Immer wenn ich durch die Schule gehe rufen mehrere Kinder meinen Namen, winken mir zu oder rennen auf mich zu und umarmen mich. Wenn ich nicht da bin, fragen Sie nach mir. Wenn ich in der Nachbarklasse bin zeigen Sie sich enttäuscht, dass ich nicht in Ihrer bin und wollen wissen wann Ich endlich wieder komme.
Für mich war von Anfang an klar, dass ich nur 6 Monate hier sein werde. Ich habe eine Wohnung, einen Job, Familie und Freunde in Berlin. Meine Zeit hier sollte eine Auszeit sein, ich wollte auch einmal etwas Abenteuerliches erleben. Ein Tapetenwechsel, bei dem sich nicht nur die Tapeten wechseln sondern auch Alles drum herum. Ich wollte etwas Aufregendes, etwas Neues erleben. Ich wollte unbekannte Menschen treffen, reisen, fremde Kulturen kennen lernen, Spaß mit den Kindern in der Schule haben. Das Alles habe ich hier bei meinem FSJ in Bratislava gefunden, und noch viel mehr.
Als ich im November für 2 Wochen in Tschechien, Ungarn und Kroatien war, war ich geradezu froh wieder nach Hause, nach Bratislava zu kommen. Eigentlich habe ich mich hier von Anfang an zu Hause gefühlt, weshalb ich mir die Frage gestellt habe, was „zu Hause sein“ für mich bedeutet. Es bedeutet für mich: Mich sicher zu fühlen. Es bedeutet für mich: Gewollt und geliebt zu werden. Es bedeutet für mich: Nette Menschen um mich zu haben. Es bedeutet für mich: Mich frei entfalten zu können, meine individuellen Bedürfnisse erfüllt zu haben. Es bedeutet für mich: Mich einbringen zu können, gebraucht zu werden. Das Alles habe ich zu Hause in Berlin, und jetzt auch in meinem 2. zu Hause in Bratislava und ich bin so unendlich dankbar. Unendlich Dankbar für: Die vielen netten Menschen die ich getroffen habe, dankbar für jedes lächeln und jede Umarmung meiner Schüler, dankbar für die vielen Menschen die mir geholfen haben und die Geduld mit mir hatten, weil ich die Sprache nicht spreche und dankbar für jede Sauerkrautsuppe, jeden Knödel und jedes Stück Mohnstrudel.
Bisher habe ich nur über positive Sachen berichtet, denn es ist alles positiv hier, bis auf eine Sache. Es geht um die Sprache. Ich spreche sie leider nicht. Ich habe mich bemüht, ich habe gelernt, ich habe versucht sie auszusprechen. Manchmal habe ich die richtigen Worte gewusst, wurde aber nicht verstanden. Ich habe es nicht geschafft. Bis auf die wichtigsten Dinge wie: Bitte, Danke, Essen bestellen… kann ich nicht slowakisch sprechen, und das macht mich traurig. Unendlich traurig. Es gibt nichts, worüber ich hier trauriger bin, als über diese Tatsache. Denn nicht die Sprache sprechen zu können, lässt einen verstummen und isoliert. Sicher habe ich mich hier mit vielen Leuten verständigen können. Aber hauptsächlich mit Denen, die englisch oder deutsch sprechen. Katka, die Lehrerin einer meiner Lieblingsklassen spricht nur slowakisch. Wenn ich mir eine Sache wünsche könnte, wäre das für eine Stunde slowakisch sprechen zu können um mich mit ihr zu unterhalten.
Ende Dezember war ich mit Alexander, einem Freund aus Berlin, in der hohen Tatra gewesen. Leider hatte man uns zwei Tage vorher die Hotelbuchung storniert. Es wurden uns zwar andere Hotels vorgeschlagen, diese waren aber teilweise 60 km von Tatranska Lomnica entfernt. Tatranska Lomnica ist wohl der beliebteste Wintersportort in der Slowakei. So kurzfristig und zur Hauptsaison über Sylvester fanden wir nur 9 km entfernt noch Platz in einem Hotel. Der Ausblick und die Natur entschädigten fur die Unannehmlichkeiten und alle 2 bis 3 Stunden fuhr die Bahn nach Tatranska Lomnica und in andere kleine Orte in der Nähe. Wir hatten sehr viel Glück mit dem Wetter, es war mit -12 Grad wärmer als gedacht und Frau Holle hat es auch gut gemeint, denn es lag sehr viel Schnee. Neben der Straße ist man schnell bis übers Knie eingesunken. Wir waren viel wandern und haben uns die berühmten Eisfiguren in Hrebeniok angeschaut. Am letzten Tag bin ich mit der Seilbahn auf ca. 2000 Meter Höhe nach Skalnaté Pleso gefahren. Bei einem Kaffee habe ich Smaltalk mit einem alten Ehepaar aus Deutschland gehalten, welches ich dort zufällig traf und die unglaublich wunderbare Aussicht genossen.
Schloss und Bären aus Eis (Bären deshalb, weil es in der Slowakei 800 wildlebende Bären gibt)
Gebirgsbach
Skier und Snowboards
Aussicht von unserem Hotel aus
Im Januar hat mich Michaela, eine Bio Lehrerin meiner Schule, nach Galanta eingeladen. Galanta ist eine Kleinstadt in der Westslowakei, ca. 50 Km von Bratislava entfernt. Michaela steht jeden Morgen um 4.40 Uhr auf, damit Sie um 8 Uhr in der Schule ist. Ich musste nicht früh aufstehen, denn ich reiste Samstag Mittag an und blieb über Nacht. Zuerst fuhren wir zu einem Feriendorf mit Reiterhof, streichelten die Pferde und tranken Kaffee und Kofola in dem dortigen Café. Nachmittags zeigte Sie mir den Pub ihrer Mutter, welcher gut besucht war. Ich war die Attraktion in dieser Kneipe und fast jeder Besucher setzte sich zu Michaela und mir. Eine Deutsche hatte hier noch nie vorbei geschaut, und so freute man sich sehr über meinen Besuch. Ich wurde viele Dinge gefragt: Ob es mir in der Slowakei gefällt, wie ich die slowakische Sprache finde, was ich so mache, wie es in Deutschland ist… Natürlich haben wir dann zusammen auch ein par deutsche Wörter gelernt, wie: Schnaps, Danke und Auf Wiedersehen. Es war ein sehr lustiger Nachmittag, an dem ich viele nette und sehr herzliche Menschen kennen lernte. Abends gingen wir noch in einem nahe gelegen Restaurant etwas essen und schauten anschließend einen Film zu Hause. Am nächsten Tag zeigte mir Michaela den Stadtpark und danach waren wir bei ihrer Mutter zum Mittagessen eingeladen, denn Diese hatte extra Gulasch gekocht. Ihre Mutter besucht zur Zeit einen Kurs um Meditation und Heiltechniken zu erlernen und bot mir an, eine Shakraheilung bei mir durchzuführen. Ich musste mit geschlossenen Augen im Wohnzimmer stehen, während die Mutter meine Schultern berührt hat und bewusst laut ein und ausgeatmet hat. Sie hat mich mal nach links und mal nach rechts gedreht, nach ein par Minuten durfte ich die Augen wieder öffnen. Sie war schweißgebadet auf Grund der vielen positiven Energie die ich ausgestrahlt habe. Nach 5 Minuten Pause ging es weiter. Ich sollte mich ins Bett legen und auf bestimmte Punkte auf meinem Körper wurden kleine Steine positioniert. Danach wurde ich zugedeckt und sollte liegen bleiben, bis man mir Bescheid gibt. Ich lag ziemlich lange so da, bestimmt mindestens 20 Minuten. Zwischenzeitlich hob ich zweimal den Kopf um auf die Uhr zu schauen, dabei viel mir ein Stein von meiner Stirn. Schnell legte ich ihn wieder drauf. Als ich wieder „geweckt“ wurde war ich ganz entspannt und wir haben Gulasch gegessen. Michaelas Mutter, eine sehr nette, hilfsbereite und herzliche Frau schenkte mir dann noch diverses Essen und eine Handtasche. Danach fuhr ich wieder nach Bratislava.
(Michaela und Ich, Ich in Michaelas Lieblingsbaum, Schloss Esterhazy in Galanta)
Letzte Woche war ich nochmal mit Michaela unterwegs gewesen. Wir sind zu einer Therme gefahren um in einem speziellen Becken zu baden, welches nur im Winter auf hat. Es war -4 Grad und das Becken war draußen. Es ist gefüllt mit über 40 Grad heißem thermal Wasser aus Heilquellen in der Nähe. Das Wasser war gelb/grünlich gefärbt und voll von Mineralien die sich auf der Haut ablagerten. Nach dem ich mich an die Kälte an meinem Kopf und die Hitze am Rest meines Körpers gewöhnt hatte, war es sehr angenehm und entspannend, besonders nachdem ich eine kleine Abkühlung im Kaltwasserbecken genommen hatte. Da es bei der Hitze besonders wichtig ist viel zu trinken, hatte jeder Badegast seine Wasserflasche mit ins Becken genommen.