebe Mara,
Mann-Mann-Mann – wie war das gleich: das Abenteuer erwartet mich? Diesmal war´s nach den phänomenalen Fotos so spannend, dass ich selbst hier in der Wohnstube die Luft angehalten habe……….im Hochgebirge abrutschen ………. Picknick mit Messerstecherei? Schwein muss man haben!
Deswegen habe ich mich dann gleich mal informiert, ob man bei „maschrutkas“ auf der Ladefläche oder im Güterwaggon sitzt.
Also, da das ja wohl das georgische Dolmusch ist, stell ich mir das doch eher harmlos vor: viel Körperkontakt, viel Körpergeruch, viel Geräusch und viele Schlaglöcher…..ich vergaß – viel Alkohol………hm…..vielleicht auch viel Zigarettenqualm?
Berichtige mich bitte! ;)
Sag mal, diese spannenden Türme, sind das alles Wachtürme oder sind das Lagertürme – weißt du das?
Martina
Hier ein Auszug aus einem ergoogelten Reisebericht:
…….So entschloss ich mich, mit einer sogenannten „Marschrutka“ weiterzureisen. Die Marschrutkas (das Wort „Marschroute“ wurde irgendwann mal ins Russische und offenbar auch Georgische übernommen und entsprechend angepasst) sind kleine Transporter für 10 oder auch mal 20 Personen mit dem entsprechenden Gepäck. Sie haben zwar feste Routen aber keine festen Fahrzeiten. Man geht einfach an die Abfahrtsstelle für die entsprechende Richtung (in Tiflis gibt es mehrere) und sucht sich die Marschrutka, an der vorne ein Schild mit dem Namen des Ortes, in den man reisen möchte, angebracht ist. Die Preise sind sehr moderat, der Fahrkomfort allerdings auch, vor allen Dingen, wenn man Gepäck dabei hat, das muss man meistens auf den Schoß nehmen. Die Fahrzeuge fahren erst ab, wenn sie voll sind, was schon mal eine Stunde oder länger dauern kann. Die Fahrer begeben sich aktiv auf Kundensuche und sprechen potentielle Kunden selbst an. Aussteigen kann man jederzeit, wo man möchte, unterwegs mitgenommen wird man nur, wenn noch Platz vorhanden ist (meistens nicht der Fall, wenn nicht gerade jemand ausgestiegen ist). Daher ist es ein Problem, von einem kleinen Ort wieder wegzukommen. Von Taxis abgesehen gibt es im Überlandverkehr aber kaum andere Transportmöglichkeiten als diese Fahrzeuge.
Es war schon stickig und ein bisschen eng in der Maschrutka, aber okay – eher so wie im Minibus. Der Fahrer raucht bei offenem Fenster und fährt wie – daheim würde man sagen: ne angesenkte Sau. (; Auf der kurvenreichen Strecke wurde ab und zu angehalten. Nicht nur, um jemanden mitzunehmen, auch um beispielsweise Schuhkartons abzuladen. Eine Deutschkollegin meinte auch zu mir: „Wir brauchen keine Post. Wenn wir etwas verschicken möchten, dann gehen wir zur passenden Maschrutka und sagen dem Maschrutkafahrer, dass dann und dann, da und da jemand wartet und er ihm dies und das geben soll.“ Funktioniert wohl.