Nun bin ich schon neun Tage hier, habe seit zwei Tagen einen ordentlichen Internet Empfang und will eigentlich schon ganz lang schreiben, was ich hier so mache, wie es mir geht und wie Dhaka so ist. Heute Sonntag, ein Feiertag. Sonst ist Sonntag der erste Tag meiner Woche, mein Montag sozusagen. Der Freitag ist mein Sonntag, aber heute ist auch Sonntag ein Feiertag (ich weiß noch nicht ganz warum…)
Es ist nicht so einfach alles, was in den letzten Wochen passiert ist in ein paar wenige, hübsche Worte zu packen.
Fakt ist Dhaka macht es mir nicht leicht. Gleich zu Anfang habe ich Durchfall und Flöhe im Bett. (Wie man Flöhe in Bangladesh los wird, dazu könnte ich noch einmal einen ganzen Blog Eintrag schreiben.)
Das Elend auf der Straße ist beinahe unerträglich. Der Junge ohne Unterkiefer, der Mann mit den Beulen auf dem ganzen Körper… Hier im Stadtteil Dhanmondi, wo ich wohne, kann man drumherum gehen. Fährt man auf großen Straßen mit der Rikshaw umher, stolpert man mitten rein.
Die Menschen starren uns an. Unsere Haut, unsere Kleidung, unser Gang. Sie drehen sich auf der Straße herum und beobachten uns. Sie unterbrechen Gespräche, um uns mit den Augen die Straße hinunter zu verfolgen.
Mit den Geld, das wir von kulturweit bekommen, sind wir hier reich. Wir wohnen in einem „Palast“. Es ist mir sehr unangenehm. Liza, eine bengalische Freundin, zahlt 300€ Studiengebühren – das was wir im Monat verdienen.
Letztens im Café haben wir uns wieder über 3. Reich unterhalten müssen. Wir haben erklären müssen, dass es vorbei ist – lange vorbei ist – und das „wir“ nichts gegen Ausländer haben und das es vor allem nicht der Grund dafür ist, warum der Betreffende kein Study-Visa für Deutschland bekommen hat.
Wir suchen eine neue Wohnung. Aus diesem „Palast“ müssen wir raus, bis Ende März. Leider ist das Wohnungssuchen nicht einfach. Viele Landlords mieten nicht an Ausländer – die sind immer so dreckig, sagen sie. Und noch mehr Landlords vermieten nicht an Frauen.
Das klingt alles so negativ. Es sind jedoch lediglich die gesammelten „schlechten“ Gedanken der letzten Woche. Jene die mich kennen, werden wissen, dass ich dennoch frohe Mutes bin.
„Bangladesh ist eines der Ärmsten Länder der Welt,“ sagt man in den Medien. Aber hier wird überall gebaut. Brücken, Straßen und Häuser, gute Häuser in angesehen Stadtvierteln. Es muss irgendwen geben, der sich diese Häuser leisten kann. Bangladesh hat ein Wirtschaftswachstum von 6% – „Shirts, Shrimps and Ships“… Aufbruchstimmung. Wer weiß wie es hier in zwei Jahren aussieht? Grade hier in Dhaka habe ich das Gefühl, dass es viele Menschen gibt, die gut Auskommen. Sie brauchen mein und unser Mitleid nicht.
Die Flöhe habe ich besiegt (TOI TOI TOI)! Auch den Gasherd habe ich gezähmt und kann jetzt kochen. Der Alltag zieht ein. Ich habe nun schon mehr essbare Dinge gefunden als gebratenen Toast mit Knoblauch und scharfem Ketchup und kann (Nudel-)Suppe erfolgt in meinen Speiseplan mit aufnehmen.
Die Arbeit am Goethe-Institut ist großartig. Ich bin sehr frei, kann mir Dinge überlegen, sie mit meinen zwei Kollegen besprechen und bekomme faires Feedback. Ich habe Aufgaben zu erledigen und fühle mich nicht wie das fünfte Rad am Wagen. Meine Fähigkeiten werden gebraucht.
Diese Woche sind drei Hartals (= Generalstreik). Die Regierung ist gerade dabei 1971 (Unabhängigkeitskrieg gegen Pakistan) aufzuarbeiten. Die Opposition ist mit vielen Entscheidungen nicht einverstanden und ruft zum Hartal auf. Hartals sind eigentlich was typisches für Bangladesh. Leider kommt es in letzter Zeit häufiger zu Ausschreitungen mit zerschlagen und brennenden Autos, fliegenden Steinen und scharfer Munition. Kein Tag um auf der Straße zu sein – für niemanden.
Das schränkt ein, ist aber alles halb so schlimm.
Ich genieße es, wieder in diesen verrückten Teil der Welt zu sein.
Ich höre den Muezzin rufen, sehe die bunten Menschen auf der Straße, höre das Hupen der Autos, fahre mit den Rikshaws und bin großartig beeindruckt von allem. Wir haben Palmen vor dem Fenster und Vögel. Es gibt viele Vögel die wunderschön singen. Eine großartige Melodie hat diese Stadt: das Hupen, das Klingeln, der Muezzin, die Vögel, die Menschen, die diese Sprache sprechen die ich noch nicht verstehe, ein Flugzeug am Himmel, wieder die Vögel – Allahu Akbar …
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