Archiv der Kategorie: Reise

Über meine Reise

Sziasztok!

Für wen die Überschrift schon zu viel ungarisch war, hier nochmal auf deutsch:
Hallo zusammen!

Ich könnte ganze Romane schreiben, mit allem, was ich in letzter Zeit erlebt habe, aber davon bleibt ihr vermutlich verschont, da mich die Aussicht, die Nacht schreibend vor dem Laptop zu verbringen definitiv abschreckt (Autorin/Journalisten ist wohl keine Jobperspektive für mich). Ich werde mir also Mühe geben einen kurzen Überblick über die letzte Zeit zu geben, möglichst ohne dabei in Oberflächlichkeiten abzudriften. Bin mal gespannt ob mir das gelingt.

Fangen wir mal von hinten an: Die letzten drei Tage war ich in Gárdony auf Klassenfahrt mit der dritten Klasse. Wie die meisten Schulen in Ungarn hat auch die Deutsche Schule Budapest ein eigenes Schullandheim-Haus in das alles Klassen mal auf Klassenfahrt gehen. Ich werde da in nächster Zeit wohl meinen Zweitwohnsitz einrichten können, da ich nächste Woche mit der 2d hinfahren werde und im Juni dann die 4. Klasse begleiten werde.
Es war toll mal wieder mit Kindern mal wieder so richtig Waldheimmäßig unterwegs zu sein, vor allem mit einer Klasse, die ich bisher kaum kannte. Spannend für mich waren vor allem die Abende, da ich mich noch nie mit Heimwehfällen als Betreuerin auseinandergesetzt habe. Natürlich hatte ich als neun Jahre altes Mädchen mal Zimmermitbewohnerinnen auf Freizeiten, die wir getröstet haben, aber als Erwachsener ist das dann doch nochmal anders und sonst habe ich noch nie Grundschulkinder bei Übernachtungen betreut.
Dieses „Erwachsensein“ ist auch eine Sache, die mir noch nie so bewusst geworden ist wie jetzt. Ich sehe mich tatsächlich immer weniger als Mädchen, als Tochter, als Schülerin, als Kind, sondern immer mehr als eigenständige Frau. Allerdings ist das wahrscheinlich gar nicht anders möglich, wenn man den ganzen Tag von Menschen umgeben ist, für die ‚größer als 1,60 gleich erwachsen‘ gilt. Vermutlich ist auch niemand so verstört und irritiert von dieser Erkenntnis wie ich ( die beim zweiten Lesen echt banal klingt, aber sei’s drum).

Burg Devín

Aber auch das Wochenende vor dem Schullandheim hatte viel zu bieten, da ich am Freitagabend nach Komárom (Komárno) zu Anna einer weiteren Freiwilligen aufgebrochen bin. Die zwei Namen rühren daher, dass durch die Stadt die Donau fließt und Flüsse sich schon immer angeboten haben um nach verlorenen Kriegen neue Grenzen zu ziehen. So haben auch die Herren in Versailles kein besonderes Interesse daran gehegt, dass Komárom und Komárno zusammen gehören wie Buda und Pest. Und so kommt es auch, dass ich das Wochenende über in der Slowakei war, wo die Komárner Tage waren, und trotzdem mit mehr Wissen über die ungarische Musikszene wieder nach Hause gefahren bin. Allerdings auch nicht ohne der Slowakischen Hauptstadt Bratislava und der Burg Devín in Nähe einen Besuch abzustatten.

11253812_1072922486069346_756809556_nDie Woche davor war recht anstrengend, obwohl sie nur vier Tage hatte. Ich war vormittags im Unterricht, danach bei der Nachmittagsbetreuung und anschließend noch entweder auf einem Elternabend, beim Sprachkurs, oder auf der Suche nach einem erschwinglichen Stadtfahrrad (ja, ich bin fündig geworden :) Bilder folgen wenn es aus der Reparatur zurück ist, es müssen nämlich einige Dinge wieder gerichtet werden, bevor es fahrtauglich ist, dafür habe ich es aber auch für 8.000 Forint erstanden).
Inzwischen habe ich es abgeholt (es war vollkommen utopisch alles was so passiert ist an einem Abend runterschreiben zu wollen wir sind momentan bei Tag zwei, insgesamt bei drei Tagen. Der Scheiberling in mir kann sich definitiv begraben gehen) und bin damit dann auch gleich zum Sprachkurs weiter und von dort nach Hause gefahren. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen wie glücklich es mich gemacht hat in der Budapester Abenddämmerung an der Donau entlang zu radeln. Erst da ist mir wirklich klargeworden wie sehr mir das Fahrradfahren gefehlt hat, aber sowas bemerkt man ja oft erst rückwirkend.

Gellért hégy

Hier der Beweis: Es ist eine Feder

11121687_1072922419402686_1147461889_n

Totenkopf schön und gut – Im Instant hängt ein Wildschwein

Derweil sind wir beim Wochenende vom 24.-26.04 angelangt. Da waren Tamara aus Subotica und Heike aus Iklad bei mir zu Besuch. Wir waren ungarisch essen, Haben den Gellért-hégy erklommen, waren im Instant (einem der berühmtesten und größten Romkocsmák (→Ruinenbars) Budapests), haben Palacsinták und Kürtöskalács verspeist und waren auf einem Bio-Wochenmarkt im Szimpla kert, wo die Bauern ihre Waren direkt verkaufen. Da Julia zeitgleich Besuch aus Wien hatte, haben wir vieles gemeinsam unternommen und darum fand die Kulinarische Sightseeingtour am Sonntagmittag als meine Gäste schon abgereist waren für mich auch noch ihren krönenden Abschluss mit einer Gofri beim besten (und kleinsten) Waffelladen der Stadt.

Ende MärzEnde AprilDie Woche davor war geprägt vom grünen Erwachen Budapests. Während Ende März, Anfang April sich die ersten Knospen zeigten und Kirschbäume zu blühen begannen, sind in dieser Woche plötzlich überall Blätter aufgetaucht. Als wäre über Nacht eine Elfe herum geflogen und hätte an jeden Baum Blätter gezaubert.  Alles war auf einmal grün, Sichtachsen, die zuvor existierten sind jetzt zugewachsen, alles ist voller, überall zwitschert es und duftet nach Flieder. Wir haben jetzt kaum noch Temperaturen unter 23° (hoffentlich bleibt das so) und in Gárdony wurde zum ersten mal die 30 Grad Marke geknackt.

IMG_6900IMG_7053Noch weiter in der Vergangenheit liegt unsere WG-Party, die Aber definitiv erwähnenswert ist. Noch nie habe ich eine Homeparty erlebt bei der es a) funktioniert hat, dass jeder seine eigenen Getränke dabei hatte obwohl 60 % der Gäste niemand so richtig gut kannte (es waren halt viele Erasmusstudenten aus dem Bekanntenkreis meiner Mitbewohnerinnen dabei, die sie selber erst ein, zwei mal gesehen haben), b) der Großteil der Gäste bis 6:00 Uhr bleibt und c) auch noch versessen IMG_6877darauf ist aufzuräumen, zu fegen und zu wischen. Alles in allem eine gelungene IMG_7032Party, auch wenn ich nach wie vor nur die Hälfte der Gäste kenne und Julia und Ina immer mal wieder anfangen von Leuten zu reden, die wohl da waren, von denen ich aber noch nie was gehört habe.

Ja, das ist der Fritz

Bessere Bilder sind leider nicht drin bei Dunkelheit, 1,3 Megapixel und nicht mehr ganz koordinierter Kameraführung

Und zu guter Letzt möchte ich noch vom Besuch der anderen Ungarn-Freiwilligen berichten, die schon seit September hier sind. Sie waren eigentlich nur eine Nacht auf der Durchreise nach Prag hier (In Ungarn geht quasi keine Zugverbindung nicht über Budapest). Zwei, drei Tage vorher wurde ich gefragt, ob ich nicht Platz für die vier vom Donnerstag 16.4 auf Freitag hätte, und natürlich habe ich den. Außerdem hatten sie Karten für das Fritz Kalkbrenner im Akvárium und waren der festen Überzeugung, dass ich Vorort auch noch eine auftreiben kann (obwohl es seit Wochen ausverkauft war, ich hatte schon mal nach Karten geschaut) wobei sie Recht behielten. Es war ein hammer Konzert, an dessen Ende sich allerdings die Anstrengungen der letzte Woche anhand körperlicher Erschöpfungserscheinungen deutlich sichtbar machten. Spätestens als es dann nach einem kurzen Powernap hieß: 1.+2. Stunde Mathe …

Per Anhalter durch Transsilvanien

Wie angekündigt war ich über Ostern zusammen mit Oliver -einem anderen Kulturweitfreiwilligen aus Eger- in Rumänien reisen. Entgegen aller Vorurteile über Deutsche war das eine ziemlich unorganisierte und spontane Angelegenheit, da die nächste Station meist erst ein paar Stunden vor Abfahrt klar war und wir uns den Couchsurfhost immer erst am Tag der Übernachtung gesucht haben.
Letztlich ging es dann von Budapest nach Timișoara – Sibiu – Cluj Napoka – Oradea und über Debrecen zurück nach Budapest. (→ der ist Titel vielleicht ein wenig irreführend, da nur Sibiu und Cluj in Transsilvanien/Siebenbürgen liegen, aber wir sind ja auch nicht nur getrampt …)

Timișoara

11118022_1057331537628441_609938203_n 11117784_1057339004294361_1683602896_n

Oradea

Um 7:00 Uhr haben wir am Donnerstagmorgen den Zug von Budapest nach Timișoara genommen, wobei unsere Fahrt auf dem Papier eine Stunde länger dauerte, aufgrund des Zeitzonenwechsels.

Ein Park in Timsoara

Ein Park in Timsoara

11096767_1057339000961028_730222940_n

Frühling in Rumänien – Im Hintergrund sieht man die Bega

In Timișoara waren wir beide erst einmal begeistert, als wir uns durch einen der vielen, malerischen Stadtparks in Richtung Zentrum bewegten. Die Natur war hier schon mindestens zwei Wochen weiter, sodass Bäume mit rosafarbenen und weißen Blüten die Wege säumten. Vereinzelt standen schmiedeeiserne Parkbänke am Rand der aufgeplatzten Betonwege, die dem Kitsch Einhalt geboten und so dem Park seinen ganz eigenen Charme verliehen. Dieser erste Eindruck lässt sich ganz gut auf das gesamte Stadtbild von Timișoaras Innenstadt anwenden: Die pittoresken Häuser (oft barock/rokoko oder Jugendstil) stehen in Kontrast zu den aufgerissenen Straßen, da die Hauptplätze sowie nahezu alle Straßen/Fußgängerzonen, die zu den Plätzen führt momentan erneurt werden. Die Stadtmitte ist also gerade offiziell eine Baustelle, nicht das das irgendwen stört; man marschiert hier einfach munter über den Kies, vorbei an aufgetürmten Pflastersteinen die man in einem halben Jahr wohl unter den Füßen hätte.
Ja, Timișoara befindet sich gerade im Ausnahmezustand, aber dieser schadet weder dem Stadtbild, das dadurch den Reiz der gepflegten Verwahrlosung, der Spannung zwischen Traditionellem und Modernisierung erhält, noch dem Nachtleben, welches wir Dank unseres Couchsurfinghosts ausführlich genießen durften.

Tipp: Wenn ihr nach Timișoara kommt, holt euch in der Touriinfo eine Use-it map, die ist wirklich Gold wert (http://www.use-it.travel/cities/detail/timisoara/)

Auch Sibiu, Cluj und Oradea, sind lohnenswerte Städte, aber Timisoara wird mir einfach immer in Erinnerung bleiben. Für weitere Informationen verweise ich an dieser Stelle auf Olivers Blog, da gibt’s auch noch ein paar Bilder: https://kulturweit.blog/goeasteger/2015/04/15/rumaenien-im-schnelldurchlauf/

Duty free shop

Der Duty Free Shop an der ungarisch-rumänischen Grenze (zehn Sekunden zuvor ist da noch ein echter Feldhase entlang gehoppelt)

Definitiv erwähnenswert war auch die Reise zurück, da wir von Oradea nach Budapest trampen wollten (bzw. erst mal Richtung Debrecen). Allerdings scheinen die Autofahrer Skrupel zu haben uns mit über die Grenze zu nehmen (wir könnten ja wer weiß was in unseren Rucksäcken schmuggeln), bis ein Mann Miteid mit uns hatte. Er hatte zuvor ungefähr da wo wir standen gehalten um (verbotener Weise) zu parken und sich mit seiner Freundin auf einen Kaffee zu treffen. Als wir nach einer Stunde immernoch/wieder da standen, hat er uns die zehn Kilometer zur Grenze vorgefahren, von wo wir dann durchs Niemandsland gestiefelt sind, vorbei an den wartenden Autos um unsere Ausweise vorzuzeigen. Hinter der Grenze wurden wir dann von drei rumänischen Jungs im BMW nach Debrecen mitgenommen, die dort einen Kumpel vom Flughafen abholen wollten. So habe ich von Debrecen auch noch ein wenig zu sehen bekommen. Weiter gings dann mit einem Ungarn, der leider kein Englisch sprach, dessen Deutschkenntnisse aber definitiv besser ausgeprägt waren als meine Ungarischkenntnisse (was allerdings auch nicht allzu viel heißt) sodass die Kommunikation hinter Eger (wo Oliver, der durchaus auf ungarisch kommunizieren kann) ausgestiegen ist, eher mit Händen und Füßen ablief.

In Budapest angekommen hatte ich dann noch kurz Zeit unter die Dusche zu springen, bevor es zum Sprachkurs ging um mich anschließend mit meinen Eltern zu treffen. Gemeinsam haben wir in den nächsten Tagen den Burghügel erklommen, das Parlament besichtigt, viel gegessen und waren in den kleinen Städten außerhalb Budapests (Gödöllő, Vác, Szentendre). Schön, dass ihr da wart ♥.