Der Tag, an dem ich ein freies Klassenzimmer fand

Endlich habe ich meinen – mehr oder weniger – festen Stundenplan. Von vierter bis achter Klasse ist alles vertreten: laut, süß, unmotiviert, begeistert, nervig, still, motiviert. Es wird viel gesungen, Theater gespielt, gelesen und präsentiert. Die Themen schwanken momentan von Kleidung in den jüngeren Klassen über Haustiere hin zu Umwelt und Europäischer Union bis zu Musik in den älteren Jahrgängen.

In diesem Rahmen habe ich, natürlich mit Lisas Unterstützung, meine erste Unterrichtsstunde zu Cros Lied „Bye Bye“ durchgeführt – und zwar erfolgreich, yay. Das Mysterium um die Pandamaske, deutsche Charts, ein von mir erstelltes Arbeitsblatt inklusive Songtext mit Lücken und dazugehöriger Liedprobe; könnte einer achten Klasse doch gefallen, dachte ich mir. Hat es auch. (: Jetzt gehe ich mit dieser Unterrichtseinheit in jede Achte. Jap, ich bin schon ein bisschen stolz. (;

Abgesehen davon wäre ein bisschen Abwechslung vom Unterricht auf längere Frist aber schon nicht schlecht. Statt assistieren halt etwas Eigenes. Darum freue ich mich echt, wenn das Ding mit der AG was wird. Mit Julias Hilfe habe ich dieses fancy Plakat erstellt:

P1060310Und ich musste schon eine zweite Liste zum Eintragen aufhängen – von wegen keine Zeit. Okay, die Kinder haben echt kaum Zeit. Der Grund dafür sind vielleicht nicht mal die Hobbies oder das Rumhängen vorm Computer oder Fernsehen. Nö. Die meisten Schüler haben einfach noch Privatunterricht, nicht unbedingt weil sie in einem Fach schwach sind. Nachhilfe ist hier eher so was wie ein Statussymbol. Und checkt das erstmal aus: Als ich in die siebten und achten Klassen gegangen bin und Werbung gemacht habe, habe ich in ganz große Auge geschaut: Keine Hausaufgaben? Freiwillig? Kostenlos? Keine Grammatik? Das kennt man hier nicht.

Als meine Mentorin zur Schulleiterin gegangen ist, kam leider nur: Es gibt keine Räume, Samstags ginge. Genau, sicherlich – wenn man das mal ganz selbstlos aus den Augen der Schüler sieht. :D Nein, mal im Ernst – da würde echt keiner kommen (viele sind an diesem Tag mit der Englisch-, Mathe- oder Musikschule beschäftigt). Auch ich nicht, zugegebenermaßen. Doch glücklicherweise habe ich heute ein freies Zimmer in der passenden Schulstunde entdeckt. Hoffentlich kann es dann nächste Woche endlich losgehen…

Das „Wort der Woche“ läuft dafür leider noch nicht so gut und lebt momentan noch von meinen Wörtern. :D Naja, das wird. Vielleicht kann ich meine zukünftigen AG-Schüler ja motivieren. (;

P1060313Hier noch was zum Schmunzeln:

„Warum fehlen denn so viele?“ frage ich. Die Schüler entgegnen: „Heute ist der internationale Tag des Schuleschwäntzens.“ „Aha…“, ich runztel die Stirn – innerliches whaaaaaaaat?! –  und sage „Habe ich ja noch nie gehört.“  „Stand aber so auf facebook.“ Okay, so weit ist es schon. „Da bin ich mal auf die Entschuldigungszettel gespannt…“. In Georgien besteht übrigens keine Schulpflicht. Vielleicht fehlen deshalb Kinder auch manchmal zwei, drei Wochen und sind einfach mal im Urlaub, in der Türkei, der Ukraine oder in Spanien.

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3 Gedanken zu „Der Tag, an dem ich ein freies Klassenzimmer fand“

  1. Liebe deutsche Persönlichkeit!
    Das machst du, macht ihr echt liebevoll! Gutes Gelingen mit der AG! Wird doch!
    Das Plakat ist so schön (:Die Alter-Magnete gefallen mir auch:)!
    Sag mal, kann man sich die Lieblingswörter auch nehmen??????? Hab ich nicht verstanden.
    Kenne einen Japanerin, deren Lieblingswort war ein paar Jahre lang „Baumkuchen“….
    Es grüßt dich
    Martina

  2. So kenne ich dich: Idee im Kopf, fein beobachten, hartnäckig bleiben und mit ganz viel Charme und Kreativität die Mitmenschen (hier halt mal „deine“ Schüler) begeistern.

    Bin gespannt auf weitere Berichte aus Schule und vom heimischen Herd (auch gerne wieder von netten Familien, mit denen du in Kontakt kommst – auch wenn die Tiere schächten: Großvieh ist da eh noch mal ne andere Nummer!).

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