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Per Anhalter durch Transsilvanien

Wie angekündigt war ich über Ostern zusammen mit Oliver -einem anderen Kulturweitfreiwilligen aus Eger- in Rumänien reisen. Entgegen aller Vorurteile über Deutsche war das eine ziemlich unorganisierte und spontane Angelegenheit, da die nächste Station meist erst ein paar Stunden vor Abfahrt klar war und wir uns den Couchsurfhost immer erst am Tag der Übernachtung gesucht haben.
Letztlich ging es dann von Budapest nach Timișoara – Sibiu – Cluj Napoka – Oradea und über Debrecen zurück nach Budapest. (→ der ist Titel vielleicht ein wenig irreführend, da nur Sibiu und Cluj in Transsilvanien/Siebenbürgen liegen, aber wir sind ja auch nicht nur getrampt …)

Timișoara

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Oradea

Um 7:00 Uhr haben wir am Donnerstagmorgen den Zug von Budapest nach Timișoara genommen, wobei unsere Fahrt auf dem Papier eine Stunde länger dauerte, aufgrund des Zeitzonenwechsels.

Ein Park in Timsoara

Ein Park in Timsoara

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Frühling in Rumänien – Im Hintergrund sieht man die Bega

In Timișoara waren wir beide erst einmal begeistert, als wir uns durch einen der vielen, malerischen Stadtparks in Richtung Zentrum bewegten. Die Natur war hier schon mindestens zwei Wochen weiter, sodass Bäume mit rosafarbenen und weißen Blüten die Wege säumten. Vereinzelt standen schmiedeeiserne Parkbänke am Rand der aufgeplatzten Betonwege, die dem Kitsch Einhalt geboten und so dem Park seinen ganz eigenen Charme verliehen. Dieser erste Eindruck lässt sich ganz gut auf das gesamte Stadtbild von Timișoaras Innenstadt anwenden: Die pittoresken Häuser (oft barock/rokoko oder Jugendstil) stehen in Kontrast zu den aufgerissenen Straßen, da die Hauptplätze sowie nahezu alle Straßen/Fußgängerzonen, die zu den Plätzen führt momentan erneurt werden. Die Stadtmitte ist also gerade offiziell eine Baustelle, nicht das das irgendwen stört; man marschiert hier einfach munter über den Kies, vorbei an aufgetürmten Pflastersteinen die man in einem halben Jahr wohl unter den Füßen hätte.
Ja, Timișoara befindet sich gerade im Ausnahmezustand, aber dieser schadet weder dem Stadtbild, das dadurch den Reiz der gepflegten Verwahrlosung, der Spannung zwischen Traditionellem und Modernisierung erhält, noch dem Nachtleben, welches wir Dank unseres Couchsurfinghosts ausführlich genießen durften.

Tipp: Wenn ihr nach Timișoara kommt, holt euch in der Touriinfo eine Use-it map, die ist wirklich Gold wert (http://www.use-it.travel/cities/detail/timisoara/)

Auch Sibiu, Cluj und Oradea, sind lohnenswerte Städte, aber Timisoara wird mir einfach immer in Erinnerung bleiben. Für weitere Informationen verweise ich an dieser Stelle auf Olivers Blog, da gibt’s auch noch ein paar Bilder: https://kulturweit.blog/goeasteger/2015/04/15/rumaenien-im-schnelldurchlauf/

Duty free shop

Der Duty Free Shop an der ungarisch-rumänischen Grenze (zehn Sekunden zuvor ist da noch ein echter Feldhase entlang gehoppelt)

Definitiv erwähnenswert war auch die Reise zurück, da wir von Oradea nach Budapest trampen wollten (bzw. erst mal Richtung Debrecen). Allerdings scheinen die Autofahrer Skrupel zu haben uns mit über die Grenze zu nehmen (wir könnten ja wer weiß was in unseren Rucksäcken schmuggeln), bis ein Mann Miteid mit uns hatte. Er hatte zuvor ungefähr da wo wir standen gehalten um (verbotener Weise) zu parken und sich mit seiner Freundin auf einen Kaffee zu treffen. Als wir nach einer Stunde immernoch/wieder da standen, hat er uns die zehn Kilometer zur Grenze vorgefahren, von wo wir dann durchs Niemandsland gestiefelt sind, vorbei an den wartenden Autos um unsere Ausweise vorzuzeigen. Hinter der Grenze wurden wir dann von drei rumänischen Jungs im BMW nach Debrecen mitgenommen, die dort einen Kumpel vom Flughafen abholen wollten. So habe ich von Debrecen auch noch ein wenig zu sehen bekommen. Weiter gings dann mit einem Ungarn, der leider kein Englisch sprach, dessen Deutschkenntnisse aber definitiv besser ausgeprägt waren als meine Ungarischkenntnisse (was allerdings auch nicht allzu viel heißt) sodass die Kommunikation hinter Eger (wo Oliver, der durchaus auf ungarisch kommunizieren kann) ausgestiegen ist, eher mit Händen und Füßen ablief.

In Budapest angekommen hatte ich dann noch kurz Zeit unter die Dusche zu springen, bevor es zum Sprachkurs ging um mich anschließend mit meinen Eltern zu treffen. Gemeinsam haben wir in den nächsten Tagen den Burghügel erklommen, das Parlament besichtigt, viel gegessen und waren in den kleinen Städten außerhalb Budapests (Gödöllő, Vác, Szentendre). Schön, dass ihr da wart ♥.

Kuriositätenkabinett

Gestern war ein etwas sonderbarer Tag.
Der fing bei der Sonnenfinsternis an (Maximum: 10:48 Uhr in Budapest), die von einigen Lehrern mit Spannung erwartet wurde. Manche hatten extra Schutzbrillen gebastelt oder bestellt, um dann festzustellen, dass am morgen vom Rektorat ein Verbot ausgesprochen wurde,  das Schulgebäude zwischen 9 und 12 Uhr zu verlassen (damit die Schüler nicht in die Sonne blicken und möglicherweise Schäden davon tragen). Trotzdem war zumindest die Grundschule den größten Teil des Vormittags im Ausnahmezustand, wenn auch nur der (zugegeben für Erstklässler etwas langweilige) Livestream lief. Da hat es sich mit der Aufregung, die sich am Morgen immer weiter hochgeschaukelt hatte, dann auch erledigt. Um es mit den Worten einer Schülerin zu sagen: „Das ist voll langweilig, der Mond bewegt sich viiiiel zu langsam“.

Als ich dann, auf dem Weg nach Hause, aus der Tram ausgestiegen bin, habe ich festgestellt, dass im XIII. Kerület heute wohl Tag des Sperrmülls war. Vor jedem Haus türmten sich Berge aus Schränken, Gliedmaßen alter Kleiderpuppen, zerbrochenen Glasscheiben, Matratzen, Eimersammlungen und Umzugskartons voller buntem Allerlei. Ein Kuriositätenkabinett an jeder Straßenecke. Und kamen immer mehr Leute die ihre alten Sofas, Computer und Herdplatten anschleppten. zwei Jungs sind auf einem kaputten Bürostuhl durch dir Straßen gecruist, und ein altes Auto wurde durch die heruntergelassenen Fenster mit Sperrmüll befüllt. Am Abend als wir einkaufen gegangen sind wurde es noch schlimmer, da die kunstvoll errichteten Türme durch Plünderungen zum Einsturz gebracht wurden und die wenigsten Gehwege noch passierbar waren.

Aber wir sind nicht nur einkaufen gegangen.Schnipp, Schnapp, Haare ab. Während Ina und Julia sich auf die Suche nach Alugrillschalen begaben, suchte ich einen Friseur (der mehr Englisch verstand als Hello, so einen hatte ich am Jázai marí tér schon gefunden und recht schnell, unverrichteter Dinge wieder verlassen) und ließ mir die Harre schneiden. Fühlt sich auch kurios an, so kurz.