So, nun hab ich mich mal wieder drangesetzt, was für den Blog zuschreiben. Inzwischen habe ich schon viel mehr über die argentinische Lebensart gelernt und konnte viel beobachten. Ich gehe aber wieder Chronologisch vor.
Letzten Freitag hatte ich meinen zweiten Tag in der Schule, und sofort wurde ich mit einer Gruppe Spanischlehrer und dem Schulleiter abgeordnet, das Schulfest am Samstag vorzubereiten. Wir haben die große Schulhalle geschmückt (mit der größten Deutschlandflagge, die ich je gesehen habe) und vielen Plakaten die die Schüler im Unterricht zu Deutschland erstellt haben. Ich habe mich den ca. 600 Luftballons gewidmet und sie mit einem Kompressor „aufgepustet“.
Der Nachmittag wurde schon deutlich interessanter, da ich mit Nico wieder einen Spaziergang durch Gartenstadt gemacht habe, und er mir den Bahnhof und andere Viertel in Gartenstadt gezeigt hat. Ein paar Straßenzüge sehen aus, wie in Deutschland oder an der Ostküste in den USA mit alten Alleen und den hier sonst nicht so üblichen Freistehenden Einzelhäuser. Abends wollten wir zu einem Konzert in der Stadt von Nicos Onkel gehen. Das Konzert sollte um halb 12 beginnen, also stellte ich mich drauf ein, dass wir gegen 11, halb 12 hier losfahren würden. Als ich dann um kurz nach 11 gefragt wurde, welche Pizza ich gerne hätte, war ich schon etwas verwundert. Die Pizza war fantastisch. Also machten wir uns nach der Pizza auf den Weg mit dem Auto in die Stadt. Nach guten 20 Minuten waren wir auch schon da. Wir gingen also in den Club und es wurde erst mal Bier bestellt, und mir wurde der Onkel und seine Frau vorgestellt. Dann (es war sehr sehr viel nach 12) begannen wir Pool zu spielen. Nach 2 Partien gingen wir dann, auch zum Konzert. Leider war es dann so spät, dass ich, obwohl es ein Rockkonzert war, sofort eingeschlafen bin. Aber was ich gehört habe, war sehr gut, nur leider auf Spanisch.
Am Samstag stand dann schon um 10:00 das Schulfest an. Ich kam also relativ ahnungslos in die Schule, und nachdem ich mich akkreditiert hatte, begann also das Spektakel. Es fing an mit den Nationalhymnen, führte dann über einen Laternenumzug, argentinischer Folklore Musik, und deutschen Weißwürsten, Sauerkraut und Warsteiner zum Gipfelpunkt des Festes: es marschierte eine deutsche Volkstanzgruppe auf. Nach vielen Tänzen, die ich eher bei Florian Silbereisen und beim Musikanten Stadl vermutet hätte, als in einer argentinischen Megacity, wurden Schüler und Eltern auch aufgefordert zu Tanzen. Aber anders als in Deutschland machten sofort praktisch alle mit und die einzigen die verwundert am Rand standen, waren die beiden deutschen Praktikanten und ich. Aber es war erstaunlich, was diese kleine Schule auf die Beine gestellt hatte, und was für Deutschland Fans Schüler und Eltern sind. Am Abend lernte ich noch Tango, den Hund von Nico kennen. Es ist ein großer Golden Retriver, der eher einem Löwen gleicht, als einem Hund, vom Wesen aber doch eine Kuh ist, und von der Physiologie ein Pferd. Nach einem kurzen Spaziergang mit Nico, seiner Freundin und Tango, ging ich ausnahmsweise relativ früh ins Bett.
Der Sonntag sollte aber mir noch mehr neues bringen. Wir fuhren ganz entspannt nach dem Aufstehen (ca. 14:00) nach Tigre. Tigre ist ungefähr das Timmendorf von Buenos Aires. Nur ohne Strandkörbe. Und Ohne Strand. Und ohne Meer. Dafür aber mit einem riesigen Markt. Aber ansonsten das gleiche. Wenn das Wetter gut ist und der Porteño etwas Zeit hat zieht es ihn jedenfalls nach Tigre. Deshalb waren wir an diesem sonnigen 28°C warmen Sonntag auch nicht alleine, sondern 4 unter geschätzten 6 Millionen. Aber schnell wurden wir aus 4 13 Personen als Teile der Familie aus Rosario (300km weg) und der Onkel sich auch in Tigre einfanden. Als man sich gefunden hatte, wurde ungewohnt Zielstrebig eine Parrilla (gesprochen Parischa) aufgesucht. Eine Parrilla ist ein Restaurant, in dem der Asador (Grillmeister) das Asado zubereitet und gegessen wird. Allerdings dachte ich nach der Vorspeise, dass wir schon fertig wären. Die Vorspeise bestand aus Würstchen, gegrilltem Käse, Salat, frisch gebackenem Brot, Wein und normalem Käse. Dann kam DAS ASADO! Am Anfang noch harmlos, mit etwas Schwein, und ein paar „RippCHEN“, und als man gerade an dem Punkt war: „Jetzt reicht es auch, sonst rollen sie mich gleich raus, falls ich überhaupt noch durch die Tür komme“, wird das Schmankerl serviert: DAS RICHTIGE STEAK VOM RIND (die Rippchen waren auch vom Rind). Ein so gutes Stück Fleisch habe ich noch nicht gegessen. In dem Moment fragte ich mich, weshalb ich mir 19 Jahre die Schmach angetan habe, und so „schlechtes“ Fleisch gegessen habe. Im nächsten Moment dachte ich: „Zum Glück bin ich kein Vegetarier!“ Und dann dachte ich gar nicht mehr, sondern konnte nur noch genießen und essen. -Leider kommt an dieser Stelle der vorzügliche argentinische Wein zu kurz.- Wie ich rausgekommen bin weiß ich nicht mehr. Dann wurde zumindest nicht lang gefackelt, sondern es ging sofort auf, Richtung Markt. Das Eis auf dem Weg musste ich leider ausschlagen, aber wahrscheinlich hatte meine Zunge schon die Form eines Steaks angenommen. Der Markt in Tigre ist sehr schön. Er ist in mehreren Markthallen untergebracht und es wird hauptsächlich Kunsthandwerk und Einrichtungsmobiliar verkauft. Und Mate. Deshalb legte ich mir recht zügig auch einen Mate mit Bombilla (man spricht es: bombiescha; der Metall Strohhalm) zu. Nach einer Verdauungscola konnte ich auch wieder laufen, und wir konnten das bunte, dicht gedrängte Treiben genießen. Die Rückfahrt war auch argentinisch, obwohl wir hauptsächlich im Stau standen. Aber wofür gibt es Grünstreifen, Wiesen und Parks die an die Autobahn grenzen und in der Stadt Bürgersteige???
Der Montag brachte mir wieder den Alltag. In der Schule sind wir jetzt sehr mit dem Austausch beschäftigt, denn nächste Woche kommt die Klasse aus Deutschland und im Januar gehen die Argentinier nach Deutschland. Außerdem ist ja nächste Woche „Tag der deutschen Einheit“, der hier am 05.10 gefeiert wird. Die Argentinier nehmen es nicht so eng mit den Feiertagen. Am 05. ist eigentlich auch „Tag der Entdeckung Amerikas“ (etwas zynisch) aber da man hier die Feiertage so legt, dass man ein langes Wochenende hat, wird nicht am 05. sondern am 03. gefeiert. Deshalb muss der „Tag der deutschen Einheit“ auf den 05. ausweichen. Am Nachmittag, wurde mal wieder ein Eis gegessen, und abends kochte Nico ein sehr leckeres Milanese Napoli.
Der Dienstag war sehr ähnlich, allerdings war ich abends das erste Mal (alleine) laufen. Obwohl es dunkel wurde fühlte ich mich sehr sicher in Ciudad Jardin. Es ist auch extrem viel Polizei unterwegs (was nicht positiv sein muss – manche Argentinier fragen sich, wer die eigentlichen Verbrecher sind) und hier gibt es an jeder Ecke ein kleines Häuschen, in dem ein Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsdienstes steht. Ich war im Deutschland Trikot joggen, weshalb ich öfter ein „DEUTSCHLAND“ oder „ALEMANIA“ hörte. Viele Menschen scheinen echte Deutschland Fans zu sein. Jetzt warte ich gespannt aufs Essen (was sonst) und werde heute früh ins Bett gehen, da ich morgen das erste Mal eine 11. Klasse haben werde, die ich auf Deutschland vorbereiten werde.
Viele liebe Grüße aus Buenos Aires
