VII Exkursionstag und das Laichen der Taxifahrer

Herzlich Willkommen, ihr Ritter der Unendlichkeit. Am Freitag stand Exkursion auf dem Plan. Wir würden die Mauer besuchen und danach ins Künstlerviertel „798“ gehen. Beim Frühstück beschwerte ich mich über die Hitze in meinem Zimmer, worauf die anderen beiden mit Unverständnis antworteten. Wir merkten schnell, dass ich ein hoffnungslos überhitztes Zimmer hatte und baten Frau Dr. Hunold, die uns begleitete, mit den Rezeptionisten zu sprechen. Man konnte nichts tun.

Kurzer Exkurs: In der Volksrepublik China gibt es zentral geschaltete Heizungen im Norden und keine im Süden. Norden ist alles Nördlich vom Yangtze und Süden ist logischerweise die andere Seite. Die Heizungen werden irgendwann im Oktober für alle eingeschaltet und am 15. März wieder ausgestellt. Einstellen kann man die Heizungen sowieso nicht. Hinzu kommt noch, dass die Heizungsanlagen meißtens im Keller liegen. Es wird also von unten nach oben geheizt. Das führt oft dazu, dass es unten zu heiß und oben zu kalt ist. Exkurs Ende

Wir fuhren mit einem sehr netten Fahrer zur Mauer. Auf dem Weg lasen wir noch Verena auf, die am Straßenrand auf uns wartete. Während der Fahrt unterhielten wir uns sehr nett und lustig. Als wir die Stadt verließen, bemerkten wir, dass der vorher eher mickrig wirkende Schneefall die ganze Landschaft bedeckte. Es war sehr schön anzusehen, auch wenn Nebel die Sicht auf die Berge, über die sich die Mauer zieht, stark einschränkte.

Mutianyu - Mauerabschnitt

Endlich angekommen, nahmen wir die Seilbahn nach oben zur Mauer. Die Sicht wurde immer kürzer, je weiter wir nach oben fuhren. Der Zugang zur Mauer ist überfüllt mit Touristen, die noch nie Schnee gesehen haben. So kommt es mir jedenfalls vor, denn sie bewegen sich Millimeter für Millimeter vorwärts auf den eisigen Stufen. Wir sind dann jedenfalls einige Zeit auf diesem Weltwunder herumgewandert. Ich habe jede Menge Filmmaterial zusammenbekommen. Und ich habe gemerkt, dass kein Tag komplett ist im Leben vom kleinen China-Philipp ohne Nasenbluten. Das war nicht gerade lustig, denn am Fuße der Mauer gab es weit und breit keine sanitäre Einrichtung. Und die Blutung war verdammt stark. Das muss an der schlechten, trockenen Luft im Hotel gelegen haben, vermute ich.

Wie gesagt: Verdammt stark. Ich hatte einen enormen Taschentuchverschleiß zu verzeichnen, während ich munter weiter auslief. Da blieb nurnoch eins: Jacke, Mütze, Schaal und Pullover ausziehen und Schnee in den Nacken schaufeln, bis die Blutung stoppt. So jedenfalls die Theorie. In der Praxis hat das mit dem Ausziehen und Schnee-in-den-Nacken-schaufeln gut geklappt, aber der letzte Punkt wollte einfach nicht eintreten. So stand ich also gefühlte zwanzig Minuten im T-Shirt vor der Mauer und machte mich haltbar, was von einer Vielzahl von Touristen aufgeregt dokumentiert wurde, wie mir die anderen nachher berichteten. Das habe ich nämlich nicht bemerkt. Wie auch? Ich war ja mit was anderem beschäftigt. Ich weiß jedenfalls nicht, wie ich ausgesehen habe, denn meine Begleiter waren so taktvoll, keine Photos zu machen, was ich tatsächlich ein bisschen schade finde, denn ich bin wahrscheinlich eine von wenigen Personen, die in der Moderne auf der großen Mauer geblutet haben.

So. Genug jetzt von Blut und Schnee. Es geht runter von der Mauer. Der Weg führt durch einen schier endlosen Souveniermarktplatz. Glücklicherweise stellen sich mir nur die kühnsten Verkäufer in den Weg, denn ich bin ein böse guckender Europäer, der aussieht, als habe er gerade einen Todeskampf hinter sich. Bei unserem Fahrer angekommen, hat das Bluten endlich aufgehört und wir machen uns auf den Weg zum berühmt berüchtigten Künstlerviertel, das auf den Namen 798 hört. Während der Fahrt, hat die liebe Fritzi dann endlich ein Photo gemacht. Vom Todeskampf ist da zum Glück auch nichts zu erkennen.

Dort angekommen, setzten wir uns erstmal in ein Lokal und führten uns Speis und Trank zu. Netterweise lud uns Frau Hunold ein. Beim Essen führten wir eine nette Konversation und machten uns dann auf, das Viertel zu entdecken. Angeführt von Frau Hunold gingen wir durch zahllose Gallerien, voller interessanter Bilder. Und auch in einen Raum, in dem sehr schöne Steine ausgestellt waren. Zu diesen erzählte ich eine kleine Geschichte, die jedoch nicht der Rede wert ist. Neben den Bildern und Steinen, war auch jede Menge Grafitti zu sehen und eine große Anzahl an Skulpturen, von denen manche interessant und manche wiederum einfach nur schön anzusehen waren.

Nachdem wir unsere Tour beendet hatten, fuhren wir zurück zum Hotel, verabschiedeten uns auf dem Weg von Verena und am Hotel dann auch von Frau Hunold. Dort angekommen, rief ich meinen Bruder Felix an, weil ich ihn gerne in seiner beijinger Wohnung besuchen wollte. Nach kurzer Absprache, schickte er mir seine Adresse per SMS, die wir dem Taxifahrer zeigen sollten. Der Plan war folgender: Wir wollten zuerst bei Felix mit seinem Mitbewohner Karl warme Milch mit Honig trinken und danach gemeinsam zu einem Rolf Zukowski Konzert gehen.

 

Mit Fritzi und Julian machte ich mich um 19 Uhr auf den Weg, kam aber erst um halb neun an. Wie das zustande kam, will ich gerne erzählen, mich dabei jedoch kurz fassen. Nachdem wir es endlich geschafft hatten uns ein Taxi anzuhalten und dem Fahrer die Adresse zeigten, lehnte er ab. So tat es jeder Fahrer, den wir in der nächsten Stunde anhielten. Also rief ich meinen Bruder erneut an. Nach etwa einer weiteren halben Stunde vergeblicher Versuche, eröffnete mir mein Bruder, dass er uns holen kommen würde.

Nach etwa zwanzig verstrichenen Minuten, die wir in der Metro-Station auf ihn gewartet hatten, erschien er endlich am Fuße der Treppe. Freudig sprang ich ihm in die Arme und er wirbelte mich ein paar mal herum, bevor er mich wieder zu Boden ließ. Dann stellte ich ihm Fritzi und Julian vor. Dann suchten wir uns ein Taxi, denn das dürfte ja jetzt kein Problem sein, weil Felix fließend Chinesisch spricht. Denkste. Alle Fahrer fuhren anscheinend nur in eine Richtung, wie traurige Lachse, die zum Laichen flussaufwärts schwimmen. Also nahmen wir den Bus. Einmal mussten wir umsteigen, aber dann waren wir endlich am Ziel. In der Siedlung, in der mein Bruder wohnt, gingen wir in eine relativ große Garküche und aßen. Es war sehr lecker, eine riesen Portion und dafür auch sehr günstig. Ich hoffe, ich finde so einen Laden hier auchnoch.

Bei Felix und Karl

Während wir speisten, stieß Karl zu uns, den ich aus irgendeinem Grund die ganze Zeit über Claus nannte. Aber er sagte, das wäre in Ordnung. Da die Zeit schon so weit fortgeschritten war, fielen unsere Pläne ins Wasser und so blieben wir einfach in der sehr schönen Wohnung und tranken und unterhielten uns. Nebenbei legte Karl ein bisschen Musik auf, die mir sehr zusagte. So blieben wir dort bis halb zwölf und nahmen dann aber auch ein Taxi zurück zu unserem Hotel, denn wir würden morgen schon wieder um neun Uhr im GI antreten.

So, liebe Kinder. Morgen erzähle ich euch, was am Samstag in Beijing passiert ist und wie ich am Sonntag zurück nach Nanjing gefahren bin. Bis dahin – Abschalten.

4 Gedanken zu „VII Exkursionstag und das Laichen der Taxifahrer

  1. Bitte mehr Fotos. Vor allem von den vier Pekinesen…

    und Tania wünscht sich nun endlich eine chinesische Gute-Nacht-Geschichte.

    Herzliche Grüße von Deinen
    Hamburger Marmeladen-Essern

    • Das mit den Fotos muss ich noch hinbiegen. Ich werde aber bald mal eine Gallerie anlegen, denke ich.
      Das mit der chinesischen Gutenachtgeschichte, könnte noch etwas dauern, aber ich bin mir sicher, dass sie fertig ist, wenn Tania zwanzig ist… vielleicht.

      Grüß mir alle zurück, bitte!

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