Archiv für den Monat: Oktober 2016

Wandertag, 1. Einsatz als Schulkrankenschwester, Projekt

Letzte Woche war es endlich so weit: Mein 1. Wandertag stand an. Wohin genau es gehen sollte, dass wusste ich selber nicht so wirklich, nur dass wir morgens um 7 Uhr an der Schule losfahren würden. Am Tag vorher wurde ich deshalb von vielen Lehrerinnen angesprochen und mit guten Tipps bedacht: Zieh warme Schuhe und Kleidung an, nimm etwas zu trinken und zu essen mit, sei pünktlich…. Am folgenden Tag stand ich dann, wie immer putzmunter um 7 Uhr morgens, pünktlich in meinem Daunenmantel eingemummelt an der Schule. Aufgeregt stiegen die Schüler der 4 Dritten Klassen mit mir in den Reisebus. Es war nur 7 Grad kalt und regnete in Strömen. Ich begleitete die Klasse 3a, welche ich schon oft unterrichtet habe und ihre Klassenlehrerin, da diese keinen Erzieher hatten. (Sonst geht immer ein Erzieher/in und ein Lehrer/in pro Klasse mit.) Nach guten 2 Stunden Fahrt kamen wir in Kolárovo einer 10.000 Einwohnerstadt, welche am Zusammenfluss der Waag mit der Kleinen Donau auf der Großen Schüttinsel liegt an. Diese ist eine Flussinsel (bzw. Flussinselgruppe) zwischen der Donau, der Kleinen Donau und der Waag im Südwesten der Slowakei. Auf einer Länge von 84 km und mit einer Breite von 15 bis 30 km bildet die Donau hier ein Geflecht von zahlreichen Mäandern und Seitenarmen. Zwischen diesen Flussarmen liegen ca. 500, mehr oder weniger große, Inseln. Die Große Schüttinsel beginnt bei Bratislava und erstreckt sich über eine Fläche von 1.885 km². Wenn man sie als eine einzige Insel betrachtet, ist sie die größte Flussinsel Europas. Der Bus hielt am Eingang eines Naturschutzgebietes. Leider regnete es auch hier in Strömen, bei Temperaturen deutlich unter 10 Grad. Keine Woche zuvor hatte ich mich noch im Bikini bei 25 Grad und schönstem Sonnenschein am See gesonnt, aber heute wollte das Wetter einfach nicht mitspielen. Wir stellten uns erst einmal Alle unter einem bedachten, aber von allen Seiten offenen Picknickplatz unter und frühstückten. Nachdem wir gestärkt waren, jeder mal pipi war und jede/r Schüler/in seine Sachen eingepackt und die Mütze aufgesetzt hatte, ging es in eine alte Mühle. Dort war es zwar trocken und wärmer als draußen, aber auch nicht wirklich warm. Die Kinder lauschten aufmerksam einer Dame die Ihnen die Funktion der Mühle erklärte. Natürlich wollte jede/r Schüler/in das Mahlwerk dann einmal von innen sehen und natürlich wollte danach auch Jeder ein kleines Andenken: Postkarte, Schlüssel Anhänger, Kugelschreiber, Fingerhut ect. kaufen. Nach dieser guten Stunde war ich total durchgefroren und die kleinen Entdecker auch. Anstatt an fröhlichen Spielen teilzunehmen setzten wir uns dann alle dicht gedrängt in eine Holzhütte und wirklich jeder Schüler trank eine Kofola (koffeinhaltige Kräuterlimonade) und aß eine Tüte Chips. Es war ein ziemliches Durcheinander und dauerte eine Weile bis jeder versorgt war. Während die Kinder aßen bestellten die Lehrerinnen die Reisebusse zurück, weil es einfach zu nass war um irgendetwas draußen machen zu können. So fuhren wir um 11 Uhr 30 schon wieder nach Hause und blieben nicht wie geplant bis 15 Uhr. Es schien aber trotzdem Jeder Spaß gehabt zu haben, denn Niemand meckerte und als wir gingen hörte der Regen tatsächlich für 5 Minuten auf, so dass wir ein Gruppenfoto machen konnten.

img_20161006_113318_burst001_cover                                                                               Klasse 3a

img_20161006_091223_burst001_cover                                                                                    Das Wetter spielte leider nicht mit 🙁

img_20161006_093830_burst004                                                                                          Die Kinder lauschten aufmerksam dem Vortrag in der Mühle.

img_20161006_070742_burst002                                                                                                                              Die Sanitätstasche die ich als Schulkrankenschwester mitschleppen durfte.

Die nächsten Tage habe ich mit den Kindern einer 4. Klasse ein Projekt gemacht zum Thema „Die Top 100 Sehenswürdigkeiten“ in Deutschland. Da wir erst Nachmittags nach der Schule im Kinderhort gebastelt haben, musste ich erst später in der Schule sein. Dadurch verpasste ich auch meinen 1. Einsatz als Schulkrankenschwester, denn der Rettungswagen stand schon vor der Tür, als ich die Schule betrat. Eine Schülerin war im Unterricht umgekippt, da sie laut der Lehrerin zu wenig gegessen hatte, um dem Frauenbild welches alltäglich tausendfach im Fernsehen und in Modezeitschriften publiziert wird zu entsprechen. Die Schülerin hat eine völlig normal schlanke Figur. Zum Glück war es nicht so schlimm. Sie wurde von ihrer Mutter abgeholt und musste nicht ins Krankenhaus. 20 Minuten später, ich nippte gerade an meinem Krümelkaffee, wurde ich dann hektisch zur nächsten Hilfeleistung gerufen. (Krümelkaffee ist hier sehr beliebt, beliebter als Bohnenkaffee und dass, obwohl er nicht unbedingt günstiger ist. Im Supermarkt gibt es immer ein ganzes Regal voll davon mit bestimmt 20 Sorten. Ich teile diese Liebe nicht so ganz, und gehe deshalb  Nahmittags gerne zu Tchibo, wo mein Latte macchiato aus frisch aufgeschäumter Milch und frisch gemahlenen Espressobohnen zubereitet wird :)). Die schwere Tür, die das Foyer von den restlichen Schulräumlichkeiten trennt, war ins Schloss gefallen als die Großmutter eines Kindes noch ihren Finger drin hatte. Der Armen war das ziemlich unangenehm und sie betonte immer wieder, dass es nur ein kleiner Kratzer sei. Für einen kleinen Kratzer hat es aber ziemlich stark geblutet und es stellte sich dann bei genauem betrachten heraus, dass die Fingerkuppe fast komplett abgetrennt war. Ich machte ihr einen Druckverband und sagte ihr, sie solle das Malheure so schnelle wie möglich, im Krankenhaus versorgen lassen. Einen RTW wollte sie nicht und ein Taxi war zu teuer, sie wartete lieber auf ihre Tochter. Ich hoffe der Finger ist wieder „dran“ und der Dame geht es gut. Gott sei dank war es nicht der Finger eines 1. Klässler oder so, dieser wäre vermutlich ab gewesen. Es stellte sich dann nämlich heraus, dass die Tür kaputt war. Sie bremste nicht wie notwendig ab, sondern schlug innerhalb von Sekunden nach dem loslassen mit voller Wucht ins Schloss. Frau Warganova und ich brachten daraufhin mehrere Warnzettel an und stellten einen Tisch vor die offene Tür. Gefahr erstmal gebannt. Am Nachmittag bastelte ich dann mit 6 motivierten Kindern an unserem Projekt weiter. Wir bauten die Burg Hohenzollern und das Schloss Moritzburg nach, um damit an einem Wettbewerb der Deutschen Botschaft in Bratislava teilzunehmen. Also drückt uns bitte die Daumen, denn die 5 besten Projekte werden prämiert! Mir wurde dafür die Klasse der Kunstlehrerin zugeteilt, alles sehr nette und künstlerisch begabte Kinder, nur leider sprachen sie kein/kaum deutsch. Nach einer kurzen Kennlernphase hatten wir aber den Dreh raus, kommunizierten mit Händen und Füßen, auf englisch oder mit dem Google Übersetzer. Letzterer ist gar nicht so schlecht um schnell etwas nachzuschlagen.

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Wie ihr sicherlich erkannt habt ist das erste Schloss Moritzburg und das zweite die Burg Hohenzollern. Sie stehen in der Nähe von Dresden bzw. in der Nähe von Stuttgart und jetzt auch in Bratislava 😛 Bis auf das Krepppapier ist alles aus Recycling Material, wie zum Beispiel: Klopapier- und Küchenpapierrollen, Deckel von Schlagsahnesprühdosen, Medikamenten- oder Pralinenpackungen…

Seid ein par Tagen geht meine Heizung nicht. Bei den warmen Temperaturen bis 17 Grad gestern kein Problem, aber es soll kälter werden. Deshalb habe ich meiner Vermieterin bescheid gesagt, welche irgendeine Einstellung bei sich in der Wohnung verändern wollte. Es hat daraufhin laut gezischt und etwas Wasser ist ausgetreten. Dieses Mal war ich völlig relaxt und nicht zu Tode erschrocken, wie vor ein par Wochen als das Ganze schon mal passierte. Damals beim 1. Maligen einschalten der Heizung in diesem Herbst, als sämtliche Heizungen der Wohnung plötzlich laut zischten, dachte ich die Wohnung würde in die Luft fliegen, da ich nicht auf so etwas vorbereitet war. Naja, Hauptsache es wird jetzt wieder kuschelig warm.

 

3. Otktober, die Karpatendeutschen

„Der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland Joachim Bleicker gibt sich die Ehre, Frau Ulrike Reinhardt zu einem Empfang einzuladen… “  Mit diesen Worten begann meine Einladungskarte, welche auf feinstem, geprägten Papier gedruckt war, anlässlich des Tages der Deutschen Einheit. Selbstverständlich gab ich mir auch die Ehre und erschien in meinem besten Kleid, Stiefeln und einer Handtasche, die nicht wirklich dazu passten, in einem der teuersten Hotels in Bratislava. Ich konnte halt leider nicht alles mitnehmen in die Slowakei und musste Prioritäten setzen. Ich ging gemeinsam mit Wolfgang und Hannah, der Leiterin des Deutsch Unterrichtes meiner Schule dorthin, und traf dort auf die 3 anderen Kulturweit Freiwilligen der Slowakei. Entgegen meiner Erwartungen gab es keine Absperrungen oder Sicherheitskontrollen vor dem Hotel. Auch die Einladungskarte wurde erst im Hotel selber kontrolliert und nicht davor. Wir gingen erst durch die Eingangshalle und gaben unsere Mäntel ab. Alle anderen Besucher sahen total schick und wichtig aus, dann stellten wir uns an einer langen Schlange an um in die 1. Etage zu gelangen, wo wir den Festakt vermuteten. Es ging ziemlich langsam vorwärts. Dieses lag daran wie sich oben angekommen herausstellte, dass Jeder eingeladene Besucher vom deutschen Botschafter und einem wohl ziemlich hohen Militärtypen persönlich mit Handschlag begrüßt wurde. Vor lauter Aufregung sich in so einer gediegenen Gesellschaft aufzuhalten waren unsere Kehlen schon ganz trocken und der freundlich überreichte Sekt, von schicken gut aussehenden Hotelfachangestellten, kam gerade recht. Es gab aber nicht nur Sekt, sondern auch die üblichen Verdächtigen wie Cola, Fanta, Sprite, Apfel- und Orangensaft, Bier, Rot und Weißwein. Nach der kleinen, flüssigen Stärkung und ca. 20 Minuten Wartezeit ging es dann in einem festlich geschmückten kleinen Saal los. Das Militärorchester begann mit einem traurig anmutenden Lied, wie man uns dann sagte, der Nationalhymne der Slowakei. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich sie nicht erkannt hätte, hätte man uns nicht wohlwollend darauf hingewiesen. Zur Wiedergutmachung dieses peinlichen Fauxpas meinerseits, habe ich sie jetzt auswendig gelernt.

Die Hymne der Slowakischen Republik:

Nad Tatrou sa blýska, hromy divo bijú.
Nad Tatrou sa blýska, hromy divo bijú.
Zastavme ich, bratia, ved‘ sa ony stratia, Slováci ožijú.
Zastavme ich, bratia, ved‘ sa ony stratia, Slováci ožijú.

To Slovensko naše posial‘ tvrdo spalo.
To Slovensko naše posial‘ tvrdo spalo.
Ale blesky hromu, vzbudzujú ho k tomu, aby sa prebralo.
Ale blesky hromu, vzbudzujú ho k tomu, aby sa prebralo.

Für Alle die im slowakisch Unterricht nicht aufgepasst haben:

Es blitzt über der Tatra, wild grollen die Donner,
Lasst sie uns stoppen, Brüder, sie werden sicher verschwinden, die Slowaken leben auf.
Diese, unsere Slowakei hat bis jetzt tief geschlafen,
Aber der Donner und die Blitze ermuntern sie, wieder aufzuwachen.

Danach wurde eine mir wohlbekannte Melodie, die deutsche Nationalhymne, gespielt. Es folgte die Eröffnungsrede des deutschen Botschafter in Bratislava (Joachim Bleicker). Dann ergriff Frank Walter Steinmeier, Minister des Auswärtigen in Deutschland, das Wort. Er betonte wie wichtig die slowakische und deutsche Zusammenarbeit in diesen schweren Stunden der EU sei und, dass er sich keinen schöneren Ort als Bratislava vorstellen könne um die deutsche Einheit zu feiern… Ihm folgte eine Rede seines slowakischen Pendants (Miroslav Lajčák). Obwohl alle Reden in englischer Sprache waren, verstand ich fast alles. Scheinbar hat sich mein englisch hier auch etwas verbessert. Mit dem Auftritt einer bekannten Berliner Jazzsängerin, ich hatte noch nie von ihr gehört, begleitet vom Militätorchester wurde dann das Buffet eröffnet. Es gab bürgerliche Küche: Pellkartoffeln, unfassbar leckeres Sauerkraut, zwei verschiedene Sorten Würstchen, gedünstetes Gemüse und mit Ricotta gefüllte Ravioli, sowie diverse Sorten an Backwaren. Zudem gab es ein kleines Salatbuffet mit Lachs und Apfelkuchen mit Vanillesoße zum Nachtisch. Es wurde ein informativer, fröhlicher, lustiger und leckerer Abend. Am nächsten Tag waren wir drei Eingeladenen eine kleine Sensation beim alltäglichen Mittagessen in der Mensa. Viele wollten wissen wie unser Ausflug in die Welt der Schönen und (Einfluss-)reichen denn nun war und diverse Handybildchen davon wurden herumgezeigt.

 

J14601009_1297879966912007_7085490290981493221_n                                                                                   (von rechts: Marvin, Marius und Ich; Kulturweitfreiwillige)

3-10                                                                                 (von links: Joachim Bleicker, Miroslav Lajčák, Frank Walter Steinmeier)

Am Freitag habe ich zusammen mit einer Lehrerin eine Schülergruppe zu den Karpatendeutschen begleitet, welche alle par Monate zu einem großen Treffen einladen.  Die Lehrerin war schon in das Zielgebäude vorgegangen, als ich mit ein par Nachzüglern im Schlepptau von einer betagten Dame in karpatendeutscher Tracht angesprochen wurde. Ich verstand nur das Wort „Za kasárňou“, aber war mir trotzdem sicher was sie wissen wollte. „Ja, das sind die Kinder der Grundschule Za kasárňou antwortete ich Ihr“ in deutsch. „Mit ich zeige Ihnen wo sie sich umziehen können“ führte sie uns in die Garderobe im 2. Stockwerk. Die Schülerinnen und Schüler hatten für dieses Treffen ein kleines Bühnenprogramm auf deutsch vorbereitet: Es wurde die Geschichte „Der Hase mit der roten Nase“ aufgeführt, gesungen und getanzt. Als Dankeschön für den zuckersüßen, gelungenen Auftritt bekamen die Kinder, die Lehrerin und ich Süßigkeiten und Pralinen geschenkt. Im Anschluss wurde ich der Vorsitzenden des Karpatendeutschen Vereines in Bratislava vorgestellt. Die rüstige, über 90 Jahre alte, Vorsitzende fragte meine Schulleiterin, welche es sich natürlich nicht nehmen lies auch vorbeizuschauen, ob ich denn deutsch sprechen könne. Diese sagte mit stolzgeschwellter Brust: „Sie spricht nur deutsch!“. Das stimmte zwar nicht ganz, denn ich spreche ja auch französisch und englisch, aber das wird hier nicht als so wichtig empfunden. „Französisch“ wird hier kaum auf Schulen angeboten und „Englisch“ verliert in der Slowakei gerade zunehmend an Beliebtheit. Viele Slowaken gehen für ein par Jahre ins Ausland um dort zu arbeiten oder zu studieren. Am Beliebtesten waren immer Österreich, Deutschland und England, letzteres verliert aber dank des Brexits ständig an Wert. Man befürchtet dort keinen Job mehr zu bekommen. Deshalb orientieren sich viele Slowaken jetzt vermehrt am deutschsprachigen Ausland. So waren die Anmeldungen für den Deutschunterricht an meiner Schule ab der 1. Klasse, dieses Jahr zum ersten mal höher, als die für den Englischunterricht. Die 2. Fremdsprache kommt dann ab der 3. Klasse hinzu. In meiner Schulzeit war Geschichte mein Lieblingsfach, jedoch konnte ich mich nicht erinnern, die durchaus wissenswerte Geschichte der Karpatendeutschen dort durchgenommen zu haben. Deshalb versuche ich sie hier einmal mit Hilfe von Wikipedia zusammen zufassen.

Als Karpatendeutsche bezeichnet man die deutschsprachige Bevölkerungsgruppe, die auf dem Gebiet der heutigen Slowakei , sowie im östlichen Karpatenbogen lebten oder noch heute leben. Der östliche Karpatenbogen gehört heute zur Ukraine und wird auch Karpatukraine genannt. Deutsche Siedler haben die Slowakei vom 12. bis zum 15. Jahrhundert besiedelt. Ihren Höhepunkt nahm die Besiedlung im 14. Jahrhundert. Im Gebiet von Bratislava, auf deutsch Pressburg, gab es wohl auch schon etwas früher Deutsche. Sie haben vor allem ältere slowakische Städte (v. a. Pressburg), Markt- und Bergbausiedlungen besiedelt und wurden meist von den Königen als Spezialisten (Handwerker, Bergleute…) angeworben. Ungefähr bis zum 15.Jahrhundert bestand die Führungsschicht aller slowakischen Städte fast ausschließlich aus Deutschen. Die drei Hauptsiedlungsgebiete waren Bratislava und Umgebung, die deutschen Sprachinseln in der Zips (Landschaft in der nordöstlichen Slowakei), sowie das Hauerland (deutsche Sprachinseln in der Mittelslowakei). Die zahlenmäßig größte Gruppe der Deutschen im Habsburger Reich lebte in der Stadt Pressburg, die bis ins 20. Jahrhundert hinein noch mehrheitlich deutsch geprägt war. Bei der Volkszählung im Sommer 1919 waren Deutsche noch die größte Gruppe: Ihr gehörten 36 % der Bürger an, 33 % waren Slowaken und 29 % Ungarn. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges plädierten die meisten Karpatendeutschen für den Verbleib der Slowakei bei Ungarn, danach für eine slowakische Autonomie innerhalb der Tschechoslowakei. Nach 1918 veränderte sich die Situation für die Karpatendeutschen grundlegend, denn mit der Erhebung Pressburgs zur Landeshauptstadt und dem Zustrom an Slowaken wurden sie, trotz Wegzug vieler Ungarn, zu einer Minderheit in der Bevölkerung. In den anderen Siedlungsgebieten ging es ähnlich vonstatten. Die meisten Karpatendeutschen waren bereits vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges aus der Slowakei ins Deutsche Reich geflüchtet oder wurden von den deutschen Behörden evakuiert. Diese war eine Reaktion auf den slowakischen Nationalaufstand im Spätsommer 1944, bei dessen Niederschlagung von den Partisanen Grausamkeiten an Deutschen und von der SS Grausamkeiten an Slowaken verübt wurden. Aus der Zips sind die meisten Deutschen zwischen Mitte November 1944 und Januar 1945 vor der heranrückenden Roten Armee nach Deutschland oder in das Sudetenland evakuiert worden. Die Deutschen von Bratislava wurden im Januar und Februar 1945 nach langen Verzögerungen evakuiert, jene des Hauerlandes flüchteten Ende März 1945 aus ihren Orten. Die Rote Armee erreichte Bratislava am 4. April 1945. Nach dem Ende des Krieges am 8. Mai 1945 ist zunächst etwa ein Drittel der Deutschen nach Hause in die Slowakei zurückgekehrt. Ab dem 2. August 1945 wurde ihnen, zusammen mit den Sudetendeutschen in Tschechien und mit den Ungarn in der Südslowakei die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit aberkannt. Sie wurden in Sammellagern interniert. 1946/47 sind schließlich etwa 33.000 Deutsche als Folge des Potsdamer Abkommens aus der Slowakei vertrieben worden, während ca. 20.000 Personen infolge besonderer Umstände in der Slowakei bleiben konnten. Von rund 128.000 Deutschen in der Slowakei im Jahre 1938 sind also 1947 etwa 20.000 (16 %) übrig geblieben. Nach einer Volkszählung leben heute nur noch weniger als 6.000 Deutsche in der Slowakei, die aber wieder sämtliche politischen Rechte genießen. Größtes Problem der deutschen Minderheit ist die Assimilation der mittleren und jüngeren Generationen an das slowakische Umfeld, die in den meisten Fällen so weit geht, dass Sprache und Brauchtum verloren gegangen sind. Es gibt jedoch immer noch zwei karpatendeutsche Dörfer, in denen die Einwohnerschaft noch mehrheitlich deutschstämmig und deutschsprachig ist. Der prominenteste Angehörige dieser Volksgruppe ist der zweite slowakische Präsident Rudolf Schuster, welcher von 1999 bis 2004 im Amt war.

 

Schulleben und Begrüßung der Erstklässler

flag_of_slovakia-svg  slowakisches-doppelkreuz-wappen-der-slowakei-139348                                                                    In jedem Klassenraum hängt hier die slowakische Flagge und das slowakische Wappen.

Im Mittelalter bestand die slowakische Flagge aus zwei horizontalen Streifen in rot und weiß, wobei rot meistens oben war. Die heutige Nationalflagge orientiert sich an der ehemaligen rot-weißen slowakischen Flagge und den panslawischen Farben Weiß-Blau-Rot. Die panslawischen Farben werden heute in den Flaggen der meisten Staaten mit slawischsprachiger Bevölkerungsmehrheit verwendet. Sie wurden gewählt um eine Zusammengehörigkeit der slawischen Völker im Sinne des Panslawismus auszudrücken. Die Farben Russlands waren das Vorbild. Der Zar Peter der Große, beeindruckt und inspiriert von einer Reise in die Niederlande, ordnete diese in einer waagerechten Trikolore an. Da Russland die gleichen drei Farben, in anderer Anordnung, schon vorher verwendet hat geht man davon aus, dass die gleiche Farbgebung zur Flagge der Niederlande wohl rein zufällig ist.

Außerdem gibt es in jedem Klassenzimmer hier ein Waschbecken, was ziemlich nützlich ist, da Frau/Mann hier noch mit Kreide auf der „guten alten grünen“ Tafel schreibt. Daneben hängen an einer Leiste über 20 Haken mit Handtüchern, denn Jeder hat sein Eigenes. Da ich leider kein Eigenes besitze und es ja auch unpraktisch wäre es von Raum zu Raum zu schleppen benutze ich manchmal ein Handtuch der Kinder, bis jetzt hat sich kein Kind beschwert 😛 Die meisten Lehrer und Schüler tragen Hausschuhe/ Latschen in der Schule. Beim Koffer packen in Berlin habe ich bestimmt 5 Minuten lang überlegt, ob ich meine „Keimtreter“ von Arbeit, welche ich selbstverständlich nach JEDEM Dienst ausführlich desinfiziere mitnehmen soll, habe mich aber letztendlich dagegen entschieden, weil ich dachte ich bräuchte sie nicht. Das gleiche gilt für meine Trinkflasche und meine Brotdose, die jetzt einsam in einer Umzugskiste in meinem Keller dahin vegetieren. Auf den Gängen in der Schule stehen Trinkwasserspender, deshalb wäre eine eigene Flasche garnicht so schlecht und wenn man sein Mittagessen nicht schafft aufzuessen, ist es üblich es sich in eine Brotdose einzupacken und später zu essen. Da ich zu Hause die letzten Jahre hauptsächlich Nachmittags und Nachts gearbeitet habe, ist es schon eine Herausforderung für mich um 12:30 Uhr oder sogar schon um 11.30 Mittag zu essen. (Zur Erinnerung: Es gibt immer eine Suppe, ein Hauptgericht und Obst/ Salat.) Denn bisher war mein Magen es gewohnt maximal ein Brötchen bis zu dieser Zeit verdauen zu müssen. Mit einer gönnerhaften Geste und einem freundlichen Lächeln, geben mir die Damen an der Essensausgabe auch fast immer eine extra Kelle auf den Teller. Meine Bemühungen freundlich aber bestimmt abzuwinken funktionieren selten. Letzten Freitag, Freitag gibt es hier zur Freude der Kinder immer eine Süßspeise, wurde mir ein halber frisch gebackener Kakaostrudel für zu Hause mitgegeben. Ich könne ihn ja Nachmittags, Abends und am nächsten Morgen essen. Ich bedankte mich herzlich; zum Glück hatte ich mir ein par Tage vorher 3 Brotdosen gekauft! Das Gute ist, der Körper gewöhnt sich scheinbar an Alles, und so habe ich langsam sogar ab 11 Uhr Hunger. Nur an das frühe Aufstehen, ja ich gebe zu 7 Uhr ist eigentlich gar nicht sooo früh, gewöhne ich mich vielleicht nie.

Am Montag hatte ich die Ehre an der Begrüßung der 1. Klässler teilzunehmen.                           (Eine Einschulungsfeier am 1. Schultag oder eine Schultüte gibt es hier nicht.) Dieser Tag war für uns Alle ziemlich lang, aber auch mindestens genauso schön. Die Kinder, welche schon seit ca. 4 Wochen die Schule besuchen, hatten zuerst einen normalen Schultag, dann aßen sie wie immer in der Kantine zu Mittag.  Am Nachmittag hatten einige Schüler aus der 9. Klasse 10 Stationen auf dem Schulhof aufgebaut und jeder 1. Klässler musste sich als neuer Schüler „beweisen“. Es gab zum Beispiel einen Sportparcours, einfache Matheaufgaben, mehrere Denkspiele, Form und Farbspiele oder kleine künstlerische Aufgaben, wie seine Hand abzuzeichnen und auszumalen, zu bewältigen. Um 15 Uhr kamen dann die Eltern und alle fanden sich im Innenhof ein. Untermalt von theatralischem Mönchsgesang und Elfen ähnlicher Musik zogen die knapp 100 neuen Schüler mit ihren Erzieherinnen/ Erziehern und ihren Klassenlehrerinnen, welche als „gute Feen“ verkleidet waren, in zweier Reihen und unter tosendem Applaus der Eltern und Zuschauer ein. Nach einer kurzen Ansprache der Klassenlehrerinnen und der Elternsprecherin wurde, wiederum unter tosendem Applaus, der Schulleiter begrüßt. Dieser kam mit geschwollener Brust als König verkleidet. Nachdem auch er ein par wohl wollende Worte gesagt hatte, traten alle Schülerinnen und Schüler in 10er Gruppen vor ihn. JEDES ehemalige Kindergarten Kind wurde, von seiner Majestät persönlich mit seinem goldenen Königsstab, zum Schüler „geschlagen“ und somit in die Gemeinschaft der Schule aufgenommen. Als Andenken an diesen besonderen Tag bekam jedes Kind eine Urkunde, ein Buch und eine Tüte Fruchtgummis. Die Zeremonie war zuckersüß anzusehen und erwärmte mein Herz. So viele stolze und glückliche Kinder mit noch stolzeren Eltern, für Alle ein voller Erfolg.

Jede Klasse hat einen eigenen Erzieher bzw. eine Erzieherin. Diese/r begleitet die Kinder auf den Pausenhof, zur und in der Kantine und Nachmittags im Hort. Die jüngeren Schüler sind also nie alleine unterwegs, auch nicht im Schulgebäude, sondern immer gemeinsam in einer Gruppe und unter Beaufsichtigung, Der Kinderhort öffnet morgens früh um 6:30 Uhr und schließt spätestens um 17:30. Frau Warganova hat mir erzählt dass dieser „Service“ für einige Eltern sehr wichtig sei und dankend angenommen werden würde. Einige Kinder würden schon um 6 Uhr an der Schule auf die Öffnung des Hortes warten und erst am frühen Abend abgeholt werden. Es gibt für das Abholen keine festen Zeiten. Die Eltern können ihre Lieblinge jederzeit abholen, egal ob direkt nach dem Unterricht oder irgendwann im Laufe des Nachmittags. Da einige Kinder den ganzen Tag in der Schule verbringen, gibt man sich wirklich sehr viel Mühe Ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. So gibt es bei schönem Wetter, der Spätsommer zeigte sich die letzten Tage von seiner besten Seite, unterschiedliche Spiele draußen auf dem Schulhof. Und wenn sich alle ausgepowert haben, wird danach in Kleingruppen im Klassenverband Musik gehört, gebastelt…

Der Durchschnittslohn in der Slowakei liegt bei ca. 900 Euro netto, wobei es ein starkes Gefälle zwischen den Spitzenverdienern und den Geringverdienern gibt. Die meisten Familien sind darauf angewiesen, dass beide Elternteile arbeiten. Da die Löhne sehr gering sind, auf dem Land sind 300 Euro leider ein normaler Verdienst, sind viele Menschen auf einen 2. Job angewiesen. Dabei sind die Lebenserhaltungskosten hier vergleichbar mit denen in Deutschland. Im Supermarkt sind sogar die meisten Produkte etwas teurer, da sie importiert werden müssen. So habe ich mit Verwunderung festgestellt, dass bestimmt min. 30 Prozent der Produkte einer Drogerie aus Deutschland kommen: Hygieneartikel, Kosmetika, Putzmittel, Müsliriegel, Bioprodukte…  Das Einzige was hier wirklich günstig ist, sind Brot und Brötchen beim Discounter und Bier, sowie einige regionale Gemüsesorten. Zu meiner großen Freude werden hier viele Brötchen mit Käse überbacken, daran könnte ich mich gewöhnen.

Viele Kinder gehen nach der Schule noch zu diversen Aktivitäten wie: schwimmen, tanzen, Fußball oder Klavier Unterricht und und und. Auch in der Schule werden Nachmittags AGs angeboten. Viele von Ihnen kosten Geld, und nicht gerade wenig. Auch wenn die meisten Eltern wenig Geld haben, investieren sie es gerne in die Bildung ihrer Sprösslinge. Eine gute Bildung und Erziehung ist auch deshalb besonders wichtig, da außerhalb von Bratislava die Arbeitslosigkeit sehr hoch ist. In einigen Landkreisen sagte man mir, liege sie bei 70 Prozent. Umso stolzer ist die Schulleitung darauf, dass sich diverse Lehrer bereit erklärt haben ehrenamtlich Nachmittags eine oder mehrere AGs anzubieten, welche für die Schüler kostenlos sind und auch vom Staat subventioniert werden. Zu meiner Freude habe ich festgestellt, dass es schon eine bestehende „Erste Hilfe AG“ gibt, in die ich freundlich von der veranstaltenden Lehrerin aufgenommen wurde. Im gleichen Atemzug wurde ich sogleich zur Schulkrankenschwester ernannt und man sagte mir, man würde mich jetzt immer rufen, wenn etwas passiert. Zum Glück ist bisher nichts schlimmes passiert und ich freue mich auf das erste Treffen der „Ersten Hilfe AG“.