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Sziasztok!

Für wen die Überschrift schon zu viel ungarisch war, hier nochmal auf deutsch:
Hallo zusammen!

Ich könnte ganze Romane schreiben, mit allem, was ich in letzter Zeit erlebt habe, aber davon bleibt ihr vermutlich verschont, da mich die Aussicht, die Nacht schreibend vor dem Laptop zu verbringen definitiv abschreckt (Autorin/Journalisten ist wohl keine Jobperspektive für mich). Ich werde mir also Mühe geben einen kurzen Überblick über die letzte Zeit zu geben, möglichst ohne dabei in Oberflächlichkeiten abzudriften. Bin mal gespannt ob mir das gelingt.

Fangen wir mal von hinten an: Die letzten drei Tage war ich in Gárdony auf Klassenfahrt mit der dritten Klasse. Wie die meisten Schulen in Ungarn hat auch die Deutsche Schule Budapest ein eigenes Schullandheim-Haus in das alles Klassen mal auf Klassenfahrt gehen. Ich werde da in nächster Zeit wohl meinen Zweitwohnsitz einrichten können, da ich nächste Woche mit der 2d hinfahren werde und im Juni dann die 4. Klasse begleiten werde.
Es war toll mal wieder mit Kindern mal wieder so richtig Waldheimmäßig unterwegs zu sein, vor allem mit einer Klasse, die ich bisher kaum kannte. Spannend für mich waren vor allem die Abende, da ich mich noch nie mit Heimwehfällen als Betreuerin auseinandergesetzt habe. Natürlich hatte ich als neun Jahre altes Mädchen mal Zimmermitbewohnerinnen auf Freizeiten, die wir getröstet haben, aber als Erwachsener ist das dann doch nochmal anders und sonst habe ich noch nie Grundschulkinder bei Übernachtungen betreut.
Dieses „Erwachsensein“ ist auch eine Sache, die mir noch nie so bewusst geworden ist wie jetzt. Ich sehe mich tatsächlich immer weniger als Mädchen, als Tochter, als Schülerin, als Kind, sondern immer mehr als eigenständige Frau. Allerdings ist das wahrscheinlich gar nicht anders möglich, wenn man den ganzen Tag von Menschen umgeben ist, für die ‚größer als 1,60 gleich erwachsen‘ gilt. Vermutlich ist auch niemand so verstört und irritiert von dieser Erkenntnis wie ich ( die beim zweiten Lesen echt banal klingt, aber sei’s drum).

Burg Devín

Aber auch das Wochenende vor dem Schullandheim hatte viel zu bieten, da ich am Freitagabend nach Komárom (Komárno) zu Anna einer weiteren Freiwilligen aufgebrochen bin. Die zwei Namen rühren daher, dass durch die Stadt die Donau fließt und Flüsse sich schon immer angeboten haben um nach verlorenen Kriegen neue Grenzen zu ziehen. So haben auch die Herren in Versailles kein besonderes Interesse daran gehegt, dass Komárom und Komárno zusammen gehören wie Buda und Pest. Und so kommt es auch, dass ich das Wochenende über in der Slowakei war, wo die Komárner Tage waren, und trotzdem mit mehr Wissen über die ungarische Musikszene wieder nach Hause gefahren bin. Allerdings auch nicht ohne der Slowakischen Hauptstadt Bratislava und der Burg Devín in Nähe einen Besuch abzustatten.

11253812_1072922486069346_756809556_nDie Woche davor war recht anstrengend, obwohl sie nur vier Tage hatte. Ich war vormittags im Unterricht, danach bei der Nachmittagsbetreuung und anschließend noch entweder auf einem Elternabend, beim Sprachkurs, oder auf der Suche nach einem erschwinglichen Stadtfahrrad (ja, ich bin fündig geworden :) Bilder folgen wenn es aus der Reparatur zurück ist, es müssen nämlich einige Dinge wieder gerichtet werden, bevor es fahrtauglich ist, dafür habe ich es aber auch für 8.000 Forint erstanden).
Inzwischen habe ich es abgeholt (es war vollkommen utopisch alles was so passiert ist an einem Abend runterschreiben zu wollen wir sind momentan bei Tag zwei, insgesamt bei drei Tagen. Der Scheiberling in mir kann sich definitiv begraben gehen) und bin damit dann auch gleich zum Sprachkurs weiter und von dort nach Hause gefahren. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie glücklich es mich gemacht hat in der Budapester Abenddämmerung an der Donau entlang zu radeln. Erst da ist mir wirklich klargeworden wie sehr mir das Fahrradfahren gefehlt hat, aber sowas bemerkt man ja oft erst rückwirkend.

Gellért hégy

Hier der Beweis: Es ist eine Feder

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Totenkopf schön und gut – Im Instant hängt ein Wildschwein

Derweil sind wir beim Wochenende vom 24.-26.04 angelangt. Da waren Tamara aus Subotica und Heike aus Iklad bei mir zu Besuch. Wir waren ungarisch essen, Haben den Gellért-hégy erklommen, waren im Instant (einem der berühmtesten und größten Romkocsmák (→Ruinenbars) Budapests), haben Palacsinták und Kürtöskalács verspeist und waren auf einem Bio-Wochenmarkt im Szimpla kert, wo die Bauern ihre Waren direkt verkaufen. Da Julia zeitgleich Besuch aus Wien hatte, haben wir vieles gemeinsam unternommen und darum fand die Kulinarische Sightseeingtour am Sonntagmittag als meine Gäste schon abgereist waren für mich auch noch ihren krönenden Abschluss mit einer Gofri beim besten (und kleinsten) Waffelladen der Stadt.

Ende MärzEnde AprilDie Woche davor war geprägt vom grünen Erwachen Budapests. Während Ende März, Anfang April sich die ersten Knospen zeigten und Kirschbäume zu blühen begannen, sind in dieser Woche plötzlich überall Blätter aufgetaucht. Als wäre über Nacht eine Elfe herum geflogen und hätte an jeden Baum Blätter gezaubert.  Alles war auf einmal grün, Sichtachsen, die zuvor existierten sind jetzt zugewachsen, alles ist voller, überall zwitschert es und duftet nach Flieder. Wir haben jetzt kaum noch Temperaturen unter 23° (hoffentlich bleibt das so) und in Gárdony wurde zum ersten mal die 30 Grad Marke geknackt.

IMG_6900IMG_7053Noch weiter in der Vergangenheit liegt unsere WG-Party, die Aber definitiv erwähnenswert ist. Noch nie habe ich eine Homeparty erlebt bei der es a) funktioniert hat, dass jeder seine eigenen Getränke dabei hatte obwohl 60 % der Gäste niemand so richtig gut kannte (es waren halt viele Erasmusstudenten aus dem Bekanntenkreis meiner Mitbewohnerinnen dabei, die sie selber erst ein, zwei mal gesehen haben), b) der Großteil der Gäste bis 6:00 Uhr bleibt und c) auch noch versessen IMG_6877darauf ist aufzuräumen, zu fegen und zu wischen. Alles in allem eine gelungene IMG_7032Party, auch wenn ich nach wie vor nur die Hälfte der Gäste kenne und Julia und Ina immer mal wieder anfangen von Leuten zu reden, die wohl da waren, von denen ich aber noch nie was gehört habe.

Ja, das ist der Fritz

Bessere Bilder sind leider nicht drin bei Dunkelheit, 1,3 Megapixel und nicht mehr ganz koordinierter Kameraführung

Und zu guter Letzt möchte ich noch vom Besuch der anderen Ungarn-Freiwilligen berichten, die schon seit September hier sind. Sie waren eigentlich nur eine Nacht auf der Durchreise nach Prag hier (In Ungarn geht quasi keine Zugverbindung nicht über Budapest). Zwei, drei Tage vorher wurde ich gefragt, ob ich nicht Platz für die vier vom Donnerstag 16.4 auf Freitag hätte, und natürlich habe ich den. Außerdem hatten sie Karten für das Fritz Kalkbrenner im Akvárium und waren der festen Überzeugung, dass ich Vorort auch noch eine auftreiben kann (obwohl es seit Wochen ausverkauft war, ich hatte schon mal nach Karten geschaut) wobei sie Recht behielten. Es war ein hammer Konzert, an dessen Ende sich allerdings die Anstrengungen der letzte Woche anhand körperlicher Erschöpfungserscheinungen deutlich sichtbar machten. Spätestens als es dann nach einem kurzen Powernap hieß: 1.+2. Stunde Mathe …

Ameisen

Ich war heute tatsächlich zum ersten mal auf der Margitsziget (Margareteninsel mitten in der Donau und quasi direkt vor meiner Haustür gelegen) joggen und das wo sie doch der Inbegriff eines Naherhohlungszentrums ist. Mit Freibad, Tierpark, ausgedehnten Grünflächen, Open-Air-Bühnen, Bars, Fahrradverleih, Klosterruinen, Wasserturm, Sportzentrum und einer Tartanbahn immer am Ufer entlang, bei der es sich um DIE Joggingstrecke der Stadt handelt. Sozusagen der Bärensee Budapests. Man sieht vom Pester Ufer immer die Ameisenstraße von Läufern, die sich ihren Weg einmal um die Insel bahnt (etwa 5,3 km) und heute war ich zum ersten Mal Teil des Ameisenvolkes.

Per Anhalter durch Transsilvanien

Wie angekündigt war ich über Ostern zusammen mit Oliver -einem anderen Kulturweitfreiwilligen aus Eger- in Rumänien reisen. Entgegen aller Vorurteile über Deutsche war das eine ziemlich unorganisierte und spontane Angelegenheit, da die nächste Station meist erst ein paar Stunden vor Abfahrt klar war und wir uns den Couchsurfhost immer erst am Tag der Übernachtung gesucht haben.
Letztlich ging es dann von Budapest nach Timișoara – Sibiu – Cluj Napoka – Oradea und über Debrecen zurück nach Budapest. (→ der ist Titel vielleicht ein wenig irreführend, da nur Sibiu und Cluj in Transsilvanien/Siebenbürgen liegen, aber wir sind ja auch nicht nur getrampt …)

Timișoara

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Oradea

Um 7:00 Uhr haben wir am Donnerstagmorgen den Zug von Budapest nach Timișoara genommen, wobei unsere Fahrt auf dem Papier eine Stunde länger dauerte, aufgrund des Zeitzonenwechsels.

Ein Park in Timsoara

Ein Park in Timsoara

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Frühling in Rumänien – Im Hintergrund sieht man die Bega

In Timișoara waren wir beide erst einmal begeistert, als wir uns durch einen der vielen, malerischen Stadtparks in Richtung Zentrum bewegten. Die Natur war hier schon mindestens zwei Wochen weiter, sodass Bäume mit rosafarbenen und weißen Blüten die Wege säumten. Vereinzelt standen schmiedeeiserne Parkbänke am Rand der aufgeplatzten Betonwege, die dem Kitsch Einhalt geboten und so dem Park seinen ganz eigenen Charme verliehen. Dieser erste Eindruck lässt sich ganz gut auf das gesamte Stadtbild von Timișoaras Innenstadt anwenden: Die pittoresken Häuser (oft barock/rokoko oder Jugendstil) stehen in Kontrast zu den aufgerissenen Straßen, da die Hauptplätze sowie nahezu alle Straßen/Fußgängerzonen, die zu den Plätzen führt momentan erneurt werden. Die Stadtmitte ist also gerade offiziell eine Baustelle, nicht das das irgendwen stört; man marschiert hier einfach munter über den Kies, vorbei an aufgetürmten Pflastersteinen die man in einem halben Jahr wohl unter den Füßen hätte.
Ja, Timișoara befindet sich gerade im Ausnahmezustand, aber dieser schadet weder dem Stadtbild, das dadurch den Reiz der gepflegten Verwahrlosung, der Spannung zwischen Traditionellem und Modernisierung erhält, noch dem Nachtleben, welches wir Dank unseres Couchsurfinghosts ausführlich genießen durften.

Tipp: Wenn ihr nach Timișoara kommt, holt euch in der Touriinfo eine Use-it map, die ist wirklich Gold wert (http://www.use-it.travel/cities/detail/timisoara/)

Auch Sibiu, Cluj und Oradea, sind lohnenswerte Städte, aber Timisoara wird mir einfach immer in Erinnerung bleiben. Für weitere Informationen verweise ich an dieser Stelle auf Olivers Blog, da gibt’s auch noch ein paar Bilder: https://kulturweit.blog/goeasteger/2015/04/15/rumaenien-im-schnelldurchlauf/

Duty free shop

Der Duty Free Shop an der ungarisch-rumänischen Grenze (zehn Sekunden zuvor ist da noch ein echter Feldhase entlang gehoppelt)

Definitiv erwähnenswert war auch die Reise zurück, da wir von Oradea nach Budapest trampen wollten (bzw. erst mal Richtung Debrecen). Allerdings scheinen die Autofahrer Skrupel zu haben uns mit über die Grenze zu nehmen (wir könnten ja wer weiß was in unseren Rucksäcken schmuggeln), bis ein Mann Miteid mit uns hatte. Er hatte zuvor ungefähr da wo wir standen gehalten um (verbotener Weise) zu parken und sich mit seiner Freundin auf einen Kaffee zu treffen. Als wir nach einer Stunde immernoch/wieder da standen, hat er uns die zehn Kilometer zur Grenze vorgefahren, von wo wir dann durchs Niemandsland gestiefelt sind, vorbei an den wartenden Autos um unsere Ausweise vorzuzeigen. Hinter der Grenze wurden wir dann von drei rumänischen Jungs im BMW nach Debrecen mitgenommen, die dort einen Kumpel vom Flughafen abholen wollten. So habe ich von Debrecen auch noch ein wenig zu sehen bekommen. Weiter gings dann mit einem Ungarn, der leider kein Englisch sprach, dessen Deutschkenntnisse aber definitiv besser ausgeprägt waren als meine Ungarischkenntnisse (was allerdings auch nicht allzu viel heißt) sodass die Kommunikation hinter Eger (wo Oliver, der durchaus auf ungarisch kommunizieren kann) ausgestiegen ist, eher mit Händen und Füßen ablief.

In Budapest angekommen hatte ich dann noch kurz Zeit unter die Dusche zu springen, bevor es zum Sprachkurs ging um mich anschließend mit meinen Eltern zu treffen. Gemeinsam haben wir in den nächsten Tagen den Burghügel erklommen, das Parlament besichtigt, viel gegessen und waren in den kleinen Städten außerhalb Budapests (Gödöllő, Vác, Szentendre). Schön, dass ihr da wart ♥.

Osterferien

Ab heute habe ich Osterferien und die sollen ja nicht ungenutzt bleiben, daher werde ich morgen das Jüdische Viertel erkunden und ab morgen Abend dann mit zwei anderen Kulturweitlern über die Feiertage Richtung Rumänien reisen. Am  Ostermontag wollen wir wieder in Budapest ankommen und das ist auch gut so, denn ab Dienstag kommt meine Familie für eine Woche zu Besuch (und bringt die von meinen Mitbewohnerinnen heiß begehrte Mikrowelle und Kaffeemaschine mit). Was sie vermutlich schon ahnen: Mit ihnen habe ich vor, das klassische Touristenprogramm in Budapest durchzuziehen (also das Parlament zu besichtigen, auf den Burghügel zu klettern, vielleicht sogar zum Sissi-Schloss raus zu fahren etc), da ich alleine doch nicht so richtig die deutsche Touristin raushängen lasse, zumal ich hier lebe und arbeite.

Soviel erstmal zu den Zukunftsplänen, aber ich habe natürlich auch aus der Gegenwart zu berichten:
Heute ist wie gesagt letzter Schultag und wie es der Zufall so will eben auch erster April.
Das Wetter spielt da wunderbar mit, denn zwischen 12° und 2° Celsius, Regen, Hagel, Sturm und Sonnenschein ist heute wirklich alles dabei. Jaja, der April macht was er will. Im Lehrerkollegium wurde dann auch der ein oder andere Aprilscherz gespielt, oder auch nur vermutet, da die Kassen 2d und 3 vor der ersten Stunde ganz selbstständig und heimlich die Klassenzimmer getauscht haben, sodass die jeweiligen Klassenlehrer zuerst verdutzt feststellen mussten, dass das ja gar nicht ihre Klasse war, die sie da eben begrüßt hatten und anschließend einen Scherz des anderen Lehrers vermuteten. Außerdem munkelt man nun über die Schwangerschaft einer Kollegin, wobei eigentlich alle bis auf einen Lehrer eingeweiht waren. Aber der letzte Schultag vor Ostern hat natürlich noch mehr zu bieten, denn wie es sich gehört wurden auf dem Schulgelände Ostereier versteckt, die es sich allerdings zuvor noch zu verdienen galt. Dazu mussten die Klassen an drei Stationen nach schönster Waldheimmanier beweisen, dass sie sich genauso anstrengen, wie der zuvor Osterhase beim verstecken. So lässt sich der letzte Schultag doch auch verbringen.

Und um den zeitlichen Bogen jetzt noch etwas weiter zu spannen hier auch paar Worte zu den vergangenen Tagen:
Nachdem ich gestern Abend einen ersten Sprachkurs habe, bin ich ernüchtert (das Ungarische wird mich mit Sicherheit noch so einige Nerven kosten) und zugleich hochmotiviert,  in ein paar Wochen nicht nur meine Brötchen bestellen zu können, sondern nebeher auch noch eine kleine Unterhaltung mit der Bäckerin führen zu können. Ich halte ich euch auf dem Laufenden.
In der Metro wurde ich dann von einem alten, fast schon zahnlosen Herrn angesprochen, ob ich deutsch sei (ich hatte mich zuvor auf deutsch mit einer Mitteilnehmerin meines Sprachkurses unterhalten). Ich bejahte, woraufhin er mich auf einen Mann (Vor- und Nachname) ansprach, ob ich ihn kenne und ob er noch lebe. Ich verneinte, da ich den Namen zwar vielleicht einmal gehört hatte, aber er mir absolut nichts sagte. Daraufhin fragte er mich nach Erich Ludendorff. Wir hatten leider keine Zeit mehr richtig ins Gespräch zu kommen (ob nun über die Dolchstoßlegende oder das schöne Budapest, wer weiß), aber diese Zweite Vermutung lässt mich vermuten, dass es sich bei dem ersten Namen ebenfalls um eine historische Persönlichkeit handelt und da die Möglichkeit zu bestehen scheint, dass der Herr noch lebt tippe ich eher auf eine Größe im Nationalsozialismus. Allerdings ist es (erst?) das zweite Mal, dass ich das Gefühl habe, dass Deutsch als erstes mit Nationalsozialismus assoziiert wird (das erste Mal war die Entdeckung eines -zugegeben recht krassen- Denkmals zur Erinnerung an die Opfer der deutschen Besatzung in der Stadtmitte auf dem Freiheitsplatz) und sagt das vielleicht nicht sogar mehr über meine Vorurteile (dass ein älterer Ungar bei Deutschland zuerst an Nazis denkt) aus als über die des Mannes in der Metro ?

Bolero - Györi BalettFür Sonntagabend hatte ich schon seit anderthalb Wochen Ballettkarten Dabei handelte es sich um einen Ballettabend mit vier modernen Stücken von vier ungarischen Kompanien (Pécs, Szeged, Györ und dem Staatsballett das in Budapest beheimatet ist). Ich hatte so einige Erwartungen, da ich von einem Stück, den Komponisten kannte, vom nächsten den Choreographen, das dritte Stück (Ravels Bolero) hatte ich vor etwa einem Jahr gesehen und war sehr gespannt auf eine andere Inszenierung und das letzte war ein reines Männerstück. Es war ein wirklich schöner Ballett abend, aber ich habe auch gelernt, was ich doch am Stuttgarter Ballett habe. Musik aus der Konserve? Undenkbar.
Begleitet wurde ich recht spontan von einem Iraner, den ich beim Pup-Crawl kennengelernt habe und der sich ebenfalls für Ballett interessiert. Wir wollten danach noch kurz was trinken gehen und er hat mich gefragt ob ich Lust auf eine heiße Schokolade hätte (ich war erst ein wenig irritiert, aber wer mich kennt weiß, dass ich dem Thema Schokolade nicht sonderlich ablehnend gegenüberstehe). Wir sind also in eine bár gegangen, die auf den ersten Blick so aussah wie die meisten budapester romkocsma (also die berühmten Ruinenkneipen). Durch einen Durchgang geht es in den Innenhof, in dem dann Tische stehen und weiter in einen überdachten Bereich, mit einer Biertheke. Anstatt dann weiter in das Innenleben der bár vorzudringen, bedeutete Sam mir die Treppen neben dem Tresen runter zu steigen (die wirklich verdammt nach „staff only“ aussahen) und dann den Gang entlang zu gehen. Der Moment der dann fühlte sich an wie eine Mischung aus Alice im Wunderland und Narnia. Ich stand in einem altenglischen Kinderzimmer, zwischen Schaukelpferden und Teddybären standen kleine Tischchen mit Spitzendeckchen und Glashauben unter denen Biscuits schlummerten. Ich war in einem lebensgroßen Puppenhaus gelandet, das in einem Gewölbekeller versteckt lag. Dort habe ich ein unüberteffliche heiße Schokolade getrunken, oder besser gesagt gelöffelt (ich rede hier nämlich nicht von etwas Kakaopulver, das in warmer Milch aufgelöst wurde, sondern von einer wunderschön dekorierten, zart-bitteren Créme, die langsam auf der Zunge zergeht). Auf dem Weg zum Ausgang Richtung Realität und Ruinenpub sind wir an einer Wand voller gerahmter Stöcke vorbeigekommen und vielleicht ahnt es ja schon jemand, aber natürlich handelt es sich bei dieser pittoresken Stube um das „Café“ bei der Bilderreihe „Impressionen“ (genauer gesagt von beschriebener Wand, da sie mich so sehr an die Stocksammlungen meines kleinen Bruders auf Wanderungen erinnert haben).

 

 

Pörkölt & Pálinka

Die letzte Woche war viel los, weshalb ich einige Sachen vor mir hergeschoben habe und jeden Tag aufs neue auf die mentale To-Do-Liste gesetzt habe (Wäsche waschen, Karteikarten kaufen, Bad putzen, Bilder ausdrucken, Kuchen backen, Tasche kleben, Blogeintrag schreiben … dies und das eben).
Darum hier jetzt ein kleiner Wochenüberblick:

Sonntag 22.3:
Wir waren bei Freunden von Julia im Studentenheim zum Grillen eingeladen, was auch ziemlich nett war (aber doch noch recht frisch, trotz Wintermantel). Daraufhin habe ich beschlossen, demnächst Wäsche zu waschen, da nun alles nach Rauch roch.

Montag 23.3:
War den Tag über wieder viel in der 1d und bin abends dann mit Julia und Ina zum Zumba gegangen. Eigentlich war geplant, dass ich mich anschließend noch mit einem anderen Freiwilligen aus Eger (Hallo Oliver, ich bin mir sicher du liest das irgendwann ;) ) treffe, der als Juror zu einer „Jugend debattiert international“ Veranstaltung an der DSB für den morgigen Tag eingeladen wurde. Wir haben das dann allerdings auf Dienstag abend verschoben, da das für mich entspannter war.

Dienstag 24.3:
Nach einem recht üblichen Schultag saß ich noch in der Musical AG der Grundschule mit drin, was wirklich interessant war. Ich bin schon sehr gespannt auf das ganze Stück.
Am Abend wollte habe ich mich wie bereits angekündigt mit Oliver getroffen. Mit am Start waren zwei weitere Kulturweitler: Marc, der seit letztem Herbst in Tata ist und Mark, ein Alumnus, der im Februar von seinem sechsmonatigen Freiwilligendienst aus China zurückgekommen ist und jetzt in Budapest lebt. Meine Erfahrungen mit dem Budapester Nachtleben sind bisher ja sowieso noch ziemlich beschränkt, aber das war auch das erste Mal, dass ich außerhalb des Pester Barviertels etwas trinken gegangen bin. Es war ein sehr cooler Abend mit den Jungs -informativ und anekdotenreich- in dessen Lauf ich auch zum ersten Mal einen Pálinka (ungarischer Obstbrand – quasi das Nationalgetränk) zu kosten bekam.

Mittwoch 25.3:
Da wir uns am Abend zuvor erst um zehn Uhr getroffen hatten und auch heute wieder der Wecker um kurz vor sechs klingelte, handelte es sich doch um eine recht kurze Nacht.
Nichtsdestotrotz handelte es sich um einen schönen Schultag, unter anderem wegen der beigefügten Geschichte, die Florence (Frau Schikora) im Englischunterricht zweifach zum Besten gegeben hat (und von der ich sichtlich begeistert bin):

Im Original handelt es sich um ein neuseeländisches Kinderbuch, dessen Bilder auch absolut zu der Geschichte mit dazu gehören (die konnte ich allerdings nicht alle hochladen).
Am nachmittag wollte ich mich nur kurz hinlegen, aber als ich die Augen wieder aufgemacht habe, war es schon sechs. Dabei haben wir (meine österreichischen Mitbewohnerinnen und ich) uns doch für den Pub Crawl der Elte Erasmus Studenten heute Abend angemeldet (und ich wollte doch jetzt wirklich mal Wäsche waschen). Also um sieben wieder Losgezogen in die Stadt, von Bar zu Bar und jeweils ein Spiel absolviert. Ich habe viele neue, nette Leute kennengelernt (sowie eine neue Pálinka Sorte, nur so zur Überschrift), und auch ein wenig mehr Orientierung erhalten was die Pester Pubs angeht. Ich bin allerdings gegen halb zwölf wieder nach Hause marschiert, da ich morgen ja wieder früh Schule haben würde.

Donnerstag 26.3:
Heute morgen war es noch recht frisch, doch im Laufe des Tages wurde es deutlich wärmer. In der Schule dann hat die 1d Pappmaché-Hühner gebastelt und die 1m „Kuck-kuck, Kuck-kuck ruft’s aus dem Wald. Lasset uns singen, tanzen und springen! Frühling, Frühling, wird es nun bald!“ gelernt und gesungen. Als ich dann aus der Schule raus gegangen bin war der Frühling so allgegenwärtig und durchdringend als wäre die Tristesse des Winters vor meinen Augen dahin geschmolzen. Aus den dünnen Zweigen schienen die Knospen nahezu hervor zu schießen und die ersten Grün-, Weiß- und Gelbtöne mischten sich unter das braun. Die Sonne schien und trotzdem fielen einzelne, schwere Regentropfen. Die Vögel zwitscherten in tausend Stimmlagen und es roch so unbeschreiblich vielfältig: Nach Forsythien, deren Blütenkelchen gerade ein Besuch von der ersten Hummel des Jahres abgestattet wurde. Nach sanften Regentropfen auf warmem Asphalt. Nach Frisch geschnittenen Hecken und vom Regen gereinigterer Luft.

Zu Hause habe ich dann endlich Zeit und Energie gefunden den Großteil der Dinge zu erledigen, die ich mir seit nun knapp einer Woche vorgenommen habe. Außerdem habe ich eine Luftmatratze von Julia organisiert, für Fynn, der zwei oder drei Nächte bei mir schlafen wird. Ich habe ein Gulasch nach ungarischem Originalrezept (also kein Gulyás, was erstmal nur ein Eintopf ist sondern ein richtiges Pörkölt) gekocht und versucht den Gasofen mit einem Apfel-Streussel-Kuchen zu bezwingen, was mir jedoch nur in Teilen gelungen ist. Das Gulasch ist ziemlich gut geworden, der Apfelkuchen hingegen ist unten angebrannt (obwohl er ansonsten gerade durch ist und fast noch Etwas Bräune vertragen könnte) was ihm nur die Bezeichnung genießbar zu Teil werden lässt. Aber das mit dem Ofen kriege ich auch noch raus.

Freitag 27.3:
Heute waren alle Kulturweitfreiwilligen in Ungarn zu einem Gespräch bei Herrn Szalai in die Zentralstelle für das Auslandsschulwesen eingeladen (darum ist auch Fynn aus Pécs gerade zu Besuch). Er wollte sich direkt auf zehn Uhr dorthin begeben, ich bin noch für die ersten beiden Stunden zu mir in die Schule gefahren. Auf dem Weg zur ZfA bekam ich dann im Bus einen Anruf, am anderen Ende ein etwas unsicherer Fynn „Ich glaube ich bekomme die Tür nicht auf“. Nun ja, wir schließen die Wohnungstür für gewöhnlich zu, da sie über keinen richtigen Schließmechanismus verfügt. Meine Mitbewohnerinnen sind heute wohl beide sehr früh aus dem Haus gegangen und haben nicht bedacht, dass sie womöglich den armen Fynn in der Wohnung einsperren könnten. Ich bin dann natürlich sofort zurück zur Wohnung und habe ihn befreit. Dieser kleine Zwischenfall ließ uns allerdings eine halbe Stunde verspätet im ZfA-Büro eintreffen.
Im Anschluss an das Gespräch mit Herr Szalai und dem darauffolgenden Kávéház-Besuch sind wir zu acht noch durch Budapest spaziert, haben Markthalle und Szent István Basilika besucht und sind in einem Pub eingekehrt, wo „die Maß“ Bier umgerechnet weniger als zwei Euro gekostet hat.