Schulleben und Begrüßung der Erstklässler

flag_of_slovakia-svg  slowakisches-doppelkreuz-wappen-der-slowakei-139348                                                                    In jedem Klassenraum hängt hier die slowakische Flagge und das slowakische Wappen.

Im Mittelalter bestand die slowakische Flagge aus zwei horizontalen Streifen in rot und weiß, wobei rot meistens oben war. Die heutige Nationalflagge orientiert sich an der ehemaligen rot-weißen slowakischen Flagge und den panslawischen Farben Weiß-Blau-Rot. Die panslawischen Farben werden heute in den Flaggen der meisten Staaten mit slawischsprachiger Bevölkerungsmehrheit verwendet. Sie wurden gewählt um eine Zusammengehörigkeit der slawischen Völker im Sinne des Panslawismus auszudrücken. Die Farben Russlands waren das Vorbild. Der Zar Peter der Große, beeindruckt und inspiriert von einer Reise in die Niederlande, ordnete diese in einer waagerechten Trikolore an. Da Russland die gleichen drei Farben, in anderer Anordnung, schon vorher verwendet hat geht man davon aus, dass die gleiche Farbgebung zur Flagge der Niederlande wohl rein zufällig ist.

Außerdem gibt es in jedem Klassenzimmer hier ein Waschbecken, was ziemlich nützlich ist, da Frau/Mann hier noch mit Kreide auf der „guten alten grünen“ Tafel schreibt. Daneben hängen an einer Leiste über 20 Haken mit Handtüchern, denn Jeder hat sein Eigenes. Da ich leider kein Eigenes besitze und es ja auch unpraktisch wäre es von Raum zu Raum zu schleppen benutze ich manchmal ein Handtuch der Kinder, bis jetzt hat sich kein Kind beschwert 😛 Die meisten Lehrer und Schüler tragen Hausschuhe/ Latschen in der Schule. Beim Koffer packen in Berlin habe ich bestimmt 5 Minuten lang überlegt, ob ich meine „Keimtreter“ von Arbeit, welche ich selbstverständlich nach JEDEM Dienst ausführlich desinfiziere mitnehmen soll, habe mich aber letztendlich dagegen entschieden, weil ich dachte ich bräuchte sie nicht. Das gleiche gilt für meine Trinkflasche und meine Brotdose, die jetzt einsam in einer Umzugskiste in meinem Keller dahin vegetieren. Auf den Gängen in der Schule stehen Trinkwasserspender, deshalb wäre eine eigene Flasche garnicht so schlecht und wenn man sein Mittagessen nicht schafft aufzuessen, ist es üblich es sich in eine Brotdose einzupacken und später zu essen. Da ich zu Hause die letzten Jahre hauptsächlich Nachmittags und Nachts gearbeitet habe, ist es schon eine Herausforderung für mich um 12:30 Uhr oder sogar schon um 11.30 Mittag zu essen. (Zur Erinnerung: Es gibt immer eine Suppe, ein Hauptgericht und Obst/ Salat.) Denn bisher war mein Magen es gewohnt maximal ein Brötchen bis zu dieser Zeit verdauen zu müssen. Mit einer gönnerhaften Geste und einem freundlichen Lächeln, geben mir die Damen an der Essensausgabe auch fast immer eine extra Kelle auf den Teller. Meine Bemühungen freundlich aber bestimmt abzuwinken funktionieren selten. Letzten Freitag, Freitag gibt es hier zur Freude der Kinder immer eine Süßspeise, wurde mir ein halber frisch gebackener Kakaostrudel für zu Hause mitgegeben. Ich könne ihn ja Nachmittags, Abends und am nächsten Morgen essen. Ich bedankte mich herzlich; zum Glück hatte ich mir ein par Tage vorher 3 Brotdosen gekauft! Das Gute ist, der Körper gewöhnt sich scheinbar an Alles, und so habe ich langsam sogar ab 11 Uhr Hunger. Nur an das frühe Aufstehen, ja ich gebe zu 7 Uhr ist eigentlich gar nicht sooo früh, gewöhne ich mich vielleicht nie.

Am Montag hatte ich die Ehre an der Begrüßung der 1. Klässler teilzunehmen.                           (Eine Einschulungsfeier am 1. Schultag oder eine Schultüte gibt es hier nicht.) Dieser Tag war für uns Alle ziemlich lang, aber auch mindestens genauso schön. Die Kinder, welche schon seit ca. 4 Wochen die Schule besuchen, hatten zuerst einen normalen Schultag, dann aßen sie wie immer in der Kantine zu Mittag.  Am Nachmittag hatten einige Schüler aus der 9. Klasse 10 Stationen auf dem Schulhof aufgebaut und jeder 1. Klässler musste sich als neuer Schüler „beweisen“. Es gab zum Beispiel einen Sportparcours, einfache Matheaufgaben, mehrere Denkspiele, Form und Farbspiele oder kleine künstlerische Aufgaben, wie seine Hand abzuzeichnen und auszumalen, zu bewältigen. Um 15 Uhr kamen dann die Eltern und alle fanden sich im Innenhof ein. Untermalt von theatralischem Mönchsgesang und Elfen ähnlicher Musik zogen die knapp 100 neuen Schüler mit ihren Erzieherinnen/ Erziehern und ihren Klassenlehrerinnen, welche als „gute Feen“ verkleidet waren, in zweier Reihen und unter tosendem Applaus der Eltern und Zuschauer ein. Nach einer kurzen Ansprache der Klassenlehrerinnen und der Elternsprecherin wurde, wiederum unter tosendem Applaus, der Schulleiter begrüßt. Dieser kam mit geschwollener Brust als König verkleidet. Nachdem auch er ein par wohl wollende Worte gesagt hatte, traten alle Schülerinnen und Schüler in 10er Gruppen vor ihn. JEDES ehemalige Kindergarten Kind wurde, von seiner Majestät persönlich mit seinem goldenen Königsstab, zum Schüler „geschlagen“ und somit in die Gemeinschaft der Schule aufgenommen. Als Andenken an diesen besonderen Tag bekam jedes Kind eine Urkunde, ein Buch und eine Tüte Fruchtgummis. Die Zeremonie war zuckersüß anzusehen und erwärmte mein Herz. So viele stolze und glückliche Kinder mit noch stolzeren Eltern, für Alle ein voller Erfolg.

Jede Klasse hat einen eigenen Erzieher bzw. eine Erzieherin. Diese/r begleitet die Kinder auf den Pausenhof, zur und in der Kantine und Nachmittags im Hort. Die jüngeren Schüler sind also nie alleine unterwegs, auch nicht im Schulgebäude, sondern immer gemeinsam in einer Gruppe und unter Beaufsichtigung, Der Kinderhort öffnet morgens früh um 6:30 Uhr und schließt spätestens um 17:30. Frau Warganova hat mir erzählt dass dieser „Service“ für einige Eltern sehr wichtig sei und dankend angenommen werden würde. Einige Kinder würden schon um 6 Uhr an der Schule auf die Öffnung des Hortes warten und erst am frühen Abend abgeholt werden. Es gibt für das Abholen keine festen Zeiten. Die Eltern können ihre Lieblinge jederzeit abholen, egal ob direkt nach dem Unterricht oder irgendwann im Laufe des Nachmittags. Da einige Kinder den ganzen Tag in der Schule verbringen, gibt man sich wirklich sehr viel Mühe Ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. So gibt es bei schönem Wetter, der Spätsommer zeigte sich die letzten Tage von seiner besten Seite, unterschiedliche Spiele draußen auf dem Schulhof. Und wenn sich alle ausgepowert haben, wird danach in Kleingruppen im Klassenverband Musik gehört, gebastelt…

Der Durchschnittslohn in der Slowakei liegt bei ca. 900 Euro netto, wobei es ein starkes Gefälle zwischen den Spitzenverdienern und den Geringverdienern gibt. Die meisten Familien sind darauf angewiesen, dass beide Elternteile arbeiten. Da die Löhne sehr gering sind, auf dem Land sind 300 Euro leider ein normaler Verdienst, sind viele Menschen auf einen 2. Job angewiesen. Dabei sind die Lebenserhaltungskosten hier vergleichbar mit denen in Deutschland. Im Supermarkt sind sogar die meisten Produkte etwas teurer, da sie importiert werden müssen. So habe ich mit Verwunderung festgestellt, dass bestimmt min. 30 Prozent der Produkte einer Drogerie aus Deutschland kommen: Hygieneartikel, Kosmetika, Putzmittel, Müsliriegel, Bioprodukte…  Das Einzige was hier wirklich günstig ist, sind Brot und Brötchen beim Discounter und Bier, sowie einige regionale Gemüsesorten. Zu meiner großen Freude werden hier viele Brötchen mit Käse überbacken, daran könnte ich mich gewöhnen.

Viele Kinder gehen nach der Schule noch zu diversen Aktivitäten wie: schwimmen, tanzen, Fußball oder Klavier Unterricht und und und. Auch in der Schule werden Nachmittags AGs angeboten. Viele von Ihnen kosten Geld, und nicht gerade wenig. Auch wenn die meisten Eltern wenig Geld haben, investieren sie es gerne in die Bildung ihrer Sprösslinge. Eine gute Bildung und Erziehung ist auch deshalb besonders wichtig, da außerhalb von Bratislava die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist. In einigen Landkreisen sagte man mir, liege sie bei 70 Prozent. Umso stolzer ist die Schulleitung darauf, dass sich diverse Lehrer bereit erklärt haben ehrenamtlich Nachmittags eine oder mehrere AGs anzubieten, welche für die Schüler kostenlos sind und auch vom Staat subventioniert werden. Zu meiner Freude habe ich festgestellt, dass es schon eine bestehende „Erste Hilfe AG“ gibt, in die ich freundlich von der veranstaltenden Lehrerin aufgenommen wurde. Im gleichen Atemzug wurde ich sogleich zur Schulkrankenschwester ernannt und man sagte mir, man würde mich jetzt immer rufen, wenn etwas passiert. Zum Glück ist bisher nichts schlimmes passiert und ich freue mich auf das erste Treffen der „Ersten Hilfe AG“.